Hintergrund und Fragestellung

Die Präparation und Untersuchung der lokoregionären Lymphknoten ist elementarer Bestandteil der histopathologischen Begutachtung kolorektaler Karzinome. Während beim Rektumkarzinom häufig die Indikation für eine adjuvante Therapie bereits präoperativ auf der Basis bioptischer und bildgebender Diagnostik gestellt wird, steht beim Kolonkarzinom der am Operationspräparat erhobene histopathologische Befund im Vordergrund. Dem Lymphknoten-Staging kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Eine adjuvante Chemotherapie wird ab dem Stadium III empfohlen, das über das Auftreten von regionären Lymphknotenmetastasen definiert ist [8, 13].

Zwar wird von der UICC die Untersuchung von 12 Lymphknoten gefordert [17], doch besteht in der Literatur Uneinigkeit über die zu fordernde Mindestzahl an zu untersuchenden Lymphknoten, die für ein adäquates Staging notwendig ist. So schwanken die entsprechenden Zahlen zwischen 9 und 18 [2, 10, 15]. Zudem bestätigen größere Studien, dass diese geforderten Zahlen in der täglichen Praxis häufig nicht erreicht werden [16, 18].

Verschiedene Techniken wurden in der Vergangenheit entwickelt, um die Lymphknotenausbeute zu verbessern. Sie reichen von zahlreichen Fettaufhellungsmethoden bis hin zur Sentinel-Technik. In der Praxis erweisen sich diese jedoch zumeist als arbeitsaufwändig, teuer, und sie erfordern oft auch den Umgang mit potenziell gesundheitsgefährdenden Stoffen, was offensichtlich einer breiten Anwendung entgegensteht.

Vor kurzem haben wir eine neue Methode zur verbesserten Lymphknotenausbeute in Rektumkarzinompräparaten publiziert, die auf der Beobachtung beruht, dass sich Lymphknoten nach intraarterieller Injektion von Methylenblau-Lösung deutlich darstellen und so leicht aufgefunden und präpariert werden können [9]. Ursprünglich wurde diese Technik vom Operateur zur Beurteilung der Unversehrtheit der mesorektalen Faszie verwandt, wie es von Hermanek [5] empfohlen wird. In der von uns durchgeführten Studie konnten wir eine hochsignifikant verbesserte Lymphknotenausbeute nachweisen. In einem zweiten Schritt haben wir nun die dort beschriebene Technik für Kolonpräparate unterschiedlicher Lokalisation adaptiert und die grundsätzliche Durchführbarkeit überprüft.

Material und Methoden

Fallauswahl

Zur Auswertung kamen insgesamt 12 Kolon- und 2 weitere Rektumpräparate, die entweder im frischen oder kurzzeitig fixierten (4 h) Zustand übersandt wurden. Ein Sigmapräparat wurde von der weiteren Auswertung ausgeschlossen, da hier die Injektion misslang. 14 retrospektive Fälle aus unserem Archiv dienten als Kontrollgruppe. Um bezüglich des pT-Stadiums und der Lokalisation eine identische Verteilung zu erreichen, wurden entsprechende Gruppen mit jeweils größerer Fallzahl aus unserem Archiv gebildet und anschließend die Kontrollfälle in einem Losverfahren ermittelt.

Technik

Nach Erhalt des frischen oder kurz fixierten Präparates wird das arterielle Hauptgefäß identifiziert, das intraoperativ entweder mit einem Clip oder einer Ligatur verschlossen wurde. Nach Entfernung kann das Gefäß mit einem 16–20 Gauge Kunststoffkatheter kanüliert werden. Hier erwies sich eine wenige Millimeter lange Längseröffnung des Gefäßes als hilfreich. Danach werden 15–20 ml Methylenblau-Lösung (50 mg/5 ml verdünnt im Verhältnis 1:3 mit 0,9% NaCl) injiziert.

Der Erfolg der Injektion kann durch die unmittelbare Blaufärbung oberflächlicher Gefäße (Abb. 1 a, b) und der Schleimhaut am eröffneten Präparat beurteilt werden. Im Gegensatz zur Situation beim Rektum kann bei Kolonpräparaten eine Kanülierung eines zweiten weiter distal gelegenen Gefäßes notwendig werden, um eine homogene Anfärbung zu erzielen.

Abb. 1
figure 1

Methylenblau-Injektion zur Lymphknotenpräparation. a Darstellung an einem Sigmapräparat mit einliegender Kanüle im gefäßführenden Pedikel. b Ein etwa 4 mm durchmessender blau gefärbter Lymphknoten grenzt sich deutlich im perikolischen Fettgewebe ab

Nach Fixierung des Präparates über Nacht in 10%iger gepufferter Formalinlösung werden Routineschnitte aus dem Tumorgebiet und den Absetzungsrändern angefertigt und eingebettet. Danach wird das perikolische Fettgewebe abpräpariert, palpiert und lamelliert. Im Präparat vorhandene Lymphknoten grenzen sich durch eine blaue Anfärbung deutlich vom umgebenden Fett ab und lassen sich so leicht identifizieren (Abb. 1 b).

Histologische und statistische Auswertung

Nach Anfertigung von 3 µm dünnen Paraffinschnitten und HE-Färbung wurden die histologischen Präparate auf metastatischen Befall hin untersucht und die maximalen Lymphknoten- und ggf. auch die Metastasendiameter unter Verwendung einer Digitalkamera (ProgRes® C10, Jenoptik, Deutschland) und einem kalibrierten Software-System gemessen. Bezüglich der Lymphknotendiameter wurden 4 Gruppen gebildet: <1 mm, 1–2 mm, 2–4 mm und >4 mm. Beim Vergleich der metastatisch befallenen Lymphknoten wurde noch eine weitere Gruppe 4–6 mm gebildet.

Für den Vergleich der Lymphknotenzahlen fand nach vorausgegangener Überprüfung der Normalverteilung der ungepaarte Student-T-Test Verwendung. Alle statistischen Berechnungen wurden mit Hilfe des Sigma-Stat-Software-Paketes (Systat Software GmbH, Erkrath, Deutschland) durchgeführt. Ein p<0,05 wurde als signifikant gewertet.

Ergebnisse

Die Durchführung der Injektion gelang in 14 Fällen. In einem Sigmapräparat trat ein Extravasat auf, die Anfärbung der Schleimhaut und der Lymphknoten blieb daher aus. Die konventionelle Aufarbeitung wurde jedoch dadurch nicht beeinträchtigt. Der Fall ging nicht in die weitere statistische Auswertung ein.

Grundsätzlich erschien die Injektion bei rechtsseitigen Hemikolektomiepräparaten etwas schwieriger als in Präparaten der übrigen Lokalisationen. In einem Fall erfolgte eine zweite Injektion in ein weiter distal gelegenes Gefäß, was dann zu einer homogenen Anfärbung des Präparates führte, die im ersten Schritt noch nicht erreicht wurde. Die Lymphknoten konnten aufgrund der kräftigen Blaumarkierung leicht identifiziert werden. Eine abgeschwächte, teils auch völlig fehlende Anfärbung war bei komplett metastasierten Lymphknoten zu verzeichnen, die aber naturgemäß ohnehin leicht aufzufinden sind.

Die beiden Gruppen sind hinsichtlich ihrer Grundcharakteristika gut ausgeglichen (Tab. 1). Bei identischer pT-Verteilung fanden sich in der Methylen-Gruppe 6, in der Ungefärbt-Gruppe 7 nodal positive Fälle. Die Anzahl der im Mittel aufgefundenen Lymphknoten differierte hochsignifikant (p<0,001) mit 28±7 in der Methylen-Gruppe und 14±3 in der Ungefärbt-Gruppe (Abb. 2). Die absoluten Lymphknotenzahlen lagen bei 388 bzw. 191. Der deutlichste Unterschied trat in der Gruppe 2–4 mm auf (Abb. 3). In der Methylen-Gruppe zeigten 50% der befallenen Lymphknoten Diameter von ≤4 mm, in der Ungefärbt-Gruppe waren es 40% (Abb. 4).

Abb. 2
figure 2

Mittlere Lymphknotenanzahl der Methylen- und der Ungefärbt-Gruppe. Der Fehlerbalken entspricht einer Standardabweichung

Abb. 3
figure 3

Absolute Anzahlen der aufgefunden Lymphknoten in der Methylen- und der Ungefärbt-Gruppe vor und nach zusätzlicher Einbettung von Fettgewebe in 4 Größengruppierungen

Abb. 4
figure 4

Diameter der befallenen Lymphknoten in der Methylen- und der Ungefärbt-Gruppe

Die geforderte Zahl von mindestens 12 Lymphknoten pro Fall konnte in der Ungefärbt-Gruppe in einem Fall trotz zusätzlicher Einbettung von Fettgewebe nicht erreicht werden. In 5 weiteren Fällen führte die primäre oder sekundäre zusätzliche Einbettung von gefäßreichem Fettgewebe zum Erreichen dieser Mindestanzahl (Tab. 1). Eine Änderung des Lymphknotenstadiums ergab sich hierbei nicht. In der Methylen-Gruppe war eine zusätzliche Untersuchung von makroskopisch lymphknotenfreiem Fettgewebe in keinem Fall notwendig.

Tab. 1 Fallcharakteristika und Lymphknotenstatus

Diskussion

Die Durchführung des histopathologischen Lymphknoten-Stagings kolorektaler Karzinome nimmt in der täglichen Praxis aufgrund der Häufigkeit dieser Entität und der hohen klinischen Bedeutung breiten Raum ein. Dementsprechend häufig ist dieses Thema Gegenstand der Diskussion in der älteren und der aktuellen Literatur. Trotz unzähliger Publikationen konnte die Frage einer allgemein anerkannten Mindestanzahl von zu untersuchenden Lymphknoten noch nicht abschließend geklärt werden. Die UICC fordert in der aktuellen TNM-Klassifikation die Untersuchung von 12 lokoregionären Lymphknoten. In Originalpublikationen werden Zahlen zwischen 9 und 18 [2, 10, 15] empfohlen.

Die Gefahr einer unzureichenden Lymphknotenuntersuchung besteht im Under-Staging, insbesondere von vermeintlich nodal negativen Karzinomfällen. Zahlreiche Studien belegen ein Up-Staging nach Einsatz von erweiterten Maßnahmen wie Fettaufhellung oder Immunhistochemie [1, 3, 11, 14] in einer Häufigkeit von 8–10%. Eindrucksvoll wird die Korrelation zwischen günstiger Prognose und hoher Anzahl untersuchter Lymphknoten in T3N0-Fällen in einer Untersuchung von Swanson et al. [15] belegt. Fälle mit weniger als 3 untersuchten Lymphknoten glichen sich hinsichtlich ihres Verlaufs dem von nodal positiven Fällen an, während eine Zahl von über 30 tumorfreien Lymphknoten mit einem exzellenten Fünfjahresüberleben von 88,1% vergesellschaftet war.

Um ein möglichst akkurates Lymphknoten-Staging zu gewährleisten, wurden in der Vergangenheit verschiedene Techniken entwickelt, die entweder auf eine möglichst hohe Lymphknotenausbeute, eine möglichst exakte Untersuchung der Einzellymphknoten oder eine Kombination aus beidem abzielen. Verschiedene Protokolle zur Aufhellung des Fettgewebes, teilweise in Kombination mit vollständiger Einbettung des perikolischen Fettgewebes wurden publiziert, Sentinel-Techniken eingesetzt und moderne diagnostische Werkzeuge wie Immunhistochemie oder die Polymerasekettenreaktion (PCR) empfohlen [1, 3, 7, 11, 12]. Die Mehrzahl dieser Methoden ist jedoch mit hohem Arbeitsaufwand, zusätzlichen Kosten und zeitverzögertem Abschluss der Befundung verbunden.

Neue Technik

In einer kürzlich publizierten Pilotstudie konnten wir eine neue Technik zur verbesserten Lymphknotenausbeute in Rektumkarzinomfällen vorstellen. Durch intraarterielle Injektion von Methylenblau-Lösung, die eine Blaumarkierung der Lymphknoten zur Folge hat, konnte eine signifikante Verbesserung gegenüber der konventionellen Technik erreicht werden [9].

In der vorliegenden Studie wurde diese Technik für Präparate des übrigen Kolons adaptiert. Die Identifikation der Gefäße und die Injektion waren im Vergleich zur Situation beim Rektum etwas schwieriger und in einem von 15 Fällen nicht erfolgreich. Die übrigen 14 Fälle gelangten zur Auswertung (Methylen-Gruppe). 14 Fälle mit identischer Lokalisations- und T-Stadium-Verteilung aus unserem Archiv dienten als Kontrollgruppe (Ungefärbt-Gruppe).

Der Vergleich der beiden Gruppen zeigt mit im Mittel 28±7 und 14±3 Lymphknoten in der Methylen- bzw. Ungefärbt-Gruppe nahezu identische Ergebnisse wie in der vorausgegangenen Rektumstudie. Der signifikante Unterschied ergibt sich aus einer gesteigerten Lymphknotenausbeute in Größengruppen von ≤4 mm, wobei die größte absolute Differenz in der Gruppe 2–4 mm auftrat (Abb. 3).

Haboubi et al. [4] und Herrera u. Villareal [6] konnten zeigen, dass bis zu 78% der Metastasen in Lymphknoten auftreten, die kleiner als 5 mm sind. In unserer Studie konnte eine Metastasendominanz in dieser Gruppe, wie sie von diesen Autoren berichtet wird, nicht belegt werden (Abb. 4). Dies ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die geringe Fallzahl unserer Studie zurückzuführen. Interessant erscheint aber, dass der mittlere Diameter der befallenen Lymphknoten, die zur Änderung der Lymphknotenklassifikation führten, in der Methylen-Gruppe mit 6,7±5,0 mm vs. 9,4±4,4 mm kleiner waren als in der Ungefärbt-Gruppe (Abb. 5). Möglicherweise ist das häufigere Auftreten von N2-Fällen in der Methylen-Gruppe durch eine verbesserte Detektion kleiner Lymphknoten zu erklären.

Abb. 5
figure 5

Mittlere Diameter der befallenen Lymphknoten, die zum Erreichen des nächsten Lymphknotenstadiums führten in der Methylen- und der Ungefärbt-Gruppe

Bei identischer pT-Verteilung trat in der Ungefärbt-Gruppe ein nodal positiver Fall mehr auf. Auch dies steht im Widerspruch zu Daten anderer Autoren und dürfte ebenfalls ursächlich in der geringen Fallzahl der Studie begründet sein. Die Häufigkeit eines Up-Stagings nach erweiterter Lymphknotenpräparation wird in der Literatur abhängig vom Verhältnis zwischen primärer und sekundärer Präparation mit 8–26% angegeben [1, 11, 14].

Bewertung

Unsere Daten zeigen, dass die Technik der Ex-vivo-Lymphknotenmarkierung durch intraarterielle Methylenblau-Injektion nicht nur bei Rektumpräparaten, sondern auch bei Kolonkarzinomen der übrigen Lokalisationen anwendbar ist. Besonderen Wert erlangt die Technik in Fällen, in denen noch kein augenfällig fortgeschrittenes Stadium vorliegt und die Detektion einer Lymphknotenmetastase entscheidend für die Risikoeinschätzung und weitere Therapiestrategie ist.

Die Notwendigkeit einer hinsichtlich der Präparatentnahme zeitnahen Injektion kann in manchen Bereichen ein Problem darstellen. Dieses kann durch die Injektion noch im Operationssaal durch den Chirurgen selbst überwunden werden. Dies setzt eine entsprechende Motivation des Operateurs voraus, der aber ebenfalls ein Interesse an einer erfolgreichen Lymphknotenpräparation haben sollte. Die Qualität der onkologischen Operation wird u. a. durch die Anzahl der im Präparat nachgewiesenen Lymphknoten dokumentiert.

Weitere Studien mit größerer Fallzahl, prospektivem und randomisiertem Studiendesign sind notwendig, um auch die Frage eines klinischen Benefits zu beantworten, der in einer vermehrten Detektion von nodal positiven Fällen läge.

Fazit für die Praxis

Die Lymphknotenmarkierung durch intraarterielle Methylenblau-Injektion ist neben dem Rektum auch im Kolon erfolgreich anwendbar und verbessert die Lymphknotenausbeute hochsignifikant. Sie erweist sich als hoch effektiv, äußerst kostengünstig und ist mit nur geringem Aufwand verbunden, ohne die zeitnahe Befundung zu verzögern.