Die Abgrenzung reaktiv-entzündlicher von neoplastischen pleuralen Prozessen ist oft im täglichen Einsendegut bei kleinen feinnadelbioptisch oder thorakoskopisch gewonnenen Proben problematisch. Dabei sind epitheloide und mesenchymale Läsionen zu trennen. Vor dem Hintergrund diagnostischer und therapeutischer sowie auch versicherungsmedizinischer Implikationen stellen wir einen Vorschlag zur Nomenklatur früher Entwicklungsphasen epitheloider mesothelialer Neoplasien unter Berücksichtigung morphologischer und immunhistochemischer Befunde vor.

Die morphologische Abgrenzung zwischen Pleuraschwarten und sarkomatoiden Pleuramesotheliomen oder anderweitiger Sarkomatosen soll hier nicht erörtert werden.

Aufgrund eines vielversprechenden Literaturhinweises [5] sollte geprüft werden, ob die immunhistochemische Detektion der Telomerase bei der Differenzialdiagnostik pleuraler Neoplasien gegenüber reaktiven Mesothelveränderungen genutzt werden kann. Hierfür musste vor geplanter immunhistochemischer Anwendung im Kollektiv mit frühen Läsionen die Reaktion in eindeutigen malignen Mesotheliomen und in gesicherten reaktiven mesenchymalen Läsionen geprüft werden.

Das Ribonukleoprotein-Enzym Telomerase mit seiner 127 kD schweren und 1132 AS umfassenden katalytischen Untereinheit der humanen „telomerase reverse transcriptase“ (TERT) addiert repetitive telomerische DNA-Sequenzen (5’-TTAGGG-3‘) an das chromosomale Ende unter Verwendung eines RNA-Templates, das durch das Gen TERC („telomerase RNA component“) kodiert wird. TERC besitzt eine Länge von 450 Nukleotiden. Die Enzymaktivität korreliert mit der Expression des TERT-Gens. Mit Hilfe der Telomerasefunktion bewahren Zellen auch nach mehrmaligem Replikationszyklus ihre strukturelle Integrität und umgehen somit das so genannte End-Replikations-Problem und die replikative Seneszenz. Trotz hoher Proliferationsgeschwindigkeit erreichen Zellen mit Telomeraseaktivität keine kritische Telomerlänge, entgehen auf diese Weise der Apoptose und ermöglichen somit eine Immortalisierung. Aufgrund seiner Seneszenz-kontollierenden und Zellzyklus-regulierenden Fähigkeiten kommt dem Enzym in der formalen Pathogenese verschiedener Tumoren eine wichtige Rolle zu.

Material und Methode

Aufgrund der im Deutschen Mesotheliomregister seit 1987 gesammelten Erfahrungen an mehr als 7000 gesicherten malignen Mesotheliomen und durch die Korrelation prä- und postoperativer Befunde zur Abklärung von Pleuraergüssen haben wir einen Nomenklaturvorschlag erarbeitet. Die Läsionen wurden immunhistochemisch mit den Antikörpern Panzytokeratin (MNF 116), Ck 5/6, Calretinin, HEA, dem Poliferationsmarker MiB-1 (alle DAKO, Hamburg) sowie dem thyreoidalen Transkriptionsfaktor 1 (TTF-1; Dunn, Asbach) untersucht. Zusätzlich wurde das epitheliale Membranantigen (EMA, DAKO) geprüft, welches als möglicher diskriminativer Marker zwischen reaktiven (negativ) und neoplastischen mesothelialen Läsionen (mit positiver Reaktion) diskutiert wurde [1, 2, 3, 7].

Vergleichend wurden Formalin-fixierte und Paraffin-eingebettete Proben von 70 Pleuramesotheliomen (je 35 epitheloid und sarkomatoid) und 70 reaktiven Mesothelveränderungen (64 Pleuritiden, 3 Plaques, 3 Schwarten) immunhistochemisch mit dem Antikörper gegen TERT untersucht (ABC-Methode). Epitheloide und mesenchymale Zellen der reaktiven Läsionen wurden getrennt ausgewertet. Nach hitzeinduzierter Antigendemaskierung (EDTA-Puffer) wurde der monoklonale Primärantikörper gegen die katalytische Untereinheit TERT (Ncl-h TERT, Maus, Klon 44F12, Typ IgG2a kappa, Verdünnung 1:25; Novocastra, Newcastle, UK) appliziert. Die Ergebnisse wurden lichtmikroskopisch mit Hilfe eines immunoreaktiven Scores (IRS) in Anlehnung an den bei der Hormonrezeptor-Auswertung bekannten Score nach Remmele und Stegner sowohl nach Quantität der Telomerase-positiven Zellen als auch nach Färbeintensität evaluiert (Tabelle 1).

Tabelle 1. Verwendeter immunoreaktiver Score (IRS) für die Reaktion mit dem Telomeraseantikörper: Der IRS ergibt sich als Produkt aus Werten für Färbeintensität und Prozentsatz positiver Zellen

Ergebnisse

Die mesotheliale Herkunft der untersuchten Läsionen wurde immunhistochemisch durch positive Reaktionen mit den Antiseren gegen Calretinin und Ck 5/6 sowie negative Reaktionen mit HEA und TTF-1 bestätigt.

Die reaktive Mesothelhyperplasie (RMH; Abb. 1 b) ist gekennzeichnet durch Einschichtigkeit der kubischen, im Vergleich zu normalen Mesothelien (Abb. 1 a) gering vergrößerten Mesothelzellen, welche Ck MNF 116, Calretinin sowie Ck 5/6 exprimieren. Eine EMA-Positivität findet sich in diesen Läsionen nicht.

Abb. 1
figure 1

Morphologische Befunde. a Normales Mesothel (Ck MNF 116). b Reaktive Mesothelhyperplasie (HE-Färbung). c Mesotheliale Inklusion (Ck 5/6). d Atypische Mesothelproliferation mit deutlichen Atypien, jedoch fehlender Stromakomponente und fehlender papillärer Komponente (HE-Färbung). e Flaches Mesothelioma in situ (HE-Färbung), kompakte Schicht atypischer epitheloider Mesothelzellen. f Papilläres Mesothelioma in situ (Ck MNF 116). g Immunhistochemischer Befund: EMA bei papillärem Mesothelioma in situ: charakteristische kräftig positive membrangebundene Positivität. h Frühmesotheliom: früheste Form der Invasivität, ggf. auch an sehr kleinen Biopsien zu detektieren (E.v.G.-Färbung)

Mesotheliale Inklusionen (Abb. 1 c) weisen eine oberflächenparallele Ausrichtung ohne Verzweigungsmuster auf (kein „Abtropfen“!) und zeigen weder Atypien noch eine gesteigerte Proliferationsaktivität. Die Zellen reagieren positiv mit den Antikörpern gegen Ck MNF-116, Ck 5/6 sowie Calretinin. MiB-1 ist in diesen Läsionen in weniger als 5% der Zellen und EMA nicht nachweisbar. Mesotheliale Inklusionen entstehen in bindegewebigen Organisationsfronten bei rezidivierend ablaufenden Pleuritisschüben und können in kleinen Biopsien ein infiltratives Wachstum vortäuschen.

Atypische Mesothelproliferationen (Abb. 1 d) sind hingegen Läsionen mit nukleären Atypien und/oder lockerer Mehrschichtigkeit des Mesothels ohne eigene Stromaentwicklung. Vereinzelt kann eine diskrete EMA-Positivität vorhanden sein, die aber nicht so stark ausgeprägt ist wie bei sicheren Mesotheliomen und meist nur wenige Zellen betrifft.

Das Mesothelioma in situ ist entweder durch eine kompakte Mehrschichtigkeit mit deutlichen zellulären Atypien und gesteigerter Proliferationsaktivität sowie einzelne atypische Mitosen (Abb. 1 e) oder durch ein papilläres Verzweigungsmuster mit Stromaentwicklung (Abb. 1 f) und in der Regel durch eine membrangebundene EMA-Positivität (Abb. 1 g) charakterisiert. Eine invasive Komponente findet man jedoch nicht. In der Nachbarschaft, ggf. erst in späteren Biopsien, ist dann oft bereits eine Invasion zu belegen (bestätigend zu [3]).

Frühmesotheliome (Abb. 1 h) sind bereits infiltrativ wachsende, auf die Pleura parietalis begrenzte Mesotheliome ensprechend einem Stadium pT1 der 6. Auflage der TNM-Klassifikation [8]. Es können flach invasive oder gemischt exophytisch/invasive Formen gefunden werden.

Telomerase

Das Patientenkollektiv mit malignen Mesotheliomen bestand aus 67 Männern und 3 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 67 Jahren (Bereich: 42–85 Jahre). Eine nukleäre Anfärbung mit dem Telomeraseantikörper fand sich in >90% der malignen Mesotheliome, und zwar in 97% der epitheloiden (Abb. 2 a,b) und 91% der sarkomatoiden Mesotheliome (Abb. 2 g,h) und in >40% der reaktiven Mesothelveränderungen (Abb. 2 c,d). Teilweise wurden auch zytoplasmatische Lokalisationen der Telomerase detektiert. In >50% der nichtneoplastischen Mesenchymanteile in Pleuritiden fand sich ebenfalls eine beträchtliche Expression des Enzyms (Abb. 2 e,f). Die Färbeintensität Telomerase-positiver Zellen differierte abhängig von der Art der Läsion (neoplastisch vs. reaktiv) deutlich. Neoplastische Läsionen zeigten in fast 70% eine stark positive Reaktion, während dies nur in knapp 20% der reaktiven Mesothelhyperplasien zu belegen war (Tabelle 2). Der Anteil positiv markierter Zellen betrug in der Gruppe der Neoplasien in >70% der Tumoren, jedoch nur in 17% der reaktiven Läsionen mehr als 50% (Tabelle 3).

Abb. 2
figure 2

Immunhistochemische Befunde für Telomerase bei malignen Mesotheliomen und in reaktiven Serosaläsionen. Eine positive Färbung findet durchweg in allen Mesothelveränderungen in unterschiedlich starkem Ausmaß statt, auch in den mesenchymalen Anteilen reaktiver Alterationen. Das Enyzm lässt sich immunhistochemisch sowohl nukleär als auch zytoplasmatisch lokalisieren. Bei Telomerasepositivität unterscheiden sich im Einzelfall weder Anfärbbarkeit noch Quantität exprimierender Zellen in neoplastischen und reaktiven Läsionen. a,b Epitheloides Mesotheliom. c,d Reaktive Hyperplasie. e,f Sarkomatoides Mesotheliom. g,h Mesenchymale Zellen bei fibrosierender Pleuritis

Tabelle 2. Färbeintensität der Telomeraseexpression (nach IRS)
Tabelle 3. Anteil telomerasepositiver Zellen in verschiedenen Mesothelveränderungen

Diskussion

Auf konventionell-lichtmikroskopischer Basis können in Kombination mit immunhistochemischen Zusatzbefunden 5 verschiedene mesotheliale Läsionen vor differenzialdiagnostischem und pathogenetischem Hintergrund definiert werden, die das Spektrum zwischen benigner Hyperplasie und dem bereits invasiven Frühmesotheliom erfassen:

  • die reaktive Mesothelhyperplasie,

  • die mesothelialen Inklusionszysten,

  • die atypische Mesothelproliferation,

  • das Mesothelioma in situ,

  • das Frühmesotheliom.

Dabei ergänzt der Einsatz des (monoklonalen) Antikörpers EMA Befunde zur Abgrenzung reaktiver von neoplastischen Läsionen, er darf aber nicht kritiklos als ausschließliches Kriterium zur Beurteilung der Dignität gewertet werden. Eine kräftige membrangebundene EMA-Positivität zahlreicher Zellen spricht im Zweifelsfall für eine neoplastische Mesothelveränderung.

Verwertbarkeit der Telomerase

Obwohl der immunhistochemische Nachweis der Telomerase mit dem hTERT-Antikörper in der ABC-Methode mit einer Sensivität von >90% gut und zuverlässig gelingt, ist die Expression des Enzyms kein charakteristisches Merkmal einer malignen Transformation von Mesothelzellen. Eine in der Literatur postulierte enge Korrelation zwischen Telomeraseaktivtät und zellulärer Transformation/Proliferation lässt sich in unserer Untersuchung nicht belegen.

Ein Grund hierfür liegt möglicherweise in einem erheblich größeren Kollektiv von Vergleichsfällen in unserer Untersuchung bei nahezu identischer Anzahl an Tumorproben im Vergleich zu der Arbeit von Kumaki et al. (70 vs. 19 Vergleichsfälle, 70 vs. 68 Neoplasien) [5]. Der verwendete Antikörper ist unterschiedlich. Wir hatten zunächst den in der Publikation beschriebenen Antikörper (Novus Biologicals, Littleton, USA) getestet, konnten aber auch nach aufwändigen Prüfungen eine starke unspezifische Hintergrundfärbung nicht verhindern. Daher wurde zu dem beschriebenen Antikörper (Novocastra) gewechselt, mit dem eine Hintergrundfärbung nicht zu verzeichnen war. Da eine einfach durchzuführende Methode auf immunhistochemischer Basis gewählt werden sollte, die im Alltag in nahezu jedem Institut verfügbar ist, wurde auf die Prüfung einer Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verzichtet.

Eine Expression des Telomersaseenzyms findet man nach unseren Befunden in reaktiven Mesothelveränderungen (43%) ebenso wie in Stromaanteilen (57%), jedoch am häufigsten in epitheloiden (97%) und sarkomatoiden Mesotheliomen (91%). Die Tendenz einer stärkeren Expression der Telomerase in neoplastischen Transformationen kann grundsätzlich zwar bestätigt werden, jedoch ist im Einzelfall der Reaktionsausfall wegen der geringen Spezifität der positiven Reaktion differenzialdiagnostisch nicht verwertbar. Mesothelzellen unterliegen in ihrer neoplastischen Transformation einem komplexen Prozess, der nicht allein durch eine Aktivierung des Telomeraseenzyms begründet ist.

Die immunhistochemische Detektion der Telomerease ist zusammenfassend aufgrund mangelnder Spezifität in der täglichen Begutachtungspraxis als differenzialdiagnostischer Marker mesothelialer Läsionen nicht zu empfehlen.

Schwierige Differenzialdiagnose

Zweifellos existieren in praxi gelegentlich Übergänge insbesondere zwischen der atypischen Mesothelproliferation und dem Mesothelioma in situ. Auch in Fällen mit bioptisch nachgewiesenem Mesothelioma in situ sind oft in anderen Biopsieanteilen bzw. bei der Kontrolluntersuchung weiter fortgeschrittene neoplastische Mesothelveränderungen nachweisbar. Insbesondere kann die Diagnose eines ausschließlichen Frühmesothelioms selbstverständlich erst am großen Resektat (z. B. Pleuropneumonektomie mit Perikard- und Diaphragmaresektion, so genannte P3D-Operation) pathologisch-anatomisch gestellt werden. Die vorgelegte Klassifikation stellt jedoch im diagnostischen Alltag eine morphologisch gestützte Hilfe mit konkreten Vorschlägen für klinische Handlungsanweisungen bei schwierig einzuordnenden mesothelialen Läsionen in kleinen Biopsien dar.

Zusatzuntersuchungen mit der komparativen genomischen Hybridisierung (CGH) konnten in einer atypischen Mesothelproliferation bereits genomische Defektmuster nachweisen, die auch bei Mesotheliomen in ähnlicher Form bekannt sind [4, 6].

Fazit für die Praxis

Folgende klinische Konsequenzen ergeben sich aus der morphologisch gestützten Einteilung: Während die reaktive Mesothelhyperplasie bei Pleuritiden folgenlos abheilt und keiner weiteren Beobachtung bedarf, muss das Biopsiegut bei der atypischen Mesothelproliferation weiter aufgearbeitet werden. Bei klinisch fortbestehendem Tumorverdacht ist eine Thorakoskopie mit gezielter Probenentnahme dringend erforderlich. Das Mesothelioma in situ ist die bislang früheste morphologisch eindeutig definierte Mesotheliomphase. Bei Frühmesotheliomen muss ein ausgiebiges Staging mit der Option einer möglichen ausgedehnten, ggf. multimodalen Therapie durchgeführt werden.

Vor versicherungsmedizinischem Hintergrund kann bei der atypischen Mesothelproliferation noch nicht von einer Läsion im Sinne einer Berufskrankheit nach Ziffer 4105 der derzeit gültigen Berufskrankheitenverordnung ausgegangen werden, hingegen liegen ab dem Befund eines Mesothelioma in situ die medizinischen Voraussetzungen vor.