Nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 des Strafgesetzbuches (StGB) kann eine einfache Körperverletzung zu einer gefährlichen Körperverletzung qualifiziert werden, wenn sie durch eine das Leben gefährdenden Behandlung begangen wurde. Der Beitrag diskutiert die Frage der abstrakten und der konkreten Eignung des Würgens als eine solche das Leben gefährdende Behandlung; auf die aktuelle Rechtsprechung und abweichende Auffassungen wird Bezug genommen. Ebenfalls werden neuere Erkenntnisse aus der rechts- und sportmedizinischen Forschung für die Bewertung des Griffs zum Hals als abstrakte oder konkrete Lebensgefährdung vorgestellt. Aus der Rechtsmedizin werden die Ergebnisse und der Einsatz neuer Untersuchungsmethoden bei Würgeattacken beschrieben. Aus sportmedizinischer Sicht werden wissenschaftliche Studien über den Einsatz sportlich erlaubter Würgegriffe im Kampfsport Judo erörtert.

Rechtliche Sicht

Der Griff zum Hals durch einen Gewalttäter, insbesondere das Würgen, kann vom Opfer als lebensbedrohlicher Eingriff in die körperliche Integrität empfunden werden. Allerdings verlangt § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB vom Tatrichter eine objektivierte Darstellung zur der das Leben gefährdenden Behandlung und nicht eine rein subjektive Wertung durch das Opfer oder einen Dritten. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der das Leben gefährdenden Behandlung ist umstritten, da sowohl eine abstrakte als auch eine konkrete Gefährdung gefordert werden.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung [z. B. BGH NStZ 2007, 339 (339 heftiges Würgen), BGH NStZ-RR 2006, 11 (11 sekundenlanges Würgen), BGH NStZ 2005, 156 (157 massive Schläge gegen den Kopf), BGH StraFo 2005, 75 (75 f. massives Würgen mit Bruch des Zungenbeins und punktförmige Stauungsblutungen in den Lidhäuten), BGH NStZ 2004, 618 (618 Tritte mit dem beschuhten Fuß und Schläge mit Knüppeln gegen Oberkörper und Kopf), BGHSt 2, 160 (163); 36, 1] geht davon aus, dass die Verletzungshandlung den konkreten Umständen nach abstrakt geeignet sein muss („Eignungsdelikt“), das Leben des Opfers zu gefährden. Nach dieser Bewertung ist eine konkrete Lebensgefahr durch Würgen für die Annahme einer das Leben gefährdenden Behandlung keine Voraussetzung. Erforderlich ist aber, dass die zu beurteilende Tathandlung des Würgens nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu einer Herbeiführung einer Lebensgefährdung grundsätzlich geeignet ist.

In der juristischen Literatur ist die Einordnung der das Leben gefährdenden Behandlung als abstraktes oder konkretes Gefährdungsdelikt umstritten. Einigkeit besteht, dass nicht der Verletzungserfolg (vgl. bereits in der Rechtsprechung: RGSt 10,2; BGHSt 36, 9), sondern aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls die Verletzungshandlung für die Beurteilung der Lebensgefährlichkeit ausschlaggebend ist [1, 2]. Die herrschende Auffassung stellt u. a. unter Hinweis auf den Gesetzgeber (BT 13/8587 S. 82 f.) und die höchstrichterliche Rechtsprechung auf die abstrakte Eignung der Handlung zur Lebensgefährdung ab ([2, 3, 4, 5] m.w.N). Bei der tatrichterlichen Prüfung soll die „abstrakte Gefährdung unter Ausschluss konkreter Ungefährlichkeit“ maßgeblich sein, sodass eine Lebensgefährdung aufgrund der Gesamtumstände nicht ausgeschlossen werden kann [5]. Faktoren, wie Konstitution von Täter und Opfer, Intensität des Angriffs und vom Angriff betroffene Körperregionen sollen bei der Bewertung der Gefährlichkeit berücksichtigt werden [6].

Von Teilen der juristischen Literatur wird hingegen mit unterschiedlicher Begründung (erhöhter Strafrahmen der gefährlichen Körperverletzungsdelikte, Schutzzweck der Norm: Opferschutz) eine lediglich abstrakte Gefährdung abgelehnt und eine konkrete Gefährdung des Opfers durch die Tathandlung gefordert (konkretes Gefährdungsdelikt; [1, 7, 8]). Die konkrete Gefährdung wird dann relevant, wenn der mögliche, aber nicht eingetretene Tod des Opfers nur vom Zufall abhängt [9]. Allerdings ist dieser Streit eher akademischer Natur und von geringer Praxisrelevanz [10].

Beim Würgen des Opfers wird in Teilen der juristischen Literatur ohne nähere Differenzierung und unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung von einer das Leben gefährdenden Behandlung ausgegangen [3, 4]. Allerdings werden auch Modifikationen bezüglich Dauer und Intensität in Form des „heftigen Würgens“ [11], des „kräftigen Würgens“ [12], des „massiven Würgens“ [10], des „massiven sowie intensiven Würgens“ [1] und des „festen Würgens von einiger Dauer“ [13] vorgenommen und angeführt, dass nicht jeder Würgegriff zum Hals automatisch eine das Leben gefährdende Behandlung darstellt [2, 6].

Auf Grundlage der Rechtsprechung (Tab. 1) lassen sich folgende Grundsätze für die rechtliche Bewertung herausarbeiten, die bei der Untersuchung des Opfers durch den rechtsmedizinischen Sachverständigen zu berücksichtigen sind, da ggf. mit Fragen der Prozessbeteiligten zu rechnen ist. Entscheidende Kriterien für die Einzelfallbeurteilung der Tathandlung des Würgens sind dessen Dauer und Intensität (z. B. BGH NStZ-RR 2006, 11; NStZ 2002, 594; NJW 2002, 3264). Einer revisionsrechtlichen Prüfung halten daher vorinstanzliche Entscheidungen nicht stand, die keine bzw. unzureichende Feststellungen zu diesen Modalitäten treffen (z. B. BGH NStZ-RR 2005, 44 zuvor LG Halle/Saale; BGH NStZ 2002, 594 zuvor LG Köln; BGH, NStZ 2001, 313 zuvor LG Hamburg), eine konkrete Lebensgefährdung des Opfers fordern (z. B. BGH NStZ 2007, 339 zuvor LG Aachen; BGH NStZ-RR 1997, 67 zuvor LG Fulda) oder lediglich von einer einfachen Körperverletzung ausgingen (BGH, NStZ 2001, 313 zuvor LG Stendal). Da Verletzungserfolge (Beeinträchtigungen und Verletzungen beim Opfer) Rückschlüsse auf Dauer und Intensität der Tathandlung ermöglichen, spielen auch diese bei der tatrichterlichen Bewertung eine Rolle (OLG Köln, VRS 100, 185). Als starke Indizien für eine das Leben gefährdende Behandlung durch Würgehandlungen wertet die Rechtsprechung den Bruch des Kehlkopfknorpels (BGH StV 1993, 26 f.; BGH GA 61, 241), Bewusstlosigkeit des Opfers [BGH NJW 2002, 3264 (3265)], Eintritt von Sehstörungen [BGH NJW 2002, 3264 (3265); BGH JZ 1986, 963] sowie länger andauernde Luftnot [BGH NJW 2002, 3264 (3265)]. Nicht ohne Weiteres ausreichend für eine Qualifizierung der einfachen Körperverletzung zur gefährlichen ist der bloße Nachweis oberflächlicher Hautverletzungen ohne weitere Feststellungen (BGH NStZ-RR 2005, 44). Bei einer weitergehenden gerichtlichen Prüfung eines versuchten Totschlags ist ein alleiniger tatrichterlicher Rückschluss von der abstrakten Lebensgefahr durch das Würgen auf einen (bedingten) Tötungsvorsatz des Täters nicht ausreichend (BGH, Beschl. v. 02.12.2003, 4 StR 385/03). Aufgrund der zu unterstellenden erhöhten Hemmschwelle des Täters zur Tötung eines Menschen erfordern auch gefährliche Gewalttaten trotz ihrer Indizwirkung für vorsätzliches Handeln konkrete Feststellungen zum subjektiven Tatbestand insbesondere zur voluntativen Komponente des Vorsatzes durch eine billigende Inkaufnahme des Tötungserfolgs [BGH NStZ-RR 2006, 8 (9); NStZ 2004, 329 (330)].

Tab. 1 Analyse der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Würgen über einen Zwanzigjahreszeitraum (1988–2007)

Rechtsmedizinische Sicht

Unter Würgen wird die Kompression des Halses mit bloßen Händen verstanden. Mit Erwürgen wird die Tötung durch diese Einwirkung definiert. Um die potenzielle Lebensgefährlichkeit des erfolgten Angriffs beurteilen zu können, kann man einen Vergleich von Befunden bei tödlichen und überlebten Verläufen der unterschiedlichen Strangulationsformen (Erwürgen, Erdrosseln, Erhängen) anstellen. In der aktuellen rechtsmedizinischen Literatur (vgl. z. B. [14, 15] m.w.N.) besteht weitgehender Konsens darüber, dass beim Erwürgen zusätzlich zur asphyktischen Atemwegsbehinderung in erster Linie die halskompressionsbedingte Behinderung lebenswichtiger arterieller und venöser Blutströme sowie die daraus resultierende zerebrale Hypoxie für den tödlichen Verlauf mitverantwortlich sind. Dabei wird man beim Würgen nur ausnahmsweise einen kompletten Verschluss aller Schlagadern erwarten können, während das Syndrom der venösen Stauung wiederum nur selten fehlt. Anscombe u. Knight [16] geben jedoch zu bedenken, dass die aus der klinischen Medizin bekannten, sehr unterschiedlichen zeitlichen Abläufe vom Beginn eines unzureichenden Sauerstoffangebots (z. B. bei spontanen bilateralen Karotisarteriendissektionen) bis hin zu den irreversiblen „hypoxischen“ Schäden des Gehirns einige Fragen aufwerfen. Das u. a. von Knight vorgeschlagene Erklärungsmodell reflektorischer Mechanismen wird jedoch von der Mehrheit kritisch hinterfragt (vgl. z. B. [17] m.w.N.). Nach wie vor wird diskutiert, ob die Drosselung des Abflusses der Vv. jugulares (bei gleichzeitig unbehinderter Drainagefunktion des Plexus vertebralis) und die dadurch bedingte, bis in das Kapillargebiet hineinreichende venöse Rückstauung sowie die abrupte Verminderung des arteriellen Blutflusses in einer der beiden oder beiden Halsschlagadern die Pathophysiologie der zerebralen Hypoxie und folglich des Strangulationstodes ausreichend erfasst [18]. Die Zugkräfte zur vollständigen Kompression der A. carotis, der Halsschlagader, werden bei experimentellen Untersuchungen an Leichen mit 35 N (10 Newton=SI-Einheit der Kraft, die der Masse 1 kg die Beschleunigung 1 m/s2 erteilt) angegeben [19]. Dieser Wert entspricht etwa dem Gewicht des Kopfes. Zur Kompression der A. vertebralis, der Wirbelsäulenarterie, sind 160 N nötig. Messtechnische Werte, die zum vollständigen Verschluss der Halsvenen erforderlich sind, liegen nicht vor. Unstrittig ist, dass bereits ein geringer, nichtlokal umschriebener Druck genügen kann, um eine Behinderung des venösen Abflusses zu bedingen [14, 15]. Die Obstruktion der Atemwege sowie vegetativ-reflektorische Mechanismen spielen in Abhängigkeit von der Lokalisation der Halskompression, der Druckstärke und der Dauer der Kompression eine Rolle [20]. Dabei zeigen die Schilderungen von Opfern, die einen Würgeangriff überlebt haben und in zahlreichen Fällen darüber berichten, während des Würgevorgangs „keine Luft“ bekommen zu haben, dass die mechanische Asphyxie der Atemwege als wichtiger zusätzlicher Faktor zu berücksichtigen ist [21, 22]. Die erforderliche Zeit des Würgevorgangs bis zum Eintritt des Todes dürfte aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren großen Schwankungen unterliegen. In der Regel verläuft die Kompression am Hals beim Erwürgen im Gegensatz zum Erhängen nicht statisch und gleichmäßig, sondern es kommen in Abhängigkeit von Griffvariationen, vom ausgeübten Druck und der Gegenwehr unterschiedlich graduierte Behinderungen des Blutzustroms, des Blutabflusses sowie der Atmung und somit unterschiedlich lange Erfolgszeiten infrage. Auch mehrphasige Geschehen sind relativ häufig, da meist zunächst nur über einen kurzen Zeitraum gewürgt wird. Wenn die betreffenden Opfer nach Eintritt der Bewusstlosigkeit wieder zu sich kommen, können erneute Attacken bis zu definitiven Tötungshandlungen erfolgen. Aus Versuchen von Rossen et al. [23] sowie Denk u. Missliwetz [24] ist bekannt, dass die Bewusstlosigkeit und damit die Handlungsunfähigkeit 6–14 s nach vollständiger Drosselung aller Gefäße am Hals auftritt. Die vollständige Drosselung wurde durch das Aufblasen einer Halsmanschette auf 600 mmHg innerhalb einer Achtelsekunde erreicht. Drosselzeiten von bis zu 100 s wurden ohne Schaden überlebt. Das Bewusstsein trat nach Lösung der Manschette innerhalb von 30–40 s wieder ein. Henßge [20] gibt die Zeit bis zum „irreversiblen Funktionsverlust“ des Gehirns mit 3 min an. Bis zum endgültigen Herzstillstand nach Strangulationsbeginn wurde ein Zeitraum zwischen 5–18 min ermittelt [23]. Als kritischer Blutdruck bei der Hirndurchblutung wird von einem Abfall der Durchblutung auf 30 ml/100 g Hirngewebe×min−1 ausgegangen [25]. Dabei existiert eine individuelle und lageabhängige Schwankungsbreite zwischen 30 und 60 ml/100 g Hirngewebe×min−1.

Die Lebensgefährlichkeit eines „Angriffs gegen den Hals“ wird im rechtsmedizinischen und im juristischen Bereich durchaus unterschiedlich bewertet. Ein Grund dafür liegt darin, dass aufgrund von scheinbar eindeutigen Fallberichten Todesfälle auch dann aufgetreten sein sollen, wenn nur ein „kurzer Griff“ gegen den Hals erfolgte. Als Ursache für diese Todesfälle wird ein Reflextod, der sog. Karotissinusreflex, beschrieben. Pathophysiologisch wird eine über Reflexbahnen vermittelte Reizüberflutung mit letaler Vagotonie (tödliche Verschiebung des vegetativen Gleichgewichts mit einhergehender Deregulation von Herz- und Kreislauffunktion; [17, 26]) diskutiert. Bei Personen mit Vorerkrankungen z. B. mit schweren arteriosklerotischen Veränderungen oder pathologischer Überempfindlichkeit des Karotissinusknotens wird man eine solche Möglichkeit nicht gänzlich ausschließen können. Bei ansonsten gesunden jüngeren Menschen ist dieser Mechanismus nach heutiger Auffassung zunächst abzulehnen [17]. Auch hier gilt jedoch, dass im Einzelfall eine abweichende Begutachtung notwendig sein kann.

Plattner et al. haben eine retrospektive Bewertung überlebter Strangulationsfälle vorgenommen und aufgrund der erhobenen Befunde eine Klassifikation von Strangulationsfällen in 3 Schweregrade vorgeschlagen [27]:

  • Nur die „schweren Formen“, die mit Stauungsblutungen und/oder Bewusstlosigkeit einhergehen, wurden von den Autoren als lebensgefährlich eingestuft.

  • Als mittelschwere Formen werden Strangulationen mit Schädigungen der Halsweichteile bzw. des Kehlkopfes mit Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Heiserkeit und Hautunterblutungen klassifiziert.

  • Ausschließlich oberflächliche Hautbefunde werden hingegen als „leichte Formen“ bezeichnet.

Vor einer unkritischen Einordnung des Einzelfalls in eines der 3 Stadien wird allerdings gewarnt, da zusätzlich zum Ausmaß des Halsangriffs auch zahlreiche andere Faktoren, z. B. Körperbau und Alter des Opfers eine entscheidende Rolle spielen können. Nach überlebten Halsangriffen ist zusätzlich zum Nachweis von Stauungsblutaustritten in den Augenlidbindehäuten und oralen Schleimhäuten aus rechtsmedizinischer Sicht eine äußere Inspektion des Halses, ggf. eine Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Inspektion der tieferen Rachenregionen erforderlich. Dabei ist auf „Würgemale“ zu achten, die als kratzer- und halbmondförmige Fingernagelabdruckspuren und Blutunterlaufungen durch den Druck der Fingerkuppen imponieren können. Während das Vorhandensein von petechialen Blutungen eine kreislaufrelevante Venenkompression von mindestens ca. 20 s bis wenige Minuten belegt [21], kann auch beim Fehlen von Stauungsblutungen allein aufgrund äußerer Verletzungszeichen schon von einer gewissen Gewalteinwirkung auf den Hals ausgegangen werden, ohne dass damit aber schon eine das Leben gefährdende Behandlung abgeleitet werden kann.

Eine weitere Möglichkeit zur medizinischen Differenzierung und zur Abklärung bietet der Einsatz radiologischer bildgebender Verfahren, wie neue Ergebnisse aus der Schweiz im Rahmen des Virtopsy- (Virtuelle-Autopsie-)Projekts belegen [28, 29]. Die Studiengruppe stellte u. a. fest, dass sowohl bei einer Überlebenden (eine Frau hatte mehrminütiges Würgen überlebt) als auch bei Verstorbenen relevante traumatologische „innere“ Halsbefunde (subkutan liegende Blutungen, Einblutungen in Halsmuskulatur, Nackenweichteile, Speicheldrüse und Platysmaeinblutungen) nach dem Würgen mithilfe spezieller bildgebender radiologischer Verfahren, wie der Magnetresonanztomographie und der Multislice-Computertomographie, nachweisbar waren.

Bei nur kurz andauernden Einwirkungen auf den Hals ist zunächst davon auszugehen, dass keine inneren Verletzungen nachweisbar sind und somit im Zweifel für den Angeklagten weder eine abstrakte noch eine konkrete Lebensgefährdung vorliegt. Allerdings könnte der Einsatz hoch auflösender bildgebender Methoden mit dem Nachweis innerer Verletzungen auch beim Fehlen äußerer Spuren zu Lasten des Täters sogar eine konkrete Lebensgefährdung der Tathandlung belegen. So können beispielsweise innere Verletzungen im Bereich der oberen Luftwege oder am Kehlkopf, wenngleich sie selbst nicht asphyktisch wirken, schwerwiegende Weichteilschwellungen mit sekundärer Obstruktion der Atemwege bedingen. Die Untersucher des Virtopsy-Projektes konstatieren, dass sich selbst diskret ausgebildete Strangulations- und Würgebefunde mit den genannten bildgebenden Verfahren nachweisen lassen, sodass deren Anwendung die Beweisführung bei fehlenden markanten äußeren Verletzungszeichen erleichtern kann. Von Bedeutung ist auch, dass gewaltsame Auseinandersetzungen oft unterschiedliche Gewaltarten (z. B. zusätzliche stumpfe Gewalt durch Schläge) beinhalten und eine Unterscheidung der Verletzungszeichen sowie Zuordnung zu einzelnen Gewaltformen schwierig sein kann.

Eine potenzielle Lebensgefährdung wird man daher dann annehmen müssen, wenn mindestens eines der folgenden 3 Bewertungskriterien erfüllt ist:

1. Venöses Stauungssyndrom oberhalb der Strangulationsebene mit Nachweis von Stauungsblutaustritten im Gesicht (einschließlich Lidbindehäute, Schleimhäute), die nicht durch andere Zustände erklärt werden können (z. B. Hustenattacken) oder

2. Nachweis einer durch Zeugen dokumentierten (bzw. selbst glaubhaft erlebten) Bewusstlosigkeit im zeitlichen Zusammenhang mit dem Halsangriff, die nicht anders als durch den Würgevorgang erklärbar ist, oder

3. Nachweis von schweren Verletzungen der oberen Hals- und Rachenweichteile bzw. der oberen Luftwege, die geeignet sein können, eine sekundäre Obstruktion bzw. eine zerebrale Minderdurchblutung/Hypoxie zu bedingen (in seltenen Fällen durch traumatische Karotisarteriendissektion; [30, 31]).

Für die Beurteilung der zuletzt genannten Kriterien kann es sinnvoll sein, das Gewaltopfer mehrfach (zumindest zweimal), mit einigen Tagen Abstand, zu untersuchen. Gemäß § 81c Abs. 1 StPO trifft das Opfer einer Würgeattacke eine Duldungspflicht zur Untersuchung von Spuren und Tatfolgen. Nach dem Spurengrundsatz dient der Zweck der Untersuchung dem Auffinden von Spuren und Folgen der Tat am Körper des Opfers. Der Zeugengrundsatz des § 81c Abs. 1 StPO gestattet die körperliche Untersuchung an der gewürgten Person, wenn sie als Zeuge für die Tat in Betracht kommt. Für die Untersuchung muss genügender Anlass bestehen, und diese muss notwendig sein [32, 33]. Jedoch legt § 81c Abs. 1 StPO fest, dass die Untersuchung nur am Körper bzw. an den natürlichen Körperöffnungen vorgenommen werden darf. Körperliche Eingriffe, wie sie gemäß § 81a StPO gegenüber dem Beschuldigten vorgenommen werden dürfen, sind zwangsweise, d. h. ohne Einwilligung des Zeugen [32, 33, 34, 35] bzw. nach teilweise vertretender Auffassung [33] ohne die Anordnung der nach § 81c Abs. 5 zuständigen Personen unzulässig. Radiologische Untersuchungen zur weiteren Abklärung des Würgens (vgl. zur radiologischen Diagnostik bei der forensischen Altersdiagnostik: [35]) bedürfen daher der Einwilligung des Opfers und ggf. der zusätzlichen richterlichen oder behördlichen Anordnung. Bei innerfamiliären Tätlichkeiten können Untersuchungen durch das Opfer verweigert werden (§ 81c III i.V.m. § 52 StPO). Die Belehrung über das Untersuchungsverweigerungsrecht ist nicht Aufgabe des sachverständigen Arztes, sondern des Richters oder der Ermittlungsbehörde [33, 34]. Aus rechtsmedizinischer Sicht ist zudem zu fordern, dass nicht nur das Opfer, sondern soweit möglich auch Täter gemäß § 81a StPO untersucht werden, da in aller Regel bei handlungsfähigen Opfern von Kampf- und Abwehrhandlungen ausgegangen werden kann.

Sportmedizinische Sicht

Als Untersuchungssportart für die medizinischen Auswirkungen des Griffes zum Hals und dem Würgen bietet sich der moderne Judosport an, da hier Würgetechniken erlaubt sind. Zirka 5% der Kämpfe werden durch Würger (Shime-waza) entschieden. Obwohl Judo ein weltweit betriebener Wettkampfsport ist, wurde trotz dieser Verbreitung unter weltweit bis 1979 registrierten 19 fatalen Traumata keines durch einen Shime-waza, also durch Würgen, induziert [36]. In Deutschland konnten bei einer Studie zu Todesfällen im Vereinssport 2969 tödliche Fälle in 75 Sportdisziplinen registriert werden [37]. Von den 14 tödlichen Judofällen konnte keiner auf einen Würgegriff zurückgeführt werden. Ziel neuerer sportmedizinischer Studien war die Ermittlung physiologischer bzw. pathophysiologischer Auswirkungen eines trainingsbedingten Würgemanövers, um zuverlässige Kriterien zur Beurteilung der realen Risikoträchtigkeit dieser Aktion zu erhalten. Bei diesen Studien wurde das sog. Kreuzwürgen (Juji-jime) analysiert. Hierbei fasst der Würgende (Tori) mit der rechten Hand bei nach innen gerichtetem Daumen an die rechte Kragenseite des Probanden, und der linke Unterarm des Würgenden überkreuzt den eigenen rechten Unterarm. Die karotiskomprimierende Wirkung zielt dabei auf die linke Halsseite des anderen Sportlers ab. Sobald dieser das übliche Aufgabezeichen in Form des Abschlagens mit der flachen Hand signalisierte, wurde das Shime-waza abgebrochen, sodass bei keinem der Probanden Bewusstlosigkeit eintrat [38]. In Studien [38, 39] mit wettkampferfahrenen Judokas erfolgte die Messung der intrakraniellen Strömungsgeschwindigkeit in der A. cerebri media in Ruhe und während eines Würgemanövers mithilfe der transkraniellen Dopplersonographie. So wurden in den großen Halsgefäßen Abnahmen der systolischen Flussgeschwindigkeit, des „Mean“-Wertes sowie der diastolischen Flussgeschwindigkeit durch das Würgen und ein Blutdruckabfall aufgezeigt. In einer weiteren sportmedizinischen Untersuchung konnten bei ca. 25% der Probanden nach dem Würgen pathologische Werte der Sauerstoffsättigung (<95%; [40]) aufgezeigt werden. Diese Veränderungen sind bei gesunden Sportlern (keine Gefäßanomalien oder Gefäßveränderungen) in dieser Form zunächst nicht lebensbedrohlich. Eine durch Reizung des Karotissinus hypothetisch erwartete, kurzfristige Pulsfrequenzabnahme konnte in einer weiteren Studie nicht festgestellt werden [41]. Bei einer spirographischen Untersuchung [42] des Kreuzwürgens konnten hochsignifikante Abnahmen der forcierten Vitalkapazität (FVC) um durchschnittlich 0,24 l, des forcierten Exspirationsvolumens in einer Sekunde (FEV1) um 0,16 l, des exspiratorischen Reservevolumens (ERV) um 0,18 l und des Atemgrenzwerts (MVV) um 5,7 l/min, gefolgt von der signifikanten Abnahme der Vitalkapazität (VC) um 0,1 l und der Zunahme des FEV1/FVC-Quotienten um 1% nachgewiesen werden. Dies sprach gegen eine Zunahme der Obstruktion unter dem Würgen. Dieser Effekt wurde von den Autoren dem Vorwürgekortisolhochstand bzw. dem stressbedingten Katecholamin-Output mit antiobstruktiven Effekten zugeschrieben. Die biomechanischen Auswirkungen zweier unterschiedlicher Würgegriffe, deren Kräfte zwischen 7 und 11 kp angegeben wurden, zeigten weder laryngoskopisch noch in der Magnetresonanztomographie (bis auf einen Fall einer leichten Schleimhautrötung) relevante Verletzungen der Halsweichteile [43]. In weiteren Studien zeigten sich allerdings hoch signifikante Verbesserungen der Sinnesleistungen (Visus, Knochenhörschwelle; [44, 45]). Als Ursache wird ein aus evolutionsbiologischer Sicht bedeutsamer, für das Überleben relevanter Adaptationsmechanismus der Sinnesorgane durch das Würgen diskutiert. Die Datenlage zu sportmedizinischen Studien zum Würgen zeigt auf, dass unter definierten Versuchsbedingungen intensives Würgen zu physiologischen Stressreaktionen und Adaptation der Sinnesorgane führt und keinerlei pathologische Auswirkungen im Sinne einer das Leben gefährdenden Behandlung aufweist. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Sportler mit der Situation des Gewürgtwerdens vertraut waren und dieses durch Abschlagen jederzeit selbst beenden konnten.

Fazit

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist beim Griff zum Hals bzw. beim Würgen des Opfers auf die abstrakte Gefährlichkeit der Handlung (Dauer und Intensität) unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Nicht erforderlich ist es daher, dass die Behandlung im Einzelfall das Leben äußerlich erkennbar wirklich in Gefahr gebracht hat. Wie Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) belegen, wird dies von Teilen der Vorinstanzen unter der Annahme einer konkreten Gefährlichkeit rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen. Allerdings lässt erst eine konkrete Bewertung der Tathandlung unter Berücksichtigung der Verletzungsfolgen Aussagen zu, ob diese abstrakt, konkret oder gar nicht geeignet war, dass Leben des Würgeopfers zu gefährden. Zwar wird aus Sicht des Opfers ein Griff zum Hals durchaus als lebensbedrohliche Situation empfunden. Für eine strafrechtliche Ahndung des Würgens als qualifiziertes Körperverletzungsdelikt bedarf es jedoch einer Konkretisierung der lebensgefährlichen Behandlung. Hierbei sind auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse bei den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und bei der richterlichen Abwägung zu berücksichtigen. Eine konkrete Rekonstruktion des Tathergangs liefert wertvolle Hinweise für die Beurteilung. Der Beschreibung des Geschehens sollte daher größte Sorgfalt gewidmet werden. Die Dauer der Einwirkung auf den Hals des Opfers sowie die Art und Weise des Griffes zum Hals (Würgegriff, nur kurzer Griff an den Kehlkopf, seitliche oder frontale Einwirkung, einhändig oder beidhändig) sind von zentraler Bedeutung. Aber auch die Konstitution von Täter und Opfer sollten bei der Bewertung berücksichtigt werden (vgl. RG, HRR 1932, 3350; OLG Köln NJW 1983, 2274). Vor allem bei zunehmendem Lebensalter des Opfers kann aufgrund der veränderten Gefäßsituation durch altersbedingte Atheroskleroseprozesse eine andere Bewertung gerechtfertigt sein als bei einem jungen Opfer unter annähernd identischen Tathergangsbedingungen. Deshalb empfiehlt sich bei Zweifeln an der abstrakten Gefährlichkeit der Einwirkung auf den Hals eine rechtsmedizinische ggf. radiologische Untersuchung des Opfers. Dabei ist darauf zu achten, dass zwangsweise angeordnete radiologische Untersuchungen nicht vom § 81c StPO gedeckt sind und deren Durchführung der Einwilligung des Opfers oder mitunter der Anordnung durch einen Richter bzw. bei Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch zeitliche Verzögerung der Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder ihrer Ermittlungspersonen gemäß § 81c Abs. 5 StPO bedarf. Im Ergebnis erleichtern eine umfassende medizinische Diagnostik durch geschulte Sachverständige und die rechtsmedizinische Begutachtung dem Tatrichter die rechtliche Bewertung und können dem Opfer zudem bei der Geltendmachung von Schadensersatz- sowie Schmerzensgeldansprüchen im Wege des Adhäsionsverfahrens gemäß § 403 ff. StPO oder vor den Zivilgerichten hilfreich sein.