Während vor und zu Beginn der Ära arthroskopischer Kniegelenkseingriffe die offene Behandlung der septischen Arthritis die Methode der Wahl darstellte [10, 12, 17], sollte heute der Kniegelenkinfekt, insbesondere der in der Folge eines arthroskopischen Eingriffs auftretende, primär arthroskopisch behandelt werden [3, 7, 9, 13, 15, 16, 19]. Die unterstützende systemische Therapie mit potenten, resistenzadaptierten Antibiotika ist fester Bestandteil der Therapie [1, 3, 5, 16], während die lokale Antibiotikaanwendung keine breite Anerkennung fand [8, 15]. Dennoch finden sich auch in neuesten Veröffentlichungen immer wieder Berichte über die offene, gar bilaterale Arthrotomie als Standardbehandlungsverfahren des akuten Kniegelenkinfektes [4, 14].

Trotz aller hygienischen Vorsichtsmaßnahmen sind Infekte nach Kniegelenksarthroskopien nicht vollständig zu vermeiden und als schicksalhaft zu betrachten. Die zunehmende Ausweitung der Indikationen mit einem Zuwachs an Erfahrung in der Technik auch auf ein risikoträchtigeres Patientengut (Alter, Adipositas, Immunsuppression) und die zunehmende Komplexität der Eingriffe (Bandplastiken, Knorpel- und Meniskusverpflanzungen) haben das Infektrisiko noch erhöht [11, 18]. Dennoch wird eine Infektrate von unter 0,1% angestrebt [2].

Wir berichten über unser Konzept der „repetitiven arthroskopischen Revision“ zur Behandlung postarthroskopischer Kniegelenkinfekte, welches in Anlehnung an die „programmierte Lavage“ aus der Abdominalchirurgie an die speziellen Gegebenheiten des Kniegelenkes angepasst wurde.

Methoden

Vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2002 wurden 13 Patienten mit Kniegelenkinfekten im Stadium 2 und 3 nach Gächter (Tabellen 1 u. 2) nach vorausgegangener arthroskopischer Operation behandelt.

Tabelle 1 Stadien der Gelenkinfektion nach Gächter [6, 7, 16]
Tabelle 2 Alter, Geschlecht, Intervall zwischen Voroperation und Infektdiagnose sowie Stadienverteilung nach Gächter [6, 7, 16]

Die erste arthroskopische Revision wurde innerhalb der ersten 24 Stunden nach Diagnosestellung durchgeführt, weitere Revisionen folgten bis zur Ausheilung nach Vorgabe des Operateurs sowie in Abhängigkeit vom laborchemischen Verlauf und den mikrobiologischen Befunden. Im Rahmen der Erstarthroskopie erfolgte im klinischen Stadium 2 nach Gächter die intensive Spülung des Kniegelenkes unter arthroskopischer Sicht und das Débridement von Fibrinbelägen, Verklebungen und Briden. Im Stadium 3 wurde mit dem Elektroresektor eine radikale Synovektomie durchgeführt. Intraartikulär wurden jeweils zwei Drainagen Charrière 10 bzw. 14 eingelegt. Saug-Spül-Drainagen-Systeme und lokale Antibiotikaträger kamen nicht zur Anwendung. Im Rahmen jeder Arthroskopie wurde Material zur mikrobiologischen Aufarbeitung einerseits in Form von Abstrichuntersuchungen aus der ersten Spülflüssigkeit und andererseits aus Gewebeproben gewonnen. Die Bebrütung der Proben erfolgte für 3–10 Tage unter aeroben und anaeroben Bedingungen.

Die begleitende systemische Antibiotikatherapie bestand zu Behandlungsbeginn aus der blind-probatorischen Gabe einer Kombination aus Cephalosporin und Aminoglykosid der zweiten Generation. Bei positivem Erregernachweis erfolgte eine Anpassung der Therapie nach Antibiogramm.

Anhand laborchemischer Parameter (Leukozytenzahl, C-reaktives Protein) verfolgte der Operateur neben dem klinischen Ergebnis den Entzündungsverlauf. Im Rahmen der statistischen Auswertung wurden die Laborparameter berücksichtigt, welche unmittelbar—d. h. maximal 24 Stunden—vor der betreffenden Arthroskopie bestimmt wurden.

Die Abfolge der „repetitiven arthroskopischen Revision“ wurde beendet, wenn

  1. 1.

    klinisch keine Überwärmung des betroffenen Kniegelenkes mehr vorlag,

  2. 2.

    arthroskopisch kein entzündlicher Erguss, keine Fibrinbeläge und keine akute Synovialitis mehr darstellbar waren,

  3. 3.

    kein Erregernachweis mehr geführt werden konnte und

  4. 4.

    das C-reaktive Protein (CRP) stabil rückläufig war.

In der Nachbehandlung wurde am 1. postoperativen Tag der ersten Infektarthroskopie mit der Motorschienenbehandlung („continuous passive motion“, CPM) begonnen. Die Abrollbelastung wurde nach Entfernung der letzten intraartikulären Drainagen gestattet. Der Belastungsaufbau erfolgte bei allen Patienten unter stationärer Kontrolle.

11 von 13 Patienten konnten nach einer Zeitdauer von 6–18 Monaten klinisch nachuntersucht werden. Die Follow-up-Ergebnisse wurden nach dem Lysholm- und dem IKDC-Score beurteilt.

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retrospektive Studie mit standardisierter klinischer Nachuntersuchung der Patienten. Als statistische Methoden dienten lediglich beschreibende Verfahren wie die Mittelwertbildung unter Berücksichtigung von Maximal- und Minimalwerten und die Bestimmung der Standardabweichungen der Mittelwerte (SD).

Ergebnisse

Klinische Daten

Die untersuchte Gruppe bestand aus 10 Männern und 3 Frauen im Alter von 17–61 Jahren (Mittel 29,2). Die weiblichen Patienten waren dabei mit einem Altersmittel von 54,7 Jahren (51–61 Jahre) deutlich älter als die männlichen Patienten (17–57 Jahre, Altersmittel 27,5). In 10 Fällen war die primäre Arthroskopie extern, in 3 Fällen in der eigenen Abteilung vorgenommen worden. Bei 2184 im gleichen Zeitraum durchgeführten arthroskopischen Eingriffen der Abteilung betrug die Infektquote somit 0,13%.

Unter den arthroskopischen Voreingriffen fanden sich diagnostische, resezierende und rekonstruktive Maßnahmen (Abb. 1). Die Zeitdifferenz vom Primäreingriff bis zur Diagnosestellung eines postarthroskopischen Kniegelenkinfektes betrug im Mittel 14,1 Tage (2–39). Bei Patienten mit einem Kniegelenkinfekt Stadium 3 nach Gächter zum Zeitpunkt der ersten Infektarthroskopie lag das Zeitintervall bis zur Diagnosestellung bei im Mittel 17,6 Tagen, bei Patienten mit Stadium 2 bei im Mittel 11,9 Tagen und sogar nur bei 8,0 Tagen, wenn ein einzelner „ausreißender“ Patient mit einem ungewöhnlich langen Zeitintervall von 39 Tagen unberücksichtigt bleibt.

Abb. 1
figure 1

Verteilung der arthroskopischen Voreingriffe (n=13)

Es wurden pro Patient 3–8 arthroskopische Revisionen (im Mittel 4,8) durchgeführt, der Intervall in der ersten Behandlungswoche lag bei 2,75, später bei 5,28 Tagen. Die Zeitspanne von der ersten bis zur letzten Arthroskopie betrug 7–28 Tage (Mittel 14,4), die von der letzten Arthroskopie bis zur Entlassung 6–13 Tage (Mittel 9,8). Die Dauer der stationären Behandlung betrug 14–38 Tage (Mittel 24,2). Am Ende der Therapie waren alle Patienten klinisch infektfrei.

Mikrobiologie

Ein Erregernachweis gelang in 8 von 13 Fällen, das entspricht 61,5% (Abb. 2). In 4 Fällen war ein Nachweis lediglich im Rahmen einer Arthroskopie, in 3 weiteren Fällen bei zwei konsekutiven Arthroskopien und in einem Fall bei drei aufeinander folgenden Arthroskopien möglich. Häufigster Erreger war Staphylococcus aureus (n=6); Staphylococcus epidermidis, Escherichia coli, Enterobacter cloacae und Achromobacter spp wurden je einmal nachgewiesen. In einem einzelnen Fall konnten drei verschiedene Erreger nachgewiesen werden. Ein Infekt mit MRSA (methicillinresistenter Staphylococcus aureus, neuer: multiresistenter Staphylococcus aureus) kam im beschriebenen Patientenkollektiv nicht vor. In 5 Fällen (38,5%) konnten keine Keime nachgewiesen werden.

Abb. 2
figure 2

Keimspektrum und Anzahl bei 13 Patienten

Laborchemie

Das C-reaktive Protein war in allen Fällen initial mit 69–267 mg/l (Mittel 186 mg/l) hochpathologisch und auf mindestens das 17fache des oberen Normwertes erhöht, während die Leukozytenzahl zu Behandlungsbeginn nur in 3 Fällen erhöht war. Das CRP sank nach durchschnittlich 2,9 Arthroskopien (1–5) unter die Hälfte des Ausgangswertes. Die Leukozytenzahl lag schon nach maximal 3 Revisionen immer im Normbereich. Zum Zeitpunkt der letzten Arthroskopie war das CRP noch in allen Fällen erhöht (1,5–7fach), dagegen war zu diesem Zeitpunkt die Leukozytenzahl nur noch einmal über der Norm. Zum Ende der Therapie war das CRP auf 4–12,8 mg/l (Mittel 8,9 mg/l) abgesunken (bei 11/13 über dem oberen Normalwert), während in keinem Fall mehr eine Leukozytenerhöhung vorlag (Abb. 3a, b).

Abb. 3
figure 3

Durchschnittlicher Verlauf der laborchemischen Parameter, bestimmt maximal 24 h vor der jeweiligen Arthroskopie: a mittleres CRP (obere Normgrenze 4 mg/l), b mittlere Leukozytenzahl (obere Normgrenze 10 Giga/l).Senkrechte Linien 1 SD

In 6 von 13 Fällen stieg das CRP im Verlaufe der ersten Behandlungswoche unter den Therapiemaßnahmen vorübergehend an, um dann in der zweiten Woche steil abzufallen (Abb. 4a). Demgegenüber zeigte ein einzelner sekundärer CRP-Anstieg zu Beginn der vierten Behandlungswoche bei fehlenden klinischen Zeichen das Wiederaufflammen des Infektes an (Abb. 4b).

Abb. 4
figure 4

Fallbeispiele: a Der typische, vorübergehende CRP-Anstieg während der 1. Woche (Kreis) repräsentiert 46,1% aller Fälle (hier Fall 9). b CRP-Anstieg zu Beginn der 4. Woche (weißer Punkt) als Indikator eines Reinfektes; das nicht weiter abfallende CRP am Tag 17 (Kreis) als Warnhinweis wurde übersehen. Ausheilung nach Wiederaufnahme der repetitiven Arthroskopie (Fall 6). Punkte CRP in mg/l, Pfeile arthroskopische Revisionen

Nachuntersuchungen

11 von 13 Patienten konnten nach 6–18 Monaten (Mittel 12,5)nachuntersucht werden. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren alle Patienten klinisch infektfrei. Bei zwei Patienten war ein Folgeeingriff durchgeführt worden (Fall 1: erneute ACL-Plastik nach 11 Monaten, Fall 8: Knie-TEP nach 14 Monaten). Bei 9 Patienten lag das CRP unter der Nachweisgrenze von 4 mg/l, bei den beiden restlichen Patienten mit 6,2 bzw. 7,7 mg/l knapp über der oberen Normgrenze von 5 mg/l. Röntgenbilder des betroffenen Kniegelenkes zeigten in keinem Fall infektkorrelierte Veränderungen. Sonographisch wurde bei 3 Patienten ein mäßiggradiger Erguss nachgewiesen.

Der größte Teil der Patienten zeigte ein befriedigendes bis gutes Ergebnis in beiden Scoresystemen (Tabelle 3). Ein Vergleich mit einem Kniegelenkscore vor Eintritt der Infektion war nur in zwei Fällen möglich. In beiden Fällen zeigte sich keine wesentliche Veränderung des Befundes.

Tabelle 3 Nachuntersuchungsergebnisse nach dem Lysholm- und dem IKDC-Score bei 11 Patienten im Mittel 12,5 Monate nach Kniegelenksinfekt

Diskussion

Untersuchungen zu den arthroskopischen Therapiemöglichkeiten eines Gelenkinfektes beziehen sich meist auf ein gemischtes Patientengut in Hinblick auf das betroffene Gelenk und die Ursache des Infektes. Der Anteil postarthroskopischer Kniegelenkinfekte an der Gesamtheit septischer Arthritiden wird mit ca. 11% angegeben. Demgegenüber macht mit 23–54% die hämatogene Streuung das Gros unter den Ursachen aus [4, 18].

Bei septischen Arthritiden unterschiedlicher Genese wird über den Erfolg einer einzigen arthroskopischen Spülbehandlung in 72–100% der Fälle berichtet [4, 8, 9, 15].

Demgegenüber differenzieren Stutz u. Gächter [16] die stadienabhängige Erfolgsquote einer einzigen arthroskopischen Gelenkspülung mit einer Heilungsquote von 100% im Infektstadium 1, von 48% im Infektstadium 1 und 25% im Infektstadium 3. Dittrich et al. [3] geben an, dass nach erfolgter Infektbehandlung mit arthroskopisch gezielter Spülung und ggf. Débridement bis zur radikalen Synovektomie der weitere Verlauf abgewartet werden kann, um dann ggf. erneut operativ einzugreifen. Esenwein et al. [4] empfehlen in ihrem Algorithmus zur Behandlung eines Kniegelenkinfektes, bei Beschwerdepersistenz schon die zweite operative Sitzung offen durchzuführen. Nach Neumann u. Muhr [13] ist die arthroskopische Behandlung des Kniegelenkinfektes nur binnen der ersten Woche Erfolg versprechend, da sich in ihrem lange nachbeobachteten Patientengut alle Infektrezidive aus einer Untergruppe rekrutierten, welche erst nach länger verlaufendem Infekt der arthroskopischen Spülung zugeführt worden waren.

Im hier vorgestellten kleinen, aber homogenen Patientenkollektiv konnten wir eine Ausheilung des Infektes in 100% der Fälle bei einer mittelfristigen Nachbeobachtungszeit erreichen. Wesentlich ist u. E. dieser Erfolg darauf zurückzuführen, dass unser Konzept beinhaltet, den Verlauf nach einer arthroskopischen Behandlung nicht passiv abzuwarten und bei Wiederauftreten von Infektzeichen erneut lediglich zu reagieren. Vielmehr ist die konsequente repetitive Revision notwendig, im Rahmen derer dann auch ältere Infekte erfolgreich saniert werden können.

Insbesondere jedoch dann, wenn vom arthroskopischen Operateur das Abheilen des Infektes konstatiert wurde und weitere arthroskopische Eingriffe zunächst nicht vorgesehen sind, muss der Verlauf selbstverständlich weiter anhand des äußerlich klinischen Bildes und des laborchemischen Verlaufes beobachtet werden. Regelhaft wird hier die Bestimmung der Leukozytenzahl, auch eines Differenzialblutbildes, die Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) und die Bestimmung des CRP empfohlen [3, 4, 7, 9, 16, 19]. Hier kann nach unseren Erfahrungen das diagnostische Spektrum reduziert werden, da die Leukozytenzahl beim akuten Infekt nicht zuverlässig entsprechend erhöht ist und im Verlauf regelhaft im mittleren Normalbereich verbleibt. Die BSG ist in ihrer Ausprägung unspezifisch und folgt dem Abklingen einer Entzündung nur träge.

Allein die Bestimmung des C-reaktiven Proteins mit seinen typischen Verlaufsformen erlaubt eine zuverlässige Aussage über den aktuellen Stand der entzündlichen Erkrankung des Gelenkes. Dabei empfehlen wir jedoch, nicht ein CRP heranzuziehen, das unmittelbar nach einer arthroskopischen Revision bestimmt wurde, da es hier zu im Wesentlichen durch das Trauma des Eingriffs bedingten Erhöhungen kommen kann. Vielmehr sollte das CRP am Tag vor oder besser noch am Morgen der geplanten Folgearthroskopie bestimmt werden. Unterschiedliche Zeitintervalle zur vorausgegangenen Arthroskopie können dann in Kauf genommen werden.

Eine Indikation zur offenen Revision sehen auch wir selbstverständlich dann, wenn primär oder in der Folge arthroskopischer Revisionen eines Kniegelenkinfektes eine abszedierende oder phlegmonöse Entzündung der Weichteile der Kniegelenkumgebung auftritt [4, 14].

Fazit für die Praxis

Ob das Konzept der programmierten arthroskopischen Lavage des Kniegelenkes eine Übertherapie darstellt und die Indikation zur Rearthroskopie erst anhand eines klinischen, laborchemischen oder mikrobiologischen Infektrezidivs gestellt werden soll, kann nur anhand einer prospektiv-randomisierten Studie eines homogenen Patientengutes mit ausreichend langen Nachbeobachtungszeiträumen geklärt werden.

Solange eine solche nicht vorliegt, empfehlen wir die „repetitive arthroskopische Revision“ des postoperativ infizierten Gelenkes nach den hier vorgestellten Richtlinien als sichere Methode zur Behandlung dieser schweren Komplikation.