Zusammenfassung
Durch die modifizierte Dunn-Operation kann bei Patienten mit Epiphysiolysis capitis femoris (ECF) die anatomische Fehlstellung korrigiert und die normale Funktion der Hüfte wiederhergestellt werden. Indikationen für diesen Eingriff sind schwere Abrutschgrade sowie ausgeprägte mechanische Beeinträchtigungen des Hüftgelenks auch bei geringeren Abrutschwinkeln. Ab Diagnosestellung der ECF bis zur operativen Versorgung wird eine Entlastung des Beins empfohlen, um eine sekundäre Dislokation des Hüftkopfs zu vermeiden, da die Stabilität der Epiphysenfuge klinisch nicht vorhergesagt werden kann. Der anspruchsvolle Eingriff sollte immer von einem in der hüftgelenkerhaltenden Chirurgie sehr erfahrenen Operateur und seinem Operationsteam durchgeführt werden. Nur das exakte Verständnis der vaskulären Anatomie des Hüftkopfs ermöglicht eine sichere Operation mit niedrigen Komplikationsraten. Der Zugang erfolgt über eine chirurgische Hüftluxation. Nach Arthrotomie wird der Hüftkopf hinsichtlich Stabilität der Epiphysenfuge überprüft. Bei Instabilität wird der Hüftkopf vor einer definitiven Luxation aus dem Acetabulum mit Kirschner-Drähten prophylaktisch fixiert, um ein Abreißen der retinakulären Gefäße zu verhindern. Nach Luxation des Femurkopfs aus dem Gelenk wird die Durchblutung getestet und der intraartikuläre Schaden begutachtet. Mithilfe eines retinakulären Weichteillappens wird die Blutversorgung des Hüftkopfs (der Epiphyse) gesichert. Die Reposition des Hüftkopfs erfolgt nach Abtragung des posteromedialen Kallus vom Schenkelhals und Resektion der Epiphysenfuge aus dem Hüftkopf, um eine spannungsfreie Reposition mit guter Perfusion des Hüftkopfs zu gewährleisten. Das Risiko einer avaskulären Nekrose ist bei korrekter technischer Durchführung gering.
Abstract
The modified Dunn procedure enables restoration of the proximal femoral anatomy and normal hip function in patients with slipped capital femoral epiphysis (SCFE). Surgery is indicated in severe SCFE and in hips with a moderate slip angle and impaired function. To prevent further dislocation of the femoral head, the authors recommend non-weightbearing until surgery, since an accurate evaluation of slip stability is not possible in the clinical setting. Only a well-trained orthopedic surgeon with a high level of expertise in hip preservation surgery should perform this procedure. Precise knowledge of the vascular anatomy of the proximal femur is essential to perform successful surgery with low rates of complications such as avascular necrosis of the femoral head. Surgical hip dislocation with osteotomy of the greater trochanter is the approach used. After arthrotomy, stability of the physis is checked. To prevent rupture of the retinacular vessels in hips with an unstable physis, these heads are prophylactically pinned before dislocation out of the socket. Blood supply to the femoral head as well as intraarticular damage can be judged in the dislocated position of the femoral head. The retinacular flap preserves epiphyseal perfusion while the femoral head is dislocated from the femoral neck. Resection of posteromedial callous formation from the femoral neck as well as removal of the remaining physis from the femoral head prevent stress on the retinacular vessels after reduction of the femoral head (epiphysis) on the neck.
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Die Epiphyseolysis capitis femoris kann je nach Schweregrad des Abrutsches durch die Erkrankung an sich oder aber auch durch die persistierende mechanische Beeinträchtigung zu Gelenkschäden mit konsekutiver Arthrose führen [1,2,3,4]. Die Therapie des schweren Hüftkopfabrutsches bei der ECF stellt hierbei eine besondere Herausforderung dar, da eine herkömmliche In-situ-Fixation des Hüftkopfs die Fehlstellung nicht korrigiert und eine geschlossene anatomische Reposition mit perkutaner Fixation des Hüftkopfs aufgrund der Gefahr einer iatrogenen avaskulären Nekrose möglichst vermieden werden sollte [5]. Somit bleibt eine Bewegungseinschränkung mit Gefahr der Gelenkschädigung bestehen. Auch ECF mit mildem Abrutsch können im Verlauf zu einem femoroacetabulären Impingement mit konsekutiver Gelenkschädigung führen [1, 6]. Im Langzeitverlauf treten bei Hüften mit ECF nach einer Verschraubung des Hüftkopfs in der Fehlstellung („in-situ pinning“) nach einer durchschnittlichen Nachverfolgungszeit von 16 Jahren zu einem Drittel Schmerzen auf, die die Lebensqualität signifikant beeinträchtigen [2]. Zudem benötigten 12 % dieser Patienten rekonstruktive Eingriffe [2]. Unter Berücksichtigung, dass sich diese Patienten erst in ihrer 3. Lebensdekade befinden, sind diese Zahlen bedenklich. Ziel der Behandlung der ECF muss es sein, die anatomische Fehlstellung zu korrigieren, um eine lange Lebensdauer des nativen Hüftgelenks zu gewährleisten.
Entwicklung der modifizierten Dunn-Operation
Im Jahr 1964 entwickelte Dunn eine Operationstechnik, die das Ziel hatte, den Hüftkopf bei der ECF wieder anatomisch auf den Schenkelhals zu reponieren [7] Nach initial guten Ergebnissen des Autors konnte sich diese Operationstechnik jedoch nicht durchsetzen, da andere Autoren diese guten Ergebnisse nicht erreichen und reproduzieren konnten. Bei bis zu 100 % der Fälle wurde von avaskulären Nekrosen des Hüftkopfs berichtet.
Erst durch das bessere Verständnis der vaskulären Anatomie des Hüftkopfs [8] und die Entwicklung der chirurgischen Hüftluxation durch Ganz [9] konnte eine Operationstechnik etabliert werden, um den Hüftkopf bei schweren Abrutschen der ECF wieder anatomisch und sicher zu reponieren [10]. Diese Kombination aus chirurgischer Hüftluxation und retinakulärem Weichteillappen zur Erhaltung der Hüftkopfversorgung wurde somit als „modifizierte Dunn-Operation“ bezeichnet, da sie denselben Grundgedanken wie bereits Dunn 1964 [7] verfolgt.
Die Operationstechnik ist anspruchsvoll, aber für erfahrene Hüftchirurgen sicher durchzuführen. Erste Untersuchungen sowohl aus der eigenen Klinik als auch von anderen Krankenhäusern zeigten gute kurz- und mittelfristige Resultate [11,12,13]. Im direkten Vergleich der modifizierten Dunn-Operation mit der In-situ-Fixation von ECF wiesen Hüften nach dem Dunn-Eingriff nicht nur eine bessere Morphologie der Hüfte sondern auch ein besseres funktionelles Resultat und weniger Revisionseingriffe auf [14].
Indikation
Während die ECF in der Literatur durch Symptomdauer, Ausmaß des Abrutsches oder die Lauffähigkeit des Patienten klassifiziert wird, stellt sich die Indikation zur modifizierten Dunn-Operation ausschließlich aus der mechanischen Beeinträchtigung der Hüfte durch den resultierenden Abrutsch.
Zur Analyse des Hüftkopfabrutsches ist eine Beckenübersichtsaufnahme (Abb. 1a) sowie eine Aufnahme in zweiter Ebene (Lauenstein, axial) unumgänglich (Abb. 1c). Aufgrund der Schmerzen des Patienten, v. a. bei einem foudroyanten Verlauf der Erkrankung, sind korrekt zentrierte Röntgenbilder häufig nicht durchführbar, sodass eine MRT zur weiteren Diagnostik in unserer Klinik häufig eingesetzt wird. Lediglich beim „pre-slip“, d. h. bei beginnendem Abrutsch ohne signifikante mechanische Beeinträchtigung des Hüftgelenks, oder bei langsamen, chronischen Verläufen der ECF können gezielte und zentrierte Röntgenaufnahmen ausreichend sein, um die genaue mechanische Situation des Hüftgelenks darzustellen. Während andere Autoren eine computertomographische Darstellung des Hüftkopfabrutsches empfehlen [15], sehen wir diese nur in Ausnahmefällen indiziert.
Als schwere Epiphysiolyse wird gemäß Literatur und Lehrbüchern ein Abrutsch mit einem Winkel von > 60° bezeichnet (Abb. 1a). Jedoch ist bei weitaus weniger großem Abrutsch bereits mit einer deutlichen mechanischen Beeinträchtigung und einem Gelenkschaden zu rechnen [3, 4], sodass bereits ein Hüftkopfabrutsch von mehr als 30° als Indikation zur modifizierten Dunn-Operation angesehen werden kann.
Die Stabilität der Wachstumsfuge wird in der Literatur bei der Behandlung der ECF als entscheidender Faktor für die Inzidenz von Komplikationen wie der AVN angesehen. Hierbei werden für Hüften mit mechanisch instabilen Wachstumsfugen Komplikationsraten für die AVN des Hüftkopfs von bis zu 58 % angegeben [16]. Bei stabilen Verhältnissen der ECF werden deutlich geringere AVN-Raten mit bis zu 5 % beschrieben [17]. Die Problematik der Beurteilung der Stabilität der Wachstumsfugen liegt darin, dass die bestehenden klinischen Klassifikationen (mechanische Stabilität nach Loder et al. [18], akute vs. chronische ECF) diese nicht eindeutig identifizieren können. Im direkten Vergleich mit intraoperativ erhobener Stabilität der Epiphysenfuge bei ECF ließen sich eine Sensitivität und Spezifität von lediglich 39 % und 76 % für die Loder-Klassifikation sowie 82 % und 44 % für die Einteilung in akute und chronische ECF finden [19].
Operationszeitpunkt
Grundsätzlich gilt, dass die Operation bei schwerem Abrutsch so schnell wie möglich durchgeführt werden sollte. Allerdings konnte bisher keine Studie zeigen, dass die schnelle Versorgung einer ECF zu einem deutlich besseren funktionellen Ergebnis führt [20]. Jedoch sind schwerere Komplikationen wie die AVN des Femurkopfs nach der modifizierten Dunn-Operation bei verzögerter Versorgung häufiger [4]. Für die frühzeitige operative Intervention spricht zudem, dass der Patient vor unbedachten Bewegungen geschützt werden muss. Diese können bei instabiler Wachstumsfuge den Abrutsch des Hüftkopfs verstärken und damit dessen Gefäßversorgung kompromittieren. Da den eigenen Erfahrungen nach sowohl Patienten mit langen Krankheitsverläufen (sog. chronische ECF) als auch Patienten mit akuten Verläufen (einschießender Schmerz nach Bagatelltrauma) intraoperativ eine instabile Wachstumsfuge aufweisen können, sollte jeder Patient mit ECF sehr vorsichtig und mit vollständiger Stockentlastung des betroffenen Beins behandelt werden. Ist dies nicht möglich, müssen Patienten häufig bis zur operativen Versorgung hospitalisiert werden.
Eine notfallmäßige Versorgung der ECF innerhalb kürzester Zeit ist u. E. lediglich bei einer traumatischen Epiphysiolyse indiziert, analog zur Behandlung einer Schenkelhalsfraktur, die innerhalb von 6 h empfohlen wird. Ansonsten kann die Behandlung der ECF je nach verfügbarem Operationsteam zeitnah geplant werden. Der Operateur sollte in der rekonstruktiven Hüftchirurgie ausgebildet sein und die Technik der chirurgischen Hüftluxation [9] regelmäßig anwenden, um eine komplikationsarme Ausführung der technisch anspruchsvollen Operation zu gewährleisten [21].
Operationstechnik
Vorbereitung und Lagerung
Der Patient wird auf der Seite gelagert, sodass das betroffene Bein oben liegt. Bereits bei der Lagerung muss ein Mitglied des Operationsteams anwesend sein, sodass das betroffene Bein des narkotisierten Patienten immer vor unbedachten Bewegungen geschützt bleibt. Eine Single-Shot-Antibiotikaprophylaxe mit einem Cephalosporin der 3. Generation wird routinemäßig durchgeführt. Bei Kindern unter 16 Jahren ohne Risikofaktoren (z. B. familiäre Gerinnungsstörung) erfolgt keine Thromboseprophylaxe. Das Operationsteam setzt sich idealerweise aus zwei erfahrenen Hüftchirurgen und ein bis zwei Assistenten zusammen.
Hautschnitt
Der Hautschnitt wird entlang der Femurachse über dem Trochanter major zentriert durchgeführt. Hierbei sollte der Schnitt von proximal 3–5 cm oberhalb des Trochanter major bis distal zum Ansatz des M. gluteus maximus erfolgen. Nach Spaltung der Fascia lata wird das Gibson-Intervall zwischen M. gluteus medius und M. gluteus maximus dargestellt (Abb. 2a). Die Bursa trochanterica, die meistens verdickt ist, wird nach dorsal abpräpariert und kann am Ende der Operation über die Trochanterschrauben als zusätzliche Gleitschicht vernäht werden. Zur Darstellung des tiefen Intervalls zwischen M. piriformis und M. gluteus minimus (Abb. 2a) ist die Lagerung der Extremität besonders wichtig. Das Intervall ist in Extension und leichter Abduktion am besten einsehbar. Der N. ischiadicus wird nicht obligat dargestellt (Abb. 2a). Um den M. piriformis zu identifizieren, kann die Darstellung des N. ischiadicus aber hilfreich sein, da dieser i. d. R. ventral des M. piriformis und dorsal der restlichen Außenrotatoren verläuft (Abb. 2a). Jedoch können auch hier Normvarianten bestehen.
Anatomische Landmarken und Trochanterosteotomie
Die Trochanterosteotomie erfolgt, nachdem proximal das Intervall zwischen M. gluteus minimus und M. piriformis identifiziert und distal der M. vastus lateralis epiperiostal auf Höhe der Insertion des M. gluteus maximus vom lateralen Femur abgehoben wurde (Abb. 2a). Hilfreich ist es, den M. gluteus minimus etwas von der Hüftgelenkkapsel nach ventral abzupräparieren, bevor die Trochanterosteotomie durchgeführt wird. Nach der Osteotomie blutet es aus dem spongiösen Knochen, was die Identifikation der anatomischen Landmarken erschwert. Das osteotomierte Fragment des Trochanters sollte etwa 2 cm dick sein. Der M. gluteus medius und M. gluteus minimus werden weiter von der Gelenkkapsel abpräpariert. Dabei ist darauf zu achten, nicht distal des M. piriformis zu präparieren, da ansonsten durch eine Verletzung der A. circumflexa femoris medialis die Hüftkopfdurchblutung kompromittiert werden kann. Beim Ablösen des M. gluteus minimus von der Gelenkkapsel sollte das flektierte Bein abduziert und vom Assistenten gehalten werden, um die Muskulatur zu entspannen und das Ablösen zu erleichtern. In der Nähe des Calcar femoris wird der M. vastus intermedius und M. vastus lateralis von der Kapsel bzw. vom lateralen Femur abgelöst.
Durch Anbohren wird die Durchblutung des Femurkopfes überprüft
Ist die Gelenkkapsel dargestellt, wird die Z‑förmige Kapsulotomie durchgeführt. Diese erfolgt von der Trochanterapophyse nach ventral zum vorderen Pfannenrand reichend und dann von ventral entlang des superioren labralen Recessus nach dorsal verlaufend. Nach distal und medial wird die Kapsel intertrochantär eröffnet, wobei eine Verletzung der Psoassehne vermieden werden sollte. Bereits bei der Kapsulotomie ist darauf zu achten, ob Gelenkerguss (meist blutig, serös) aus der Kapsel austritt.
Erst nach suffizienter Kapsulotomie kann der intraartikuläre Status beurteilt werden. Zunächst wird der Hüftkopf angebohrt, um die erhaltene Durchblutung zu dokumentieren. Dann wird der Hüftkopf bei instabiler Fuge vor der Luxation prophylaktisch mit 2 Drähten (partielles Gewinde, 2,5 mm Durchmesser) gepinnt (Abb. 3a). Nach Durchtrennen und Entfernung des Lig. capitis femoris wird der Hüftkopf aus dem Acetabulum luxiert und der Knorpel femoral und acetabulär beurteilt. Das Labrum wird bezüglich Stabilität und Rissen untersucht. Knorpelschäden oder Labrumeinrisse werden, z. B. mit Knochenankern, angegangen und fixiert. Da die Hüfte während der Operation mehrfach ins Acetabulum reponiert und wieder luxiert werden muss, empfiehlt es sich, das Labrum erst nach der Hüftkopfreposition am Ende der Operation zu fixieren.
Retinakulärer Lappen und vaskuläre Anatomie der Epiphyse
Der Hüftkopf wird ins Acetabulum reponiert und der sog. retinakuläre Lappen wird gebildet. Dieser ist verantwortlich für die Blutversorgung der Epiphyse und enthält die retinakulären Gefäße. Hauptsächlich verantwortlich für die Blutversorgung des Femurkopfs ist die A. circumflexa femoris medialis (Abb. 4). Diese entspringt der A. femoris profunda und zieht nach dorsal zwischen M. pectineus und M. iliopsoas entlang des M. obturatorius externus (Leitstruktur). Auf dem proximalen Femur überkreuzt die Arterie den Ansatz des M. obturatorius dorsal und zieht anschließend ventral des M. triceps coxae (Mm. gemelli superior und inferior sowie M. obturatorius internus) nach kranial (Abb. 4). Am dorsalen und superioren Schenkelhals ziehen die Endäste als retinakuläre Gefäße im Periost in die Epiphyse. Zur Lappenbildung werden die retinakulären Gefäße zusammen mit dem Periost vom Schenkelhals mobilisiert (Abb. 2b). Das Periost verbleibt zum größten Teil am Femurkopf (Abb. 5a) und wird nur im ventralen Anteil zu ca. 30 % vom Femurkopf abgelöst (chronische ECF), wenn es nicht bereits schon durch den Abrutsch des Hüftkopfs (akute ECF) eingerissen ist (Abb. 3a). Während im ventralen Anteil des Schenkelhalses das Periost stumpf vom Schenkelhals mobilisiert werden kann (Abb. 5a), muss es im dorsalen Anteil, wo die blutversorgenden Gefäße für die Epiphyse verlaufen, durch Reduktion des Trochanter major proximal der Apophysenfuge mobilisiert werden (Abb. 2c–e). Somit werden die Gefäße geschützt, und es resultiert eine bessere Übersicht, besonders im Bereich der Fossa piriformis, wo eine Verletzungsgefahr des hüftkopfversorgenden Gefäßes am höchsten ist.
Hüftkopfablösung vom Schenkelhals
Ist das Periost vom Schenkelhals gelöst, kann der Hüftkopf in einer stabilen Situation durch Zurückziehen der fixierenden Drähte vom Schenkelhals abgenommen und ins Acetabulum zurückgelegt werden (Abb. 5a). In einer chronischen Situation wird nun mit dem Meißel die Wachstumsfuge im Hüftkopf mobilisiert (Abb. 5a). Je nach Situation genügen ein paar Meißelschläge, manchmal muss der Hüftkopf aber vom Schenkelhals vollständig osteotomiert werden (ausgeheilte ECF).
Cave.
Ab der Präparation des retinakulären Lappens beginnt der kritische Teil der Operation; oberstes Ziel ist die Erhaltung der Durchblutung der Epiphyse (Abb. 4). Deshalb ist strengstens darauf zu achten, dass keine unkontrollierten Bewegungen an der Extremität zu Zug am retinakulären Weichteillappen führt oder bei der Präparation die Gefäße verletzt werden.
Resektion des Kallus
Der freiliegende Schenkelhals wird zunächst durch Resektion von ca. 5 mm Knochen mit der oszillierenden Säge begradigt, sodass die eigentliche Schenkelhalsachse wiederhergestellt wird (Abb. 5b). Danach wird das posteromediale Kallusgewebe, das eine spannungsfreie Reposition des Hüftkopfs einschließlich der retinakulären Gefäße verhindert, mit dem gebogenen Meißel reseziert. Anschließend wird der Hüftkopf aus dem Acetabulum vorsichtig herausgehoben. Die restliche Epiphysenfuge wird aus dem Hüftkopf ausgekratzt oder mit der Kugelfräse entfernt, bis der Hüftkopf subchondral blutet. Auch bei diesen Schritten ist strengstens darauf zu achten, dass der Hüftkopf vor mechanischem Zug und damit Gefährdung der Durchblutung geschützt ist. Dem Operateur wird empfohlen, den Hüftkopf manuell zu sichern.
Reposition des Hüftkopfs
Nun kann der Hüftkopf manuell auf den Schenkelhals reponiert und in korrekter Stellung mit 2 bis 3 Vollgewinde-Kirschner-Drähten fixiert werden (Abb. 1b, c). Die Reposition wird sowohl unter Bildwandler als auch dynamisch mit Testung des intraoperativen Bewegungsumfangs der Hüfte geprüft. Bewährt hat sich, die Epiphyse mit einem antegraden Kirschner-Draht durch die Fovea capitis femoris und 1 bis 2 retrograden Drähten subtrochantär zu fixieren (Abb. 1b). Diese Drähte werden bei korrekter Stellung auf etwa 1 cm über Knochenniveau distal gekürzt. Das Periost am Schenkelhals wird locker adaptiert. Die Gelenkkapsel wird verschlossen und der Trochanter mit zwei 3,5-mm-Kortikalisschrauben refixiert. Nach Adaptation der Bursa erfolgen der Verschluss der Fascia lata mittels fortlaufender Naht und ein schichtweiser Wundverschluss. Standardmäßig führen wir ein „in-situ pinning“ der Gegenseite durch, um eine Epiphysiolyse zu verhindern.
Nachbehandlung
Die Mobilisation erfolgt an Gehstöcken mit 15 kg Teilbelastung auf dem betroffenen Bein. Die Gegenseite kann voll belastet werden. Die erlaubten Bewegungsausmaße des betroffenen Beins sind 90° Flexion und volle Extension. Eine aktive Abduktion sowie passive Adduktion sollte vermieden werden, um die Trochanterosteotomie zu schützen. Wie bereits erwähnt, wird bei Kindern unter 16 Jahren ohne Risikofaktoren keine Thromboseprophylaxe durchgeführt. Die erste klinische und radiologische Nachkontrolle erfolgt nach 6 Wochen.
Komplikationen
Bei korrekter technischer Durchführung ist das Risiko einer AVN nach modifizierter Dunn-Operation gering. Voraussetzungen sind eine sorgfältige Präparation, die entsprechende Erfahrung des Operateurs und das exakte Wissen über die vaskuläre Anatomie der Femurkopfs. In über 150 Fällen an unserer Klinik traten in 3 Hüften (<2 %) avaskuläre Femurkopfnekrosen auf [22]. Dabei zeigte sich in 2 der 3 Fälle bereits nach der Arthrotomie, d. h. vor der eigentlichen Dunn-Operation, eine fehlende Hüftkopfdurchblutung. Dies spricht für eine Kompromittierung der Femurkopfdurchblutung durch die Epiphysiolyse selbst, unabhängig von der operativen Therapie. Hingegen ist es auch möglich, dass sich die fehlende Durchblutung der Epiphyse nach der Reposition und der Operation erholen kann, ohne dass sich im Verlauf eine AVN zeigt [23].
Kleines Risiko (< 2 %) von AVN bei korrekter Durchführung der modfizierten Dunn-Operation
Eltern und Patient sollten zudem über eine potenzielle Gefährdung des N. ischiadicus aufgrund seiner Nähe zum Operationsgebiet hingewiesen werden – obschon wir bisher nie eine Schädigung bei dieser Operation beobachtet haben.
Weitaus häufiger, aber weniger relevant ist das störende Osteosynthesematerial, meistens durch ein zu langes Abschneiden der Vollgewindedrähte oder durch die Trochanterschrauben. Während die Gewindedrähte bis zum Wachstumsabschluss belassen werden müssen, können die Trochanterschrauben frühzeitig nach Konsolidierung der Trochanterosteotomie entfernt werden.
Zusätzlich bestehen die üblichen Komplikationsrisiken wie Nachblutung, Wundheilungsstörung oder Infektion, die jedoch bei diesem jungen und i. A. gesunden Patientengut sehr selten auftreten.
Auch die Entwicklung einer Früharthrose im Verlauf lässt sich bei einigen Patienten beobachten – meist in Hüften, die bereits intraoperativ einen ausgeprägten Knorpelschaden zeigten. Diese Situation kann nicht als Komplikation der operativen Technik angesehen werden, sondern muss als Spätfolge, v. a. bei chronischem und schwerem Abrutsch, gewertet werden.
Ergebnisse
Insgesamt zeigen sich nach der modifizierten Dunn-Operation zur Behandlung einer Epiphysiolyse gute klinische und funktionelle Resultate, und selten bilden sich Arthrosen, selbst bei schwerer Epiphysiolyse oder im Langzeitverlauf [11,12,13, 22, 24]. Die ossäre Morphologie des proximalen Femurs und der Abrutschwinkel konnten normalisiert werden und Folgeeingriffe, abgesehen von der Osteosynthesematerialentfernung, waren selten und zur Korrektur eines persistierenden FAI nötig [13]. Die Komplikation einer AVN ist bei korrekter Durchführung und Berücksichtigung der vaskulären Anatomie der Hüfte selten. Diese ist meist assoziiert mit einer bereits intraoperativ fehlenden Durchblutung des Femurkopfs. Nach 10 Jahren Nachverfolgung traten in 93 % von 43 Fällen nach modifizierter Dunn-Operation weder radiologisch Arthrosen noch klinisch Schmerzen auf [13]. Auch brauchte keine Hüfte einen endoprothetischen Ersatz [13].
Fazit für die Praxis
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Die modifizierte Dunn-Operation ist bei einer Epiphysiolysis capitis femoris (ECF) mit einem Abrutsch >60° zu empfehlen, kann jedoch bereits bei schwerer mechanischer Beeinträchtigung ab 30° indiziert sein.
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Ab Diagnosestellung ist eine vollständige Entlastung des betroffenen Beins empfehlenswert.
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Die chirurgische Therapie sollte sobald als möglich erfolgen.
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Die notfallmäßige Operation einer ECF ist lediglich bei traumatischen Epiphysiolysen indiziert.
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Die modifizierte Dunn-Operation sollte von einem geschulten, erfahrenen Team durchgeführt werden.
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Das exakte Wissen über die vaskuläre Anatomie des proximalen Femurs und eine sorgfältige Durchführung der Operation sind Voraussetzungen, um das Risiko einer avaskulären Nekrose zu minimieren.
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Mit diesem Verfahren kann die Anatomie des proximalen Femurs nach einer Epiphysiolyse wiederhergestellt werden mit einem guten Langzeitresultat für die Hüftfunktion ohne Arthrosebildung, auch bei schwerer Epiphysiolyse.
Abbreviations
- AVN:
-
Avaskuläre Nekrose
- ECF:
-
Epiphysiolysis capitis femoris
- FAI:
-
Femoroacetabuläres Impingement
- SCFE:
-
„Slipped capital femoral epiphysis“
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Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Ziebarth, K., Steppacher, S.D. & Siebenrock, K.A. Die modifizierte Dunn-Operation zur Behandlung der schweren Epiphyseolysis capitis femoris. Orthopäde 48, 668–676 (2019). https://doi.org/10.1007/s00132-019-03774-x
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