Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass präoperative psychische Faktoren das Behandlungsergebnis einer Knietotalendoprothesenimplantation (Knie-TEP) negativ beeinflussen [1, 13, 22]. Trotz der Tatsache, dass ein erfolgreicher Einsatz einer Knie-TEP die Lebensqualität der Patienten erhöht [5], bleiben 20–30 % aller Betroffenen mit ihrem Operationsergebnis dauerhaft unzufrieden [10, 12]. Studienergebnisse zeigten, dass psychische Faktoren in Form von Bewegungsangst, daraus resultierendem Schon- und Vermeidungsverhalten sowie Vorliegen eines katastrophisierenden Denkstils bei Implanation von Knie-TEPs zu schlechten Behandlungsergebnissen im Sinne persistierender postoperativer Schmerzen sowie verzögerter Mobilisation führen [1, 13, 17, 19, 20]. Forscher empfehlen daher den gezielten Einsatz verhaltenstherapeutischer Interventionen nach Knietotalendoprothesenimplantation, um Langzeiteinschränkungen vorzubeugen [2, 17, 19]. Allerdings wurde die Anwendung psychotherapeutischer Interventionen in diesem Zusammenhang bislang kaum untersucht [2, 17]. Eine erste Pilotstudie mit der Integration psychotherapeutischer Ansätze zur Gestaltung einer ganzheitlichen Behandlung nach Implantation einer Knie-TEP veröffentlichten Riddle et al. [17] im Jahre 2011. In dieser Studie erhielt ein Teil der Probanden, die sich elektiv dem Einsatz einer Knie-TEP unterzogen, ein Schmerzbewältigungstraining. Tatsächlich wiesen die Teilnehmer mit Schmerzbewältigungstraining 2 Monate postoperativ ein höheres Funktionsniveau bei geringerem Schmerzlevel gegenüber den Patienten ohne Psychoedukation auf. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dahingehend, dass gerade bei Patienten mit dysfunktionalen Denkmustern mithilfe psychologischer Interventionen der Zustand einer Rekonzeptualisierung der Schmerzwahrnehmung erreicht, Raum für funktionales Verhalten geschaffen und damit das Behandlungsergebnis insgesamt deutlich verbessert werden kann.

Vor diesem wissenschaftlichen Hintergrund war das Ziel der vorliegenden Studie, den Effekt von Schmerzpsychoedukation im Rahmen einer primären Knietotalprothesenimplantation auf das Behandlungsergebnis 3 Monate nach der Operation zu untersuchen. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob präoperative psychische Auffälligkeiten, wie bestehende Bewegungsängste, ein katastrophisierender Denkstil und allgemeine psychische Belastung, den möglichen Zugewinn an postoperativer Funktionalität und Lebensqualität durch die Schmerzpsychoedukation moderieren. In Hinblick auf die bisherige Studienlage erwarteten wir im Mittel einen höheren postoperativen Zugewinn an Lebensqualität und kniebezogener Funktionalität bei Probanden mit Schmerzpsychoedukation gegenüber denen ohne Edukation.

Methodik

Stichprobe

Bei der zugrunde liegenden Untersuchung handelte es sich um eine experimentelle prospektive randomisierte klinische Studie, die am Universitätsklinikums Halle (Saale) im Erhebungszeitraum Juli 2015 bis April 2016 durchgeführt wurde. Zur interferenzstatistischen Absicherung kleiner bis mittlerer Effekte (d > 0,35) wurde die notwendige Stichprobengröße a priori mithilfe einer G*Power-Analyse [6] und der eingesetzten Parameter (mittlere Effektstärke: d = 0,35, Signifikanzniveau: α = 0,05 und Power: 0,90) für 2 Gruppen zu 2 Messzeitpunkten mit n = 68 Studienteilnehmern bestimmt. Bei derartigen mittleren Effekten konnte davon ausgegangen werden, dass die gefundenen Gruppenunterschiede bedeutsam für den orthopädischen Versorgungsalltag sind [3].

Insgesamt willigten alle 78 befragten Patienten im Alter von 59 bis 78 Jahren in die Untersuchung ein. Mithilfe einer zuvor erstellten Randomisierungsliste wurden die Teilnehmer kontrolliert entweder der Interventions- (n = 37) oder der Vergleichsgruppe (n = 38) zugewiesen. In den Parametern Alter (p = 0,56), Geschlecht (p = 0,06) und Bildungsstand (p = 0,42) unterschieden sich die beiden Untersuchungsgruppen nicht signifikant voneinander. In Bezug auf Geschlecht und Bildung zeigte sich jedoch eine Strukturungleichheit zwischen den Gruppen, wodurch diese Variablen in den späteren statistischen Analysen als Störgrößen („confounder“) berücksichtigt wurden.

Untersuchungsablauf

Fünf Tage vor der Operation wurden die Studienteilnehmer im Rahmen ihrer regulären vorstationären Aufnahme über Inhalt, Zweck und Datenschutz der zugrunde liegenden Studie aufgeklärt. Die Einschlusskriterien umfassten eine elektive primäre Knietotalprothesenimplantation, ein Mindestalter von 18 Jahren, ausreichende Deutschkenntnisse sowie die schriftliche Einwilligungserklärung zur Studie. Die Daten der Interventions- und Vergleichsgruppe wurden zu 2 Messzeitpunkten und einem Interventionszeitpunkt erfasst.

Erster Messzeitpunkt (T1)

Fünf Tage vor der Operation beantwortete jeder Proband die folgenden Fragebögen:

  • Fragebogen zum Gesundheitszustand zur Erfassung von psychischer und physischer Lebensqualität (SF12, [4])

  • Knee Injury Osteoarthritis Outcome Score zur Ermittlung der kniespezifischen Alltagsfunktionalität aus Sicht des Patienten (KOOS, [18])

  • Symptom-Checkliste 90-revised zur Erfassung der allgemeinen psychischen Belastung (SCL-90‑R, [7])

  • Tampa Scale of Kinesiophobia zur Erhebung von Bewegungsängsten (TSK, [14])

  • Pain Catastrophizing Scale zur Bestimmung eines katastrophisierenden Denkstils (PCS, [21])

Die präoperativen Werte des Knee Society Score (KSS, [11]) zur Erhebung der kniebezogenen Alltagsfunktionalität aus Sicht des Arztes wurden regulär im Rahmen der vorstationären Aufnahme vom behandelnden Arzt ermittelt und später der elektronischen Patientenakte des Probanden entnommen.

Zeitpunkt der Intervention

Der aktuelle psychopathologische Befund aller Teilnehmer wurde 3 bis 6 Tage nach der Knietotalprothesenimplantation durch eine psychologische Psychotherapeutin erfasst und mit den Patienten besprochen; ferner wurden die Inhalte des Probandenstammblatts vervollständigt. Mit der Erhebung dieser Daten endete der Interventionszeitpunkt für die Teilnehmer der Vergleichsgruppe.

Die Probanden der Interventionsgruppe erhielten in diesem Gespräch eine zusätzliche Schmerzpsychoedukation über mindestens 45 min. Das verwendete psychoedukative Material orientierte sich dabei am Schmerzbewältigungstraining nach Hildebrandt und Pfingsten [9]. Die verhaltensmedizinischen Ziele des Trainings bestehen in der Erhöhung des alltäglichen Aktivitätsniveaus, dem Abbau inadäquaten Krankheitsverhaltens bei chronischen Schmerzen, der Steigerung des Kontrollerlebens sowie der Reduktion von Angst und Depressivität auf Patientenseite. Eine Prä-post-Erhebung der Autoren über 12 Jahre zeigte Verbesserungen in den Parametern Zufriedenheit, Depressivität, Schmerz, Befinden und Beeinträchtigungen bei chronischen Schmerzpatienten [9].

Zweiter Messzeitpunkt (T2)

Alle Probanden wurden 3 Monate postoperativ im Rahmen ihrer regulären Wiedervorstellung in der orthopädischen Ambulanz des Departments für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie erneut gebeten, den SF12- und KOOS-Fragebogen auszufüllen. Zudem wurden im Rahmen dieser Untersuchung die KSS-Werte erhoben. Dabei war dem untersuchenden Arzt nicht bekannt, ob der Patient der Interventions- oder der Vergleichsgruppe angehörte, d. h. ob dieser eine Schmerzpsychoedukation erhalten hatte oder nicht. Diese Daten konnten abermals der elektronischen Patientenakte entnommen werden.

Primäre Outcomevariablen

Die primären Outcomevariablen umfassten den postoperativen Zugewinn an Lebensqualität sowie kniebezogener Funktionalität aus Sicht des Patienten und des Arztes 3 Monate nach der Operation.

Statistische Auswertung

Für die Beschreibung der Stichprobe wurden allgemeine Methoden der deskriptiven Statistik angewandt. Zur Erfassung von Veränderungen der Outcomevariablen zwischen den Erhebungszeitpunkten T1 und T2 wurden in einem ersten Schritt Mittelwertunterschiede getrennt nach Gruppen berechnet. Diese absoluten Änderungen der Outcomevariablen wurden dann in einem zweiten Schritt mittels univariater Varianzanalysen (ANOVA) auf deren Signifikanz hin überprüft. Als Outcome (abhängige Variablen) wurden die absoluten Änderungen der Scores zwischen den Messzeitpunkten T1 und T2 in Bezug auf Lebensqualität und kniebezogene Funktionalität aus Sicht des Probanden und des Arztes betrachtet. Die unabhängige Variable bestand in der Gruppenzugehörigkeit. Die Faktoren Geschlecht und Bildung wurden aufgrund ihrer ungleichen Verteilung zwischen den Gruppen als Störgrößen in die Modelle einbezogen [8]. Als statistisch signifikant wurde ein p-Wert von 0,05 angenommen. Um den Einfluss der Variablen allgemeine psychische Belastung in der SCL-90-R, Ausmaß an katastrophisierendem Denkstil in der PCS sowie der Höhe an Bewegungsangst in der TSK auf den Haupteffekt abschätzen zu können, wurden in einem zweiten Schritt die o. g. Modelle zusätzlich mit einem Interaktionsterm und der präoperativen Ausprägung der jeweiligen Moderatorvariablen berechnet. Der Interaktionsterm wurde dabei aus dem Produkt der Gruppenzugehörigkeit und der jeweiligen Moderatorvariablen gebildet. Als statistisch signifikante Interaktion wurde abermals ein p-Wert von 0,05 angenommen. Die statistischen Auswertungen erfolgten mit dem Statistikprogramm SPSS 22.0 (SPSS Inc., Chicago/IL, USA).

Ergebnisse

Soziodemographische Daten

Unter den 78 teilnehmenden Probanden befanden sich 3 Drop-outs: 2 Teilnehmer brachen die Studie zwischen dem 1. und 2. Messzeitpunkt ab, bei einem weiteren Probanden wurde die Operationsindikation kurz vor dem Eingriff revidiert. Insgesamt ließen sich die Daten von 75 Probanden, darunter 47 Frauen und 28 Männer, in die Ergebnisauswertung einbeziehen.

Basiswerte der Outcomevariablen

Zum Erhebungszeitpunkt T1 zeigte sich eine Gleichverteilung der Basiswerte der 3 Outcomevariablen zwischen den Gruppen. In Relation zu den Normstichproben besaßen alle Teilnehmer präoperativ numerisch niedrigere Werte in Bezug auf ihre körperliche Lebensqualität, z. B. SF12 Interventionsgruppe = 27,7 Punkte (Standardabweichung [SD] = 7,2 Punkte) versus Normstichprobe SF12 = 50,11 Punkte (SD = 9,45 Punkte). Ebenso zeigten sich niedrige Werte in Bezug auf die kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Patienten vor der Operation in allen erhobenen Subskalen bei allen Teilnehmern, z. B. KOOS-Subskala Schmerzstärke der Interventionsgruppe = 37,6 Punkte (SD = 17,9 Punkte) versus KOOS-Subskala Schmerzstärke Normstichprobe = 87,97 Punkte (SD = 18,27 Punkte). In Hinblick auf die präoperativen Werte der kniespezifischen Alltagsfunktionalität aus Sicht des Arztes ergaben sich in der Interventionsgruppe im Mittel numerisch geringe Werte gegenüber der Normstichprobe an Knie-TEP-Patienten, z. B. präoperativer KSS Interventionsgruppe Kniescore = 41,6 Punkte (SD = 12,9 Punkte) versus Normstichprobe Knie-TEP-PatientenKnie- und Funktionsscore = 48,3 Punkte (SD = 14,8 Punkte).

Präoperative Ausprägungen der Moderatorvariablen

Die Moderatorvariablen allgemeine psychische Belastung, Bewegungsangst und Neigung zu katastrophisierendem Denken waren zum Erhebungszeitpunkt T1 in beiden Untersuchungsgruppen in etwa gleich stark ausgeprägt. Sowohl Interventions- als auch Vergleichsgruppe wiesen in Relation zu den jeweiligen Normstichproben Werte im Normalbereich auf.

Veränderungsanalyse der Outcomevariablen im Prä-post-Vergleich Lebensqualität

In Bezug auf die Werte der physischen und psychischen Lebensqualität bestanden keine Effekte zwischen der Gruppenzugehörigkeit und den Ausprägungen beider Subskalen. Der Regressionskoeffizient (β = −0,33, 95 %-Konfidenzintervall[CI] = −5,24–4,57) der adjustierten Mittelwerte war nahe Null. Die Patienten mit und ohne Schmerzpsychoedukation verfügten 3 Monate nach der Operation über eine in etwa gleiche physische und psychische Lebensqualität.

Kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Patienten

In Bezug auf die kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Patienten zeigten sich substanzielle Effekte der Gruppenzugehörigkeit auf die Ausprägungen in den einzelnen Subskalen. Die Probanden mit Schmerzpsychoedukation erzielten hinsichtlich der postoperativen kniespezifischen Funktionalität höhere Testwerte als die Probanden ohne Schmerzpsychoedukation. Bezogen auf die KOOS-Subskala Schmerzstärke wurde dieser Effekt (β = 10,76, 95 %-; CI = 2,57–59,9) auf einem Niveau von p = 0,01 signifikant. In Hinblick auf die weiteren 4 Skalen wurden ebenfalls substanzielle Effekte erzielt, z. B. KOOS-Subskala Lebensqualität (β = 7,10, 95 %-; CI = −3,62–60,32), die jedoch nicht signifikant wurden.

Kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Arztes

In Bezug auf die kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Arztes ergaben sich ebenfalls Effekte der Gruppenzugehörigkeit. Teilnehmer der Interventionsgruppe erzielten aus Sicht des Behandlers 3 Monate nach der Operation höhere Testwerte als die Teilnehmer der Vergleichsgruppe. Dabei lag der Mittelwertunterschied des KSSKniescore (β = 8,16, 95 %-CI −1,01–17,34) mit einem Niveau von p = 0,08 nur knapp oberhalb des a priori angenommenen Signifikanzlevels von p = 0,05.

Analyse der Moderatorvariablen

Es ergaben sich keine Interaktionseffekte der präoperativ erhobenen Moderatorvariablen allgemeine psychische Belastung, Bewegungsangst und katastrophisierender Denkstil auf die Haupteffekte. Alle berechneten Regressionskoeffizienten waren nahe Null (z. B. Interaktionsterm KSS Kneescore β = −0,09). Der Effekt von Schmerzpsychoedukation auf das Behandlungsergebnis wird durch die hier erhobenen präoperativen psychischen Faktoren nicht moderiert.

Diskussion

Im vorliegenden Beitrag wurde untersucht, ob Schmerzpsychoedukation einen Einfluss auf das Behandlungsergebnis Implantation Knie-TEP besitzt. Dabei wurde erwartet, dass die Teilnehmer mit Schmerzpsychoedukation gegenüber denen ohne Edukation einen höheren Zugewinn an postoperativer Lebensqualität sowie kniebezogener Funktionalität aufweisen. Ebenso wurde angenommen, dass das Ausmaß an präoperativ bestehender psychischer Belastung, Bewegungsangst und die Neigung zu einem katastrophisierenden Denkstil den Effekt von Schmerzpsychoedukation moderieren.

Deskription

Trotz randomisierter Zuteilung der Probanden zu den Untersuchungsgruppen zeigte sich eine Strukturungleichheit bezüglich der soziodemographischen Variablen Geschlecht und Bildung. Vor dem Hintergrund bestehender Forschungsergebnisse zum Einfluss von Geschlecht und Bildung auf die Schmerzverarbeitung [8] wurden die Effekte der Zusammenhangsanalysen für diese Variablen adjustiert.

Lebensqualität

Präoperativ zeigten sich in beiden Untersuchungsgruppen gegenüber den Normstichproben verminderte Werte an physischer Lebensqualität bei gleichzeitig vergleichbaren durchschnittlichen Werten an psychischer Lebensqualität. Diese Befunde stimmen mit den Ergebnissen von Pivec et al. [16] überein. Patienten mit Indikation zu einem künstlichen Kniegelenk leiden demzufolge präoperativ eher unter einer eingeschränkten körperlichen und weniger unter einer verminderten psychischen Lebensqualität. Postoperativ zeigte sich in beiden Untersuchungsgruppen eine deutliche Zunahme der körperbezogenen Lebensqualität. Demgegenüber verbesserte sich die psychische Lebensqualität in beiden Gruppen nur geringfügig. Nilsdotter et al. [15] wiesen darauf hin, dass sich die physische Lebensqualität unmittelbar nach dem Einsatz der Knie-TEP verbesserte, sich eine substanzielle Verbesserung der psychischen Lebensqualität jedoch erst ca. 1 Jahr danach einstellte.

Kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Patienten

Präoperativ schätzten die Probanden beider Untersuchungsgruppen ihre kniespezifische Funktionalität weit unterdurchschnittlich im Vergleich zur Normalbevölkerung ein. Postoperativ verbesserten sich die Werte aller Teilnehmer in Bezug auf die kniespezifische Funktionalität aus Sicht des Patienten in beiden Gruppen. Dabei wies die Interventions- gegenüber der Vergleichsgruppe in nahezu allen Subskalen des angewandten Fragebogenverfahrens einen numerisch höheren Zugewinn auf. Alle dabei berechneten Regressionskoeffizienten waren größer Null. Dieses Ergebnis stellt einen positiven Effekt der Schmerzpsychoedukation auf die postoperative kniebezogene Funktionalität des Patienten dar, auch wenn der Unterschied zwischen Interventions- und Vergleichsgruppe nur in Bezug auf die Subskala „Schmerzstärke“ signifikant wurde. Nilsdotter et al. [15] zeigten damit übereinstimmend, dass es in den ersten 5 Jahren nach erfolgreicher Knietotalprothesenimplantation v. a. zu einer Reduktion der wahrgenommenen Schmerzstärke kommt.

Kniespezifische Alltagsfunktionalität aus Sicht des Arztes

Präoperativ besaßen alle Probanden in Relation zur Knie-TEP-Referenzstichprobe eine verminderte kniebezogene Alltagsfunktionalität aus Sicht des Arztes. Postoperativ verbesserten sich diese Werte in beiden Gruppen. Dabei erlangten die Probanden mit Schmerzpsychoedukation gegenüber denen ohne Edukation im Mittel einen deutlich höheren numerischen Zugewinn an Alltagsfunktionalität. Dem aktuellen Forschungsstand entsprechend ist dies die erste Interventionsstudie zum Thema Schmerzpsychoedukation, in der der KSS zur Abbildung der prä- und postoperativen Funktionsfähigkeit bei elektiver primärer Knieendoprothesenimplantation Verwendung findet. Eine Einordnung unserer Ergebnisse in die bestehende Forschungsliteratur ist somit nicht möglich.

Moderatoranalyse

In Hinblick auf präoperativ bestehende Bewegungsängste, psychische Belastung sowie Neigung zu einem katastrophisierenden Denkstil wiesen alle Teilnehmer in Relation zur Normalbevölkerung durchschnittliche Werte auf. Die Moderatoranalysen ergaben keine Interaktionen auf unsere Haupteffekte. Das Vorhandensein durchschnittlicher Bewegungsängste, psychischer Belastung sowie Neigung zum katastrophisierenden Denkstil hat demnach keinen Einfluss auf den Effekt von Schmerzpsychoedukation. Dem aktuellen Forschungsstand entsprechend ist dies die erste Studie mit dem Ziel, Moderatoreffekte psychischer Variablen auf den Zusammenhang zwischen dem Erhalt einer Schmerzpsychoedukation und dem Behandlungsoutcome nach primärer Knietotalprothesenimplantation zu untersuchen. Bislang wurde in zahlreichen Studien nur der direkte Zusammenhang zwischen präoperativen psychischen Beschwerden und dem Behandlungsergebnis nach Implantation einer Knie-TEP erforscht [16, 22].

Limitationen

Um die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse in Folgearbeiten noch weiter zu erhöhen, wären folgende Veränderungen im Studiendesign sinnvoll:

  • Vergrößerung der Fallzahl

  • Datenerhebung zu späteren Katamnesezeitpunkten, z. B. postoperativ nach weiteren 6 und 12 Monaten

  • Durchführung einer Multicenterstudie

Schlussfolgerung und Ausblick

Insgesamt zeigt der vorliegende Beitrag, dass Patienten nach Erhalt eines künstlichen Kniegelenks von einer einmaligen postoperativen Schmerzpsychoedukation im Akutsetting profitieren. Dieser Profit bezieht sich auf einen höheren numerischen Zugewinn an kniebezogener Funktionalität aus Sicht des Patienten und des Arztes 3 Monate nach der Operation. Die physische Lebensqualität verbesserte sich unabhängig vom Erhalt einer Schmerzpsychoedukation. Mit einem Zugewinn an psychischer Lebensqualität infolge einer primären Knie-TEP ist wahrscheinlich erst nach einem längeren Katamnesezeitraum von beispielsweise 12 Monaten zu rechnen [16]. Das Bestehen von durchschnittlicher präoperativer psychischer Belastung, Bewegungsangst sowie Neigung zu katastrophisierendem Denken in Relation zur Normalbevölkerung hat dabei keinen Einfluss auf den Effekt von Schmerzpsychoedukation.

Es erscheint lohnenswert, die vorliegenden Ergebnisse in Folgestudien zu verifizieren. Dabei ist v. a. auf eine präzisere Fallzahlschätzung zu achten, um weitere Unterschiede zwischen Probanden mit und ohne Psychoedukation signifikant darstellen zu können. Zukünftig ließe sich daraus eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung bei Erhalt einer Knie-TEP ableiten, was wiederum den Anregungen zahlreicher Untersuchungen zu Psyche und Genesungsverlauf in der Endoprothetik nachkäme [10, 22, 23].

Fazit für die Praxis

  • Schmerzpsychoedukation nach Erhalt Knie-TEP führt zu einem zusätzlichen Zugewinn an kniespezifischer Alltagsfunktionalität aus Sicht des Patienten und des Arztes.

  • Postoperative Schmerzpsychoedukation führt 3 Monate nach der Operation zu keinem zusätzlichen Zugewinn an Lebensqualität.

  • Durchschnittliche psychische Auffälligkeiten der Betroffenen vor der Operation haben keinen moderierenden Einfluss auf den Effekt von Schmerzpsychoedukation.