Die Charcot-Arthropathie des Fußes stellt aus fußchirurgischer Sicht ein komplexes, schwer zu behandelndes Problem dar [1, 2]. Die frühzeitige Erkennung der Erkrankung ist wegweisend für den späteren Behandlungserfolg [3].

In der frühen Phase der Erkrankung bietet die konservative Therapie eine valable Option, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen und potentielle Deformitäten in ihrer Entwicklung aufzuhalten oder zumindest zu verzögern [48]. Ein Vorteil einer frühen operativen Korrektur scheint ein besser erhaltener Knochenstock zu sein, welcher die anatomische Rekonstruktion erlaubt. Ebenso zeigen sich Hinweise, dass die Heilungsphase deutlich verkürzt scheint [9]. Dennoch gibt es unseren Wissens nach in der Literatur derzeit keine Arbeiten, die prospektiv und randomisiert das konservative Vorgehen mit der operativen Korrektur oder Amputation vergleichen [2].

Ziel der operativen Therapie ist die im besten Fall physiologische Ausrichtung des Fußes, so dass ein plantigrader, stabiler Fuß, welcher mit Schuhen adäquat versorgt werden kann, resultiert [9, 10]. Weitere Ziele der operativen Therapie sind die Infektfreiheit sowie die Vermeidung von Ulzera [1012] und letztlich die Vermeidung einer Amputation [9, 10].

Indikation

Die Indikation zur Arthrodese mittels Ilizarov-Ringfixateur wird durch die chronische Neurosteoarthropathie bestimmt. In der akuten Phase ist zum einen die Osteolyse wegweisend, die durch die Destruktion des Knochens zu Frakturen und Luxationen führt, welche den Halt interner Fixationen deutlich herabsetzen ([1315]; Abb. 1ac).

Abb. 1
figure 1

ac Einbruch des Fußgewölbes mit „rocker bottom“, schwere Ulzeration mit Osteomyelitis am lateralen Fußrand (Os cuboideum). Laterale Instabilität bei Status nach Resektion Os metatarsale V rechts. d, e Computertomographie des Rückfußes mit Zerstörung des Os cuboideums und Lufteinschlüssen im Chopart-Gelenk. f Osteomyelitis Os cuboideum mit Weiteilulzeration

Der Weichteilmantel spielt eine wichtige Rolle. Sind bereits Ulzerationen vorhanden, ist eine Wundkontrolle bei Gipstherapie erschwert. Prekäre Hautverhältnisse, die einer Belastung und den damit assoziierten Scherkräften nicht gewachsen sind [15], verhindern eine adäquate Gipstherapie [1, 13].

Das Patientengut ist oft übergewichtig und weist eine reduzierte Infektabwehr auf

Schwere, instabile, nicht durch Gipsbehandlung oder orthopädietechnische Hilfsmittel adressierbare Fehlstellungen stellen eine weitere Indikation dar. Hier ist initial ebenfalls eine redressierende Gipsbehandlung indiziert, jedoch besteht bei bleibenden Fehlstellungen das erhöhte Risiko tiefer Ulzerationen und chronischer Osteomyelitiden [15, 16]. Gemäß der Literatur ist das Patientengut oft übergewichtig und weist eine reduzierte Infektabwehr auf. Somit ist bei diesen Patienten das Risiko für chirurgisch assoziierte Wundinfekte erhöht und indiziert ein möglichst weichteilschonendes Vorgehen [15, 17].

Indikationen zur operativen Versorgung mit dem Ilizarov-Ringfixateur:

  • schlechte Knochenqualität,

  • Infektrisiko,

  • fehlende Compliance des Patienten,

  • Entlastung erschwert,

  • nicht gipsbare Fehlstellung des Mittel- und/oder Rückfußes mit Ulzeration,

  • nicht gipsbare Instabilität des Mittel- und/oder Rückfußes mit Ulzeration,

  • Revision mit schlechtem Knochenstock,

  • schlechte Weichteilverhältnisse,

  • verlängerte Knochenheilung.

Vorteile des Ilizarov-Ringfixateurs

Der Ringfixateur bietet eine hohe biomechanische Stabilität [18]. Die Fixation auf mehreren Ebenen erlaubt eine multiplanare Kompression der verschiedenen Arthrodesezonen. Es resultiert eine hohe Rigidität des Konstrukts und ermöglicht eine frühe Belastung der betroffenen Extremität. Hierbei bleibt der Zugang zu den Weichteilen erhalten und Wundkontrollen sind zu jederzeit möglich (Abb. 2fh, 3ac).

Abb. 2
figure 2

a Ausgedehnter medialer Release, in der Klemme die Extensor-digitorum-Sehne. b Sicht auf den nach medial luxierten Taluskopf nach Release der Tibialis-posterior-Sehne am medial luxierten Os naviculare. c Ausschnitt der lateralen Ulzeration. d, e Wedge-Osteotomie durch das Os cuboideum mit Resektion der osteomyelitischen Areale sowie Resektion des Taluskopfes. fh Nach Anlage des Ilizarov-Ringfixateurs konnte eine gute Kompression im Mittelfuß sowie ein plantigrader Fuß erreicht werden. i Intraoperative Bildgebung mit Transfixation nach Reposition. Zu beachten ist die Position des Kalkaneus und Talus. j Das obere Sprunggelenk (OSG) ist zentriert, die talaren Drähte nicht in den Malleolen. k Erreichtes Realignement im ehemaligen Chopart-Gelenk. l In der seitlichen Aufnahme OSG zentriert mit Kompression der Arthrodesezone

Abb. 3
figure 3

ac Stabiler Fixateur 3 Monate postoperativ, gute Weichteilverhältnisse, gutes Alignement der Rückfußachse. In der Röntgenkontrolle zeigte sich eine zunehmende Konsolidation der Arthrodese. df 6 Monate postoperativ, nach Entfernung des Ilizarov-Ringfixateurs, plantigrader Fuß mit korrigierter Rückfußachse, Weichteile reizlos. gi Röntgenkontrolle 6 Monate postoperativ zeigt Konsolidierung der Arthrodesen im Rückfuß und Chopart-Gelenk. Keine ossären Druckpunkte plantar in der seitlichen Projektion, oberes Sprunggelenk zentriert

Ein weiterer Vorteil ist die postoperative Anpassbarkeit. Durch die Eigenschaften des Apparats sind eine Anpassung der Kompression, eine Veränderung der Rotation sowie eine Verschiebung der Fragmente im postoperativen Verlauf möglich. Insbesondere bei chronischen Verläufen oder bei massiven Fehlstellungen ist der Weichteilmantel für eine einzeitige Korrektur zu empfindlich. Hier bietet die Ilizarov-Technik die Möglichkeit der schrittweisen Korrektur [19].

Bei Infektionen ist die interne Fixation kontraindiziert. Die Ilizarov-Technik erlaubt die Resektion der infizierten knöchernen und weichteiligen Strukturen und bietet genügend Stabilität, um die Infektion ausheilen zu lassen und weitere zu verhindern [1].

Bei Patienten mit diabetischer Angiopathie und herabgesetztem Wundheilungspotential bietet die externe Fixation mittels minimal-invasivem, perkutanem Zugang einen deutlichen Vorteil [1, 9].

Die Ilizarov-Technik bietet die Möglichkeit der schrittweisen Korrektur

Durch die Konstruktion der Fine-wire-Fixateure ist eine lange Stabilität gewährleistet. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fixateuren mit Schanz-Schraubenfixation bleibt der Ringfixateur bei korrekter Anwendung über Monate stabil. Dies ist insbesondere bei der Behandlung der Charcot-Arthropathie ein Vorteil, da die Behandlung bis zum Erreichen einer stabilen Arthrodese respektive stabilen Pseudarthrose 3 bis 6 Monate (in seltenen Fällen länger) dauern kann. Kommt es bei der Belastung zu einem Drahtbruch, so kann der Draht problemlos ausgewechselt werden.

Vorteile des Ilizarov-Fixateurs:

  • biomechanische Stabilität,

  • Zugang zu den Weichteilen bleibt erhalten,

  • postoperative Anpassbarkeit,

  • Stabilität bleibt lange konstant,

  • bei akuten und chronischen Infektionen einsetzbar,

  • weichteilschonend.

Präoperative Vorbereitungen

Die präoperative Planung ist bei komplexen Fehlstellungen wegweisend. Folgende Fragen müssen beantwortet werden:

  1. 1.

    Welcher Zugang ist am besten geeignet? Der Zugang sollte die Angiosomen respektieren und im Fall einer größeren Korrektur auf der konvexen Seite der Deformität liegen. Im Idealfall können Ulzera gleichzeitig exzidieren werden und die Weichteile primär geschlossen werden.

  2. 2.

    Liegt eine Osteomyelitis vor? Wenn ja, sollte die Resektion des infizierten Knochens in die Planung integriert werden.

  3. 3.

    Ausmaß und Lokalisation der Korrekturosteotomie/Arthrodese? Die Deformitäten werden bei Charcot-Arthropathie möglichst am Ort der Hauptfehlstellung korrigiert.

  4. 4.

    Wie wird der Ringfixateur montiert? Zuerst wird festgelegt, welche Fuß-/Unterschenkelanteile mit dem Ringfixateur komprimiert werden müssen. Dann erfolgt die Größenbestimmung der Ringe/Halbringe sowie der Fußplatte. Anschließend ist die Position der Drähte zu überlegen. Zwei gekreuzte Drähte bilden zusammen mit einem damit verbundenen Ring/Halbring einen Fixationspunkt. Anschließend sollten diese Fixationspunkte so verbunden werden, dass eine Kompression der gewünschten Arthrodesezone und in geplanter Richtung ermöglicht wird.

Eine radiologische Abklärung ist neben der klinischen Untersuchung von entscheidender Bedeutung. Eine konventionelle Bildgebung unter Belastung ist unersetzlich. Eine Computertomographie (CT) zur dreidimensionalen Analyse kann bei komplexen Deformitäten wertvoll sein. Ebenso gewinnt die Magnetresonanztomographie (MRT) zur Beurteilung der Weichteile und zum Nachweis einer Osteomyelitis einen immer höheren Stellenwert, wenngleich im akuten Stadium die Unterscheidung der typischen Charcot-Veränderungen zu einer Osteomyelitis nicht immer gut gelingt [6, 20].

Eine radiologische Abklärung ist neben der klinischen Untersuchung von entscheidender Bedeutung

Die Planung der Korrektur und der Fixationspunkte mittels Schemazeichnungen hat sich bewährt (Abb. 4). Bei der Planung ist darauf zu achten, dass die zu errechnende Korrektur mit möglichst einfachen Mitteln zu erreichen ist.

Abb. 4
figure 4

Planung der Rekonstruktion mit Hilfe des Röntgenbildes (a). Die Skizze (b) verdeutlicht die geplante Kompression (Pfeile) der Fragmente

Die bereits präoperative Montage des Ringfixateurs und Sterilisation des montierten Ringfixateurs wird vielerorts praktiziert und ist ebenfalls mit einer intraoperativen Zeitersparnis verbunden. Jedoch kann im Falle einer Fehlinterpretation der intraoperativen Situation dieses Vorgehen zu einem größeren Zeitverlust führen und wird deshalb von den Autoren nicht praktiziert.

Operatives Vorgehen

Korrektur der Fehlstellung

Der Patient ist in Rückenlagerung gelagert. Für die ersten Schritte wird eine Blutsperre montiert und aktiviert. Die Blutleerezeit darf eine maximale Dauer von 2 h nicht überschreiten. Nach der provisorischen Fixation der Arthrodese/Osteotomie mit Kirschner-Drähten wird die Blutsperre eröffnet. Falls ein infiziertes Ulkus vorliegt (respektive Osteomyelitis) und der Erreger bekannt ist, wird vor Schnitt eine resistenzgerechte Antibiose verabreicht. Es empfiehlt sich, Ulzera und infizierten Knochen in einem ersten Schritt zu debridieren und anschließend das benutzte Instrumentarium abzugeben und neu abzudecken. Eine bakteriologische Untersuchung des gewonnen Gewebes ist auch bei bekanntem Keim essentiell, um zusätzliche Erreger zu identifizieren.

Korrigierende OSG-Arthrodese

Das obere Sprunggelenk (OSG, Typ 3A, Brodsky [21]) ist von der Charcot-Arthropathie relativ selten betroffen (19 % der Fälle [21]). Die Kontraktur der Achillessehne ist eine wichtige Komponente der Fehlstellung und muss zuerst angegangen werden. In unserer Praxis hat sich die minimal-invasive Technik mittels 3 Stichinzisionen im Abstand von jeweils 2–3 cm bewährt. Ist dies zur Reduktion der Fehlstellung nicht ausreichend, stellt die Tenotomie der Achillessehne eine Option dar.

Bei einer Varusfehlstellung ist ein klassischer lateraler transfibulärer Zugang am besten geeignet. Der destruierte Knochen wird sowohl an der Tibia wie auch am Talus senkrecht zur Längsachse des Unterschenkels mit einer oszillierenden Säge reseziert. Liegt eine ausgedehnte Destruktion der Tibia vor, kann eine Osteotomie des Malleolus medialis durch einen kleinen medialen Zugang nötig sein. Auch das distale Fibulafragment muss häufig proximal großzügig gekürzt werden. Dann wird der Fuß in plantigrader Stellung und korrekter Rotation an die Tibia mit 2–3 Kirschner-Drähten (2 mm Dicke) provisorisch fixiert (Abb. 2i). Unter Bildverstärker- (BV-)Kontrolle wird die Stellung geprüft. Die anschließende Montage des Ringfixateurs soll die Kompression der Tibia gegen Talus gewährleisten.

Liegt eine ausgedehnte Destruktion des Taluskörpers vor, kann dieser reseziert und eine tibiokalkaneare Arthrodese mit Hilfe des Ringfixateurs angestrebt werden.

Korrigierende subtalare Arthrodese

Der subtalare Komplex (Typ 2, Brodsky [21]) ist in etwa 28 % der Fälle betroffen [21]. In Abhängigkeit der Dominanz der Destruktion kann sich sowohl ein Knick-Senkfuß (Destruktion kalkaneokuboidal) oder eine Adduktusdeformität (Destruktion talonavikular) entwickeln. Das muskuläre Ungleichgewicht der Invertoren/Evertoren infolge der Polyneuropathie spielt eine wichtige Rolle. Eine iatrogene Läsion der Peronealsehnen in Folge Resektion der Basis des Metatarsale V bei einer „Exostosektomie“ kann ebenfalls zur Adduktus- und Varusdeformität führen (Abb. 1).

Eine Kontraktur der Achillessehne ist in der Mehrzahl der Fälle vorhanden.

Nach einer Verlängerung der Achillessehne wird die eigentliche Deformität korrigiert. Die Darstellung des unteren Sprunggelenks (USG) erfolgt durch einen lateralen Zugang subfibulär. Mobilisierung des USG und sorgfältige Entknorpelung sind essentiell. Bei der Reposition sollte beachtet werden, die „gesunde“ Seite durch eine zuklappende Osteotomie am Chopart-Gelenk zu verkürzen, d. h. bei einer Außenrotation des Vorfußes muss die zuklappende Osteotomie medial, bei einer Adduktusdeformität lateral durchgeführt werden.

Bei einer Adduktusdeformität müssen häufig die kontrakten Invertoren des Fußes verlängert oder in bestimmten Fällen tenotomiert werden. Ausnahme bildet die Sehne des M. tibialis anterior. Trägt diese Sehne wesentlich zur Adduktusdeformität bei, muss sie auf das Os cuboideum transferiert werden.

Nach dem Release der Invertoren, des USG und der zuklappenden Osteotomie auf der konvexen Seite ist in der Regel eine korrigierende subtalare (talokalkanear und im Chopart-Gelenk) Arthrodese möglich. Nach der provisorischen Fixation mit dicken Kirschner-Drähten wird die Stellung unter BV kontrolliert und der Ringfixateur angelegt. Der montierte Ringfixateur soll eine Kompression sowohl im Chopart-Gelenk in der Längsachse des Fußes wie auch zwischen Talus und Kalkaneus in der Längsachse des Unterschenkels ermöglichen.

Korrigierende Mittelfußosteotomie

In 60–70 % der Fälle liegt eine Beteiligung des Mittelfußes vor (Typ 1, Brodsky [21]). Hierbei kommt es zu einem Kollaps des Mittelfußes, welcher in einer plantaren Prominenz der lateralen knöchernen Strukturen (kalkaneokuboidales Gelenk) mit Ulzerationen resultiert [1]. Häufig liegt eine Osteomyelitis des Os cuboideum vor (Abb. 1f). Der Rückfuß ist meistens in Equinusfehlstellung, wobei der Vorfuß in der Dorsalextension und Außenrotation fixiert ist. So kommt es zu der sog. Tintenlöscherdeformität (Abb. 1a).

Die Korrektur der Equinusfehlstellung im Rückfuß macht auch in diesen Fällen eine Verlängerung der Achillessehne notwendig. Der nächste Schritt ist die Korrekturosteotomie des Mittelfußes. Eine anatomische Rekonstruktion der destruierten und luxierten Fußwurzel nach Prinzipien der elektiven, „klassischen“ Fußchirurgie ist in den meisten Fällen nicht möglich. Die medial/plantar zuklappende Korrekturosteotomie des Mittelfußes am Ort der Deformität ist gemäß unserer Erfahrung eine potente Korrekturmöglichkeit. Der Zugang ist medial gelegen. Die plantaren Strukturen werden mit einem großen Hohmann-Haken geschützt. Die Osteotomie erfolgt mit einem 10-mm-Meißel. Die Größe des Keils richtet sich nach dem Ausmaß der Abduktion und Dorsalextension. Die Osteotomie erfolgt biplanar. Gelegentlich ist ein kleiner lateraler Zugang notwendig, um die Osteotomie besser kontrollieren zu können. Die komplette Mittelfußosteotomie ermöglicht die Derotation des Vorfußes.

Nach provisorischer Fixation mit 2 Kirschner-Drähten und anschließender BV-Kontrolle wird ein Ringfixateur angelegt. Eine Kompression zwischen Rück- und Vorfuß muss gewährleistet werden, wobei eine leichte Plantarflexion im Mittelfuß erwünscht wird.

Komplexe Rückfuß- und Mittelfußrekonstruktion

In komplexen Fällen arbeitet man nach den gleichen Regel, nur dass der Aufbau des Ringfixateurs deutlich komplizierter wird, weil eine Kompression in mehreren Richtungen gewährleistet werden muss.

Montage des Ilizarov-Ringfixateurs

Die Montage des Ilizarov-Ringfixateurs erfordert die konsequente Einhaltung folgender Prinzipien:

  1. 1.

    Stabile Fixation des Ringfixateurs am Knochen,

  2. 2.

    Stabile Fixation der ossären Fragmente.

  3. 3.

    Die Montage muss die erwünschte geführte Bewegung (in diesem Fall Kompression) der ossären Fragmente ermöglichen.

Die Stabilität der Montage wird durch die Fixation am Unterschenkel gewährleistet. Unterschenkel, Rückfuß/Kalkaneus, Mittelfuß und Vorfuß werden als die separaten ossäre Fragmente betrachtet. Jedes Fragment benötigt idealerweise zwei Fixationspunkte, um eine stabile Situation zu erreichen. Ein Fixationspunkt besteht aus zwei gekreuzten Drähten, die eine Ebene bilden. Am Unterschenkel bildet ein Ring mit zwei gekreuzten Drähten einen Fixationspunkt. Zwei solche Ringe, verbunden mit 4 Gewindestäben, bilden einen Block. Ein Winkel nahe 90 ° zwischen den Drähten sowie Olivendrähte erhöhen die Stabilität.

Im Bereich der Fußwurzel ist es in der Regel schwierig, 2 Fixationspunkte pro Fragment zu verwirklichen. Dort wird die Stabilität mit 2–3 gekreuzten Drähten erreicht.

Der Aufbau des Ringfixateurs beginnt proximal. Die Höhe des ersten Fixationspunktes ist auf Höhe des mittleren Drittels. Dort werden 2 gekreuzte Drähte in möglich großem Winkel zueinander eingebracht. Die Drähte sollten einen Durchmesser von 1,5 mm haben, da dickere Drähte den Ringfixateur zu rigide machen und dünnere Drähte zu leicht brechen [19]. Jeder Draht muss 2 Kortikalices durchbohren. Der erste Draht wird von posterolateral nach anteriomedial durch die Tibia eingebracht und ohne Olive gewählt. Die Ausrichtung des ersten Drahtes bestimmt die Ausrichtung des gesamten Ringfixateurs. Somit ist hier mit großer Sorgfalt vorzugehen. Der zweite Draht wird von posteromedial am ersten Ring gelegt und gespannt. Es empfiehlt sich nach der Fixation des Drahtes am ersten Ring den Block (2 Ringe, 2 Gewindestäben) zu montieren. Bei Fixation der Gewindestäbe richtet sich der zweite Ring parallel zum ersten aus und kann als Referenz für den zweiten Fixationspunkt benutzt werden. Der zweite Fixationspunkt ist das distale Drittel. Die Drähte werden in gleicher Weise wie oben beschrieben eingebracht, jedoch etwas flacher. Der laterale Draht darf die Fibula fassen.

Die Kenntnis der Anatomie der neurovaskulären Strukturen ist bei der Drahtanlage essentiell [19]. Eine lange Fußplatte hat sich für die Fixation der ossären Fragmente des Fußes in unseren Fällen bewährt.

Der Taluskörper wird mit gekreuzten Drähten von posteromedial retromalleolär (ventral der Sehne des M. tibialis posterior) und von posterolateral (zwischen M. peronei und Achillessehne) fixiert (Abb. 5a).

Abb. 5
figure 5

a Lage der Drähte im Taluskörper (A anterior, M medial, P posterior, L lateral, x Position der Peronaeus-longus- und -brevis-Sehnen, y Lage der A.-tibialis-posterior-, N.-tibialis-, M.-tibialis-posterior-Sehne). b Kompression subtalar durch Vorbiegen der Drähte. c Talonavikulare Kompression durch Vorbiegen der Drähte. d Lage der Drähte zur Unterstützung des axialen Druckes parallel zur Fußachse (zu beachten sind die Oliven distal)

Der Talushals kann sowohl von medial wie auch von lateral mit Kirschner-Drähten gefasst werden. Der Kalkaneus kann mit 2 gekreuzten Drähten im Tuberbereich und mit einem dritten Draht längs von medial posterior nach distal lateral fixiert werden (Abb. 5d).

Im Mittelfuß kann sowohl von medial wie auch von lateral ein Kirschner-Draht durch Os cuboideum und Ossa cuneiformia und 2 Drähte durch die Metatarsalia von medial und von lateral mit Oliven gelegt werden.

Die Kompression zwischen Tibia und Talus/Kalkaneus bei einer OSG-Arthrodese oder tibiokalkanearen Arthrodese wird durch Anziehen der Gewindestäbe zwischen dem Unterschenkelblock und der Fußplatte erreicht. Es ist zu bemerken, dass bei jeder Fußrekonstruktion sowohl Talus wie auch Kalkaneus und der Vorfuß an die Fußplatte fixiert werden müssen, da sonst die Stabilität der Konstruktion ungenügend ist.

Bei einer subtalaren Arthrodese oder Mittelfußrekonstruktion ist es meist nicht möglich, eine klassische Kompression zwischen den Blöcken/Ringen durchzuführen. Hierfür müssen die Drähte vorgebogen werden (Abb. 5b). Durch Anbringen von Spannung an den Drähten wird dann durch die Vorbiegung der Drähte Druck auf die subtalare Arthrodesezone oder auch im Mittelfußbereich ausgeübt (Abb. 5c).

Fallbeispiel

In dieser Kasuistik handelt es sich um einen 47-jährigen Patienten mit Charcot-Arthropathie. Aufgrund von Ulzerationen wurde das Os metatarsale V entfernt (Abb. 1ac). Es zeigte sich erneut eine tiefe Ulzeration am lateralen Fußrand. Eine Knochenprobe war positiv und es stellte sich ein hochgradiger Verdacht auf eine Osteomyelitis des Os cuboideum ein. Klinisch ergab sich eine deutliche Equinovarusfehlstellung.

Die CT zeigte Lufteinschlüsse im Kalkaneokuboidalgelenk und eine Zerstörung des Os cuboideum (Abb. 1d, e), die MRT deutliche Hinweise auf eine Osteomyelitis des Os cuboideum (Abb. 1f). Die Rekonstruktion wurde mittels Ilizarov-Ringfixateur unter Erhalt des OSG und Débridement der infizierten ossären Anteile mittels Wedge-Osteotomie vorgenommen (Abb. 2ae). Nach Montage des Ilizarov-Apparats konnte eine plantigrade Stellung des Fußes erreicht werden (Abb. 2fh). Die intraoperative Bildgebung (Abb. 2il) zeigte die Drahtlage und Kompression. Der postoperative Verlauf zeigte sich ereignislos.

Regelmäßige Kontrollen erfolgten initial 14-tägig, dann 3-wöchentlich. Der Ringfixateur war stets stabil, im Verlauf waren kein Kompressionsverlust, Pin-track-Infekt oder Lockerung festzustellen. 6 Wochen postoperativ zeigten sich deutlich gebesserte Weichteilverhältnisse und eine reizlose Wundheilung. Es bestand kein Hinweis auf eine Prolongation des Infekts (Abb. 3ac). Nach 6 Monaten konnte der Ringfixateur entfernt werden (Abb. 3d, e).

Eine Röntgenkontrolle nach 6 Monaten (Abb. 3gi) zeigte einen Durchbau der angestrebten Arthrodesen bei guter Stellung. Es folgte eine 6-wöchige Mobilisation im Unterschenkelgehgips mit schrittweiser Aufbelastung. Aktuell ist der Patient in orthopädischen Spezialschuhen mobil und seit 2 Jahren ulkusfrei.

Postoperatives Management

Die postoperative Betreuung der Patienten mit komplexer Rekonstruktion bei Charcot-Arthropathie ist für beide Seiten, den Patienten und die behandelnden Ärzte und Pflegenden aufwendig. Es handelt sich um eine lange dauernde postoperative Phase. Nicht selten muss der Ringfixateur gerade bei komplexen Fällen für 4–6 Monate getragen werden. Regelmäßige Kontrollen sind in dieser Zeit absolut notwendig, um Lockerungen, Verschiebungen der Fragmente, Korrekturverlust, Wiederaufflammen von Infektionen, Pin-track-Infektionen etc. frühzeitig zu bemerken und zu beheben.

In der ersten postoperativen Phase steht die Wundheilung im Vordergrund.

Oftmals ist bei assoziierten Osteomyelitiden und prekären Hautverhältnissen eine VAC®-Therapie („vacuum assisted closure“) oder eine i.v.-Antibiotikatherapie notwendig. In der ersten Phase sind deshalb die Ruhigstellung zur Abschwellung der betroffenen Extremität und tägliche Wundkontrollen notwendig. Bei abgeheilten Wundverhältnissen ist eine ambulante Therapie denkbar. Es empfiehlt sich initial kurze Intervalle zu wählen, um oben erwähnte Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Nach 6 Wochen sollte eine erste Röntgenkontrolle zur Beurteilung der Konsolidation, der Stellung und der intraossären Lage der Drähte stattfinden.

Bei guten Weichteilverhältnissen kann bei entsprechender Compliance des Patienten mit der Teilbelastung der betroffenen Extremität begonnen werden. Je nach Verlauf und Schwere des Falles ist eine Entfernung des Ringfixateurs ab dem 4. Monat postoperativ denkbar. In unserer Praxis sind nicht selten 6 Monate notwendig.

Nach Entfernung des Ringfixateurs ist eine Übergangsphase mit langsamem Belastungsaufbau im Unterschenkelgehgips sinnvoll. Diese Phase muss genutzt werden, um eine definitive orthopedietechnische Versorgung, wie Schuhe, Orthesen etc. in die Wege zu leiten. Auch nach Abschluss der Ringfixateurbehandlung ist eine regelmäßige Kontrolle im ersten Jahr alle 3 Monate und im Verlauf halbjährlich dringend zu empfehlen, um allfällige Rezidive, Probleme mit dem Schuhwerk und Ulzerationen zeitnah zu erfassen und zu behandeln.

Fazit für die Praxis

  • Symptomatische, schwer kontrollierbare Deformitäten und Erkrankungen im Rahmen der Charcot-Neuroosteoarthropathie stellen hohe Anforderungen an den orthopädischen Chirurgen.

  • Bleiben die primär adäquat durchgeführten konservativen Therapien erfolglos, müssen chirurgische Korrekturen erwogen werden. Ziel ist ein plantigrades, mit Hilfsmitteln gut einstellbares Fuß- und Sprunggelenk, welches eine Ambulation erlaubt. Hierfür eignet sich die Operation mittels extern angelegtem, die kranken Zonen überbrückendem Ringfixateur sehr gut.

  • Eine präzise präoperative Planung und Abklärung, sowie rigorose Nachbehandlung bei diesem speziellen Patientengut ermöglicht die Umsetzung der angestrebten Korrekturen und ein gutes Resultat.