Hintergrund und Fragestellung

Die Implantation von Endoprothesen gehört zu den am häufigsten durchgeführten operativen Eingriffen in Orthopädie und Unfallchirurgie. Im Jahr 2011 wurden in Schweden 15.945 Hüfttotalendoprothesen implantiert. In Australien wurden im selben Zeitraum 37.610 Operationen durchgeführt. Im Jahr 2008 wurden laut statistischem Bundesamt 209.487 Hüft- und 154.722 Knieendoprothesen implantiert. In der Literatur gibt es zahlreiche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen hohen Implantationszahlen und niedrigen Komplikationsraten sowohl für Kliniken als auch für Operateure [13].

Die Einhaltung von Behandlungspfaden und Nachbehandlungsstandards senkt die Rate peri- und postoperativer Komplikationen und verringert das Risiko für Reoperationen [26]. Für große Zentren mit hohen Behandlungszahlen und etablierten Nachbehandlungsstandards konnten zudem eine kürzere Krankenhausverweildauer und geringere Behandlungskosten nachgewiesen werden [2]. In der Folge dieser Erkenntnisse entstand in Deutschland eine Diskussion um Mindestmengen und Anforderungen an Operateure; dies führte zur Gründung von Endoprothetikzentren (EPZ) auf Basis von Mindestanforderungen und Qualitätsindikatoren (QI).

Auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) mit Unterstützung durch die Arbeitsgemeinschaft für Endoprothetik (AE) der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) ist seit 2012 die weltweit erste Zertifizierung endoprothetisch arbeitender Kliniken möglich. Bei Erfüllung fachlicher Anforderungen und Absolvierung eines entsprechenden Audits kann eine Zertifizierung als EPZ der Maximalversorgung (EndoCert®) erlangt werden. Im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens werden Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Klinik durch Fachexperten im Rahmen eines Audits vor Ort überprüft.

Kernelemente im Rahmen von EndoCert®sind das Einhalten klinikeigener interdisziplinär organisierter, leitliniengerechter Behandlungsstandards, Einbindung des Patienten in die Behandlung, regelmäßige Schulung, Aus- und Weiterbildung aller Mitarbeiter, etabliertes Qualitätsmanagement (externe Qualitätssicherung mit Benchmarking) in der Einrichtung, Teilnahme am Endoprothesenregister Deutschland (EPRD), Forschungsaktivität bzw. Unterstützung bei Forschungsvorhaben und Einhalten der Mindestmengen und QI. Des Weiteren ist ein mindestens jährliches Überwachungsaudit obligat bzw. erfolgt bei Nichterfüllen gegen die Kernanforderungen die Aberkennung des Zertifikats [7, 8].

Die Mindestanforderungen an die Struktur von EPZ der Maximalversorgung umfassen dabei eine Mindestfallzahl von 200 endoprothetischen Eingriffen einschließlich Wechseloperationen an Knie- oder Hüfte pro Jahr und Standort, davon mindestens 50 endoprothetische Wechseloperationen. Dem Haus müssen mindestens zwei „Seniorhauptoperateure“ angehören; bei jedem endoprothetischen Eingriff erfolgen Durchführung oder Assistenz durch einen „Hauptoperateur“. Seniorhauptoperateure müssen eine Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie oder Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie oder Facharzt für Chirurgie nach Weiterbildungsordnung vor 2003 oder Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie absolviert haben. Mindestens ein Seniorhauptoperateur muss die Weiterbildung „spezielle orthopädische Chirurgie“ absolviert haben oder im Rahmen einer aktuell geltenden Übergangsregelung als Unfallchirurg eine entsprechende Expertise nachweisen.

Jeder Seniorhauptoperateur muss mindestens 100 endoprothetische Eingriffe pro Jahr durchführen (einschließlich Wechseloperationen), sich in die gesamte Kette der Versorgung am Patienten einbringen und auch für die Notfallversorgung zur Verfügung stehen. Hauptoperateure müssen an mindestens 50 endoprothetischen Eingriffen pro Jahr beteiligt sein, wovon  > 50 % eigenständig durchgeführt werden müssen. Mindestanforderungen an Operationstrakt und Intensivstation müssen darüber hinaus nachgewiesen werden. Obligat ist die kontinuierliche Erfassung der Qualitätsindikatoren für alle am Zentrum operierten Endoprothesen sowie die Durchführung von institutionalisierten Besprechungen der Patientenfälle und Demonstration von Bildmaterial, Einhalten der Standards des Robert-Koch-Instituts und des Medizinproduktegesetzes. Des Weiteren muss eine Erfassung von Komplikationen und Interventionen in Art und Häufigkeit sichergestellt werden [7, 8].

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Erfahrungen dieser Zertifizierungsmaßnahme und auch die Effekte auf die Qualität an einer orthopädischen Hochschulabteilung, die im Rahmen der Pilotphase seit Januar 2011 an diesem Projekt teilgenommen hat und sich als EPZ der Maximalversorgung zertifizieren konnte, darzustellen. Die Einrichtung zählt zu den Pilotkliniken und hat daher bereits seit Januar 2011 die erforderlichen Daten und Qualitätsindikatoren kontinuierlich dokumentiert. Hier finden die bei EndoCert® festgelegten Anforderungen und Richtlinien Anwendung [7, 8]. Entsprechende Daten werden in diesen Erfahrungsbericht einbezogen.

Material und Methoden

Im zertifizierten EPZ werden sämtliche Primärimplantationen sowie die Wechsel- und Revisionsoperationen von Hüft- und Knietotalendoprothesen prospektiv dokumentiert und ausgewertet. Für die Durchführung der Operationen stehen drei Senioroperateure und zwölf Hauptoperateure zur Verfügung. Die Daten werden im Rahmen des stationären Aufenthalts des Patienten erhoben, in Excel-Tabellen zusammengestellt und ausgewertet. Die Dokumentation erfolgt durch ein Dokumentationsteam, das zunächst aus einer Dokumentationsassistentin bestand. Im weiteren Verlauf ist eine zusätzliche Mitarbeiterin mit einer Halbtagsstelle angestellt worden. Das Team wird in medizinischen Fragen durch den Dokumentationsbeauftragten unterstützt, der im vorliegenden Zentrum gleichzeitig Zentrumskoordinator ist. Die Auswertungen werden jeweils auf einen Monat bezogen.

Für Hüfttotalendoprothesen (Primär- und Wechseleingriffe) werden folgende standardisierte QI ermittelt: präoperative Prothesenplanung, Komplikationen wie periprothetische Infektionen und Luxationen. Außerdem werden Trochanterabrisse, Frakturen und Fissuren, die Inklination der Pfanne im Röntgenbild und andere radiologisch erkannte Komplikationen erfasst. Die Indikatoren maximale Operationszeit, Thrombosen, Embolien, postoperative neurologische Defizite sind in der Version des Erhebungsbogen von 10/2012 hinzugekommen und werden seit 01/2013 erfasst.

Für die im Zentrum operierten Knietotalendoprothesen werden aktuell die präoperative Prothesenplanung, Abweichungen von der maximalen Operationszeit, Komplikationen wie Infektionen, Periimplantatfrakturen oder -fissuren, Thrombosen und Embolien und neurologische Komplikationen erfasst. Zudem werden Ganzbeinaufnahmen zur Bestimmung der Achsendeviation und Planung des operativen Vorgehens durchgeführt oder die Prothese unter Zuhilfenahme von Navigationsgeräten implantiert. Abweichungen von den Zielwerten werden dokumentiert. Auch bei Knietotalendoprothesen sind die Erfassung von Thrombosen, Embolien, neurologischen Komplikationen und Operationszeiten erst in einer späteren Version des Erhebungsbogens hinzugekommen.

Additiv werden von am Zentrum operierten Patienten Patientenbefragungen mittels „ZUF-8-Fragebogen zur Patientenzufriedenheit“ nach Schmidt u. Nübling [9] erhoben. Die Patientenbefragung läuft einmal jährlich über einen Zeitraum von vier Wochen.

Im Rahmen der kontinuierlichen statistischen Auswertung werden die Werte für die Qualitätsindikatoren bestimmt und Abweichungen vom Sollergebnis erfasst. Monatlich erfolgt die Präsentation der für die Qualitätsstandards erfassten Daten im Rahmen einer Komplikationskonferenz (KK). Am Ende eines Kalenderjahres erfolgt die weiterführende Auswertung bezogen auf ein Jahr als Untersuchungszeitraum sowie die Erstellung des jährlichen Qualitätsberichts.

Diese Ergebnisse werden ebenfalls im Rahmen der Komplikationskonferenz vorgestellt. Für alle Haupt- und Senioroperateure des Zentrums besteht bei dieser Veranstaltung Anwesenheitspflicht. Die Komplikationskonferenz wurde in ihrer Ausgestaltung an die Bedürfnisse des EPZ angepasst und folgender Ablauf festgelegt: Zunächst werden Fälle infizierter Endoprothesen des Vormonats durch die behandelnden Orthopäden vorgestellt; anschließend erfolgt eine interdisziplinäre Diskussion der Befunde mit dem teilnehmenden Facharzt für Mikrobiologie und einem Vertreter der Abteilung für Krankenhaushygiene.

Diskutiert werden jeweils laborchemische Befunde, Bildgebung, mikrobiologische und ggf. histopathologische Befunde, aktuelle und vorangegangene Medikation und bereits erfolgte Operationen. Im Rahmen der KK wird ein umfassendes Konzept für die weitere Behandlung jedes Patienten entwickelt, dokumentiert und umgesetzt. Bis zur Sanierung des Infekts werden die Fälle in den folgenden KK reevaluiert. Nach den Infektfällen erfolgt in selber Art und Weise die Aufarbeitung aller Revisionseingriffe (für alle ICD10-Codes T84 und T81) des Vormonats. Abschließend werden die monatlich erstellten Auswertungen bezüglich der Einhaltung der Sollwertvorgaben für alle QI vorgestellt. Im Rahmen der gesamten Fallvorstellungen wird jeder Fall hinsichtlich möglicher Ursachen für Komplikationen oder Sollwertüberschreitungen erörtert und Strategien zur Fehlervermeidung entwickelt. Außerdem erfolgt eine monatliche Erfassung der Anzahl der von jedem Hauptoperateur durchgeführten Operationen. Bei einem absehbaren Nichterreichen der Zielvorgaben ist so eine zeitnahe Gegensteuerung bei der OP-Personalplanung möglich.

Für das hier vorgestellte EPZ der Maximalversorgung werden im Rahmen dieser Arbeit die Ergebnisse der QIs aus drei aufeinander folgenden Jahren ausgewertet. Für periprothetische Frühinfektionen beträgt die Sollwertvorgabe im Rahmen des EPZ < 2 % bis zum Zeitpunkt der Entlassung. Für den Zeitraum bis 9–12 Monate postoperativ beträgt die Sollvorgabe im Erhebungsbogen  < 3 % für periprothetische Infektionen.

Zur Vereinfachung der Darstellung wird in der vorliegenden Arbeit ein zusammengefasster Wert gewählt. Die absoluten und relativen Werte der Qualitätsindikatoren werden im Verlauf dargestellt. Für die Überprüfung der Signifikanz der Veränderungen wird der zweiseitige exakte Test nach Fisher verwendet. Veränderungen und Entwicklungen der Komplikationskonferenz und ihrer Teilnehmerquote werden erfasst und bewertet sowie eine Kostennäherung für die KK berechnet. Veränderungen in der Patientenversorgung und in Prozessabläufen, die aus der Einführung und Zertifizierung des EPZ resultieren, sollen hinsichtlich ihrer Relevanz für die Ergebnisqualität überprüft werden.

Ergebnisse

In die vorliegende Auswertung werden die Ergebnisse von 4809 endoprothetischen Operationen einbezogen. Im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 wurden 2409 primäre Hüfttotalendoprothesenimplantationen, 437 Hüfttotalendoprothesenwechsel, 1677 primäre Knietotalendoprothesen und 286 Knieendoprothesenwechsel operiert. Die Verteilung der Operationen über die Jahre, die Ergebnisse sowie die Sollwertvorgaben für QI sind in den Abb. 1, 2 und 3 bzw. den Tab. 1, 2, 3 und 4 dargestellt. Seit Einführung der EPZ ist eine deutliche Steigerung der Fallzahl bei Wechseloperationen zu erkennen.

Abb. 1
figure 1

Entwicklung der Gesamtzahlen der Primärendoprothetik im EPZ 2011–2013

Abb. 2
figure 2

Entwicklung der Wechselendoprothetik im EPZ 2011–2013

Abb. 3
figure 3

Entwicklung der periprothetischen Infektionen der primären Hüft- und Knieendoprothetik 1 Jahr postoperativ (2011–2013)

Tab. 1 Qualitätsindikatoren Primärendoprothetik Hüfte 2011–2013
Tab. 2 Qualitätsindikatoren Wechselendoprothetik Hüfte
Tab. 3 Qualitätsindikatoren Primärendoprothetik Knie
Tab. 4 Qualitätsindikatoren Wechselendoprothetik Knie

Präoperative Prothesenplanungen auf Basis radiologischer Bildgebung liegen für alle am Zentrum durchgeführten Hüft- und Knietotalendoprothesenimplantationen vor. Postoperative Röntgenkontrollen wurden ebenfalls durchgeführt.

Primäre Hüftendoprothetik

In der primären Hüfttotalendoprothetik liegen die untersuchten Parameter für periprothetische Infektionen, Hüftluxationen, Pfanneninklinationswinkel und Trochanterabrisse im Wesentlichen im Rahmen der vorgegebenen Sollwertvorgaben. Bei den Pfannenwinkeln zeigte sich von 2011 (4,95 %) zu 2012 (1,42 %) eine signifikante Reduktion (p < 0,000) der Quote der Pfannenwinkel, die > 50° betrugen, während von 2012 zu 2013 (3,41 %) ein erneuter signifikanter Anstieg (p = 0,012) zu verzeichnen war. Die Werte lagen trotz der hier vorliegenden Schwankungen stets im Bereich der Sollvorgaben. Der Rate der periprothetischen Infektionen betrug in 2011 2,29 %. Im Verlauf konnte eine signifikante Reduktion auf 1,68 % in 2012 und 0,92 % in 2013 gezeigt werden (Abb. 2). Die Reduktion im Vergleich der Jahre 2011 mit 2013 zeigt sich in der statistischen Analyse als signifikant (p = 0,032).

Bezüglich des Auftretens periprothetischer Fissuren oder Frakturen, die eine Änderung des postoperativen Procederes erfordern, wird eine Überschreitung der Sollvorgaben dokumentiert. Die Überschreitung der Sollwertvorgaben betrug zwischen 0,07 % und 0,62 %. Hier muss ergänzt werden, dass die Patienten klinikintern auch bei kleinsten Fissuren oder Auffälligkeiten der Knochenstruktur intraoperativ eine zusätzliche Cerclagenversorgung erhalten und statistisch erfasst werden. Dies erfolgt auch in den Fällen, in denen die postoperative Vollbelastung freigegeben wird und keine Abweichung des postoperativen Behandlungspfades erfolgt.

Die Rate der Hüftluxationen ist mit  < 1 % in allen Jahren des Beobachtungszeitraums deutlich unter der geforderten Sollvorgabe von < 4 %. Das Gleiche gilt auch für die Trochanterabrisse. Bezüglich der Operationszeiten erfolgt eine Dokumentation erst seit 2013. Hier zeigt sich eine Überschreitung der Sollwertvorgaben in 24 % der Fälle.

Wechselendoprothetik der Hüfte

Bei der Auswertung der QI für die Revisionsendoprothetik der Hüfte werden die Sollwertvorgaben – insbesondere für Hüftluxationen, Pfanneninklination und Trochanterabrisse – erreicht; dies gilt seit 2012 auch für periprothetische Fissuren und Frakturen. Bei der Erfassung der periprothetischen Infekte wird die Sollwertvorgabe in 2011 und 2013 überschritten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Gruppe der Revisionseingriffe laut Vorgaben des EPZ-Erhebungsbogens aus aseptischen einzeitigen und septischen zweizeitigen Wechseln zusammensetzt. Die Rate der Reimplantationen nach septischem Ausbau lag zwischen 17 und 20 %. In 2012 wurde die Sollvorgabe von  < 3 % Infektionsrate trotz der Mischung aus ein- und zweizeitigen Wechseln erreicht. 2013 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Infektrate.

Eine detaillierte Betrachtung der Entwicklung der relativen Häufigkeiten wurde für folgende Faktoren der primären- und Wechselendoprothetik der Hüfte durchgeführt: Hüftluxationen, Pfanneninklination, Trochanterabrisse und Fissuren oder Frakturen, die zu einer Veränderung des postoperativen Behandlungsplans geführt haben. Hüftluxationen lagen stets unter den Sollvorgaben. Über den gesamten Zeitraum werden die geforderten Sollwertvorgaben in der Wechselendoprothetik sicher umgesetzt. Die Pfanneninklination war in der Wechselendoprothetik der Hüfte 2,19 % besser als gefordert. Trochanterabrisse konnten ebenfalls in der Häufigkeit ihres Auftretens reduziert werden. Über den Gesamtzeitraum lagen Trochanterabrisse in der Wechselendoprothetik an der Hüfte stets innerhalb der Sollvorgaben. Periprothetische Frakturen oder Fissuren konnten über den Nachuntersuchungszeitraum in der Wechselendoprothetik deutlich reduziert werden (− 2,02 %).

Primäre Knieendoprothetik

In der primären Knietotalendoprothetik wurden die Sollwerte für periprothetische Infektionen im gesamten Untersuchungszeitraum erreicht. Eine deutliche Sollwertabweichung zeigt sich für die Operationszeit in 2013 mit 16 % Zeitüberschreitungen (Tab. 3). Bei periprothetischen Infekten wird eine deutliche Reduktion nachgewiesen (Sollwert  < 3 % 12 Monate postoperativ). Während 2011 bei 1,51 % der primären Knietotalendoprothesen ein Infekt auftrat, waren es in 2012 1,16 % und in 2013 nur 0,89 %.

Wechselendoprothetik des Kniegelenks

In der Wechselendoprothetik des Kniegelenks wurden die Sollvorgaben für periprothetische Infektionen und Fissuren/Frakturen erreicht. Der Anteil an zweizeitigen Wechseln bei Infekt bzw. bei Verdacht auf Infekt lag zwischen 22 % und 37 %.

Patientenbefragung

Mit der Verbesserung der Leistung in Hinblick auf das Erreichen der Sollwerte und der QI steigt die Patientenzufriedenheit im untersuchten Zeitraum (Abb. 4). Es zeigt sich in allen Kategorien eine Verschiebung der Zufriedenheit der Patienten aus dem Bereich „gut“ nach „sehr gut“. In 2013 gaben 73,92 % der Patient an, sehr zufrieden zu sein, 23,29 % waren zufrieden. Zusammenfassend bewerteten über 97 % der Patienten ihre Zufriedenheit mit sehr gut und gut.

Abb. 4
figure 4

Patientenzufriedenheit im Vergleich im Vergleich 2011/2013

Komplikationskonferenz

Aus den Protokollen der KK erfolgte die Auswertung der Teilnahme an der KK in 2012 und 2013 (Tab. 5). 2012 nahmen im Mittel 13,17 Ärzte und 2013 13,25 Ärzte an der 45 min dauernden Besprechung teil. Die Anzahl der abwesenden Hauptoperateure wurde im Verlauf deutlich von im Mittel 8,42 auf 5,67 Hauptoperateure reduziert. Bei Berechnung einer Arbeitszeit von 45 min je KK und Arzt werden exemplarisch für 2013 im Mittel 13,25 × 45 = 594 Arbeitsminuten (entspricht 9,9 h) durch Ärzte pro KK erbracht. Kalkuliert man mit 40,37 € durchschnittlichem Klinikarztlohn pro Stunde, kostet jede KK näherungsweise 399,66 € Arztlohnanteil. Hochgerechnet pro Jahr sind dies 4795,96 €. Die Kosten für die Vorbereitungszeit der KK, für das Dokumentationspersonal, ggf. Personalkosten für Personal der Krankenhaushygiene, Raumkosten und Kosten für die technische Ausstattung müssen hinzugerechnet werden.

Tab. 5 Entwicklung der Teilnahme an der Komplikationskonferenz in 2012–2013

Diskussion

Aus der Literatur ist der Zusammenhang zwischen hohen Implantationszahlen und niedrigen Komplikationsraten bekannt [5, 6, 8]. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte dies bestätigt und gezeigt werden, dass in diesem EPZ gute Ergebnisse beim Erreichen von Sollwertvorgaben erzielt wurden. Bei der konsequenten Einhaltung von Behandlungsstandards im Rahmen der Etablierung des EPZ wurde die relative Häufigkeit des Auftretens von Komplikationen weiter reduziert. Dies gilt in besonderem Maße für periprothetische Infektionen in der Primärendoprothetik. Eine Verbesserung der Ergebnisse auf Basis der Erhöhung der Prozessqualität konnte signifikant bei der Hüftendoprothetik nachgewiesen werden. Dieser Effekt ist ebenfalls aus der Literatur bekannt [1, 2, 1014]. Als Einschränkung muss erwähnt werden, dass eine 100 %ige Datenerfassung im Anschluss an die Entlassung nicht möglich war, da nicht auszuschließen ist, dass sich Patienten mit periprothetischem Infekt möglicherweise anderweitig vorgestellt haben. Das EPZ ist ebenso wie die gesamten EndoCert®-Vorgaben einem dynamischen Prozess unterlegen. Die Qualitätsindikatoren werden daher ständig angepasst und hinsichtlich ihrer Relevanz überprüft. Einzelfälle, die von den Sollvorgaben für die QIs abweichen, werden im Rahmen der EPZ-Konferenz vorgestellt und diskutiert.

Die Durchführung der KK bedeutet einen hohen zeitlichen und personellen Aufwand. Sie ist jedoch im Laufe von 3 Jahren zu einem wichtigen Instrument der Qualitätssicherung geworden, da sie – bei der relativ großen Zahl von Hauptoperateuren – jedem Hauptoperateur die Möglichkeit bietet, eine Rückmeldung der Qualität seiner operierten Endoprothesen zu erhalten. Die Verbesserung der Qualität durch Fortbildung der Mitarbeiter ist ebenfalls aus der Literatur bekannt [6, 7].

Durch die Einzelfallanalyse im Rahmen der KK kann zentrumsintern die Abweichung der Operationszeiten von den Richtwerten erklärt werden. Aufgrund des universitären Hintergrundes des EPZ erfolgen zahlreiche Operationen als „Lehrassistenzen“ durch Ärzte in Weiterbildung und weichen z. T. deutlich von den Sollvorgaben ab. Diese Ausbildungseingriffe sind für die Weiterbildung der Kollegen unabdingbar und dürfen auch in Zukunft durch die Einrichtung von EPZ nicht gefährdet werden. Des Weiteren traten verlängerte Operationszeiten bei komplexen Hüft-/Beckendeformitäten wie hoher Hüftluxation und Dysplasiekoxarthrose auf, deren endoprothetische Versorgung ein Schwerpunkt dieses EPZ ist. Insgesamt sollte geprüft, ob die Sollvorgabe von 5 % Abweichung bei der Operationszeit realistisch ist. Ein Vergleich mit allen EPZ, die an der EndoCert®-Initiative teilnehmen, wäre sinnvoll und eine eventuelle Anpassung der Sollvorgaben angebracht.

Im Rahmen dieser Untersuchung konnte ebenfalls gezeigt werden, dass in diesem EPZ (anders als in der Literatur) im Mittel keine Korrelation zwischen längeren Operationszeiten und erhöhten Infektionsraten vorliegt. Insgesamt wurde im Verlauf dieser Erhebung die Infektionsrate deutlich gesenkt. Ursache hierfür ist das standardisierte Einhalten infektprophylaktischer Maßnahmen sowie die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der Mitarbeiter des EPZ mit der Abteilung für Krankenhaushygiene und die rasche Aufarbeitung einzelner Infektfälle. Die Fokussierung auf die Infektfälle im Rahmen der KK hat das Bewusstsein der Mitarbeiter bezüglich der Infektvermeidung besonders geschult.

Was den Verlauf des QIPfannenwinkel in der Primärendoprothetik und den erneuten signifikanten Anstieg der Quote von Pfannenwinkel auf > 50° betrifft, ist eine mögliche Ursache, dass im vorgestellten Zentrum von Ende 2012 bis Anfang 2013 im Rahmen von Personalfluktuationen zu einem Wechsel von fünf Hauptoperateuren gekommen ist. Ob dies tatsächlich ursächlich war, müssen die Auswertungen der nächsten Jahre zeigen. Entscheidender für die Sicherung der Qualität ist, dass trotz des Wechsels der Hauptoperateure die Sollvorgabe von  < 5 % gehalten werden konnte. Es spricht auch dafür, dass die Qualifikationsvorgaben für die Benennung neuer Hauptoperateure angemessen sind.

Bei den aufgetretenen Frakturen/Fissuren wurde durch Einzelfallanalyse im Rahmen der KK geklärt, dass diese gehäuft bei älteren Patienten mit osteopener oder osteoporotischer Knochenstruktur aufgetreten sind. Entsprechend wurde zentrumsintern eine Änderung in den Behandlungsrichtlinien festgelegt. Während in diesem EPZ die zementfreie Implantation der Hüfttotalendoprothesen Standard ist, erhält diese Patientengruppe vermehrt eine zementierte Prothesenimplantation.

Des Weiteren muss ergänzt werden, dass klinikintern ein ausgeprägtes Risikobewusstsein durch die Aufarbeitung aller Komplikationen geschaffen wurde. Auch bei kleinsten Fissuren oder Auffälligkeiten der Knochenstruktur erhalten die Patienten intraoperativ eine zusätzliche Cerclagenversorgung und werden statistisch erfasst – auch in den Fällen, in denen die postoperative Vollbelastung freigegeben wird und keine Änderung der postoperativen Nachbehandlung erfolgt.

Dies bestätigt sich ebenfalls in der Einzelfallaufarbeitung der KK. Mehrheitlich hatte das Auftreten von Fissuren keine Änderung im postoperativen Behandlungspfad zur Folge. Aufmerksam wird jedoch die Entwicklung der Infektzahlen in der Wechselendoprothetik der Hüfte beobachtet. So konnte in der Primärendoprothetik bereits eine gute Reduktion der Infektwerte durch die oben genannten Maßnahmen erreicht werden.

Im Rahmen weiterer hausinterner Untersuchungen wurden Risikoprofile für potentielle primäre Infekte bei Patienten entwickelt, die aktuell hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit im klinischen Alltag untersucht werden. Ziel ist es, eine verlässliche Vorhersage der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Infekts zu treffen und somit Hochrisikopatienten zu identifizieren. Parallel steigen jedoch die Infektraten in der Revisionsendoprothetik der Hüfte. Auch nach Aufarbeitung der Fälle im Rahmen der interdisziplinären KK konnten bisher keine eindeutigen Erkenntnisse ausgemacht werden. Insgesamt steigt die Anzahl der Hüfttotalendoprothesenwechsel, die in diesem Haus durchgeführt werden. Hierbei handelt es sich häufig um Zuweisungen, die die Grenzen des Bundeslandes überschreiten. Eine Häufung bezüglich der Herkunft der Patienten (Stadt/Ballungszentrum versus Land/Arbeit in der Landwirtschaft o. ä.) wurde bisher nicht ausgemacht. Auch demographische Daten sind nicht richtungsweisend.

Die Auswertung bezüglich der Anwendung von lokal applizierten Antibiotikaträgern, der Bedeutung des Einsatzes eines antibiotikahaltigen Spacers in der Sanierung des Infekts dauert ebenso wie die Auswertung der Komorbiditäten der Infektpatienten an. Es ist anzunehmen, dass für die Klärung diesbezüglicher Ursachen die Untersuchung größerer Datenmengen – im Rahmen des Endoprothetikregisters oder groß angelegter Multicenterstudien – notwendig sein wird. Hygienestandards werden wie in der Primärendoprothetik eingehalten und das Bewusstsein der Mitarbeiter noch einmal geschult, um einen weiteren Beitrag zur weiteren Minimierung des Auftretens von Infekten in der Revisionsendoprothetik zu leisten.

Erfreulich ist neben der insgesamt guten Leistung in Bezug auf die genannten QI die Verbesserung des Zentrums in der Wahrnehmung durch die Patienten. Für alle im Fragebogen untersuchten Teilbereiche konnte eine kontinuierliche Verbesserung im Untersuchungszeitraum nachgewiesen werden. Seit dem Pilotprojekt „pay for performance“ der „Integrated Healthcare Association“ (IHA) 2004 in Kalifornien ist die Bedeutung der Untersuchung der Patientenzufriedenheit in Hinblick auf die Steigerung der Versorgungsqualität bekannt [15, 16] und lässt sich auch hier bestätigen.

In den einzelnen Zentren werden große Datenmengen gesammelt und ausgewertet. So können im Rahmen der Analyse individuelle und systematische Fehler zeitnah erkannt und ihnen entgegengewirkt werden. Zusammenfassend erfolgten zahlreiche Bemühungen im Rahmen der Zertifizierung und Fortführung des EPZ. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses wurden bestehende, leitliniengerechte Behandlungsstandards und das Qualitätsmanagement noch einmal fokussiert von allen Mitarbeitern betrachtet, Aus- und Weiterbildungsmaßnamen intensiviert und u. a. die KK eingeführt. Die gesamte Klinikstruktur wurde auf die Einhaltung der EPZ-Standards ausgerichtet. Von der Aufnahme des Patienten bis zur Verlegung in die Rehaklinik wurden die Prozesse an den Anforderungen des EPZ angepasst. Die gesamten Maßnahmen sind mit einem erheblichen Personal- und Kostenaufwand vergesellschaftet. Die vorliegende Auswertung rechtfertigt aufgrund der Verbesserung der Ergebnisqualität jedoch eindeutig diesen Aufwand.

Fazit für die Praxis

  • Nach der Etablierung der EPZ-Strukturen konnte im Verlauf eine deutliche Verbesserung der Ergebnisqualität erreicht werden. Es ist zu erwarten, dass dieser Effekt auch an anderen Kliniken reproduzierbar ist.

  • Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zertifizierung eines EPZ (leitliniengerechte Behandlungsstandards, Einbindung des Patienten in die Behandlung, regelmäßige Schulung, Aus- und Weiterbildung aller Mitarbeiter, Qualitätsmanagement) haben Einfluss auf die Struktur- und Prozessqualität.

  • Die Etablierung der Strukturen und das Führen des EPZ entsprechend der EndoCert®-Vorgaben stellen einen deutlichen Aufwand für alle Beteiligten dar und sind zeit- und kostenintensiv.

  • Die Komplikationskonferenz als wichtiger Feedbackmechanismus ist für die Qualitätssicherung elementar wichtig.

  • Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die erzielte Qualitätsverbesserung den Aufwand bei der Überprüfung der EPZ-Strukturen und die zahlreichen erforderlichen Maßnahmen rechtfertigt.