Anamnese

Ein 22-jähriger Patient stellte sich mit Verdacht auf ein Osteoidosteom im Bereich des rechten Talus in der Tumorsprechstunde vor. Der Patient klagte seit 2 Jahren über Schmerzen und eine Schwellung im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks (OSG), ohne dass ein adäquates Trauma vorlag. Im Verlauf hätten die Schmerzen an Intensität zugenommen und nicht mehr suffizient auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR: Ibuprofen, Diclofenac) angesprochen.

Aufgrund von Persistenz der Beschwerden wurde nach 1 Jahr bei MR-tomographischen Anzeichen einer Synovitis unter Verdachtsdiagnose einer rheumatischen Monarthritis eine arthroskopische Synovektomie durchgeführt, postoperativ kam es zu einer Arthrofibrose. Weder physiotherapeutische noch physikalische und medikamentöse Therapieansätze führten zur dauerhaften Schmerzreduktion. Nach 2 Jahren wurde eine Skelettszintigraphie und eine weitere Magnetresonanztomographie (MRT) ex domo durchgeführt und erstmals der Verdacht auf das Vorliegen eines Osteoidosteoms geäußert. Es wurde eine offene Resektion und Spongiosaplastik empfohlen.

Befund

Der klinische Untersuchungsbefund zeigte ein geschwollenes und sowohl unter Druck als auch unter Belastung schmerzhaftes rechtes OSG. Bei Zustand nach Arthroskopie zeigten sich reizfreie Narben. Der Bewegungsumfang war im Vergleich zur Gegenseite deutlich eingeschränkt.

Ein zuvor angefertigtes konventionell-radiologisches Bild ergab keinerlei Pathologie. In einem daraufhin angefertigten MRT zeigte sich eine Synovitis des OSG, ein Nidus wurde nicht beschrieben. Aufgrund der Beschwerdepersistenz wurde nach einem weiteren Jahr ein 3-Tesla-MRT angefertigt. Nun zeigte sich eine im Talushals subkortikal gelegene ca. 1 cm große Raumforderung mit einem umgebenden Spongiosaödem und Zeichen einer begleitenden Synovitis (Abb. 1, Abb. 2). Die Skelettszintigraphie zeigte einen in diesem Bereich deutlich erhöhten Knochenstoffwechsel. Ein zur Bestätigung der Diagnose angefertigtes dynamisches CT zeigte eine 5 mm durchmessende hypodense Läsion mit deutlicher Randsklerose sowie ein typisches arterielles Anflutungsverhalten (Abb. 3).

Abb. 1
figure 1

Axiale Schicht eines 3-Tesla-MRT, T1-fs-Wichtung mit Kontrastmittel (KM), deutliches Spongiosaödem, Gelenkerguss mit KM-Anreicherung, Osteoidosteom als rundlich abgrenzbare Raumforderung

Abb. 2
figure 2

Sagittale Schicht eines 3-Tesla-MRT, PD-TSE-Sequenzen. Auch hier ist das Spongiosaödem im Talus und der Gelenkerguss deutlich zu erkennen

Abb. 3
figure 3

a Axiale Schicht der dynamischen CT (1 A. dorsalis pedis, 2 Nidus). b Flow-CT mit einem für ein Osteoidosteom typischen Befund: Das im Vergleich zur Arterie (1) leichtgradig zeitversetzte, aber parallele Ansteigen der Houndsfield-Einheiten im Messbereich des Nidus (2) charakterisiert das typische arterielle Anflutverhalten des KM

Diagnose

Aufgrund des Nachweises des Nidus im Rahmen der Bildgebung, bestärkt durch den Untersuchungsbefund der dynamischen CT, wurde die Diagnose eines Osteoidosteoms des Talus gestellt.

Therapie und Verlauf

Nach Diagnosestellung bestand das Ziel darin, die Symptomatik des Osteoidosteoms zu beseitigen ohne durch die Intervention einen die Funktion beeinträchtigenden Schaden zu hinterlassen. Wir entschieden uns zu einer CT-gesteuerten Thermokoagulation. Hierzu wurde ein monopolares impedanzgesteuertes Radiofrequenzablationssystem (Boston Scientific) verwendet. In Allgemeinanästhesie wurde der Nidus mit einer Nativ-CT-Spirale lokalisiert und der Zugangsweg markiert. Nach Hautinzision wurde der Knochen mit einem 13-G-Hohlbohrer eröffnet und die 16,5-G-Radiofrequenzsonde (Soloist; Boston Scientific) über einen Gewebeschutz unter CT-Kontrolle im Nidus platziert. Die Thermokoagulation wurde komplikationslos nach dem Protokoll des Herstellers durchgeführt (Abb. 5). Hierbei steigt die Energie in regelmäßigen Abständen an, bis die Vaporisation des Gewebes im Bereich der Sondenspitze zu einem sprunghaften Anstieg des elektrischen Widerstands führt. Dies mündet in einem automatischen Stopp der Thermokoagulation. Der Patient konnte bereits am Tag nach der Intervention bei schmerzadaptierter Vollbelastung aus der stationären Behandlung entlassen werden. Zwölf Monate nach der Thermokoagulation zeigt sich der Patient schmerzfrei, Bewegungseinschränkung und Schwellung sind vollkommen rückläufig.

Diskussion

Osteoidosteome sind gutartige Knochentumoren mit einem zentralen Nidus (<1,5–2,0 cm) und einem umgebenden Sklerosesaum. Sie gehören zu den häufigsten Knochenläsionen und machen ca. 10–12% der gutartigen Knochentumoren aus. Betroffen sind v. a. Kinder und junge Erwachsene [1]; 11% der Osteoidosteome finden sich im Fußskelett [5].

Osteoidosteome können massive Beschwerden verursachen. Typisch ist Nachtschmerz. In ca. 50% der Fälle sprechen die Beschwerden auf die Gabe von Salicylaten an [5, 9]. Bei gelenknaher Lokalisierung stehen häufig Symptome einer Synovitis im Vordergrund, wodurch der Diagnoseprozess protrahiert sein kann [4, 6]. Wie im beschriebenen Fall werden häufig Gelenkschmerzen mit Schwellung und je nach Lage des Tumors auch Druckschmerzhaftigkeit beklagt [5]. Klinik und Bildgebung sichern meist die Diagnose, auf eine prätherapeutische histologische Sicherung kann verzichtet werden [2].

In der Projektionsradiographie zeigt sich häufig eine kortikale Auftreibung mit einer Sklerosierung, der diagnoserelevante Nidus ist häufig nicht abzugrenzen. Die MRT zeigt ein Ödem des umgebenden Knochenmarks als Zeichen der entzündlichen Umgebungsreaktion (Abb. 1, Abb. 2). Der Nidus wird sicher in der CT entdeckt. Hier stellt er sich hypodens mit einer umgebenden Sklerosierung dar (Abb. 4). Wichtigste morphologische Differentialdiagnose ist die Osteitis mit zentraler Nekrose, welche durch eine dynamische MRT oder CT (fehlender Nachweis arterieller Anreicherung des Kontrastmittels) bestätigt werden kann (Abb. 3).

Abb. 4
figure 4

Axiales CT-Bild, nativ: Der Nidus ist gut abgrenzbar, es zeigt sich eine deutliche umgebende Randsklerosierung

Es gibt verschiedene Therapiekonzepte. Osteoidosteome können ohne Intervention zur Ausheilung kommen [5], dies wird meist aufgrund starker Schmerzen nicht toleriert, zudem schädigen gelenknahe und intraartikuläre Osteoidosteome durch die umgebende Entzündungsreaktion das angrenzende Gelenk. Minimal-invasive Verfahren helfen große Operationen zu vermeiden. CT-geführte Verfahren mit Zerstörung des Nidus durch Thermokoagulation gelten als etablierte Standardverfahren [1, 3, 7, 8, 9]. Sie können auch für intra- und juxtaartikuläre Befunde angewandt werden [8]. Die offene Resektion ist den CT-geführten Verfahren bezogen auf postoperative Funktion, Komplikations- und Erfolgsrate unterlegen. Die CT ermöglicht die genaue Platzierung der Thermosonde im Nidus (Abb. 5). Die Heilungsrate durch Thermokoagulation liegt je nach Literatur zwischen 83 und 98,6% [1, 3, 7, 8, 9].

Abb. 5
figure 5

Axiales CT Bild, nativ: Die Thermokoagulationssonde ist sicher zentral im Nidus platziert

Komplikationen sind insgesamt selten [1, 9]. Zu nennen sind hier allgemeine Risiken wie Gefäß- oder Nervenverletzungen. Spezifische Komplikationen beinhalten thermische Schädigungen von Haut und Gewebe in unmittelbarer Nachbarschaft der Punktionsstelle sowie Schädigungen von Gelenkknorpel bei intra- oder juxtaartikulärer Lokalisation. Bei Verwendung eines monopolaren Systems können Verbrennungen auch im Bereich der Neutralelektroden auftreten.

Gerade bei der beschriebenen gelenknahen Lokalisierung ist der Vorteil von minimal-invasiven Verfahren jedoch evident. Eine thermische Schädigung des Gelenkknorpels ist dabei prinzipiell möglich, Folgeschäden im Sinne einer Arthrose wurden bisher nicht beobachtet [8]. Der „Flurschaden“ durch die offene Resektion ist zugangsbedingt erheblich höher, Gelenkknorpel und Anteile des gelenknahen Knochens können Schaden nehmen, gegebenenfalls müsste nachfolgend eine Spongiosaplastik durchgeführt werden. Bei typischer Klinik und Bildgebung ist eine mit einem größeren Defekt verbundene histologische Sicherung verzichtbar, bei Rezidiven oder Restbefunden kann eine erneute Thermokoagulation meist problemlos durchgeführt werden [1, 3, 9].

Fazit für die Praxis

Intraartikuläre Osteoidosteome sind selten und häufig in der klinischen Präsentation untypisch [4, 6]. Die potentiell destruierende Synovitis kann das einzige Symptom darstellen, Nachtschmerzen und Responsibilität auf NSAR sind nicht zwingend vorhanden. Bei persistierenden Schmerzen sollte eine weitergehende Bildgebung erfolgen. Für ein Osteoidosteom ist der radiologische Nachweis des Nidus wegweisend. Entscheidend ist hier die CT. Im Zweifel kann dies durch eine dynamische CT- oder MRT-Diagnostik ergänzt werden. Auf eine prätherapeutische histologische Sicherung kann bei typischer Klinik und Bildgebung verzichtet werden. Die Thermokoagulation kann im DRG-System durch die Ziffer 128.C (andere Bindegewebeoperationen) abgebildet werden, der Erlös ist von der Dauer des stationären Aufenthalts abhängig. Mit der CT-geführten Thermokoagulation steht ein effektives minimal-invasives therapeutisches Verfahren zur Verfügung, das auch bei gelenknaher/intraartikulärer Lage angewandt werden kann [6, 8]. Eine offene Resektion bietet keine wesentlichen Vorteile [1].