Der Therapie von Knorpelläsionen wird heutzutage bei kontroverser Diskussion große wissenschaftliche Aufmerksamkeit geschenkt. Die Behandlung von Knorpelläsionen am Talus bietet eine Reihe von Therapiemöglichkeiten [2, 4, 11, 16, 17, 38, 41, 44], welche letztendlich ein Ziel verfolgen: Die Gelenkoberfläche soll weitgehend wiederhergestellt, die Gelenkfunktion und Symptomatik verbessert und somit die Entwicklung einer Arthrose verhindert oder verlangsamt werden.

Die Nomenklatur der Knorpelläsionen ist nicht einheitlich. Unter osteochondralen Läsionen (OCL) werden die osteochondralen Frakturen und die Osteochondrosis dissecans (OCD) zusammengefasst [5, 23]. Neben der hauptsächlich traumatischen Ätiologie durch wiederholte Mikrotraumata bei chronischer Instabilität oder hoher sportlicher Belastung [18, 48] werden auch eine genetische Prädisposition und metabolische Erkrankungen diskutiert [8, 46]. Degenerativ chondrale Läsionen am Talus sind gekennzeichnet durch den fortlaufenden Verlust des Gelenkknorpels und häufig assoziiert mit posttraumatischen Veränderungen, Achsabweichung und einer Instabilität [4, 6, 18, 48].

Die Technik der Mikrofrakturierung gehört zu den knochenmarkstimulierenden Techniken und hat zum Ziel, eine Regeneratbildung zur Auffüllung der Knorpelläsion anzuregen [44]. Grundprinzip ist die Perforation der subchondralen Knochenschicht zum Erreichen der vaskularisierten Zone, was zur Bildung eines Blutkoagels führt [44]. Experimentelle Studien haben gezeigt, dass pluripotente Stammzellen aus dem Knochenmark und auch zusätzlich von der Synovialmembran in dieses Koagel einwandern und sich in Chondroblasten und Chondrozyten differenzieren können [20, 43]. Behandlungsziel ist die Bildung eines möglichst belastungsstabilen Ersatzknorpelgewebes. In der vorliegenden Arbeit wird die Indikation, technische Durchführung der Mikrofrakturierung und Ergebnisse für die Behandlung von Knorpelläsionen am Talus dargestellt.

Diagnostik

Bevor eine Therapie erfolgt, muss das Ausmaß der Knorpelläsion sorgfältig bestimmt werden, um die richtige Behandlungsmethode zu wählen. Entscheidend sind der radiologische und klinische Befund, die Beschwerdedauer, das Alter des Patienten und begleitende Pathologien wie beispielsweise eine Instabilität oder Achsenfehlstellungen. Essentiell sind die bildgebende Diagnostik mit Röntgenaufnahmen und Magnetresonanztomographie (MRT). Bei unklarem Befund kann zur besseren Evaluation der Läsion auch eine arthroskopische Diagnostik erfolgen.

Klassifikation des Knorpelschadens

Anerkannte Klassifikationen zur stadiengerechten Einteilung des Knorpelschadens können bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein. Dipaola et al. [9] entwickelten eine MRT-Klassifikation für osteochondrale Läsionen in 4 Grade, basierend auf der radiologischen Einteilung nach Berndt u. Harty [5]. Von Pritsch et al. [33] und Guhl [16] wurden verschiedene arthroskopische Stadien beschrieben. Für rein chondrale Läsionen wird standardmäßig die ebenfalls 4 Stadien umfassende Klassifikation nach Outerbridge et al. [31] verwendet.

Wahl des Behandlungsverfahrens

Ein konservativer Therapieversuch sollte in den meisten Fällen bei Adoleszenten ohne Ablösung des osteochondralen Fragments, ein- bis zweitgradigen chondralen Läsionen und osteochondralen Läsionen mit intakter Knorpeloberfläche sowie allgemein bei geringer Beschwerdesymptomatik unternommen werden.

Grundsätzlich sollten beschwerdefreie Patienten mit „akzidentell“ nur radiologisch festgestellter chondraler oder ostoechondraler Läsion nicht operiert werden. Die Indikation zur arthroskopischen Mikrofrakturierung besteht bei symptomatischer chondraler oder osteochondraler Läsion ab Stadium II, wenn der Knorpel bei der Begutachtung mit dem Tasthaken deutlich erweicht oder aufgebrochen ist. Bei zystischen Läsionen oder ausgeprägten knöchernen Defekten sind andere Verfahren zu diskutieren [4]. Um optimale intraoperative Bedingungen und entsprechend ein möglichst gutes Ergebnis zu erhalten, empfehlen wir folgendes operatives Vorgehen [49].

Operative Therapie

Lagerung

Die Operation kann unter Allgemein- oder Regionalanästhesie durchgeführt werden. Wegen der besseren Relaxation zur evtl. notwendigen Distraktion des Gelenks bevorzugen wir allerdings eine Vollnarkose. Der Patient wird in Rückenlage gelagert. Dabei sollte das zu operierende Sprunggelenk bei entspannter Wadenmuskulatur herabhängen. Eine Blutsperre sollte weit proximal am Oberschenkel angebracht werden, um eine Kompression des distal ansetzenden M. gastrocnemius zu vermeiden. Zur Weichteildistraktion wird eine elastische Binde unterhalb des Malleolus medialis und lateralis verknotet (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Lagerung des Patienten zur Arthroskopie des oberen Sprunggelenks

Instrumentarium

Aufgrund der engen Gelenkverhältnisse sollte ein 2,5-mm- oder 2,7-mm-Arthroskop mit 30°-Optik zur Verfügung stehen, um alle Gelenkbereiche einsehen und behandeln zu können. Zusätzlich müssen entsprechend kleine Shaver, Fräsen, Fasszangen und Küretten zur Verfügung stehen.

Zugänge

Für den anteromedialen Zugang wird das Gelenk medial der Tibialisanteriorsehne nach vorherigem Anzeichnen der Sehne und des Gelenkspalts mit 20 ml Ringer-Laktatlösung aufgefüllt. Hierbei kommt es durch Ausweiten der vorderen Gelenkkapsel zu einer passiven Plantarflexion. Nach Einbringen des Arthroskops unter Diaphanoskopie wird der anterolaterale Zugang auf Höhe des M. peroneus tertius eingerichtet. In manchen Fällen ist zur besseren Präparierbarkeit und Durchführbarkeit der Mikrofrakturierung ein superomedialer oder posterolateraler Zugang notwendig. Der superomediale Zugang wird unter Sicht ca. 1 cm oberhalb des anteromedialen Zugangs angelegt. Für den posterolateralen Zugang wird ein Kirschner-Draht über den anteromedialen Zugang unter Distraktion und Sicht nach posterolateral durch das Gelenk gebracht. Er sollte zur Etablierung der posterolateralen Inzision neben der Achillessehne austreten (Wissinger-Technik).

Arthroskopie

Nach Voroperationen oder bei schwerer Synovialitis muss anfänglich eine partielle Synovektomie durchgeführt werden, um eine ausreichende Sicht über das Gelenk zu haben. Entsprechend des MRT-Befundes wird der Knorpel mit dem Tasthaken auf seine Stabilität überprüft. Bei sehr weichem Knorpel mit tiefem Eintauchen des Tasthakens sowie bei aufgebrochener Knorpeloberfläche (Abb. 2) besteht die Indikation zu einem Débridement mit folgender Mikrofrakturierung.

Abb. 2
figure 2

Bei Untersuchung der Knorpelintegrität an der medialen Talusschulter mit dem Tasthaken zeigt sich eine deutliche Erweichung mit Aufbruch zum angrenzenden Knorpel

Vorbereitung der Knorpelläsion

Entsprechend der von Steadman et al. [44] beschriebenen Technik wird aller instabiler Knorpel und nekrotisches Knochengewebe mit Küretten und Fasszange entfernt (Abb. 3). Für die optimale Anheftung des Blutkoagels nach der Mikrofrakturierung müssen die Knorpelränder stabil und senkrecht sein. Die kalzifizierte Knorpelschicht sollte mit Hilfe kleiner Kugelfräsen komplett entfernt werden.

Abb. 3
figure 3

Débridement der Läsion von allem instabilem Knorpel und nekrotischem Knochengewebe und Herstellung gerader, senkrechter Knorpelränder

Durchführung der Mikrofrakturierung

Je nach Lokalisation der Läsion werden schwanhalsförmige Ahlen mit unterschiedlichen Krümmungsradien benötigt (Abb. 4). Die Ahlen werden von den beschriebenen Zugängen aus tangential aufgesetzt und unter vorsichtigen Hammerschlägen ca. 1 mm eingebracht um ein Abrutschen und damit hervorgerufene Destruktion des subchondralen Raums zu verhindern. Danach werden weitere Perforationen von ca. 3–4 mm Tiefe bis zum Auftreten von Fettaugen als Zeichen der Markraumperforation angelegt. Die Mikrofrakturen sollten von der Peripherie der Läsion aus nach zentral im Sinne eines Schachbrettmusters mit ca. 2–4 mm großen Zwischenräumen durchgeführt werden. Nach Beendigung der Mikrofrakturierung erfolgt nochmals ein Glätten und die Entfernung von kleinen Knochenanteilen mit Shaver und Kugelfräse.

Abb. 4
figure 4

Aufsetzen der gekrümmten Ahle zur Mikrofrakturierung

Nachbehandlung

Ein korrekt durchgeführtes postoperatives Rehabilitationsprogramm erachten wir für den Erfolg der operativen Therapie bei Knorpeldefekten als essentiell. Neben der üblichen Nachbehandlung mit Thromboseprophylaxe, Hochlagerung, Kryotherapie, Schmerztherapie und Lymphdrainage, stellt die die Bewegung des Gelenks auf einer Motorschiene (continuous passive motion, CPM) einen wichtigen Bestandteil dar [36, 44]. Salter et al. [37] wiesen schon 1975 bei einer experimentellen Studie am Kaninchen nach, dass eine kontinuierliche Bewegung des Gelenks postoperativ zu einer besseren Heilung der Knorpeldefekte führte als in der nicht bewegten Gruppe. Die passive Bewegung mit der Motorschiene sollte für mindestens 6 h täglich über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen durchgeführt werden.

Auf eine möglichst niedrige Belastung des Gelenks, v. a. auf das Vermeiden von Scherkräften, ist postoperativ unbedingt zu achten. Entsprechend unserer bisherigen Erfahrungen sollte die Belastungssteigerung insgesamt eher zurückhaltend vollzogen werden. Wir empfehlen eine Teilbelastung mit 15 kg Auftretgewicht für die ersten 6 Wochen mit folgender Belastungssteigerung auf 30 kg für weitere 2 Wochen. Bei Beschwerdefreiheit kann danach zur Vollbelastung übergegangen werden. Gedämpftes Schuhwerk (z. B. Absatzpuffer oder Joggingschuhe) ist für mindestens 4–5 Monate notwendig und wird vom Patienten als angenehm empfunden. Ab wann der Patient wieder Leistungssport, insbesondere Impactsportart wie Fußball betreiben kann, richtet sich nach der Größe der Läsion und dem Rehabilitationsverlauf. Eine Wettkampfpause von mindestens 7–8 Monaten sollte einkalkuliert werden.

Nahrungsergänzungsmittel wie Glucosamin- und Chondroitinsulfat können möglicherweise zu einer Verbesserung des Ergebnisses führen. Sie werden zu den „symptomatic slow acting drugs in osteoarhritis“ (SYSADOA) gezählt. Eine langsam wirkende Verbesserung der Symptomatik durch eine antiinflammatorische Wirkung sowie Steigerung der Proteoglykansynthese und somit eine Verbesserung der Knorpelgrundsubstanz wird beschrieben [19, 34, 42].

Eigene Ergebnisse

Seit August 1998 wurden 56 Patienten arthroskopisch mit der Technik der Mikrofrakturierung behandelt und in eine prospektive Studie eingeschlossen. In einem mittelfristigen Nachuntersuchungszeitraum liegen Ergebnisse von 30 Patienten vor. Alle Patienten wurden aufgrund einer osteochondralen (OCL: 20 Patienten) oder degenerativ chondralen Läsion (DCL: 10 Patienten) am Talus mit der Technik der Mikrofrakturierung arthroskopisch behandelt. Das Durchschnittsalter der 17 männlichen und 13 weiblichen Patienten zum Zeitpunkt der Operation betrug 41 (16–74) Jahre. Der durchschnittliche „Body Mass Index“ (BMI) betrug 26 (19–35) kg/m2. Ein BMI von >25 kg/m2 wurde als Übergewicht gewertet. Die Ätiologie der Läsion war bei 21 Gelenken traumatischer Genese und in 9 Fällen idiopathisch. Die Lokalisation der Läsion war 21-mal medial, 6-mal lateral und in 3 Fällen von medial nach lateral reichend. Entsprechend der Klassifikationen nach Berndt u. Harty [5] und Outerbridge wurden 8 Läsionen als viertgradig, 20 als drittgradig und 2 Läsionen als zweitgradig beurteilt. Die Läsionsgrößen betrugen 0,5–2,0 cm2.

Von den 30 Patienten mussten sich 3 Patienten weiteren Eingriffen am betroffenen OSG unterziehen. Vier weitere Patienten waren zur längerfristigen Nachuntersuchung nicht verfügbar. Entsprechend konnten nach durchschnittlich 5,2 (3,8–6,6) Jahren 23 Patienten (15 mit OCL und 8 mit DCL) nachuntersucht werden.

Die klinischen Ergebnisse wurden entsprechend dem Hannover Nachuntersuchungsscore OSG (HNS-OSG, Tab. 1, Tab. 2) und einem visuellen Analogscore (VAS, unskalierter 10-cm-Balken, 0 = sehr schlecht, 10 = hervorragend) erhoben. Die MRT-Aufnahmen (ESAOTE Arthoscan 0,2 Tesla) wurden nach folgenden Kriterien bewertet [27]: Defektauffüllung, Integration zum angrenzenden Knorpel, Oberfläche des Reparationsgewebes, Struktur des Reparationsgewebes und subchondrale Veränderungen. Zur Statistischen Dokumentation diente der Wilcoxon-Rangsummentest und der Mann-Whitney-U-Test mit einem Signifikanzniveau von p≤0,05.

Tab. 1 Klinische Ergebnisse nach dem HNS-OSG [Auswertung: 85–100 Punkte = sehr gut; 65–84 Punkte = gut; 35–64 Punkte = zufrieden stellend; <34 Punkte = schlecht (Gesamtpunktzahl maximal 100)]
Tab. 2 Klinische Ergebnisse nach dem HNS-OSG: Aktivität

Die Ergebnisse verbesserten sich im HNS-OSG und einem VAS jeweils signifikant (p≤0,001). Nach dem HNS-OSG wurden 57% der Ergebnisse als exzellent, 30% als gut und 13% als zufrieden stellend bewertet. Im VAS ergab sich ein Durchschnittswert von 8,3±2,0 (präoperativ 3,4±2,4) im Bezug auf „Schmerz“, 7,6±2,4 (präoperativ 3,4±2,1) für „Funktion“ und 7,5±2,4 (präoperativ 2,4±2,0) für „Zufriedenheit“. Die Ergebnisse für Patienten mit OCL waren entsprechend des HNS-OSG (p<0,001) signifikant besser als für die Patienten mit DCL. Keine signifikanten Unterschiede zeigten die Ergebnisse in Bezug auf das Alter der Patienten sowie Lokalisation und Stadieneinteilung der Läsion. Übergewichtige Patienten (n=11) schnitten im VAS für Schmerz und HNS-OSG signifikant (p=0,03) schlechter ab als normalgewichtige Patienten. Im Verlauf über den Nachuntersuchungszeitraum zeigte sich keine signifikante Verschlechterung der Ergebnisse. Die 4 nicht zur Verfügung stehenden Patienten für eine mittelfristige Nachuntersuchung zeigten bei der letztmalig durchgeführten Nachuntersuchung nach durchschnittlich 2,3 (1,9–3,2) Jahren alle ein exzellentes Ergebnis im HNS-OSG. Bei 3 Patienten muss das Versagen der Therapie konstatiert werden. Zwei davon erhielten 1,3 und 2,3 Jahre postoperativ eine Prothese des OSG. Bei ihnen bestand ein Zustand nach Pilontibialefraktur bzw. bimalleolärer Trümmerfraktur. Der Versuch einer arthroskopischen Therapie mit der Technik der Mikrofrakturierung wurde aufgrund des jungen Alters (31 und 35 Jahre) und auf Wunsch der Patienten nach einer gering invasiven Methode gestellt. Beim 3. Patienten wurde aufgrund fortbestehender Beschwerden eine autologe Knorpelzelltransplantation durchgeführt.

Im Rahmen der postoperativen MRT-Untersuchungen (15 Patienten) zeigte sich nach Kriterien von Marlovits et al. [27] bei 8 Patienten eine hypertrophe Defektauffüllung (Abb. 5, Abb. 6), bei 3 Patienten eine Defektauffüllung im Niveau und bei 4 Patienten eine Defektauffüllung unter dem Niveau des angrenzenden Knorpels. Eine komplette Integration mit dem angrenzenden Knorpel wurde bei 10 Patienten beobachtet, in 5 Fällen gab es eine Demarkationszone. In allen Fällen erschien die Knorpeloberfläche nicht homogen intakt (Abb. 5). Der subchondrale Knochen wurde bei 4 Patienten als unauffällig beurteilt, in 9 Fällen gab es Signalintensivierungen (Abb. 7) und bei 2 Patienten zeigten sich subchondrale Zysten.

Abb. 5
figure 5

Sagittale MRT-Aufnahme 5,4 Jahre nach Mikrofrakturierung an der medialen Talusschulter. Die Läsion ist vollständig mit einem Ersatzgewebe ausgefüllt. Die Oberfläche und das Gewebe erscheinen nicht homogen

Abb. 6
figure 6

Koronare MRT-Aufnahme 5,5 Jahre nach Mikrofrakturierung an der medialen Talusschulter. Die Läsion ist bei guter Integration zum angrenzenden Knorpel hypertroph mit Ersatzgewebe ausgefüllt

Abb. 7
figure 7

Sagittale MRT-Aufnahme 4,6 Jahre postoperativ nach Mikrofrakturierung an der medialen Talusschulter mit persisitierendem subchondralem Ödem

Intraoperativ kam es zu keinen Komplikationen. Bei 2 Patienten waren temporär Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des N. peroneus profundus vorhanden. Drei Patienten wurden innerhalb von 1,4 Jahren postoperativ wegen eines anterioren Impingements bei Ossifikation im Bereich der Kapsel und der anterioren Tibialippe rearthroskopiert. Der mikrofrakturierte Bereich zeigte sich vollständig mit einem Ersatzknorpelgewebe ausgefüllt. Bei einer Überprüfung mit dem Tasthaken fühlte sich der Regeneratknorpel in seiner Konsistenz weicher an als der ihn umgebene normale Gelenkknorpel.

Diskussion

Die Technik der Mikrofrakturierung stellt insbesondere für die Behandlung von Knorpelläsionen im Kniegelenk ein häufig genutztes Verfahren dar. Experimentelle Tierstudien und klinische Studien haben die Wirksamkeit im Sinne einer Auffüllung der Läsion mit einem Knorpelersatzgewebe, Verbesserung der Symptomatik und Möglichkeit zur Wiedererlangung einer sportlichen Belastbarkeit bewiesen [13, 30, 45]. Obwohl die Ergebnisdatenlage bezüglich der Therapie von Knorpelläsionen am Talus mittels Mikrofrakturierung nur sehr gering ist, wird die Technik als Methode der ersten Wahl angesehen, insbesondere bei kleineren Läsionsgrößen (<1,5 cm2), [14]. Bisher veröffentlichte Studien ziehen insgesamt ein positives Fazit [4, 15, 39]. Saxena et al. [39] berichteten über eine hochsignifikante Verbesserung des Scores der „American Orthopaedic Foot and Ankle Society“ (AOFAS) bei 26 Leistungssportlern von durchschnittlich 54,6 auf 94,4 Punkte (Maximum 100 Punkte) in einem durchschnittlichen Nachbeobachtungszeitraum von 3,0±6,5 Jahren. Bemerkenswerterweise standen alle in der Studie eingeschlossenen Patienten für eine Nachuntersuchung zur Verfügung.

Unsere eigenen Daten zeigen eine signifikante Verbesserung der klinischen Ergebnisse ohne erneute Verschlechterung in einem mittelfristigen Nachuntersuchungszeitraum. Insbesondere bei osteochondralen Läsionen sind die Ergebnisse viel versprechend. Im Vergleich zur anterograden Anbohrung ergeben sich die Vorteile des Fehlens von Bohrhitze mit Vermeidung thermischer Schäden [28] und die Erreichbarkeit der Läsion ohne invasivere Maßnahmen wie beispielsweise einer Innenknöchelosteotomie oder transtibialen Bohrung [1, 7, 12]. Zudem können durch die verschieden gebogenen Ahlen die Perforationen meist senkrecht zur Gelenkoberfläche angelegt werden, was für eine homogene Bedeckung der Läsion durch das Blutkoagel bedeutsam sein könnte [44]. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse nach Mikrofrakturierung mit der vorhandenen Literatur nach Anbohrung gestaltet sich allerdings schwierig, da es sich ausnahmslos um retrospektive Studien mit großen Unterschieden im Nachuntersuchungszeitraum handelt. In einer Literaturübersicht aus dem Jahre 2001 berichteten Strujis et al. [47] über durchschnittlich 86% (33–100%) sehr gute und gute Ergebnisse nach Anbohrung.

Ob die Anwendung einer Mikrofrakturierung auch bei größeren Knorpelläsionen am Talus angewendet werden sollte, wird kontrovers diskutiert [14]. Gobbi et al. [15] konnten in ihrer Studie bei 11 Patienten bei einer durchschnittlichen Läsionsgröße von 4,5 (1,5–8,0) cm2 keinen Zusammenhang zwischen Läsionsgröße und klinischem Ergebnis finden. Wenn man beachtet, dass die mit Knorpel bedeckte Talusoberfläche ca. 13 cm2 [50] bei einer belasteten Kontaktfläche von ca. 3–5 cm2 beträgt [21, 50], erscheint die von den Autoren angegebene Läsionsgröße allerdings als äußerst groß. Die arthroskopische Bestimmung der Läsionsgröße ist ohnehin als schwierig einzuschätzen. So unter- oder überschätzten in einer Kadaverstudie 3 Arthroskopeure unabhängig voneinander die Läsionsgröße zu ca. 50% [40].

Biopsien des Knorpelersatzgewebes nach Mikrofrakturierung im Kniegelenk und im Rahmen von tierexperimentellen Studien zeigen, dass sich ein Faserknorpel mit unterlegener biomechanischer Qualität im Vergleich zum normalem hyalinen Gelenkknorpel entwickelt [13, 22]. Zudem beobachteten Kreuz et al. [24] eine signifikante Verschlechterung der Ergebnisse nach Mikrofrakturierung an der Trochlea, Tibia und retropatellar (nicht femoral) in einem Zeitraum zwischen 1,5 und 3,0 Jahren postoperativ. Unsere eigenen Ergebnisse können diese Beobachtung allerdings unter Berücksichtigung der 3 Therapieversager nicht bestätigen. Eine mögliche Ursache könnte in den besseren metabolischen, biochemischen und biomechanischen Eigenschaften des talaren Knorpels im Vergleich zum Kniegelenkknorpel bestehen [3, 25]. Zudem sind im OSG aufgrund der besseren Gelenkführung geringere Scherkräfte auf das Transplantat zu erwarten.

Da sich mit höherem Alter die Zusammensetzung und Struktur des Knorpels ändert und dadurch auch die Reparation erschwert sein dürfte [6], sehen manche Autoren ein höheres Patientenalter als relative Kontraindikation an [14, 44]. Allerdings konnten Mithoefer et al. [29] magnetresonanztomographisch keine statistische Korrelation des zwischen Volumen des Regeneratknorpelgewebes und Alter des Patienten feststellen. Unserer Ansicht nach könnten die schlechteren Ergebnisse älterer Patienten [22, 24, 45] nach Mikrofrakturierung im Kniegelenk eher auf andere Gelenkpathologien zurückzuführen sein, welche weit häufiger zu erwarten sind als im OSG. Das Alter des Patienten stellt nach unseren Ergebnissen auf jeden Fall keine Kontraindikation für eine Therapie mit der Mikrofrakturierung dar. Bisher gibt es im Gegensatz zu einer gewichtsabhängigen höheren Inzidenz und schnelleren Entwicklung einer Gonarthrose nach unserem Wissen noch keine wissenschaftlichen Daten für einen Zusammenhang zwischen Gewicht und Arthrose für das obere Sprunggelenk [35]. Übergewichtige in unserem Patientengut signifikant schlechtere Ergebnisse erreichten als Normalgewichtige, sehen wir nur eine relative Kontraindikation für die Anwendung einer Mikrofrakturierung. Eine Gewichtsabnahme ist in jedem Fall dringend zu empfehlen.

Die MRT hat sich als nützliches Element in der postoperativen Verlaufskontrolle erwiesen [27, 32]. Eine komplette oder sogar hypertrophe Auffüllung des Defekts mit einem Ersatzgewebe war in der Mehrzahl unserer Patienten zu beobachten. Allerdings stellt sich die Oberfläche und die Struktur des Regenerats mehr oder weniger inhomogen dar mit lange persistierenden subchondralen Signalveränderungen. Nach Mikrofrakturierung im Kniegelenk wurde eine signifikante Korrelation zwischen der Defektauffüllung und dem klinischen Ergebnis beobachtet [24, 29]. Nach anterograder Anbohrung am Talus konnte allerdings bisher keine eindeutige Korrelation zwischen klinischen und MRT-Befund festgestellt werden [10, 26].

Fazit für die Praxis

Bei symptomatischen chondralen oder osteochondralen Läsionen steht mit der Technik der Mikrofrakturierung eine arthroskopisch durchführbare operative Methode mit guten Erfolgsaussichten zur Verfügung. In einem mittelfristigen Nachuntersuchungszeitraum ist keine signifikante Verschlechterung der Ergebnisse zu beobachten. Für osteochondrale Läsionen stellt die Mikrofrakturierung eine sehr gute Behandlungsoption dar. Die Indikation bei großen Knorpelläsionen und ausgedehnten degenerativen Veränderungen ist kritisch zu stellen. Das Alter des Patienten scheint für das Ergebnis keine Rolle zu spielen. MR-tomographisch zeigt sich in den meisten Fällen eine Defektauffüllung mit einem inhomogenen Ersatzgewebe und häufig persistierenden subchondralen Veränderungen.