Zum Nachweis einer Allergie als krankmachende immunologisch vermittelte Überempfindlichkeit dient bei Spättyp(ekzem)reaktionen der Epikutantest [9]. Meist werden damit Auslöser für Ekzeme oder Arzneireaktionen in standardisierter Konzentration, Applikationszeit und Ableseverfahren ermittelt. Es wird sozusagen die klinisch allergieauslösende Reaktion („Ekzem im Testfeld“) an der Haut als zugängliches „Fenster“ für die systemisch bestehende Sensibilisierung gegenüber Allergenen genützt. Auch im Lymphozytentransformationstest kann diese Sensibilisierung gezeigt werden – oft bleibt hier aber offen, ob diese krankmachend ist [2, 11].

Dass bei Spättyp(ekzem)reaktionen T-Lymphozyten eine wesentliche Rolle spielen, haben histologische Untersuchungen von Kontaktekzemen und Arzneireaktionen gezeigt [14]. Metalle – speziell Nickel, Kobalt und Chrom – sind häufige Kontaktallergieauslöser. Eine Studie an einem unselektierten Patientengut hat für die Allgemeinbevölkerung eine mittlere kutane Nickelkontaktallergierate von 13,1% ergeben (Frauen 20,4%, Männer 5,8%) sowie von 3% gegenüber Kobalt und 1% gegenüber Chrom [10]. Manche dieser Personen haben das Risiko, Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Implantatmetalle oder Knochenzementkomponenten in Form von Ekzemen oder Wundheilungsstörung sowie möglicherweise auch als anhaltenden Schmerz sowie aseptische Implantatlockerung zu entwickeln [4, 5, 12]. Darauf deuten höhere Kontaktallergieraten bei entsprechend Betroffenen und lymphozytär geprägte periimplantäre Entzündungsreaktionen [1, 3, 8, 12, 13, 15]. Derzeitige Diagnostikmöglichkeiten werden im Folgenden besprochen.

Abklärung bei Allergieverdacht

Nach Ausschluss der differentialdiagnostisch häufigsten Ursachen für die Beschwerden des Patienten – und hier ist speziell der „Low-grade-Infekt“ auszuschließen – empfiehlt sich als Basisallergiediagnostik nach einer erweiterten Anamnese der Epikutantest. Sofern periimplantäres Gewebe zur Verfügung steht, lassen sich hier Entzündungscharakteristika beschreiben und über die bisher eher wissenschaftliche Zytokinanalyse funktionelle Rückschlüsse ziehen.

Ergänzende Information zu einer T-zellulären Metallsensibilisierung kann über den Lymphozytentransformationstest (LTT) erhalten werden. Allerdings lässt sich damit nicht klären, ob diese auch krankmachend ist. In einer in Kürze erscheinenden interdisziplinären Stellungnahme „Orthopädisch-chirurgische Implantate und Allergie“ werden diesbezügliche Empfehlungen aufgelistet. Es sollte nicht die Untersuchung möglicher konkurrierender Allergieursachen vergessen werden. Für Urtikaria gibt es viele Auslöser, so auch Medikamente oder Naturlatex. Implantatassoziierte „Ekzeme“ können auch durch Inhaltsstoffe von Desinfektionsmitteln oder Pflegepräparaten bedingt sein und es muss an eine Tinea oder anderweitige Hauterkrankung gedacht werden. Gegebenenfalls sollte eine Biopsie erfolgen. Abb. 1 fasst die Diagnostikschritte zusammen.

Abb. 1
figure 1

Diagnostikschritte bei Verdacht auf Metallimplantatallergie

Allergologische Anamnese

Da Patienten mit Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis (allergische Rhinokonjunktivitis, allergisches Asthma und/oder atopisches Ekzem) zu Überempfindlichkeitsreaktionen neigen, sollte danach gefragt werden. Weitere Fragen beziehen sich auf Komplikationen bei vorausgegangenen Eingriffen und auf die Unverträglichkeit von Dentalkunststoffen. Letztere könnte ein Hinweis auf mögliche Kontaktallergie gegen Acrylate und Hilfsstoffe wie Benzoylperoxid sein (und eine entsprechende Testung rechtfertigen, s. unten). Weiterhin sollte nach Problemen bei Metallkontakt im Sinne von Ekzem, Rötung, Juckreiz und Ergebnissen bereits durchgeführter Allergiediagnostik (Allergiepass vorhanden?) gefragt werden.

Epikutantestung

Die Epikutantestung umfasst die Standardreihe, welche Nickel-, Chrom- und Kobaltpräparationen enthält, eine erweiterte Metallreihe (Mangan-, Molybdän-, Vanadium- und Titanpräparationen) sowie – falls beim Patienten vorab verwendet – auch eine Knochenzementreihe. Als Knochenzementkomponenten werden Acrylate und Additiva getestet. Die Testsubstanzen sind in Tab. 1 aufgelistet. Es sollte eine Reaktionsablesung nach 2, 3 und wenn möglich auch nach 7 Tagen als Spätablesung erfolgen. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollten nur mit der Methode Vertraute die Reaktionen interpretieren und als Kontaktallergie identifizieren. Selbst wenn kontaktallergische Reaktionen an Haut und tieferem Gewebe nicht immer parallel gehen, lässt der Test entsprechend allergische Personen erkennen.

Tab. 1 Epikutantestsubstanzen zur Abklärung bei Verdacht auf Metallimplantatallergie

Die klinische Relevanz einer Kontaktallergie muss anhand ergänzender Befunde gewertet werden. Demgegenüber ist die Aussagekraft einer Testung mit „Legierungsplättchen“ zweifelhaft und – im Gegensatz zum von uns empfohlenen Epikutantest – nicht evaluiert. Eine prophetische Aussage, d. h. ob die Person vielleicht später einmal eine allergische Reaktion auf jetzt vertragene Substanzen entwickeln wird, ist nicht möglich. Es muss auch angemerkt werden, dass der Epikutantest wie die meisten klinischen Provokationstests nicht immer exakt 100%ig reproduzierbar ist [6].

Histologie

Sofern implantatnahes Gewebe verfügbar ist, sollte dieses formalinfixiert einer weiteren (immun)histologischen Untersuchung von entzündlichem Zellinfiltrat (speziell T-zelluläre Entzündung, Abb. 2), Fremdkörperreaktionen oder infektassoziierten Veränderungen zugeführt werden. Zur Diagnostik der Endoprothesenlockerung bzw. zur histopathologischen Klassifikation des Reaktionsmusters in periprothetischen Membranen bei gelockerten Knie- und Hüftendoprothesen wurde ein Konsensusvorschlag veröffentlicht [7]. Hier werden unterschieden:

  • Typ I: periprothetische Membran vom abriebinduzierten Typ,

  • Typ II: periprothetische Membran vom infektiösen Typ,

  • Typ III: periprothetische Membran vom abriebinduzierten und infektiösen Typ (Mischtyp),

  • Typ IV: periprothetische Membran vom Indifferenztyp.

Eine klare Definition für metallallergiebedingte Reaktionsmuster gibt es noch nicht. Allerdings haben u. a. Willert et al. [15] auf das Zusammentreffen von perivaskulär aggregierten Lymphozyten und Plasmazellen, eosinophilen Granulozyten, „high endothelial venules“ und Fibrinexsudaten hingewiesen. Gewebe in einem Spezialmedium oder schockgefroren kann auch zur Analyse des molekularbiologischen Zytokinmusters der Entzündung (auch im Sinne einer Allergie vom verzögerten, zellulären Typ) hinterfragt werden.

Abb. 2
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Dichtes lymphozytäres Infiltrat im periimplantären Gewebe eines Patienten mit Lockerung einer Metall-Metall-Hüftendoprothese (Anti-CD3-Färbung)

Lymphozytentransformationstest (LTT)

Der LTT zeigt über induzierbare T-Zell-Proliferation nach In-vitro-Antigenzugabe an, dass die Blutlymphozyten des Spenders das in die Zellkultur zugegebene Antigen „kennen“ (Sensibilisierung). Dies wird als Relation zur Basisproliferation unstimulierter Kulturen als Stimulationsindex (SI) angegeben. Manche Autoren sehen bereits ab SI>2 einen Sensibilisierungshinweis. Allerdings lässt sich selbst bei ergänzender Zytokinanalyse nicht aussagen, ob mit einer Sensibilisierung auch eine krankmachende Überempfindlichkeit verknüpft ist. Der Test liefert somit ergänzende Informationen zu einer Metallsensibilisierung – darf aber nicht überinterpretiert werden.

Fazit für die Praxis

Bevor die Diagnose einer Metallimplantatallergie gestellt wird, sollten erst häufigere Auslöser implantatassoziierter Beschwerden wie mechanische Ursachen oder Infekt abgeklärt werden. Die Aussage einer Implantatallergie lässt sich erst in Zusammenschau von Anamnese, klinischem Befund und Epikutantestreaktion treffen. Wertvolle Zusatzinformation gibt die Analyse von periimplantärem Gewebe. Welchen Aussagewert über den Nachweis einer Metallsensibilisierung hinaus der LTT hat, ist Gegenstand aktueller Studien. Über das Münchner Implantatallergieregister und über derzeit laufende Studien ist die Identifizierung weiterer Allergiecharakteristika bei Implantatunverträglichkeit zu erwarten.