Zusammenfassung
Die Entwicklung der Bisphosphonate basierte auf unseren Untersuchungen in den 1960er Jahren zum Mechanismus der Verkalkung. Es erwies sich, dass biologische Flüssigkeiten Hemmkörper der Verkalkung enthielten, die wir dann als anorganisches Pyrophosphat identifizierten.
Pyrophosphat, das schon seit langem (wie auch längere Polyphosphate) als Wasserenthärter gebraucht wurde, um die Kalziumkarbonatbildung zu hemmen, hatte die Eigenschaft auch die Kalziumphosphatkristallbildung und -auflösung zu hemmen. Falls parenteral (aber nicht wenn oral) verabreicht, hemmten sie auch experimentell erzeugte Verkalkungen in vivo beim Tier. Die fehlende Wirkung bei oraler Applikation und auf die Knochenzerstörung wurde auf ihre enzymatische Spaltung im Körper zurückgeführt. Somit suchten wir nach Analogen, die ähnliche Eigenschaften besaßen, aber biologisch nicht abgebaut würden. Die Bisphosphonate, die statt einer P-O-P- eine P-C-P-Gruppe aufweisen, erfüllten diese Kriterien. Auch sie wurden industriell u. a. als Wasserenthärter gebraucht und sind seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt. Sie binden sich wie Pyrophosphat an Kalziumphosphatkristallen und hemmen sowohl die Kalziumphosphatbindung und -zerstörung. In vivo hemmen sie die Mineralisation wie auch die Knochenzerstörung.
Während die 1. Wirkung durch einen physikalisch-chemischen Mechanismus erklärt ist, ist die 2. zellulär bedingt – sie besteht in der Hemmung der Bildung, Lebensdauer und Aktivität der Osteoklasten. Der molekulare Mechanismus hängt von der Struktur der Bisphosphonate ab. Die strukturell einfacheren (ohne Stickstoff) inkorporieren die P-C-P-Verbindung in ATP-enthaltende Moleküle und werden für die Osteoklasten toxisch. Die aktiveren, Stickstoff enthaltenden Bisphosphonate hemmen den Mevalonat-Stoffwechsel in Folge einer spezifischen Hemmung von Farnesylpyrophosphatsynthase. Dies führt zur Verminderung von Geranylgeranylpyrophosphat, das für den Osteoklasten lebenswichtig ist.
Abstract
The development of bisphosphonates is based on our studies in the 1960s on the mechanism of mineralization. It was shown that biological fluids contained mineralization inhibitors which we identified as inorganic pyrophosphate.
Pyrophosphate, which, along with longer polyphosphates, has long been known as a water softener due to its inhibition of calcium carbonate formation, also has the ability to inhibit calcium phosphate crystal formation as well as dissolution. When given parenterally (but not orally), they also inhibit experimentally induced mineralization in vivo in animals. Their lack of effectiveness on oral application, as well as for bone destruction, is due to enzymatic cleavage in the body. We therefore sought analogues which had similar properties but were not biologically degraded. The bisphosphonates, which have a P-C-P instead of a P-O-P bond, fulfilled these criteria. Theyhave been known since the middle of the 19th century and have also been used industrially as water softeners. We discovered that they bind to calcium phosphate crystals in the same way as pyrophosphate and inhibit calcium phosphate binding as well as its dissolution. In vivo, they inhibit mineralization as well as bone destruction.
While the first process can be explained by a physicochemical mechanism, the second is cellular and involves the inhibition of the formation, lifespan and activity of osteoclasts. The molecular mechanism is dependent on the structure of the bisphosphonate. The structurally more simple molecules without nitrogen incorporate the P-C-P bond in ATP containing molecules and become toxic to the osteoclasts. The more active nitrogen containing bisphosphonates inhibit mevalonate metabolism due to the specific inhibition of farnesyl pyrophosphate synthase. This leads to a reduction in geranylgeranyl pyrophosphate, which is necessary for osteoclast survival.
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Die Bisphosphonate sind eine Medikamentenklasse, die in den letzten 30 Jahren für die Diagnose und Behandlung verschiedener metabolischer Knochenkrankheiten entwickelt wurde. Obwohl sie den deutschen Chemikern seit 1865 [1] bekannt sind, wurden ihre biologischen Eigenschaften erst 1968 entdeckt [2]. Ihre klinische Anwendung bei Knochenkrankheiten begann in den 1970er Jahren, erfolgte jedoch auf breiter Basis erst im letzten Jahrzehnt.
Als Einführung zu diesem Heft werden hier die Geschichte der Entdeckung der biologischen und klinischen Wirkung dieser Substanzen und danach die zzt. bekannten vorklinischen Eigenschaften kurz beschrieben. Die Referenzen sind zum größten Teil von der historischen Seite her ausgelesen. Zusätzlich werden noch einige neuere Übersichtsarbeiten angegeben.
Pyrophosphat und Polyphosphate
Im Laufe von Arbeiten in den 1960er Jahren über die Mineralisation und Demineralisation im Körper fanden wir, dass sowohl Plasma [3], wie auch Urin [4] eine oder mehrere Substanzen enthält, die die Ausfällung in vitro von Kalziumphosphatkristallen hemmen. Da der Hemmkörper durch alkalische Phosphatase zerstört wurde, nahmen wir an, dass er ein Polyphosphat sein könnte. Diese Substanzen, die durch P-O-P-Verbindungen charakterisiert sind, waren wegen ihrer Fähigkeit, die Ausfällung von Kalziumkarbonat zu hemmen bekannt und zu diesem Zweck industriell u. a. in Waschpulvern, Wasser und in Öllaugen eingesetzt. Wir stellten fest, dass Polyphosphate auch die Ausfällung von Kalziumphosphat verhindern konnten [3], suchten daraufhin nach einem Polyphosphat in den biologischen Flüssigkeiten und entdeckten, dass tatsächlich eines vorhanden war: nämlich das einfachste, inorganische Pyrophosphat (P-O-P) und dies sowohl in Urin [4], Plasma [5] und anderen biologischen Flüssigkeiten, in denen diese Substanz bisher noch nicht beschrieben worden war (Abb. 1).
Daraufhin stellten wir die Hypothese auf, dass Pyrophosphat allgemein im Körper die Verkalkung hemmen würde, und letztere nur stattfinden könnte, nachdem Pyrophosphat enzymatisch zerstört worden ist [5]. Diese Annahme wurde durch unsere Untersuchungen, wonach Pyrophosphat in Ratten (wenn subkutan jedoch nicht oral verabreicht) die durch hohe Dosen Vitamin D induzierte Arterien- und Nierenverkalkung hemmen kann, unterstützt [6]. Die Knochenmineralisation wurde jedoch nicht beeinflusst. Diese Resultate konnten möglicherweise durch die Zerstörung der P-O-P-Brücke durch inorganische Pyrophosphatase (eine der Aktivitäten der alkalischen Phosphatase), das sog. „Verkalkungsenzym“, bedingt sein.
Es war zu dieser Zeit allgemein bekannt, dass Kristallisationshemmer meistens nicht nur diesen Prozess, sondern auch die Kristallauflösung bremsen. Tatsächlich war dies auch bei Polyphosphaten der Fall [7]. Beide Wirkungen sind verbunden mit der hohen Affinität von Polyphosphaten zur Kristalloberfläche von Kalziumphosphat [8]. Deshalb bestand die Möglichkeit, dass Pyrophosphat auch die Auflösung von Knochenmineral regulieren könnte. Allerdings konnte in vivo kein Effekt von Pyrophosphat auf die Knochenzerstörung erzielt werden, was wiederum durch seine enzymatische Zerstörung im Knochen erklärt werden könnte [7].
Eine gute Stütze zur Rolle von Pyrophosphat bei der Verkalkung war die Tatsache, dass bei Hypophosphatasie (einer Krankheit, die durch einen Mangel an alkalischer Phosphatase und eine gehemmte Mineralisation gekennzeichnet ist) Pyrophosphat sowohl im Urin [9] wie auch im Plasma [10] vermindert ist. Alle diese Eigenschaften führten uns zu der Theorie, dass diese Substanz ein Regulator der Mineralisation und Demineralisation im Körper sein könnte [7].
Wegen seiner raschen Spaltung nach oraler Gabe und seiner Unwirksamkeit die Knochenzerstörung zu vermindern, konnten Pyrophosphat wie auch andere Polyphosphate nur bei 2 Indikationen therapeutisch eingesetzt werden. Angesichts ihrer starken Affinität zu Kalziumphosphat und damit zum Knochenmineral wurden sie in Verbindung mit 99mTechnetium in der Skelettszintigraphie weltweit angewandt. Ferner wurden sie eine gewisse Zeit auch in Zahnpasten zur Verhütung der Zahnsteinbildung eingesetzt.
Diese Anwendungsbeschränkung veranlasste uns nach Analoga zu suchen, die eine ähnliche physikalisch-chemische Wirkung wie Pyrophosphat aufweisen, jedoch der enzymatischen Spaltung widerstehen und daher metabolisch nicht abgebaut würden. Wir fanden, dass die Bisphosphonate diese Anforderungen erfüllten.
Bisphosphonate
Chemie
Die geminalen Bisphosphonate, die früher fälschlicherweise als Diphosphonate bezeichnet wurden und heute in der Medizin nur noch Bisphosphonate genannt werden, sind durch eine P-C-P-Bindung charakterisiert. Sie sind somit Analoga des Pyrophosphats, das statt eines Sauerstoffatoms ein Kohlenstoffatom enthält (Abb. 2).
Die Bisphosphonate waren in der Industrie schon lange bekannt, erfolgte ja die erste Synthese in Deutschland schon im Jahr 1865 [1]. Diese Substanzen wurden für viele verschiedene industrielle Zwecke eingesetzt, u. a. wie die Polyphosphate als Mittel gegen Kesselsteinbildung.
Die P-C-P-Struktur ermöglicht zahlreiche Variationen, z. B durch Änderung der beiden Seitenketten am Kohlenstoffatom, wobei jedes Bisphosphonat seine eigenen Eigenschaften hat. Die P-C-P-Bindung der Bisphosphonate ist stabil gegenüber Hitze und den meisten chemischen Reagenzien und sie ist völlig resistent gegen enzymatische Spaltung, was erklärt, warum sie im Körper nicht abgebaut werden.
Physikalisch-chemische Wirkung auf Kalziumphosphat
Unsere ersten Untersuchungen zeigten, dass die Bisphosphonate nicht nur die Bildung von Kalziumkarbonat beeinflussen, sondern auch die von Kalziumphosphat – sie hemmen die Bildung [11, 12, 13] und Auflösung [14, 15] von Kalziumphosphatkristallen. Wie bei Pyrophosphat stehen diese Effekte mit der ausgeprägten Affinität dieser Substanzen zum Festphasenkalziumphosphat in Verbindung, an dessen Oberfläche sie sich stark binden [8]. Diese Affinität bildet die Grundlage für ihre Anwendung als Skelettmarker in der Nuklearmedizin und für ihre selektive Affinität zum Knochen bei medikamentöser Anwendung.
Biologische Wirkung auf die Mineralisation
Nach der physikalisch-chemischen wurde die Wirkung einiger Bisphosphonate auch in vivo untersucht. Sie verhinderten die experimentell induzierte Verkalkung vieler Weichteile, wie beispielsweise von Arterien, Nieren und Haut und dies nicht nur nach parenteraler sondern auch nach oraler Verabreichung [11, 13]. Die Dosis, die die experimentelle ektope Mineralisation hemmte, beeinträchtigte aber auch die Mineralisation normaler verkalkter Gewebe, wie beispielsweise von Knochen und Knorpel [16]. Dies ließ den pharmakologischen Einsatz dieser Substanzen bei Krankheiten mit ektopischen Verkalkungen als problematisch erscheinen. Die Hemmung der Mineralisation ist sehr wahrscheinlich durch die physikalisch-chemische Hemmung der Kristallisation bedingt.
Biologische Hemmung der Knochenresorption
Aufgrund der Tatsache, dass Bisphosphonate auch die Auflösung der Kalziumphosphatkristalle hemmen, stellten wir fest, dass sie auch die Knochenauflösung bremsen – spätere Ergebnisse zeigten, dass im Gegensatz zur Verkalkung, die Wirkungsmechanismen der Zerstörungshemmung zellulär und nicht physikalisch-chemisch bedingt sind. So haben sich diese Substanzen unter verschiedensten Bedingungen als äußerst starke Resorptionshemmer erwiesen.
Unsere ersten In-vitro-Versuche zeigten, dass Bisphosphonate in Organkulturen die durch Parathormon induzierte Knochenzerstörung in Neugeborenenkalotten hemmen [14, 15]. Auch der Effekt anderer Stimulatoren der Knochenresorption [wie beispielsweise 1,25-(OH)2-Vitamin D, Prostaglandine, sowie der Produkte von Tumorzellen] wird gehemmt. Ferner fanden wir, dass die Bisphosphonate auch die Knochenresorption in vivo, beispielsweise die durch Parathormon [14, 15] oder Retinoide [17] induzierte Zerstörung, beeinträchtigten. Dieser Effekt wurde zur Entwicklung eines leistungsfähigen und schnellen Screening-Assays für neue Substanzen eingesetzt [18]. Die Bisphosphonate vermindern auch den durch verschiedene klinisch relevante Vorgänge induzierten Knochenmassenverlust (wie beispielsweise Immobilisierung [19], Ovariektomie [20] und Kortikosteroide). Verschiedene Studien zeigten, dass Bisphosphonate bei unterschiedlichen experimentellen Osteoporosemodellen einen positiven Effekt auf die mechanischen Eigenschaften des Skeletts haben.
Der In-vivo-Effekt war nicht nur bei experimentell erhöhter Zerstörung, sondern auch bei intakten Ratten vorhanden. So konnten bei wachsenden Ratten Bisphosphonate den Abbau in der Metaphyse sowohl primärer als auch sekundärer Trabekel blockieren [16]. Dieser Effekt wird oft als Modell zur Beurteilung der Potenz neuer Substanzen eingesetzt [21]. Die Resorptionsabnahme geht mit einer Erhöhung der Kalziumbilanz und des Knochenmineralgehalts einher [22], was die Basis für ihre klinische Anwendung bei Osteoporose darstellt.
Schließlich wurden die Bisphosphonate auf ihre Wirkung bei der experimentellen tumoralen Knochenkrankheit untersucht. In 3 Modelltypen (die subkutane Implantation von Tumorzellen, die zu tumorbedingter Hyperkalzämie führen, ihre intrakardiale Injektion, die ossäre Metastasen verursacht, und ihre Implantation in der Nähe eines Knochens, die zu einem lokalen Defekt führt) verminderten die Bisphosphonate die tumoralen Störungen [23, 24]. Diese Resultate stellen ihrerseits die experimentelle Basis zu ihrer Anwendung bei turmoraler Hyperkalzämie und Knochenmetastasen [25, 26].
Die Wirkung von Bisphosphonaten auf die Knochenresorption schwankt von einer zur anderen Substanz stark. Bei Etidronat ist die resorptionshemmende Dosis verhältnismäßig hoch – bei der Ratte >1 mg/kg parenteral pro Tag. Diese Dosis liegt sehr nahe an derjenigen, die auch die normale Mineralisation beeinträchtigt. Eines der Ziele der Bisphosphonat-Forschung war es deshalb, Substanzen mit stärkerer antiresorptiver Wirksamkeit zu entwickeln, ohne dabei die Mineralisation stärker zu hemmen. So wurden in den 1980er und 1990er Jahren Substanzen entwickelt, die die Knochenresorption bei Versuchstieren bis zu 10.000-mal stärker hemmen als Etidronat (beim Menschen etwa 1000-mal), ohne jedoch die Mineralisation stärker zu hemmen.
Molekulare Wirkmechanismen der Hemmung der Knochenzerstörung
Die Hauptwirkung der Bisphosphonate ist eine Verminderung des Knochenumbaus durch eine Hemmung der Osteolyse. Diese ist bedingt durch eine Verminderung der Anzahl knochenabbauender Osteoklasten, was zu einer Verminderung der Anzahl neuer BMU („bone multicellular unit“, die Grundeinheit des Knochenumbaus) und somit zu einer Herabsetzung des Knochenturnovers führt.
Im Osteoklasten scheinen 4 Mechanismen involviert zu sein: Hemmung der Rekrutierung dieser Zellen, Hemmung ihrer Adhäsion, Verkürzung ihrer Lebenszeit durch Apoptose [28] und die Hemmung ihrer Aktivität. Diese Wirkungen sind bedingt durch die Tatsache, dass die Osteoklasten Bisphosphonate auf der Knochenoberfläche aufnehmen können, insbesondere weil sie sich in großen Konzentrationen unter den Osteoklasten anreichern [29]. Die intrazelluläre Aufnahme führt dann zu erheblichen Veränderungen der Zellmorphologie besonders auf den Bürstensaum und das Zytoskelett [16, 29].
Bei der tumoralen Knochenkrankheit ist die Situation komplexer, da neben der Hemmung der Osteolyse noch andere Mechanismen eine Rolle spielen. Bei den Metastasen wird angenommen, dass in Folge der verminderten Osteolyse, im Knochen vorhandene Zytokine wie TGF-β (tumor growth factor β) und IGF (Insulin growth factor), die das Tumorzellwachstum fördern, im kleineren Ausmaß freigesetzt werden – dies führt für die Tumorentwicklung zu einem weniger günstigen Milieu („Seed-and-soil-Hypothese“ [30]). Seit kurzem ist zudem bekannt, dass Bisphosphonate auch einen direkten Einfluss auf Tumorzellen haben: sie hemmen deren Adhäsion auf verkalkte Oberflächen [31, 32] und induzieren die Apoptose von Myelom- und anderen Tumorzellen [33].
Viele zelluläre Wirkungen wurden in vitro beschrieben, wovon einige für die Knochenresorption relevant sein könnten (Abnahme der Milchsäureproduktion, der Protonensekretion, der Prostaglandinsynthese und der Aktivität von lysosomalen Enzymen). Allerdings korreliert die Aktivität von verschiedenen Bisphosphonaten auf diese Parameter nur wenig mit der Hemmung der Knochenresorption, sodass wahrscheinlich keiner dieser Mechanismen der alleine entscheidende Faktor ist (dies soll jedoch nicht bedeuten, dass sie nicht eine Rolle spielen können).
Vor kurzem wurde gezeigt, dass die Bisphosphonate in 2 Kategorien eingeteilt werden können. Eine Kategorie beinhaltet die stickstoffhaltigen und somit die meisten der sehr aktiven Bisphosphonate. Diese haben die Eigenschaft, den Mevalonat-Stoffwechsel zu hemmen, was zu einer Verminderung der Bildung der Isoprenoid-Lipide führt (die erforderlich sind für die Prenylierung von Proteinen wie Ras, Rho und andere [34, 35]), was dann wiederum eine verminderte Aktivität und eine erhöhte Apoptose der Osteoklasten bedingt. Das verantwortliche Enzym ist die Pyrophosphatfarnesylsynthase [36, 37], deren Hemmung zu einer Verminderung der in der Mevalonat-Kette entstehenden Produkte wie Farnesylpyrophosphat und Geranylgeranylpyrophosphat führt, wobei der Mangel an Geranylgeranylpyrophosphat für die Effekte auf die Osteoklasten und somit für die Hemmung der Knochenresorption verantwortlich ist [37, 38, 39].
Die andere Kategorie umfasst strukturell einfachere Substanzen wie Etidronat, Clodronat und Tiludronat, die dem Pyrophosphat ähnlich sind. Diese können mittels Typ-II-Aminoacyl-tRNA-Synthetase in die Phosphatkette von ATP-haltigen Metaboliten eingebaut werden. Sie enthalten somit eine P-C-P- statt eine P-O-P-Verbindung, sodass die Kette nicht mehr enzymatisch abgebaut werden kann [40]. Diese ATP-Analoga sind für die Zellen (insbesondere für die Osteoklasten) toxisch und führen zu einer Veränderung der Zellfunktion und in vitro und in vivo zu Apoptose (für eine detaillierte Beschreibung der Mechanismen s. [41]).
Pharmakokinetik
Die P-C-P-Bindung der Bisphosphonate ist biologisch nicht abbaubar. Ferner sind alle bis jetzt im Tier studierten Bisphosphonate in vivo nicht umgewandelt. Die intestinale Resorption der Bisphosphonate ist gering und liegt je nach Tier und Substanz zwischen <1% (besonders für die neueren aktiveren Substanzen) und einigen Prozent der eingenommenen Menge. Die Bioverfügbarkeit ist durch die gleichzeitige Nahrungsaufnahme vermindert, insbesondere durch Kalzium und Eisen. Bisphosphonate dürfen also nie mit Milch oder Milchprodukten eingenommen werden.
Bisphosphonate sind sehr schnell vom Plasma eliminiert, wobei 20–80% in den Knochen geht und der Rest im Urin ausgeschieden wird. Die Halbwertszeit im Knochen ist sehr lang, teilweise so lang wie die des Knochens, in dem sie abgelagert sind.
Toxizität
Die Toxizität der Bisphosphonate ist gering. Akut ist sie beim Tier hautsächlich durch eine Hypokalzämie bedingt. Chronisch sind die ersten Nebenwirkungen renale Schäden. Im Knochen treten bei gewissen Bisphosphonaten, wie Etidronat, Hemmungen der normalen Verkalkung auf. Bei sehr potenten Bisphosphonaten führen höhere Dosen zu einer Hemmung der Knochenzerstörung mit osteopetrotischen Bildern und es kann zu Frakturen kommen.
Beim Menschen sind bei oraler Verabreichung die häufigsten Nebenwirkungen gastrointestinal. Denen kann teilweise vorgebeugt werden, indem das Medikament mit genügend Wasser eingenommen wird. Bei stickstoffenthaltenden Präparaten kann es bei i.v.-Verabreichung in den ersten Tagen zu einem vorübergehenden Temperaturanstieg und grippeähnlichen Symptomen kommen, die an eine Akute-Phase-Reaktion erinnern [42]. Bisher wurden keine negativen Folgen dieser Episoden beschrieben (ferner kann es zu einigen weiteren seltenen Nebenwirkungen kommen).
Anwendung am Menschen
Gestützt auf die oben genannten und andere Untersuchungen wurden einige Bisphosphonate auf ihre Wirkung beim Menschen untersucht. Das erste Mal geschah dies mit Etidronat bei Fibrodysplasia ossificans progressiva [43]. Die Resultate waren ermutigend, aber es bleibt noch heute unklar, in welchem Maße die ektopischen Ossifikationen tatsächlich vermindert werden können.
Die Resultate waren im Gegensatz zu denen auf ektopische Verkalkungen bei Krankheiten mit erhöhter Resorption ausgezeichnet. So weiß man seit 1971 [44], dass der Knochenumbau bei Morbus Paget gebremst bzw. oft langzeitig normalisiert wird, seit 1980 [45, 46], dass die Hyperkalzämie bei verschiedenen Tumoren herabgesetzt wird und seit 1988 respektive 1990, dass der Knochenverlust bei steroidinduzierter Osteoporose [47] und bei postmenopausaler Osteoporose [48] vermindert wird. Im letzteren Fall wird auch die Frakturinzidenz gesenkt [48]. Heute sind bei den beschriebenen Störungen Bisphosphonate die Therapie der Wahl (Tab. 1). Vor kurzem wurde auch eine günstige Wirkung bei Kindern mit Osteogenesis imperfecta gezeigt [50].
Fazit für die Praxis
Die Ergebnisse der Untersuchungen einiger Bisphosphonate auf ihre Wirkung beim Menschen waren bei Krankheiten mit erhöhter Resorption ausgezeichnet. Die Bisphosphonate werden heute in der Therapie hauptsächlich bei Osteoporose, tumoraler Knochenkrankheit und Morbus Paget eingesetzt (ausführliche für den Praktiker abgefasste vorklinische und klinische Auseinandersetzung mit den Bisphosphonaten s. [27]). Es werden nur geringe Nebenwirkungen beschrieben. Beim Menschen sind bei oraler Verabreichung die häufigsten Nebenwirkungen gastrointestinal.
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Fleisch, H. Einführung in die Bisphosphonate. Orthopäde 36, 103–109 (2007). https://doi.org/10.1007/s00132-006-1040-9
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