Computernavigation wird in der orthopädischen Chirurgie und Traumatologie zunehmend angewendet. Dabei beschränken sich diese nicht nur auf elektive Eingriffe in der Gelenkchirurgie, auch akute Versorgungen wie z. B. die Reposition von Femurschaftfrakturen mit C-Arm gestützter zweidimensionaler Navigation oder die dorsale Instrumentierung instabiler Wirbelsäulenfrakturen mithilfe intraoperativer dreidimensionaler (3D-)Navigation findet zunehmend Akzeptanz. Mithilfe der Navigation sollen dabei v. a. eine Verbesserung der Operationspräzision und, falls vorhanden, eine Reduktion der intraoperativen Strahlenbelastung resultieren.

Eine Verbesserung der Präzision wurde bereits in einer Vielzahl klinischer und experimenteller Studien im Bereich der Knie- und Hüftendoprothetik nachgewiesen[3, 6, 11, 23, 37 ]. Ob daraus tatsächlich verbesserte Standzeiten der Prothesen resultieren wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Gleiches gilt auch für einige Indikationen der Traumatologie, wie z. B. Stabilisierung von Wirbelsäulenfrakturen oder Verschraubung von Iliosakralfrakturen, wo mithilfe der Navigation unter deutlicher Reduktion der Strahlenbelastung exaktere Platzierungen gelingen und vermeintlich verbesserte Langzeitergebnisse resultieren [13, 48].

Auch im Trend minimal-invasiver Operationsverfahren kann die Navigation helfen, Präzisionen zu verbessern. Die verbesserte Visualisierung der Operationstechniken für den Operateur kann eine reduzierte Invasivität gewährleisten [39].

Definition der Präzision

Laut Herstellerangaben befindet sich die Präzision eines Navigationssystems bei regelrechter Nutzung und Kalibrierung im Bereich von 1 mm bzw. 1°. Initiale Angaben bezüglich der Präzision wurden v. a. für Teilkomponenten (Kamera, Oberflächenregistrierung) beschrieben und waren eher technisch orientiert. Maciunas et al. [31] definierten erstmals Präzision als Summe der Fehler der Bildgebung, Systemhard- und Software. In einer eigenen Definition wird die Gesamtpräzision durch Einbeziehen des Anwenders definiert:

Klinisch relevante Präzision = Fehler (Bildgebung + Systemhardware + Software) + Fehler Anwender [12].

Die auf dem Bildschirm des Navigationssystems angezeigten Werte im Submillimeter- oder Gradbereich sind abhängig von der Eingabe der Basisdaten (Registrierung [14]). Für den Operateur besteht die Problematik, diese hohe Präzision mit den bisher zur Verfügung stehenden Bildgebenden Verfahren (C-Arm) oder seiner Erfahrung zu kontrollieren. In der Traumatologie kann seit wenigen Jahren die intraoperative 3D-Bildgebung zur Kontrolle der Implantatlage und Reposition mit einer hohen Präzision eingesetzt werden [20, 24]. Für Umstellungsosteotomien oder prothetische Eingriffe steht intraoperativ keine entsprechende Kontrolle zur Verfügung.

Präzision

Die folgende Beschreibung soll daher eine Übersicht geben, welche Präzisionen mithilfe der Navigation innerhalb häufiger Indikationen der elektiven orthopädischen Chirurgie derzeit möglich sind und welche Relevanz diese klinisch haben. Zudem werden potentielle Fehlerquellen der einzelnen Anwendungen dargestellt.

Spezifische Präzision

Der Anwender kann die vom System vorgegebene und vom Operateur anzustrebende Grundpräzision von 1 mm oder 1° an 3 Punkten aktiv beeinflussen:

  1. 1.

    Referenzstern,

  2. 2.

    Kamerapositionierung,

  3. 3.

    Registrierung.

Referenzstern

Mittlerweile haben kabellose Systeme die zuvor verbreiteten Kabel an den Referenzsternen (RS) abgelöst, welche am Patientenknochen oder an den Instrumenten befestigt werden. Prinzipiell werden aktive von passiven Systemen unterschieden. Dabei senden aktiv Systeme, mithilfe von emmitierenden Dioden, vom Referenzstern Infrarotsignale aktiv an die Kamera. Bei passiven Systemen hingegen werden die von der Kamera ausgesandten Signale durch spezielle Oberflächen an den RS reflektiert. Verschmutzungen der RS behindern allerdings eine einwandfreie Kommunikation. Intraoperativ sind deshalb Blutspritzer oder andere Ablagerungen auf den RS immer wieder zu entfernen.

Prinzipiell kritisch muss immer noch die eigentliche Befestigung der Referenzsterne im oder an der zu navigierenden Extremität bzw. Körperstamm gesehen werden. Aufbau und Stabilität dieser Referenzbefestigungen werden von jedem Hersteller unterschiedlich konzipiert, wobei das wichtigste eine absolut rigide Fixierung im Knochen darstellt. Gerade bei den oft an den Extremitäten notwendigen Manipulationen (während einzelner Operationsschritte) können Lockerungen unbemerkt auftreten. Damit können extreme Auswirkungen auf die Genauigkeit der Navigation ohne direkte Hinweise oder Warnungen auftreten und die Ergebnisse verfälschen [5]. In einer aktuell intern durchgeführten Studie zeigten sich dabei wesentliche Unterschiede in der gemessenen Stabilität einzelner Referenzbefestigungen verschiedener Hersteller. Hier konnten Stabilitätsunterschiede, gemessen an der zum Ausreißen aus dem Knochen notwendigen Minimalkraft, bis zu 70% zwischen den einzelnen Systemen nachgewiesen werden. Einigen Referenzbefestigungen genügt dabei bereits eine monokortikale Fixation zum Erreichen der maximalen Befestigungskraft [5].

Kamera

Aktive und passive Kamerasysteme setzen einen optimalen und freien Blickwinkel („line of sight“) zwischen Kamera und RS voraus. Mittlerweile sind die Hersteller, wie bereits lange von den Anwendern gefordert, dazu übergegangen, für jede spezifische Indikation den Aufbau und das optimale Positionieren aller zugehörigen Einzelteile zu definieren und graphisch in den Anleitungen zu beschreiben. Der optimale Abstand zwischen Kamera und RS wird dabei von den verschiedenen Herstellern zwischen 1,5 m (minimal) und 5,0 m (maximal) angegeben. Die Präzision der Kamerasysteme, unabhängig von aktiver oder passiver Signalübertragung, liegt bei 1 mm bzw. 1° [22, 27].

Für die optimale Nutzung ist eine ergonomische Anordnung im Operationssaal notwendig. Dies betrifft Patient, Pflegepersonal, Navigationssystem und weitere Geräte (Arthroskopie, C-Arm) und ist indikationsspezifisch [15].

Registrierung

Registrierungsalgorithmen dienen zur präzisen Definition der Beziehung zwischen relevanter Patientenanatomie (z. B. Beinachse) und dem Navigationssystem. Grundsätzlich kommen bei der Prothesennavigation oder Osteotomien kinematische Algorithmen, sog. „bone morphing“ zur Anwendung [8], (Abb. 1). Bei bildbasierten Applikationen werden die C-Arm-Bilddaten von einem referenzierten C-Arm importiert [10, 46].

Abb. 1
figure 1

Kinematischer Algorithmus zur Oberflächenregistrierung sog. „bone morphing“ am Knie. Mithilfe eines navigierten Pointers werden auf der Knochenoberfläche durch den Operateur Landmarken abgefahren und anhand eines statistischen 3D-Modells in der Software visualisiert

Knie-TEP-Navigation

Zielsetzung der Anwendung

Die Knietotalendoprothesen- (Knie-TEP-)Navigation soll gegenüber der konventionellen Technik die Achsausrichtung und die Komponentenplatzierung verbessern. Dementsprechend muss zur Registrierung die präoperative Achse 3D und präzise erfasst werden. Dazu muss das Zentrum des Hüft-, Knie- und oberen Sprunggelenks erfasst werden. Bildfreie Navigationssysteme haben hier seit einigen Jahren bildbasierte Systeme abgelöst. Bei dieser Indikation konnte sich kein signifikanter Vorteil der bildbasierten Navigation zeigen [4]. Zu hoch war der Aufwand einer CT-basierten Aufnahme und präoperativen Planung oder von intraoperativen Bildwandleraufnahmen zur Registrierung des knöchernen Kniegelenks bei einfachen primären prothetischen Versorgungen.

Die bildfreie Registrierung nutzt hingegen einen Algorithmus basierend auf einer Rotationsbewegung im Hüftgelenk (Pivoting) und dem Abgreifen spezifischer knöcherner Landmarken an der Malleolengabel zur Bestimmung des Sprunggelenkzentrums. Ebenfalls erfasst wird das Kniegelenkzentrum. Zur Komponentenplatzierung (navigierte Sägeschnitte) werden weitere Landmarken erfasst: die Femurepikondylen werden zur Bestimmung der femoralen Rotation benötigt, die Gelenkflächen des Femurs und der Tibia zur Erfassung der Kniegelenkanatomie für die Sägeschnitte.

Präzision der Registrierung und der Navigation

Erste Einschränkungen dieser Bestimmungsmethode ergeben sich bereits beim Pivoting-Mechanismus der Hüfte. Die Präzision dieser Methode zur Bestimmung des Hüftkopfzentrums wurde bereits nachgewiesen und hat sich klinisch auch in der Navigation bewährt [16, 32]. Trotzdem sind Ungenauigkeiten möglich. Ein vom Navigationssystem maximal tolerierter Fehler von 2–4 mm wirkt sich auf die Beinachsvermessung in einer Größenordnung von 0,7° femoral bis 2,6° tibial aus [34, 45].

Prinzipiell ist dieser Algorithmus natürlich immer durch den Eigenfehler des Operateurs limitiert. Zusätzlich sind allgemein Einschränkungen der Hüftgelenkbeweglichkeit (z. B. bei bestehender fortgeschrittener Koxarthrose) limitierend – in der Praxis ist dies allerdings äußerst selten der Fall. Selbst eine Einschränkung der Hüftgelenkbeweglichkeit um bis zu 70% hat keinen Einfluss auf die Bestimmung des Hüftkopfzentrums [41]. Bei Hüftgelenkarthrodesen muss allerdings auf eine bildbasierte Methode gewechselt werden.

Zur Registrierung des Sprunggelenkzentrums werden die Malleolen sowie das Zentrum direkt durch ein Zeigeinstrument (Pointer) perkutan bestimmt. Präzisionsbestimmungen des Sprunggelenkzentrums mithilfe definierter MRT-Aufnahmen haben gezeigt, dass tatsächlich der Mittelpunkt zwischen dem lateralsten und medialsten Punkten der Malleolengabel das Zentrum genau beschreiben kann. Dieses zeigt durchschnittlich <6 mm Fehlerrate, wobei 6 mm einer Komponentenfehlplatzierung von ungefähr 1° entsprechen [44].

Intraoperativ können in der Regel nur die Sägeschnitte gut überprüft werden. Postoperativ wird die klinische Präzision der navigierten Knie-TEP anhand der mechanischen Beinachse, des Interface zwischen Prothese und Knochen und ggf. durch Analyse der Rotation der Prothesenkomponenten bestimmt. Computertomographie- oder Ganzbeinaufnahmen ermöglichen eine reproduzierbare Methodik zur Bestimmung dieser Parameter.

Eine Reihe von experimentellen und mittlerweile klinischen Studien konnte dabei bereits eine deutliche Reduktion der Streubreite außerhalb der geforderten 3° Valgus-Varus-Achsausrichtung mithilfe der Navigation nachweisen. In aktuell publizierten prospektiven Studien werden dabei Ergebnisse präsentiert, in welcher die Navigation in 70–90% aller Fälle eine Beinachse innerhalb der optimalen 3° Valgus-Varus-Beinachse ermöglicht. Konventionelle Ergebnisse lagen in diesen Studien im direkten Vergleich nur bei 30–80% aller Fälle. Die Streubreite konnte mithilfe der Navigation zudem in fast allen Studien um 2–6° reduziert werden [3, 4, 36, 47]. Eine ähnliche Präzision wird bei navigierten unikondylären Knieprothesen erreicht [37].

Die propagierte Verbesserung der femoralen und tibialen Idealposition der Prothesenkomponente zeigte allerdings in den meisten Studien keine signifikante Veränderung gegenüber der konventionellen Technik [23].

Zusätzliche Aspekte durch die Navigation erklären sich durch die 3D-Achserfassung, welche über die gesamte Operation kontinuierlich und dynamisch zur Verfügung steht (Abb. 2). Dadurch wird beispielsweise die Auswirkung der Bandspannung („ligament balancing“) auf die Beinachse direkt messbar [30, 33]. Weiterhin ermöglichen navigierte Messinstrumente die Überprüfung von Teilschritten der Operation, z. B. die Sägefläche (Abb. 3).

Abb. 2
figure 2

Darstellung der initialen 3D-Kinematik und Achsausrichtung der unteren Extremität bei der Knie-TEP-Navigation. In Abhängigkeit der Flexon/Extension wird eine Kurve der lateralen/medialen Aufklappbarkeit dokumentiert

Abb. 3
figure 3

Navigation des distalen Femurschnittblockes. Die angestrebte Resektionsfläche wird relativ zur registrierten femoralen Gelenkoberfläche dargestellt und der Resektionsspalt medial und lateral gemessen

Zusätzliche Informationen werden dem Anwender zur Verfügung gestellt: die zugangsabhängige Änderung der Beinachse, der Einfluss verschiedener Releaseschritte auf die Gesamtbeinachse und die Bandspannung und Vorschläge für Implantatkomponenten. Die klinisch erreichbare Präzision kann 1 mm bzw. 1° erreichen [29, 30].

Hüft-TEP-Navigation

Zielsetzung der Anwendung

Die Navigation soll eine exakte Positionierung der beiden Prothesenkomponenten ermöglichen. Kurzfristig soll ein Impingement bzw. Luxationen durch Implantatfehlplatzierungen vermieden werden, langfristig soll die ideale Position die Standzeit verlängern. Entsprechend vorgegebener „Optimalwerte“ zur Positionierung der Pfanne sollen Antetorsion sowie Inklination intraoperativ exakt bestimmt und die Implantation mit möglichst geringer Abweichung hiervon durchgeführt werden. Gleiches gilt für die Platzierung der Schaftkomponente.

Antetorsion sowie Abduktion und Adduktion sollen optimiert werden, mit zusätzlicher Kontrolle der resultierenden Beinlänge. Eine Computersimulation wird inzwischen von mehreren Herstellern zur Beurteilung des potentiellen Bewegungsumfangs und Impingement bei simulierter Implantation der Komponenten angeboten.

Einzug hat die Navigation auch in der Entwicklung der minimal-invasiven Hüftendoprothetik gehalten. Diese nutzt zunehmend kleinere Inzisionen, allerdings unter gleichzeitiger Reduktion der Visualisation [42, 43]. Die Navigation soll hier eine verbesserte Darstellung aller Instrumente und der Prothese in situ ermöglichen, um die einzelnen Operationsschritte zu vereinfachen und für den Operateur zu Visualisieren.

Ähnlich der Knieprothetik haben bildfreie Navigationsverfahren die bildbasierten bereits vielerorts abgelöst. Die Registrierung mithilfe des „Pivoting-Mechanismus“ der Hüfte bzw. durch direktes abgreifen definierter Oberflächenpunkten am Becken und direkt im Acetabulum mithilfe kleinerer Punktwolken hat sich hier durchgesetzt (Abb. 4). Limitierender Faktor ist dabei insbesondere der variierende Weichteilmantel an den epikutan abzugreifenden Landmarken am äußeren Becken [12]. Potentiellen Missinterpretation bzw. Unpräzision des durch das Navigationssystem gemessenen Anteversionswertes, aufgrund des variierenden Weichteilmantels, können Abweichungen von bis zu 2,4° verursachen [38].

Abb. 4
figure 4

Das Abgreifen einer Punktwolke direkt im Acetabulum ermöglicht die Erstellung eines anatomischen Modells zur folgenden navigierten Ausrichtung der Prothesenpfanne

Versuche am Becken, eine nicht-invasive Registrierung mithilfe von Ultraschallmethoden zu etablieren, waren zwar in experimentellen Ansätzen erfolgreich, doch muss der Schallkopf senkrecht zur Knochenoberfläche platziert werden, was in der Praxis nicht gewährleistet ist [1, 25].

Zunächst ermöglichte die Navigation nur eine gesteuerte Implantation der Fräse und Pfannenkomponente zur Optimierung der gewünschten Anteversion bzw. Inklination (Abb. 5). Mit Rücksicht auf die von Lewinnek definierte „sichere Zone“ der Luxationsprophylaxe wurden hierzu bereits einige experimentelle und klinische Studien durchgeführt, welche zeigen konnten, dass eine exaktere Positionierung gegenüber der konventionellen Methode gelingt [17, 35, 46, 52].

Abb. 5a,b
figure 5

Visualisierung der navigierten Pfannenkomponente bei der Hüft-TEP-Navigation. Neben Inklination und Anteversion werden eventuelle Beinlängenänderungen oder Lateralisationen dargestellt

Auch bei erfahrenen Operateuren kann eine signifikante Reduktion der Varianz durch die Navigation gegenüber der konventionellen Technik erzielt werden. Bei einer Zielvorgabe von 45° Inklination und 20° Anteversion betrug die Varianz bezüglich der Inklination 43,9–48,2° in der navigierten und 36,1–51,8° in der konventionellen Gruppe. Die Varianz der Anteversion betrug gleichzeitig 18,3–25,4° navigiert vs. 15,0–33,5° konventionell [35]. Diese Varianzreduktion innerhalb der „sicheren Zone“ mit einem Präzisionsbereich von bis zu 1° wurde auch in mehreren klinischen Studien bestätigt [18, 19, 51, 52]. Dass diese Reduktion unabhängig vom verwendeten Navigationssystem bzw. Modul ist und zusätzlich unabhängig von der Erfahrung des Operateurs zeigt eine aktuelle Studie von Honl et al. [11]. Hierbei zeigte sich auch, dass bildbasierte Navigationssysteme keine Besserung der Präzision gegenüber den neueren bildfreien Systemen bei Hüftprothesen erzielen.

In der 2. Ausbaustufe der Navigationssysteme gelingt auch eine Bestimmung und Kontrolle des Antetorsionswinkels des femoralen Prothesenanteils. Dadurch wird zusätzlich neben der eigentlichen Ausrichtung des Schaftes auch eine Bestimmung der korrigierten Beinlänge möglich. Klinische Studien bezüglich einer Ergebnis Verbesserung bzw. Verringerung der Varianz mithilfe der Navigation liegen unseres Wissens derzeit noch nicht vor.

Im Zuge der minimal-invasiven Hüftendoprothetik haben sich Navigationssysteme etabliert, die gezielt diese Fragestellung unterstützen [6, 7, 53]. Mithilfe dieser konnte z. B. in einer aktuellen klinischen Studie über einen minimal-invasiven posterioren Zugang eine deutliche Erhöhung des Anteils der „gewünschten“ Pfannenplatzierungen gegenüber der konventionellen Technik erreicht werden. Konventionell lagen nur 6% aller Patienten (n=50) innerhalb des gewünschten Zielwertes (Anteversion 40–45°; Inklination 17–23°), navigiert waren dies immerhin 30% unter gleichzeitiger signifikanter Reduktion der Varianz [53].

Bildbasierte und bildfreie Navigation eines Hüftoberflächenersatzes sind erst seit kurzer Zeit auf dem Markt erhältlich. Dabei soll v. a. durch die Navigation des Platzierungsdrahtes im Schenkelhals, zum exakten Platzieren des Resektionsinstrumentariums, eine Präzisionsverbesserung erreicht werden (Abb. 6). Zunächst erhältliche Module benötigten hierzu intraoperative Bildwandleraufnahmen zur Bestimmung der Schenkelhalsebenen. Entsprechend aufwendig waren demnach die intraoperative Registrierung und der zusätzliche Zeitaufwand. Weiterentwicklungen nutzen derzeit eine bildfreie Registrierung durch abgreifen definierter Punktwolken am Schenkelhals und des Femurkopfzentrums (gegenwärtig werden Studien zur Präzision dieser beiden Module durchgeführt).

Abb. 6
figure 6

Bildfreie Navigation der Hüftkappe: Die Platzierung des Platzierungsdrahtes gelingt unter Bestimmung des Schenkelhalses sowie des Hüftkopfzentrums. Eine exakte Platzierung des Resektionsinstrumentariums kann geplant und korrigiert werden

Osteotomien

Untere Extremität

Ziel der Anwendung ist die Korrektur der Gesamtbeinachse, basierend auf dem Ausmaß und der Lokalisation der ursprünglichen Fehlstellung der unteren Extremität. Die Navigation unterstützt die Planung, die Osteotomie und die Achsenkorrektur.

Beinachsenkontrolle

Die Beinachse wird präoperativ mit radiologischen Ganzbeinaufnahmen im Stehen, also unter Belastung, bestimmt. Anhand der jeweiligen anatomischen und mechanischen Achsen des Femurs und der Tibia wird die resultierende Fehlstellung berechnet. Die konventionelle präoperative Planung des Korrekturwinkels bzw. der Korrekturosteotomie ermittelt hieraus einen exakten Wert des intraoperativ anzustrebenden Umstellungswinkels und der Höhe der entstehenden Osteotomie.

Die intraoperative Analyse der Gesamtbeinachse ist jedoch mithilfe konventioneller radiologischer Techniken nur schwer durchzuführen. Eine Möglichkeit besteht in der sog. Kabelmethode in Verbindung mit einem Bildwandler, die Korrektur der Achse wird durch die Umstellungsosteotomie kontrolliert [26]. Problematisch sind dabei die zusätzliche Röntgenstrahlung und eine mögliche Varianz im Verlauf der Operation durch unscharfe Referenzpunkte.

Vielerorts wird die intraoperative Kontrolle reduziert, indem die präoperativ berechnete Keilbasis intraoperativ umgesetzt wird. Dies setzt natürlich eine Umsetzung des präoperativen Plans voraus, mögliche Fehlerquellen werden nur schwer erkannt.

Postoperativ gelingt die Kontrolle der resultierenden Achse erneut durch Anfertigung der Ganzbeinaufnahmen im Stehen. Eine reproduzierbare, dynamische Kontrolle der Achse ist allerdings durch beide Methoden nicht möglich. Des Weiteren sind Kontrollen in multidirektionaler Ebene, wie z. B. bei einer gleichzeitigen Korrektur des tibialen Slope oder von Ante- und Retrokurvationsfehlern nur eingeschränkt möglich.

Hier konnte die Navigation bereits vor einigen Jahren eine Verbesserung der Präzision intraoperativ gegenüber der konventionellen Technik nachweisen [9]. Als erste Anwendung wurde die navigierte hohe tibiale Umstellungsosteotomie (HTO) entwickelt. Die Navigation ermöglicht prinzipiell eine intraoperative Bestimmung der Ganzbeinachse unter der dynamischen Veränderungen/Anpassung des Osteotomiespalts bzw. der Osteotomiehöhe (Abb. 7). Eine zusätzliche intraoperative Planung ermöglicht zudem den Abgleich zwischen aktuellen und gewünschten Umstellungswert. Zusätzlich ermöglichen einige Module die Navigation des proximalen Tibiafragments, durch Befestigung eines 3. Referenzsterns und damit auch die intraoperative Einstellung des tibialen Slope.

Abb. 7
figure 7

Navigierte „bildfreie“ Darstellung der Ganzbeinachse unter Berücksichtigung des Osteotomiespalts. Die dynamische Änderung der Achse in Valgus-/Varusstellung wird ersichtlich unter gleichzeitiger Angaben der Änderung des tibialen Slope sowie der tibialen Rotation

Prinzipiell sind bildbasierte und bildfreie Module erhältlich. Unter experimentellen Bedingungen konnte eine Verbesserung der Präzision gegenüber der konventionellen Technik hinsichtlich geplanter und erzielter Beinachse bereits für beide Module nachgewiesen werden [40, 49, 50]. Navigierte Messungen der Achse sind dabei prinzipiell in einem Bereich von 1° Abweichungen möglich und konnten in postoperativen CT-Kontrollen bezüglich der Präzision bestätigt werden [9].

Registrierungen der Ganzbeinachse werden dabei wiederum über das Hüftkopfzentrum, die Kniegelenkebenen sowie das Sprungelenkzentrum definiert. Bildbasierte Module nutzten dazu einen Algorithmus mit radiologischer Bestimmung aller notwendigen Landmarken und anatomischen Punkte (Hüftkopf-, Kniegelenk und Sprunggelenkzentrum in 2 Ebenen).

Bildfreie Module nutzen hierzu neben dem bekannten „Pivoting-Mechanismus“ der Hüfte entweder ausschließlich perkutan erreichbare Punkte am Knie und Sprunggelenk bzw. ermöglichen eine Oberflächenregistrierung durch Punktwolken z. B. an der Tibiavorderkante. Optional kann zusätzlich die Ausrichtung und Registrierung des Tibiaplateaus auch durch intraartikuläres Abgreifen durch den ohnehin vorhandenen Arthroskopiezugang erfolgen.

Osteotomiekontrolle

Präzisionsprobleme durch das flexible Sägeblatt führten dazu, nur den Meißel zu navigieren bzw. die Bohrung zweier rigiden Drähte zur Begrenzung der Osteotomie nach proximal und Bestimmung der Osteotomieachse in Richtung Fibulaköpfchen (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Platzierung zweier navigierter Spickdrähte zur Begrenzung der hohen Tibiaosteotomie nach proximal. Diese ist prinzipiell ohne weitere radiologische intraoperative Aufnahmen möglich. Über eine präkalibrierte Bohrhülse werden die Spickdrähte eingebracht. Im distalen und proximalen Tibiafragment sind potentielle Befestigungen für die Referenzsterne eingebracht

Generell zeigten bisherige Studien, unabhängig vom verwendeten Modul, eine deutliche Erhöhung der Reproduzierbarkeit der geplanten und der dann tatsächlich resultierenden mechanischen Beinachse gegenüber der konventionellen Technik [9, 21, 49, 50]. Gleichzeitig resultierte dadurch eine deutliche Reduktion der Varianz innerhalb der angestrebten Werte mithilfe der Navigation. Unabhängig von der Reproduzierbarkeit lassen sich mit der Navigation auch bisher oft unbeachtete Parameter intraoperativ messen. Darunter fällt z. B. die Änderung der Beinlänge oder die Veränderung des Slope beim navigierten proximalen und distalen Fragment.

Gegenüber der bisher gut klinisch evaluierten Knie- oder Hüft-TEP-Navigation fehlen jedoch bisher eindeutige Langzeitergebnisse bzw. prospektive klinische Studien. Eine erste große prospektive Muticenterstudie zur navigierten HTO im Vergleich zur konventionellen Technik wurde durch die AO International im Jahr 2006 begonnen.

Obere Extremität

Generell ist der Einsatz der Navigation im Bereich der oberen Extremität im Vergleich zum Körperstamm oder der unteren Extremität noch deutlich eingeschränkt. Bisher sind nur wenige Indikationen in der Literatur beschrieben, wobei sich diese auf die Platzierung von Skaphoidschrauben oder der Korrektur komplexer Fehlstellungen des distalen Radius beschränken [28].

Navigierte Radiusosteotomien

Die operative Korrektur einer komplexen primären Fehlstellung oder Fehlverheilung bedarf meistens mehrere multiplanare Osteotomien. Eine präoperative 3D-Bildgebung mittels CT ermöglicht eine ausreichende Visualisierung und exakte Planung der Korrektur. Intraoperative Kontrollmöglichkeiten und Visualisierungen der durchgeführten Osteotomien bzw. Korrekturen sind mit alleiniger 2D-Bildgebung nur schwer möglich und bedürfen oft einer hohen Strahlungszeit [2, 54]. Abweichungen der Osteotomien bzw. Korrekturfehler sind dabei eine durchaus bekannte Fehlerquelle.

Postoperative CT-Kontrollaufnahmen zur Beurteilung des Ergebnisses in allen Ebenen sind wiederum ohne Einschränkungen möglich. Die mögliche präoperative Planung und Führung der Osteotomie durch ein Navigationssystem ermöglicht verschiedenste Simulationen und damit auch die Identifizierung potentieller Probleme. In Kombination mit einem navigationsbasierten intraoperativ verwendeten Zielsystems zur Osteotomie konnten dabei deutliche Reduktionen der Fehlerraten um bis zu 50% gegenüber der konventionellen Technik erzielt werden. Gleichzeitig konnte auf weitere intraoperative Strahlung verzichtet werden [2]. Insgesamt ist die Anwendung der Navigation aber hier noch auf einige hochspezialisierte Anwender begrenzt, dies zeigt sich auch in den wenigen experimentelle und klinische Studien aus diesem Bereich.

Diskussion

Computernavigierte Eingriffe haben für die Endoprothetik oder Osteotomien in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Bei einer Grundpräzision von ca. 1° oder 1 mm kann insbesondere die Durchführung endoprothetischer Eingriffe durch eine Präzisionsverbesserung der Implantatplatzierung profitieren. Dabei haben bildfreie Systeme, insbesondere in der Endoprothetik, weitestgehend die bildbasierten abgelöst. Bildfreie Registrierungsvorgänge nutzen dabei standardisierte Algorithmen und ein direktes perkutanes Abgreifen oder durch Bestimmung sog. Punktwolken zur Bestimmung der mechanischen Beinachse und der Gelenkflächen. Die Präzision dieser Methodik wurde lange bezweifelt und ist für die Argumentation der Navigationskritiker weiterhin ein limitierender Faktor. Validitätstestungen zur Überprüfung dieser Algorithmen am Hüft-, Knie- und Sprunggelenk konnten die Präzision und Reproduzierbarkeit dieser Methoden jedoch unlängst bestätigen.

In den Präzisionsanalysen verschiedener experimenteller und klinischer Untersuchungen wird deutlich, dass Abweichungen von 1° bzw. 1 mm mit dem Navigationssystem messbar und auch korrigierbar sind. Dies ermöglicht eine deutliche Reduktion der Varianz bei der Platzierung von Hüft- und Knieendoprothesen innerhalb der vorgegebenen Zielwerte.

Der Einsatz der Navigation bei der hohen tibialen Umstellungsosteotomie ermöglicht eine genauere intraoperative Bestimmung der mechanischen Beinachse und hohe Reproduzierbarkeit des gewünschten Umstellungswertes gegenüber der konventionellen Technik. Ähnliches gilt für komplexe Osteotomien des Radius. Die permanente 3D-Darstellung der Anatomie ermöglicht eine verbesserte Planung und auch Durchführung der multiplanaren Osteotomien.

Die Präzision der Navigation ist entscheidend abhängig von der Registrierung, welche von den Algorithmen aber auch dem Operateur abhängt. Nur durch intensives Training kann auch initial eine hohe Präzision, ohne die Operationszeit zu sehr zu verlängern, erreicht werden. Prospektive randomisierte klinische Studien fehlen bisher, welche auch für den Langzeitverlauf eine Ergebnisverbesserung gegenüber der konventionellen Technik nachweisen. Bei der Diskussion um 1–3° oder mm darf nicht vergessen werden, dass mit der Navigation erstmals intraoperativ solche Messungen möglich werden und bisher die Qualität nicht so exakt messbar war.

Diese Präzisionen ermöglichen es, die Navigation nicht nur als Platzierungshilfe oder Visualisierungshilfe zu nutzen, auch die Anwendung als intraoperatives Messinstrumentarium ist prinzipiell möglich. Insbesondere im Bereich der Kniegelenkchirurgie hat dies bereits Anwendung gefunden. So kann beispielsweise exakt der Einfluss des jeweiligen Zugangs oder einzelne Releaseschritte auf die Beinachse gemessen werden.

Fazit für die Praxis

Navigationssysteme sind präzise Messinstrumente, welche dem Operateur dynamisch die relevante Anatomie in Relation zu den navigierten Instrumenten und dem jeweiligen Operationsschritt visualisieren. Die vom Navigationssystem zur Verfügung gestellte Grundpräzision von 1 mm bzw. 1° kann nur durch eine präzise Registrierung und Beachten aller möglichen Fehlerquellen während der Operation erreicht und gehalten werden – dementsprechend sind Schulungen notwendig. Dann allerdings steht dem Operateur ein hochpräzises Instrument zur Verfügung, welches die Operationsergebnisse signifikant verbessern kann.