Wichtig für gute Langzeitergebnisse von zementfrei implantierten Prothesen ist eine stabile und erfolgreiche knöcherne Integration. Die Reaktion des Knochens auf die Hüfttotalendoprothese kann als möglicher Parameter für die Langzeitprognose des Implantats angenommen werden. Daher sind Untersuchungen über den Einfluss unterschiedlicher Prothesenmodelle auf das knöcherne Prothesenlager in Abhängigkeit von der lokalen knöchernen Ausgangssituation von Bedeutung.

In der Kraftverteilung zwischen Wirtsknochen und Implantat liegt das Hauptproblem in einer lange dauernden und zuverlässigen Fixation einer Prothesenkomponente [23]. Jede qualitative und quantitative Belastungsänderung hat die Umordnung der Knochenstrukturen zur Folge. Julius Wolff (1892) besagt in seinem Transformationsgesetz, dass veränderte biomechanische Bedingungen zu einem Knochenumbau führen [39]. Nach der Pauwels-Theorie spricht man von der funktionellen Anpassung des Knochens, d. h. der Knochen reagiert auf die aktuelle Beanspruchung wie ein Regelsystem [18].

Im Rahmen der Hüftendoprothetik bedeutet dies, dass durch veränderte und unphysiologische Belastungen am proximalen Femur und am Acetabulum nach Implantation einer Totalendoprothese (TEP) Umbauprozesse im Knochen induziert werden. Nach Resektion von Hüftkopf und Schenkelhals und Prothesenimplantation erfolgt eine Verlagerung der Krafteinleitung nach distal. Diese Änderung führt nicht nur zum proximalen Knochenabbau [11], sondern kann auch durch Überbelastung eine distale Hypertrophie des Femurs bedingen.

Die Kombination beider Phänomene wird mit dem Begriff „stress shielding“ [5] beschrieben. Insbesondere die um zementfreie Prothesenstiele auftretende Atrophie wird als potentielle Lockerungsursache angenommen [5]. Ziel einer modernen zementfreien Stielendoprothetik ist daher die Implantation einer proximal fixierten Prothese, die eine Krafteinleitung im subtrochantären Bereich erreicht und somit den physiologischen Verhältnissen sehr nahe kommt. Nach Implantation von „Press-fit-Pfannen“ nach dem Druckknopfprinzip soll ein Kraftfluss im Hüftgelenk induziert werden, der den physiologischen Verhältnissen ähnlich ist [1].

Die Änderungen der periprothetischen Knochendichte nach Implantation einer Hüft-TEP können mittels Osteodensitometrie gemessen und somit quantifiziert werden [13, 27, 28, 31, 32, 33]. Von den bekannten Verfahren ist das DEXA-Verfahren (dual X-ray absorptiometry, Hologic QDR 4500 W) dafür besonders geeignet. Es zeichnet sich durch eine hohe Auflösung, kurze Untersuchungszeiten, geringe Strahlenbelastung sowie hohe Reproduzierbarkeit der Ergebnisse aus [32]. Mit der Einführung der speziellen Software „metal removal“ können die Einflüsse von Metallimplantaten auf das Messergebnis automatisch eliminiert und präzise Messungen von Knochendichten um prothetisch versorgte Gelenke durchgeführt werden.

Ziel der Untersuchung war es, mittels DEXA die Reaktion des Femurknochens auf verschiedene Prothesenstiele und des Acetabulums auf die Prothesenschalen zu analysieren und den Einfluss der einzelnen Implantate sowie der präoperativen Ausgangssituation am Knochen darzustellen. Es sollte festgestellt werden, welcher Art die Knochenveränderungen bei 4 unterschiedlichen Prothesentypen im Verlauf des 1. postoperativen Jahres sind und ob sich Rückschlüsse auf Einflüsse durch die jeweiligen Prothesentypen ziehen lassen, die sich in Bezug auf die Legierung, die Oberflächenbeschaffenheit und das Design unterschieden. Bei charakteristischen Veränderungen der Knochendichte sollte nach Zusammenhängen in Bezug auf die präoperativ bestehende Ausgangssituation am Knochen (BMD, Kortikalis-Markraum-Index) und die verwendeten Prothesengrößen gesucht werden. Daraus sollte geschlussfolgert werden, ob für bestimmte Prothesentypen bevorzugte Indikationen in Abhängigkeit von der präoperativ bestehenden knöchernen Situation bestehen.

Material und Methodik

Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden konsekutiv 90 Patienten (55 Frauen, 35 Männer) mit zementfreiem Hüftgelenkersatz hinsichtlich der Änderung der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf untersucht. 9 Patienten gingen während der Untersuchungsserie verloren (2 verzogen, 7 sind ohne Angabe von Gründen nicht mehr zu den Untersuchungen erschienen), sodass für die Auswertung insgesamt 81 Patienten (48 Frauen, 33 Männer) zur Verfügung standen. Zum Zeitpunkt der Implantation betrug das mittlere Lebensalter 60 Jahre.

Die Indikation zur Implantation einer Hüftgelenk-TEP stellte sich in 54,3% der Fälle aufgrund einer primären und in 45,7% aufgrund einer sekundären Koxarthrose. Das Gesamtkollektiv unterteilte sich in 4 Gruppen, gemäß 4 verwendeter, in Legierung, Oberfläche bzw. Beschichtung und Design unterschiedlicher Prothesenstiele und Pfannen (Tabelle 1). Bei allen Patienten erfolgte postoperativ eine Belastung des operierten Beins mit 200 N für die Dauer von 2 Wochen, danach wurde die freie Belastung gestattet.

Tabelle 1 Patientenkollektiv

Endoprothesen

Vision 2000-Stiel

Der „Vision 2000-Stiel“ (Fa. DePuy, Warsaw, IN, USA) besteht aus einer Cobalt-Chrom-Legierung. Der proximale Teil ist mit Porocoat® versehen, was das Einwachsen von Knochen ermöglicht. Der Stiel ist distal poliert, sodass hier keine knöcherne Integration erfolgt. Lateral reicht der polierte Stielanteil weiter nach proximal als medial. Es wurden 6 distale Stieldurchmesser (10,5–18,0 mm) verwendet. In allen Fällen wurde der „Vision 2000-Stiel“ mit einer Duraloc-Pfanne kombiniert. Diese Pfanne besteht aus einer Titanlegierung, die ebenfalls mit Porocoat® beschichtet ist. Die Pfanne hat eine hemisphärische Form und ist am Äquator abgeflacht. Implantiert wurden Pfannen mit Durchmessern zwischen 46–56 mm.

ALPHA-Fit-Stiel

Der „ALPHA-Fit-Stiel“ (Fa. ALPHANORM, Deutschland) besteht aus einer Titanlegierung. Er besitzt einen konischen Prothesengrundkörper, im proximalen Bereich erhöhen keilförmige Press-fit-Stege die Rotationsstabilität sowie die Prothesenoberfläche. Der proximale Teil besitzt eine poröse Vakuum-Plasma-Beschichtung, die mit Bonit® (Calciumphosphat) beschichtet ist. Der distale Stiel ist hochglanzpoliert und längsgenutet. Der Stiel wurde in 6 Durchmessern von 10,5–18,0 mm implantiert. Die dazugehörigen hemisphärischen „ALPHA-Lock-Plus-Pfannen“ bestehen ebenfalls aus einer Titanlegierung und sind mit Bonit beschichtet. Sie wurden in Durchmessern zwischen 46–58 mm implantiert.

CLS-Stiel

Der „CLS-Stiel“ (Fa. Zimmer Germany, ehem. Centerpulse, Deutschland) besteht aus einer Titanlegierung. Er zeigt durchgehend eine raue, mit Edelkorund grob gestaltete Oberfläche. In der Frontal- und Sagittalebene ist der Prothesenstiel konisch. Die vordere und hintere proximale Stieloberfläche verfügt über parallele, längsverlaufende keilförmige Rippen. Er wurde in 10 Größen zwischen Gr. 5 und 15 implantiert. Das in Kombination mit dem CLS-Stiel implantierte zementfreie Pfannensystem Allofit besteht aus elliptischen Titanschalen, welche mit Mirkopyramiden besetzt sind. Die Pfannen wurden in den Größen 46–56 mm Durchmesser eingesetzt.

Mayo-Stiel

Der „Mayo-Stiel“ (Fa. Zimmer Germany) hat ein konisches Design mit einem kurzen Stiel. Proximal ist der Stiel aufgeraut und partiell mit „fibermesh“ belegt. Implantiert wurden die vorhandenen 4 Prothesengrößen mit einer Länge von 90–120 mm. Kombiniert wurde der Prothesenstiel mit der Trilogy-Pfanne. Die Oberfläche der Trilogy-Pfanne besteht aus einem Reintitandrahtgeflecht, das mit Hydroxylapatit beschichtet ist. Implantiert wurden die Größen 48–56 mm.

Knochendichtemessung

Gemessen wurde mittels DEXA-Technik mit dem Gerät „QDR 4500 W“ (Fa. Hologic, Waltham, MA, USA). Präoperativ wurden Knochendichtemessungen am proximalen Femur (Schenkelhals, Trochanter major, intertrochantäre Region, Ward-Dreieck) der endoprothetisch zu versorgenden Seite durchgeführt.

Die Messungen der periprothetischen Knochendichte am Stiel und an der Pfanne erfolgten am 10. postoperativen Tag sowie 3, 6 und 12 Monate postoperativ. Verwendet wurde dazu die „Metal-removal-Funktion“ des Geräts, welche die vom metallischem Implantat während der Messung bedeckten Areale automatisch erfasst und eliminiert. Die BMD-Werte wurden in g/cm2 angegeben.

Für die Beschreibung von Veränderungen der periprothetischen Knochendichte in Abhängigkeit vom verwendeten Prothesentyp in Bezug auf dessen Legierung, Oberflächenbeschaffenheit und Design erschien der Zeitraum der stärksten Veränderungen am geeignetsten. Die Auswahl des 1. Jahres postoperativ erfolgte, weil bekanntermaßen während dieses Zeitraums die größte Dynamik der Veränderungen nachweisbar ist [17, 24, 33, 34, 38].

Für jeden Prothesentyp wurden Messregionen (R) in Form von „regions of interest“ (ROI) festgelegt, die in Anlehnung an die Einteilung nach Gruen [12] modifiziert wurden (Abb. 1). Die Notwendigkeit der Modifikation ergab sich aufgrund der unterschiedlichen Länge der Prothesenstiele und der differenten Ausdehnung der Beschichtung. Die Regionen R1 und R7 waren bei allen Stieltypen identisch. Die Regionen R2, R3, R5 und R6 wurden beim Vision 2000-Stiel und beim ALPHA-Fit-Stiel gemäß den Beschichtungsgrenzen und beim CLS- und Mayo-Stiel durch Halbierung der Strecke zwischen Prothesenspitze und proximalen ROI eingezeichnet. Region R4 kennzeichnete immer den Abschnitt unterhalb der Prothesenspitze.

Abb. 1
figure 1

Einteilung der Messregionen an den Prothesenstielen (Stieltypen: a Vision 2000, b ALPHA-Fit, c CLS, d Mayo)

Die Einteilung der ROI um die künstliche Hüftpfanne wurde in Anlehnung an die „acetabular zones“ nach DeLee u. Charnley [8] vorgenommen (Abb. 2). Die Region R1 entsprach der Region C1. Die Region C2 am Pol der Kappe wurde nochmals in 2 Abschnitte (R2, R3) unterteilt. Die Region R4 entsprach der Region C3 nach DeLee u. Charnley [8].

Abb. 2
figure 2

Einteilung der Messregionen an den Prothesenpfannen (Erläuterungen s. Text)

Kortikalis-Markraum-Index

Die Erfassung des Verhältnisses von Markraum zu Kortikalisdicke erfolgte durch Berechnungen auf Basis des von Barnett u. Nordin [3] im Jahr 1960 eingeführten Kortikalis-Markraum-Index (BNI). Auf der präoperativen Röntgenbeckenübersicht bzw. a.-p.-Aufnahme des Femurs wurde dazu 2 cm unterhalb des Trochanter minor der Außen- und Innendurchmesser der Kortikalis gemessen und daraus der BNI der zu operierenden Seite errechnet (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Messpunkte und Berechnung vom Barnett-Nordin-Index (Erläuterungen s. Text)

Statistik

Für die statistische Auswertung der Messergebnisse wurden für alle Variablen die arithmetischen Mittelwerte zur Beschreibung der Zentrumslage der Einzelwerte und die Standardabweichungen zur Kennzeichnung der Streuung der Einzelwerte berechnet. Prüfungen auf Normalverteilung erfolgten mittels Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest. Die Prüfungen, ob gefundene Differenzen nur zufällig oder statistisch signifikant sind, erfolgten mittels t-Tests nach Student (2-seitig).

Die Kennzeichnung der Stärke und Richtung von Zusammenhängen verschiedener Variablen erfolgte durch den Korrelationskoeffizienten „r“. Betrachtet wurden nur mögliche lineare Zusammenhänge metrischer Variabler, d. h. bei r handelt es sich um Stichprobenmaßkorrelationskoeffizienten nach Pearson. Werte mit einer Signifikanz p>0,05 wurden als statistisch nichtsignifikant betrachtet. Werte mit einer Signifikanz 0,05≥p>0,01 (5%-Schranke unterschritten) wurden durch die Sternsymbolik * und Werte mit einer Signifikanz p≤0,01 (1%-Schranke unterschritten) durch die Sternsymbolik ** gekennzeichnet.

Für die relativ kleine Gruppe der Mayo-Prothesen wurden die statistischen Prozeduren ebenfalls durchgeführt. Wegen der geringen Zahl dieser Gruppe sind die statistischen Resultate nur eingeschränkt zu werten.

Ergebnisse

Zur Auswertung der postoperativen Änderungen der periprothetischen Knochendichte um die Prothesenstiele wurden die relativen Änderungen prozentual betrachtet (Abb. 4, 5, 6, 7). Für alle Prothesentypen fand sich die stärkste Änderung der Knochendichte innerhalb der ersten 3 postoperativen Monate. In R7, entsprechend dem Kalkarbereich, konnte für alle Prothesentypen ein kontinuierlicher signifikanter Rückgang der Knochendichte nachgewiesen werden.

Abb. 4
figure 4

Prozentuale Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf beim Prothesenstiel vom Typ Vision 2000

Abb. 5
figure 5

Prozentuale Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf beim Prothesenstiel vom Typ ALPHA-Fit

Abb. 6
figure 6

Prozentuale Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf beim Prothesenstiel vom Typ CLS

Abb. 7
figure 7

Prozentuale Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf beim Prothesenstiel vom Typ Mayo

Vision 2000 und ALPHA-Fit zeigten hier nach 12 Monaten im Mittel Abnahmen von 29%, der CLS-Stiel 19% und der Mayo-Stiel 15%. In R6 fanden sich signifikante Abnahmen bei Vision 2000, ALPHA-Fit und CLS. Bei diesen 3 Stieltypen fanden sich zudem signifikante Abnahmen in den lateralen Regionen R1 und R2 und in geringerem Ausmaß auch in R3. Beim Mayo-Stiel fanden sich in R6, R1, R2 und R3 keinerlei signifikante Änderungen. Alle Prothesentypen wiesen bei R4 und R5 sehr geringe Änderungen auf, die nur beim CLS-Stiel Signifikanzen im Sinne einer Abnahme nach 3 und einer Zunahme nach 12 Monaten zeigten. Auffällig waren stärkere Streuungen der Werte in den proximalen Regionen, vorwiegend in R1 und R7 bei allen Prothesentypen.

Die Kenngrößen BMD, BNI und Prothesengröße

Im Weiteren wurde geprüft, ob Korrelationen zwischen den präoperativ bestimmten Kenngrößen BMD (Femur total), BNI und Prothesengröße mit den prozentualen Änderungen der periprothetischen Knochendichte um die Prothesenstiele nach 1 Jahr postoperativ bestanden. Aus der statistischen Analyse ergaben sich für keine der verwendeten Prothesentypen Zusammenhänge zwischen dem präoperativen BMD (Femur total) und den prozentualen Änderungen der periprothetischen Knochendichte innerhalb von 1 Jahr postoperativ.

Für den Vergleich von BNI und prozentualen Änderungen der periprothetischen Knochendichte innerhalb eines Jahres ergaben sich folgende signifikante Zusammenhänge. Beim Vision 2000-Stiel korrelierte der BNI mit den Änderungen in R2 (r=0,51**) und in R6 (r=0,64**). Beim ALPHA-Fit-Stiel korrelierten die BNI-Werte mit den Änderungen in R3 (r=0,62**), d. h. bei diesen beiden Prothesen führten niedrigere präoperative BNI-Werte zu einem stärkeren Verlust an Knochendichte in den genannten Regionen. Beim CLS-Stiel korrelierten die BNI-Werte negativ mit den Änderungen in R3 (r=−0,58**), R4 (r=−0,59**) und in R5 (r=−0,62**). Bei dieser Prothese führten niedrigere BNI-Werte zu einem Anstieg der Knochendichte in den genannten Regionen. Diesbezügliche Korrelationen waren beim Mayo-Stiel nicht nachweisbar.

Bei Betrachtung der Prothesengrößen in Relation zur prozentualen Änderung der periprothetischen Knochendichte innerhalb eines Jahres fielen folgende Zusammenhänge auf. Die Prothesengröße der Vision 2000 korrelierte in R2 negativ (r=−0,427*). Demzufolge führten größere Prothesen in dieser Region zu einem stärkeren Knochenverlust. Die CLS-Prothese wies diesbezüglich Korrelationen in R3 (r=0,51*), R4 (r=0,518**) und R5 (r=0,497*) auf, d. h. größere Prothesen führten zu einer Zunahme der Knochendichte in den genannten Regionen. ALPHA-Fit- und Mayo-Stiel wiesen in diesem Bezug keinerlei Korrelationen auf.

Knochendichte

Bei allen 4 betrachteten Pfannentypen kam es im 1. postoperativen Jahr zu Knochendichteabnahmen um das gesamte Implantat. Einzelne Pfannentypen wiesen durch vergleichsweise sehr hohe Ausgangswerte bei Rückgang auf das Durchschnittsniveau starke prozentuale Differenzen mit Signifikanz auf. Bei Betrachtung der Absolutwerte (Abb. 8, 9, 10, 11) relativierten sich diese. Um die Duraloc-Pfannen zeigten sich an den peripheren Stellen (R1=−5,2% und R4=−6,3%) niedrigere prozentuale Mineralsalzverluste als am abgeflachten Pol (R2=−12,0%** und R3=−13,3%**). Sehr hohe periprothetische Knochenmineralsalzverluste zeigten sich bei Verwendung der ALPHA-Lock-Plus-Pfannen. Hier waren die prozentualen BMD-Verluste in R4 (−15,7%**) signifikant niedriger als in R1 (−25,5%**), R2 (−29,0%**) und R3 (−24,1%**). Zu einer signifikanten (p<0,01) prozentualen Knochendichteabnahme kam es auch um die Allofit-Pfannen in R1 (−17,0%**) und R2 (—11,7%**), dagegen waren in R3 (—4,0%) und R4 (−1,7%) bei diesem Modell nur marginale BMD-Verluste zu verzeichnen. Um die Trilogy-Hüftpfannen zeigten sich insgesamt die niedrigsten periprothetischen Knochendichteverluste, immer ohne Signifikanz.

Abb. 8
figure 8

Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf bei der Hüftpfanne vom Typ Duraloc

Abb. 9
figure 9

Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf bei der Hüftpfanne vom Typ Alphanorm

Abb. 10
figure 10

Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf bei der Hüftpfanne vom Typ Allofit

Abb. 11
figure 11

Änderungen der periprothetischen Knochendichte im postoperativen Verlauf bei der Hüftpfanne vom Typ Trilogy

Hinsichtlich der absoluten Ausgangswerte zeigten sich erhebliche Differenzen in den einzelnen Kollektiven. Mittlere Ausgangswerte um ≥1,6 g/cm2 fanden sich bei den ALPHA-Lock-Plus-Pfannen in R1, bei den Allofit-Pfannen in R2 und bei den Trilogy-Pfannen in R1, R2, R3 und R4. Die verbleibenden Regionen aller Pfannen wiesen im Mittel Werte um ≤1,4 g/cm2 auf.

Bei Betrachtung der Verläufe der Absolutwerte zeigte sich, dass insbesondere am oberen Pfanneneingang (R1) bei Verwendung der Modelle Duraloc, ALPHA-Lock und Allofit eine Angleichung der Werte der Knochendichte auftrat. Die erreichten Absolutwerte um diese Pfannentypen lagen nach 1 Jahr in R1 nahezu identisch bei 1,2 g/cm2 (s. Abb. 8, 9, 10, 11).

In R1 zeigten sich signifikante Abnahmen bei Einsatz von ALPHA-Lock-Plus- und den Allofit-Pfannen. Eine signifikante Abnahme der Knochendichte fiel zudem in R2 und in R3 bei den ALPHA-Lock-Plus-Pfannen auf. Die relativ hohe Ausgangswerte aller Regionen um die Trilogy-Pfannen führten in keiner Region zu signifikanten Änderungen der periprothetischen Knochendichte.

Diskussion

Prothesenstiele

Knöcherne Ausgangssituation und Legierung

Vor allem in den ersten 3 Monaten nach der Implantation findet ein starker periprothetischer Knochendichteverlust statt [32]. Das konnte auch in der vorliegenden Untersuchung beobachtet werden. Der rapide Knochendichteverlust nach Hüftprothesenimplantation ist das Resultat aus initialen operativen Irritationen, Immobilisation und „stress shielding“ [13] durch den veränderten Kraftfluss [14]. Einfluss haben zudem die Ent- und Minderbelastung der operierten Extremität [6, 15, 30].

Allen Prothesentypen gemeinsam war eine erhebliche Knochendichteabnahme im proximalen Teil in der Region des Calcar femoris. Dies deckt sich mit den Resultaten anderer Autoren, die ebenfalls eine anhaltende Knochendichteabnahme in R7 fanden [2, 7, 10, 26, 27, 28, 29, 31, 35, 36].

Ansonsten differierten die 4 in dieser Studie betrachteten unterschiedlichen Prothesenstiele innerhalb des Beobachtungszeitraums von 1 Jahr im Ausmaß und in der Lokalisation der periprothetischen Knochendichteänderung. Bei den Mayo- und den CLS-Stielen fanden sich deutlich niedrigere Knochendichteverluste in den proximalen Anteilen des Femurs, als bei den Vision 2000- und den ALPHA-Fit-Stielen. Die Ursache für diese Unterschiede wird u. a. in der Legierung [4, 5], in Größe und Durchmesser [9] sowie den verschiedenartigen Oberflächenstrukturen [19, 20, 21] der Prothesen gesehen.

Bobyn et al. [4, 5] wiesen nach, dass die weniger steifen Titanlegierungen im Gegensatz zu den steiferen Kobalt-Chrom-Legierungen eine gleichmäßigere Kraftübertragung und einen geringeren Knochenverlust in Form des „stress shielding“ bewirken. Die Elastizität der Implantate beeinflusst daher die periprothetische Knochendichteänderung mit [9, 14, 34].

Neben der Legierung sind Größe und Durchmesser der Prothese für die Elastizität der Prothese entscheidend. Prothesen mit großem Durchmesser haben eine geringere Elastizität und führen zu vermehrter periprothetischer Knochenresorption [6]. Diesem Verhalten entsprachen die Stiele vom Typ Vision 2000. Hier fanden sich bei Verwendung dickerer Stiele vermehrte Knochenmineraldichteverluste proximal. Beim CLS-Stiel führten größere Durchmesser dagegen zu einer vermehrten Hypertrophie um die Prothesenspitze, ohne Verstärkung der proximalen Atrophie. Letzteres weist auf die Bedeutung der Legierung für die Anpassung des Kraftflusses hin.

Eine verminderte Steifigkeit des Knochens bedingt ebenfalls ausgeprägtere Reaktionen des Knochens. So führte ein niedrigerer Kortikalis-Markraum-Index als Zeichen einer geringeren Dicke der Kortikalis beim Einsatz vom Vision 2000-Stiel proximal zu stärkeren Verlusten der Knochenmineraldichte, bei Verwendung des CLS-Stiels zu einer vermehrt auftretenden Hypertrophie um die Spitze des Prothesenstiels. Die Aussagen zur Elastizität der Prothesen und zum Einfluss der relativen Kortikalisdicke müssen auch unter dem Aspekt betrachtet werden, dass größere Prothesen möglicher Weise v. a. dann implantiert werden, wenn niedrigere BNI-Werte (also eine vergleichsweise dünne Kortikalis) vorliegen.

Die Resultate unterstreichen die Bedeutung der knöchernen Ausgangssituation für das Einwachsverhalten der Prothesen. Ohta et al. [25] konnten zeigen, dass es innerhalb der ersten postoperativen Monate bei Patienten mit initial niedriger Knochendichte zu stärkeren prozentualen Knochendichteverlusten kommt als bei Patienten mit höheren Ausgangswerten. Die Knochendichte am proximalen Femur [BMD (Femur total)] war in der vorliegenden Studie zur Abschätzung des postoperativen Knochenumbaus nicht geeignet. Es konnte kein Zusammenhang dieser Parameter erbracht werden. Dagegen erwies sich die Bestimmung des BNI als geeigneter Wert zur Vorhersage von Knochendichteverlusten.

Oberflächengestaltung

Die verschiedene Oberflächengestaltung [19, 20, 21] erklärt ebenfalls die Aussagen. Der CLS-Stiel weist über die volle Länge eine grob gestaltete Oberfläche auf, sodass hier keine Entkopplung des Implantat-Knochen-Verbunds auftreten kann. Die Krafteinleitung erfolgt daher überwiegend an der Prothesenspitze. Das kommt v. a. bei primär dünner Kortikalis und größeren Prothesen in Form einer Zunahme der Knochendichte um die Prothesenspitze zum Ausdruck. Bei den Stielen vom Typ Vision 2000 und ALPHA-Fit ist nur der proximale Teil beschichtet und der distale poliert. Proximal wird die Krafteinleitung durch den engen Knochen-Implantat-Kontakt verbessert, distal kommt es zur Entkopplung des Prothesen-Knochen-Verbunds durch eine sich zwischen Knochen und Prothese bildende bindegewebige Membran [21]. Die Kortikalis wird dadurch jedoch proximal entlastet, was die Atrophie (insbesondere bei primär dünner Kortikalis) begünstigt.

Die Resultate der ALPHA-Fit-Stiele nähern sich in Bezug auf Mineraldichteverluste denen der Vision 2000 an, wofür am ehesten die Gestaltung der Oberfläche die Ursache zu sein scheint. Für die Änderungen am Knochen um die Mayo-Stiele dürfte neben Oberflächengestaltung und Legierung v. a. die Kürze der Prothese verantwortlich sein.

Literaturvergleich und Ausblick

Interessant ist der Vergleich der eigenen Resultate in Bezug auf den CLS-Stiel mit denen aus der Literatur. Reiter et al. [28] sowie Sabo et al. [31] beschrieben stärkere Verluste in den proximalen Regionen bei niedrigeren Ausgangswerten dieser, was in der vorliegenden Studie ebenfalls nachgewiesen werden konnte. Die Verläufe innerhalb des 1. Jahres in R7 sind vergleichbar, nicht jedoch in R1. Während diese Autoren in R1 signifikante Abnahmen der Knochendichte noch nach 1 Jahr fanden, waren die Werte bei den eigenen Untersuchungen zu diesem Zeitpunkt bereits wieder bis in den Bereich des Ausgangsniveaus angestiegen. Als Ursache für diese Abweichungen ist der Unterschied in Bezug auf die postoperative Mobilisation zu sehen. In den zitierten Studien wurde die operierte Extremität für 4 Wochen postoperativ mit maximal 15 kp, und nach 6 Wochen voll belastet. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde die Belastung postoperativ rascher gesteigert, wodurch der Prozess der Entmineralisierung verkürzt wurde. Dieser Vergleich bestätigt die Resultate anderer Autoren, welche die Bedeutung der postoperativen Belastung für den Verlauf der periprothetischen Knochendichte beschrieben [6, 15, 30].

Ziel einer modernen Prothesenkonstruktion, die vom Erhalt tragfähigen Knochens als Voraussetzung für eine gute Langzeitprognose ausgeht, ist die Verlagerung der Krafteinleitung nach proximal [22, 33]. Dies ist bei allen Prothesentypen gelungen, am besten beim CLS- und beim Mayo-Stiel. In Fällen mit dünnerer Kortikalis oder dort, wo die Verwendung einer Prothese mit größerem Durchmesser notwendig ist, wäre nach Wertung der vorliegenden Resultate der CLS-Stiel zur Implantation vorzuziehen. Die Ergebnisse bei den Mayo-Stielen lassen auch unter Beachtung der geringen Fallzahl geringere Verluste Knochenmineraldichte erwarten. Das macht diesen Schaft potentiell für den Einsatz v. a. bei jüngeren Patienten interessant, bei dem mehrere Wechseloperationen zu erwarten sind. Ansonsten konnte aus diesen Resultaten keine gesonderte Indikationsstellung für den Einsatz der einzelnen Implantate geschlussfolgert werden.

Prothesenpfannen

Die Duraloc-Pfanne zeigt nur geringe Verluste der periprothetischen Knochendichte. In diesem Kollektiv waren allerdings die Ausgangswerte größtenteils niedriger, als in den anderen Gruppen. Demgegenüber erfuhr die ALPHA-Lock-Plus-Pfanne den größten periprothetischen Knochenmineralsalzverlust. Sehr hohe Ausgangswerte am oberen Pfannenpol führten bei Rückgang der Absolutwerte auf das Durchschnittniveau zu starken prozentualen Verlusten in dieser Region. Beim „press fit“ erfolgt die Lastübertragung äquatorial [1], was zu einer Entlastung des zentralen Acetabulums über dem Pfannenpol führt. Ein erhöhter Abbau an Knochensubstanz in nicht beanspruchten Zonen ist nach dem Wolff-Gesetz der Transformation der Knochen zu erwarten [39]. Das erklärt die Verluste an Knochendichte in diesen Regionen.

Auffällig hohe Knochendichtewerte am Acetabulum fanden sich auch bei den Allofit-Pfannen in R2, was sich daraus erklärt, dass diese Pfannen zum überwiegenden Teil bei dysplastischen Hüftpfannen implantiert wurden, bei denen die Sklerose besonders in R2 stark ausgeprägt ist. Dass die Abnahmen hier nicht so ausgeprägt waren hat seine Ursache möglicher Weise in der elliptischen Struktur der Pfanne, kann aber auch in der veränderten Lastübertragung bei dysplastischer Pfanne begründet liegen. Die Trilogy-Hüftpfannen zeigten insgesamt den niedrigsten periprothetischen Knochendichteverlust. Einen wesentlichen Einfluss könnte hier die bioaktive Oberflächenbeschichtung mit dem osteoinduktiven Hydroxylapatit haben [16].

Bei zementfreien Hüftgelenkprothesen ist für die dauerhafte knöcherne Integration eine an das natürliche Hüftgelenk angepasste biomechanische Wechselwirkung nötig [37]. Betrachtet man die absoluten Ausgangs- und die Endwerte nach 1 Jahr, so fällt v. a. auf, dass bei den Modellen Duraloc, ALPHA-Lock Plus und Allofit eine „Harmonisierung“ der Knochendichte insbesondere am oberen Pfanneneingang (R1) eintritt. Die dort häufig bestehende Sklerosierung als Folge der Fehlbelastung bildet sich zu einem großen Teil nach Implantation der Pfanne zurück. Eine gesonderte Indikationsstellung, welche die Bevorzugung eines bestimmten Pfannentyps in Abhängigkeit von der knöchernen Ausgangssituation begründen würde, konnte nicht gefunden werden.

Fazit für die Praxis

Änderungen der periprothetischen Knochendichte nach zementfreier Hüft-TEP-Implantation sind innerhalb der ersten 3 Monate postoperativ am größten. Um den Stiel treten bei allen Stieltypen in der Region des Calcar femoris die stärksten Abnahmen auf. Beim kürzeren Stieltyp treten deutlich geringere Verluste der periprothetischen Knochendichte auf, da hier eine bessere Verlagerung der Krafteinleitung nach proximal besteht. Distal polierte Stiele leiten weiter proximal ein, als komplett aufgeraute Stiele aus Titanlegierung. Letztere führen deswegen zu einer kortikalen Hypertrophie um die Prothesenspitze. Durch die höhere Elastizität der Titanlegierung tritt jedoch keine proximale Atrophie auf.

Die proximale Beschichtung von distal polierten Prothesen aus einer Kobalt-Chrom-Legierung unterstützt die Immobilisation der proximalen Knochenabschnitte und bedingt deren Atrophie. Diese Phänomene treten stärker bei dünnerer Kortikalis bzw. bei Verwendung größerer Stieltypen auf, was in diesen Fällen den Einsatz komplett aufgerauter Stiele aus Titanlegierung zu favorisieren scheint. Interessant wegen der offensichtlich sehr geringen Entmineralisierung ist das Konzept des kurzen Mayo-Stiels. Im periprothetischen Bereich zementfreier Hüftpfannen kann eine Harmonisierung der Knochendichte insbesondere am oberen Pfanneneingang beobachtet werden, was der Anpassung der vormals pathologischen Belastung an physiologische Verhältnisse zugeschrieben wird.