Zusammenfassung
Das distale Radioulnargelenk (DRUG), das Ulnokarpalgelenk sowie der ulnare Karpus bilden anatomisch einen funktionellen Komplex, da der Ulnakopf artikulierender Bestandteil des DRUG ist und zusätzlich durch seine direkte Anheftung an den ulnokarpalen Bandkomplex sowohl als Widerlager als auch als Stabilisator für das Ulnokarpalgelenke dient. Schmerzen in diesem Bereich stellen deshalb häufig aufgrund der eng beieinander liegenden anatomischen Strukturen ein diagnostisches Problem dar. Neben einer standardisierten klinischen Untersuchungstechnik werden im Folgenden die wesentlichsten Pathologien dieses ulnaren Handkompartimentes mit ihrer klinischen Symtomatik dargestellt und die Grundzüge der Therapie beschrieben.
Abstract
The distal radioulnar joint (DRUJ), the ulnocarpal joint and the ulnar carpus form an functional anatomical complex, as the head of the ulna is an articulated part of DRUJ as well as having a stabilising action and acting as an abutment due to its direct attachment to the triangular fibrocartilage complex. Pain in this area poses a diagnostic problem due to the close proximity of these structures. In addition to describing the standard clinical examination, the major pathologies of these ulnar hand components, their symptomatology and the basis of their therapy are discussed.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Acht Handwurzelknochen und 4 gelenktragenden Flächen von Radius und Ulna, über 20 Radiokarpal- und Interkarpalgelenke, die jeweils intrinsisch und extrinsisch durch Bandstrukturen miteinander verbunden sind, ein differenzierter ulnokarpaler Bandkomplex, 24 über das Handgelenk ziehende Sehnen, dazu Nerven und Gefäße bilden unser Handgelenk. Alle Strukturen können erkranken.
Die Diagnostik des Handgelenkschmerzes—insbesondere des ulnaren Kompartimentes—ist sehr komplex und verlangt deshalb ein möglichst standardisiertes und systematisches diagnostisches Vorgehen.
Bezogen auf das Gelenk stehen bei der Untersuchung anamnestisch zwei Fragen im Vordergrund:
-
1.
Liegt ein Unfallereignis zugrunde und ist deshalb eher mit Bandzerreißungen oder Frakturen zu rechnen? Oder
-
2.
sind die Schmerzen langsam über einen längeren Zeitraum entstanden und sprechen damit eher für Erkrankungen, degenerative Veränderungen oder Arthrosen?
Klinische Untersuchung
Bei der klinischen Untersuchung erleichtern zwei Regeln die weitere Vorgehensweise:
Die 1. Regel der klinischen Untersuchung des Handgelenkes besagt, die Schmerzlokalisation mit topographisch-anatomisch definierten Punkten in Übereinstimmung zu bringen. Diese sind am ulnaren Handgelenk das Os pisiforme, das Radioulnargelenk, der Processus styloideus ulnae und die dorsale Handgelenklücke zwischen 3. und 4. Strecksehnenfach. Sie produziert sich auf den SL- (skapholunären) Spalt (Abb. 1a–c).
Der Untersuchungsablauf besteht dann aus 4 Schritten:
-
Die Schmerzlokalisation wird zu Beginn von dem Patienten auf die Haut eingezeichnet und erleichtert damit die Zuordnung zu den entsprechenden topographischen Zonen.
-
Die Reproduzierbarkeit des Schmerzes wird geprüft, indem der Patient ein Bewegungsmuster vorführt, das den Schmerz provoziert.
-
Stressbewegungen und Provokationsteste zur Belastung des dann vermuteten erkrankten Areals grenzen die vermutete Diagnose weiter ein.
-
Testblockaden geringer Mengen eines Lokalanästhetikums an den geklagten Schmerzpunkt können ggf. die Verdachtsdiagnose erhärten.
Die 2. Regel lautet, die Verdachtsdiagnose solang aufrecht zu erhalten, bis sie durch bildgebende Verfahren oder andere Tests eindeutig bewiesen oder ersetzt wird.
Beispiel für die Bedeutung dieser Regel mag ein Schmerzbild im Bereich der hinteren Handgelenklücke sein, das eine Symptomatik im SL-Raum vermuten lässt und ein radiologisches Bild mit einer offenkundigen Pathologie im Radioulnargelenk. Klinischer und radiologischer Befund stimmen nicht überein und zwingen zur weiteren Diagnostik im SL-Raum. Hier ergibt dann eine Computertomographie ein intraossäres Ganglion des Os lunatum, welches der geklagten Schmerzsymptomatik entspricht (Abb. 2a–c).
Prinzipiell lassen sich im Bereich des ulnaren Handgelenkbereiches 4 Komplexe unterscheiden:
-
1.
distales Radioulnargelenk (DRUG),
-
2.
Ulnokarpalgelenk,
-
3.
ulnarer Karpus und
-
4.
ulnare Sehnenfächer.
Das distale Radioulnargelenk, das Ulnokarpalgelenk sowie der ulnare Karpus bilden anatomisch einen funktionellen Komplex, da der Ulnakopf artikulierender Bestandteil des DRUG ist und zusätzlich durch seine direkte Anheftung an den ulnokarpalen Bandkomplex sowohl als Widerlager als auch als Stabilisator für das Ulnokarpalgelenke dient. Sie werden im Folgenden aus didaktischen Gründen jedoch einzeln besprochen.
Distales Radioulnargelenk
Im DRUG bewegt sich der Radius um die feststehende Ulna, wobei die Gelenkfläche zwischen dem konvexen Caput ulnae und der konkaven Incisura ulnaris des Radius gebildet wird. Abhängig von den Längenvarianzen der Ulna finden sich hierbei unterschiedliche Formvarianten [5]. Da die korrespondierenden Gelenkflächen nicht vollständig kongruent sind, entstehen neben der Drehbewegung auch Translationsbewegungen, welche die Umwendbewegung auf 180° erhöhen [13]. Die mangelnde ossäre Stabilisation wird durch den ulnokarpalen Bandkomplex (TFCC) kompensiert, der das Gelenk nach distal hin abschließt.
Dieser stellt den wichtigsten Stabilisator für das DRUG dar und besteht im Wesentlichen neben dem Discus ulnocarpalis aus den palmaren und dorsalen radioulnaren Bändern, der Kapsel des DRUG, der Sehnenscheide des M. extensor carpi ulnaris und des Ligamentum collaterale carpi ulnare sowie aus Bandzügen der Ligamentum ulnolunatum und ulnotriquetrum [10, 13]. Zusätzliche Stabilisatoren stellen die Membrana interossea sowie der M. pronator quadratus dar.
In diesem komplexen Gelenk lassen sich im Wesentlichen 3 Pathologien unterscheiden:
-
Instabilitäten,
-
Inkongruenzen und
-
Arthrosen.
Instabilitäten des DRUG
Instabilitäten des DRUG können ossär oder ligamentär verursacht sein, alle Übergänge von der Subluxation bis zur Luxation zwischen Radius und Ulna aufweisen und in axialer Richtung das Ulnokarpalgelenk tangieren [3].
Bei der ossären Form kann eine Luxation des DRUG durch Fraktur des Radiusköpfchens mit Zerreißung der Membrana interossea (Essex-Lopresti), nach Fraktur des Radius im mittleren Drittel (Galeazzi), durch Fehlstellungen von Radius oder Ulna im Schaftbereich oder durch intraartikuläre Frakturen in der Fossa sigmoidea mit Dislokationen des palmaren oder dorsalen TFCC–Schenkels auftreten.
Obwohl nach Radiusfrakturen der Processus styloideus ulnae häufig mitfrakturiert und auch arthroskopisch bei Radiusfrakturen der TFCC in bis zu 43% und das lunotriquetrale Band in bis zu 15% der Fälle verletzt sein können, treten derartige Instabilitäten sehr viel seltener auf [6]. Sie können dann jedoch, insbesondere bei den dynamischen, also stressbedingten ligamentären Formen, zu erheblichen diagnostischen Schwierigkeiten führen.
Klinisch klagen die Patienten über Bewegungs- und Druckschmerzen im DRUG, insbesondere an den Endpunkten der Pro- oder Supination. Sichtbare Schnappreaktionen oder Luxationen des Radius mit dem häufig beschriebenen Klaviertastenphänomen der Ulna sind jedoch eher selten.
Ossär verursachte Instabilitäten weisen häufig aufgrund mechanisch bedingter Anschlagphänomene Einschränkungen der Pro- oder Supination auf. Eine Fehlstellung von Radius oder Ulna im mittleren Drittel von nur 20° führt bereits zu einer Einschränkung der Unterarmdrehbewegung von ca. 30° [8].
Röntgenaufnahmen des Unterarmes und des Handgelenkes in der standardisierten, exakt seitlichen Ebene können össäre Fehlstellungen beweisen. Sie sind insbesondere bei Subluxationsstellungen oder ligamentären Instabilitäten in der Regel jedoch nicht ausreichend.
In diesen Fällen sind vergleichende CT-Untersuchungen des DRUG in Pronation, Neutralstellung und Supination aussagekräftiger. Da die Lage der ligamentären Läsion und das pathologische Substrat der Läsion des ulnokarpalen Bandapparates für das weitere therapeutische Vorgehen jedoch von entscheidender Bedeutung sind, schließt sich in der Regel eine arthroskopische Untersuchung des TFCC an.
Therapeutisch steht sowohl bei den ossären als auch bei den ligamentären Formen der Instabilitäten die Wiederherstellung der ursprünglichen Anatomie im Vordergrund; bei den veralteten ossären Formen in der Regel durch Korrekturosteotomien, bei ligamentären Instabilitäten mit Dislokationen des Processus styloideus ulnae durch die anatomisch korrekte Fixation. Chronische Bandinstabilitäten stellen ein auch heute noch nicht immer befriedigend gelöstes Problem dar, wobei auch hier anatomische Rekonstruktionen wahrscheinlich am erfolgsversprechendsten sind [9, 12]. Alternativ führen wir eine Arthrodese des DRUG mit gleichzeitiger Segmentresektion aus der Ulna nach Kapandji-Sauvé durch.
Inkongruenzen—Artrosen
Sowohl die zuvor beschriebenen ossären als auch die ligamentären Instabilitäten können langfristig zu Arthrosen des DRUG führen. Diese treten vor allem dann auf, wenn die Incisura ulnae frakturiert und nicht exakt reponiert wurde. Bei der Reposition einer Radiusfraktur muss deshalb neben dem notwendigen Längenausgleich zur Vermeidung eines Impaktionssyndromes (s. unten) auch die Incisura ulnae widerhergestellt werden, die häufig dann tangiert wird, wenn der Radiuskopf nach radial disloziert und die dorsale Kortikalis eingebrochen ist.
Die Verdachtsdiagnose einer Arthrose im DRUG wird klinisch gestellt, wenn neben einer schmerzhaften Pro-/Supinationsbewegung der proximale Druck auf Radius und Ulna zu „Fernschmerzen“ im DRUG führt. Die Diagnose wird in der Regel radiologisch und/oder im CT gestellt.
Therapeutisch stehen dann in der Regel die von uns bevorzugte Arthrodese des DRUG mit gleichzeitiger Segmentresektion aus der Ulna oder aber die Hemiresektionsarthroplastik nach Bowers [2] zur Verfügung. Hierbei wird eine Teilresektion des Ulnakopfes unter Erhalt des TFCC-Ansatzes vorgenommen, um eine gewisse Stabilität zu erhalten. Nachteil beider Methoden ist jedoch eine bleibende Restinstabilitat des freien distalen Ulnaendes, welches zusätzlich zu Anschlagbeschwerden (Impingement) gegen den Radius führen kann. Aus diesen Gründen sollte die Resektion des gesamten Ulnakopfes in jedem Fall vermieden werden.
Ulnokarpalgelenk
Das Ulnokarpalgelenk besteht aus dem Discus ulnocarpalis mit seinen komplexen Bandstrukturen, die dem Ulnakopf teils aufliegen und damit das DRUG nach distal abschließen und gleichzeitig stabilisieren. Distaler Partner ist der gegenüberliegende „lunotriquetrale“ Handwurzelblock, wobei Os lunatum und Os triquetrum zusätzlich miteinander artikulieren.
Dieses Gelenk ist besonders dadurch gefährdet, dass der ulnokarpale Bandkomplex bei axialen Verletzungen zwischen Ulnakopf und ulnarem Karpus eingeklemmt wird und hierdurch sowohl Einrisse als auch degenerative Veränderungen auftreten können. Axiale Instabilitäten können einerseits posttraumatisch durch eine Radiusfraktur mit Längenverlust und konsekutiver Plusvariante der Ulna auftreten, andererseits durch eine angeborene Plusvariante der Ulna und dann zu einem Impaction-Syndrom führen [7].
Impaction-Syndrom
Hierbei liegt ein übermäßiger Druck des Ulnakopfes auf den Discus ulnocarpalis vor, der durch fortgeleitete Überbelastung zu Knorpelschäden der gegenüberliegenden ulnaren Handwurzelknochen (Lunatum, Triquetrum) führen kann. Chronische Kompressionsschäden können das Lunotriquetralgelenk durch Überlastungen der lunotriquetralen Bänder derart destabilisieren, dass Inkongruenzen bis zur Arthrose auftreten (Abb. 3).
Klinisch steht bei diesem Schmerzbild ein ulnarer Handgelenkschmerz, insbesondere bei ulnarer Abduktion im Vordergrund. Besonders hilfreich zur Diagnose ist der ulnokarpale Stresstest [7]. Hierbei wird axialer Stress dadurch hervorgerufen, dass die Hand ulnar abduziert und gleichzeitig der Unterarm pro- und supiniert wird. Die verstärkte ulnare Druckzunahme führt dann bei entsprechender Pathologie zu Schmerzen des ulnaren Kompartiments.
Bei bereits eingetretener lunotriquetraler Schädigung lässt sich ein deutlicher lunotriquetraler Verschiebeschmerz nachweisen. Hierbei wird das gut tastbare Os pisiforme mit dem aufsitzendem Os triquetrum gegen das radialer liegende Os lunatum von dorsal nach palmar hin verschoben.
Radiologisch wird die Diagnose bei Vorliegen einer Ulna-Plusvariante erhärtet, wobei Knochen-Knorpel-Defekte oder kleine Zystenbildungen der dem Ulnakopf gegenüberliegenden Fläche des Os lunatum oder Os triquetrum beweisend sind (Abb. 4). Da Ulnavarianzen durch die Unterarmdrehbewegung verändert werden, sind—wie auch in allen anderen Fällen—standardisierte Aufnahmen in Neutralstellung erforderlich.
In unklaren Fällen wird die Diagnose arthroskopisch gesichert, wobei hier insbesondere zentrale, degenerative Defekte des ulnokarpalen Bandkomplexes mit abgeflachten Rändern (Palmer Typ 2), ggf. mit Rissbildungen im lunotriquetralen Bandapparat sowie Knorpelschäden am Os lunatum gefunden werden.
Therapeutisch stehen bei korrekter anatomischer Position des Radius sowie unverändertem DRUG unterschiedliche Verkürzungsverfahren der Ulna zur Verfügung.
Während bei den Palmer-Typ-2C- und -2D-Veränderungen (s. u.) auch eine Dekompression durch Entknorpelung des Ulnakopfes („wafer procedure“, [4]) möglich ist, ziehen wir—insbesondere in den weiter fortgeschrittenen Fällen—eine Verkürzungsosteotomie der Ulna oder eine Dekompressiososteotomie des Ulnakopfes [11] vor. Bei in Fehlstellung verheilter Radiusfraktur ohne Arthrose des DRUG erfolgt eine Korrekturosteotomie des Radius, in der Regel mit Beckenkamminterponat. Zusätzliche Inkongruenzen oder Arthrosen des DRUG erfordern eine Arthrodese des DRUG mit Segmentresektion aus der Ulna (Abb. 5) oder aber die Hemiresektionsarthroplastik nach Bowers [2].
Isolierte Verletzungen des Discus ulnocarpalis
Wenn Verletzungen des Discus ulnocarpalis nicht direkte oder indirekte Folgen der zuvor beschriebenen Krankheitsbilder sind, stellen sie ein erhebliches diagnostisches Problem dar. Die Diagnose des dann resultierenden unklaren ulnaren Handgelenkschmerzes kann in diesen Fällen nur im Ausschlussverfahren vermutet und sicher nur mit Hilfe der Arthroskopie als „golden standard“ gesichert werden. Im Vordergrund hierbei stehen durch axiale Traumen hervorgerufene Einrisse, Lappenbildungen oder degenerative Veränderungen des Discus ulnocarpalis, wobei beachtet werden muss, dass symptomlose degenerative Defekte gerade im Alter zunehmen.
Die Behandlung erfolgt entsprechend der arthroskopischen Klassifikation nach Palmer [10] abgestuft, wobei traumatisch bedingte Schäden (Typ 1) den degenerativen Schäden (Typ 2) gegenübergestellt werden. Die Typ-1-Verletzungen werden aufgrund ihrer Lokalisation definiert. Typ 1A liegt zentral, Typ 1B ulnar mit oder ohne Styloid-Fraktur, Typ 1C an der karpalen Anheftung und Typ 1D an der radialen Anheftung mit oder ohne Fraktur in diesem Bereich.
Bei Typ-2-Schäden wird unterschieden zwischen isolierten degenerativen Veränderungen des Diskus ohne zusätzliche Pathologie (A), mit malazischen Bezirken an Ulnakopf und/oder Os lunatum (B) sowie degenerativ bedingten Perforationen des Diskus mit zusätzlichen malazischen Veränderungen an Ulnakopf und/oder Os lunatum (C) mit zusätzlicher Ruptur des Lunotriquetralen Bandes (D) oder zusätzlicher Arthritis (E).
Während im traumatischen Fall ein Riss operativ endoskopisch oder offen versorgt wird, reicht die Palette bei den degenerativen Veränderungen vom arthroskopischen Debridement über die Teilresektion bis zur Dekompression des TFCC durch Ulnaverkürzung. Bei zusätzlichen Arthrosen des Lunotriquetralgelenkes sind interkarpale Teilarthrodesen erforderlich (Abb. 6).
Ulnarer Karpus
Erkrankungen des ulnaren Karpus gehen in der Regel nicht mit einer schmerzhaften Unterarmdrehbewegung einher, sondern bieten ein isoliertes Schmerzbild im ulnaren Handgelenkbereich distal des Processus styloideus ulnae in Höhe des gut tastbaren Os pisiforme. Involviert sind das Os triquetrum, Os lunatum sowie das Os pisiforme.
Triquetrales Impingement
Das triquetrale Impingement wurde von Watson und Weinzweig 1999 [14] beschrieben. Es wird bewirkt durch eine traumatische Ruptur der ulnaren Bänderschlinge, die wie ein breites Band von palmar radial über den Processus styloideus ulnae sowie das Os triquetrum nach dorsal zieht und unterschiedlichste Bandstrukturen umfasst. Klinisch findet sich in Höhe des Os triquetrum an der ulnaren Handkante meist eine schmerzhafte Schwellung. Anamnestisch wird regelmäßig ein Hyperextensionstrauma angegeben, radiologische Veränderungen finden sich nicht. Die Diagnose wird im Ausschlussverfahren gestellt. Die Therapie besteht in einer Dekompression des Os triquetrum durch Exzision der komprimierenden Bandanteile.
Neben degenerativen lunotriquetralen Schädigungen, hervorgerufen durch ein Impaction-Syndrom, können auch direkte Traumen zu lunotriquetralen Dissoziationen und Frakturen führen
Lunotriquetrale Bandschädigungen
Lunotriquetrale Bandschädigungen entstehen generell durch forcierte Pronation, häufig durch einen Sturz auf die überstreckte Hand [1]. Während bei der statischen Dissoziation eine VISI-Stellung des Os lunatum die Diagnose erhärten kann, lässt sich die dynamische Form bei entsprechendend positivem klinischem Verschiebetest Test mit größter Sicherheit nur arthroskopisch stellen. Hierbei finden sich dann Zerreißungen oder Zottenbildungen des lunotriquetralen Bandapparates. Während dieser in frischen Fällen genäht werden kann, führt in Spätfällen nur die Bandrekonstruktion oder eine lunotriquetrale Arthrodese zur Schmerzfreiheit.
Pisotriquetralarthrose
Arthrosen zwischen Os pisiforme und Os triquetrum sind in unserem Krankengut häufiger anzutreffen als den Literaturangaben nach zu erwarten wäre. Die Beschwerden werden palmar über dem gut tastbaren Os pisiforme angegeben und durch direkten Druck oder durch seitliches Verschieben des Os pisiforme gegen das Os triquetrum ausgelöst. Die Injektion eines Lokalanästhetikums in das Pisotriquetralgelenk bewirkt sofortige Schmerzfreiheit und beweist zusammen mit einer seitlichen Röntgenaufnahme des Handgelenkes in 20° Supination die Diagnose (Abb. 7). In seltenen Fällen finden sich in diesem Gelenk auch mehrere freie Gelenkkörper.
Die Therapie besteht in der Exstirpation des Os pisiforme.
Sehnenluxationen
Der osteofibröse Tunnel des 6. Strecksehnenfaches erstreckt sich von der Basis des Processus styloideus ulnae bis zum Os triquetrum und stabilisiert den Sehnenverlauf der ECU-Sehne unabhängig von der Unterarmdrehbewegung. Proximal hiervon wird das Strecksehnenfach durch Bindegewebsstränge fixiert. Bei maximaler Supination mit Ulnarduktion des Handgelenkes tendiert die Sehne proximal des osteofibrösen Kanales nach ulnar-palmar und wird winkelförmig umgeleitet. Sie kann dann als Folge eines Traumas mit Zerreißung oder Lockerung dieser Bindegewebestrukturen auch in diese Richtung luxieren. Es tritt dann bei maximaler Supination mit Palmarflexion des Handgelenkes ein schmerzhaftes Schnappen auf, welches getastet und auch sichtbar werden kann.
Im akuten Fall kann die Behandlung konservativ durch Ruhigstellung in gegenläufiger Position, also Pronation, leichter Extension und Radialduktion erfolgen; im chronischen Fall erfolgt sie operativ, indem das Fach genäht oder durch eine Retinakulumschlinge stabilisiert wird.
Unspezifische Entzündungen
Entzündliche Reaktionen im ulnaren Handgelenkkompartiment finden sich meist als Insertionstendopathien der ECU- oder FCU-Sehne sowie bei Synovialitiden unterschiedlichster Genese.
Streckseitig finden sich Insertionstendopathien der ECU-Sehne im Bereich der Basis des 5. Mittelhandknochens. Hier ist auch das Schmerzfeld lokalisiert und wird häufig durch repetitive Bewegungen in ulnarer Extension ausgelöst. Es verläuft dann entlang des Sehnenverlaufes und kann bis in den Unterarm ausstrahlen. Die gleichen Beschwerden können auch durch eine Tendovaginitis im 6. Strecksehnenfach hervorgerufen werden. Die Therapie besteht neben der Ruhigstellung in Gaben von nichtsteroidalen Antiphlogistika und ggf. lokalen Steroidapplikationen.
Beugeseitig kann sich bei der FCU-Tendinitis ein ähnliches Schmerzbild am Ansatz des Os pisiforme mit entsprechender Ausstrahlung entlang der Sehne bis in den Unterarm ergeben. Auch hier wird der Schmerz durch direkten Druck auf das Os pisiforme in Verbindung mit einer forcierten ulnaren Handgelenkflexion ausgelöst, muss jedoch differenzialdiagnostisch von einer Pisotriquetralarthrose unterschieden werden.
Bei einer Synovialitis mit den entsprechenden äußeren Entzündungszeichen steht die Diagnose der rheumatoiden Arthritis im Vordergrund.
Fazit für die Praxis
Die komplexe Diagnostik des ulnaren Handgelenkschmerzes wird dadurch erleichtert, dass die Schmerzlokalisation systematisch auf topographisch-anatomisch definierte Bereiche reduziert wird. Diese sind am ulnaren Handgelenk das Os pisiforme, das Radioulnargelenk, der Processus styloideus ulnae sowie die dorsale Handgelenklücke zwischen 3. und 4. Strecksehnenfach. Hierdurch können alle wesentlichen Pathologien erfasst werden, die das distale Radioulnargelenk, das Ulnokarpalgelenk, den ulnaren Karpus sowie die ulnaren Sehnenfächer betreffen. Für alle Bereiche existieren klinische Tests. Pathologien des ulnaren Gefäß-Nerven-Bündels wurden bewusst ausgelassen. Die klinisch korrekte Untersuchung führt dann zu einer Verdachtsdiagnose mit präziser Fragestellung an weiterführende bildgebende Verfahren. Die Röntgenaufnahme steht hierbei an erster Stelle.
Literatur
Ambrose L, Posner M (1992) Lunate-triquetral and midcarpal joint instability. Hand Clin 8(4): 653–668
Bowers WH (1985) Distal radioulnar joint arthroplasty: The hemiresection-interposition technique. J Hand Surg 10A: 169–178
Bowers WH (1991) Instability of the distal radioulnar articulation. Hand Clin 7: 311–327
Felden P, Terrono AL, Belsky MR (1992) Wafer distal ulna resection for triangular fibrocartilage tears and/or ulna impaction syndrome. J Hand Surg [Am] 17(4): 731–737
Förstner H (1987) Das Distale Radio-Ulnar-Gelenk (DRUG) Morphologische Überlegung und chirurgisch-orthopädische Konsequenzen. Unfallchirurgie 90: 512–517
Freeland AE, Geissler WB, Savoie FH, McIntyre,LW, Whipple TL (1995) Intracarpal soft tissue lesions associated with intraarticular distal radius fractures. 6th Congress of the International Federation of Societies of Surgery of the Hand, Helsinki, Abstract O177
Friedmann SL, Palmer AK (1991) The ulnar impaction syndrome. Hand Clin 7(2): 295–310
Matthews LS, Kaufer H, Garver DF, Sonstegard DA (1982) The effect on supination-pronation of angular malalignment of fractures of both bones of the forearm. J Bone Joint Surg (Am) 64: 14–17
Nagy L (1998) Instabilität des distalen Radioulnargelenkes. Handchir Mikrochir Plast Chir 30(6): 361–369
Palmer AK, Werner FW (1981) The triangular fibrocartilage complex of the wrist-anatomy and function. J Hand Surg 6: 153–162
Pechlaner S (1998) Entlastung des ulnaren Handgelenk-Kompartimentes durch Dekompressionsosteotomie des Ellenkopfes. Handchir Mikrochir Plast Chir 30(6): 375–378
Scheker LR, Belliappa PP, Acosta R, German DS (1994) Reconstruction of the dorsal ligament of the triangular fibrocartilage complex. J Hand Surg [Br] 19(3): 310–318
Schmidt H-M (1998) Chirurgische Anatomie des distalen Radioulnargelenkes sowie des ulnokarpalen Gelenkkompartimentes. Handchir Mikrochir Plast Chir 30: 346–350
Watson HK, Weinzweig J (1999) Triquetral impingement ligament tear (tilt). J Hand Surg [Br] 24(3): 321–324
Interessenkonflikt:
Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Brüser, P. Der ulnare Handgelenkschmerz. Orthopäde 33, 638–644 (2004). https://doi.org/10.1007/s00132-004-0668-6
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00132-004-0668-6
Schlüsselwörter
- Ulnarer Handgelenkschmerz
- Distales Radioulnargelenk
- Ulnokarpalgelenk
- Ulnarer Karpus
- Klinische Diagnostik