Kniegelenknahe Deformitäten können kongenital, posttraumatisch, degenerativ oder idiopathisch auftreten und bedürfen einer differenzierten Indikationsstellung zur Korrektur. Junge, aktive Patienten werden durch kniegelenknahe Fehlstellungen in besonderem Maß eingeschränkt. Keine Osteotomieform kann die Erfordernisse aller Arten von kniegelenknahen Fehlstellungen erfüllen. Vielmehr sollte eine individuelle Wahl der Osteotomie erfolgen in Abhängigkeit von der Komplexität, dem Ausmaß und der Lokalisation der Fehlstellung, der Beinlänge, der Gelenkstabilität, der Knochen- und Weichteilqualität, des Alters des Patienten, der Beschwerdesymptomatik und nicht zuletzt der Erfahrung des Operateurs.

Mögliche kniegelenknahe Osteotomieformen

Folgende Osteotomieformen werden unterschieden: Opening-wedge-, Closing-wedge- und Neutral-wedge-Osteotomien.

  • Opening-wedge-Osteotomien führen zu einem Längenzuwachs, indem nach der Osteotomie das proximale Fragment angehoben wird, wobei ein knöcherner Substanzdefekt zwischen den Knochenenden entsteht. Je nach Größe des Knochendefekts sowie der Präferenz des Operateurs kann der Defekt mit Knochenmaterial aufgefüllt werden. Durch interligamentäre Opening-wedge-Osteotomien können bislang asymptomatische Gelenkkompartimente durch eine erhöhte Bandspannung symptomatisch werden.

  • Die von Jackson [10] und von Coventry [5] beschriebene Closing-wedge-Osteotomie erzeugt eine große Knochenkontaktfläche, kann jedoch je nach Ausmaß der Deformität und der Korrektur mit einer Beinverkürzung verbunden sein. Durch die Resektion eines Knochenkeils kann an der trompetenförmigen proximalen Tibia ein signifikanter Knochenvorsprung (Offset) entstehen, sodass ein Einstauchen der harten diaphysären Kortikalis des distalen Fragments in den weichen metaphysären Knochen und ein sekundärer Korrekturverlust möglich ist [1]. Müller et al. [18] empfehlen daher einen schrägen Osteotomieverlauf. Prinzipiell sind die Korrekturmöglichkeiten einer konventionellen supratuberositären Osteotomie begrenzt [19]. Interligamentäre Closing-wedge-Osteotomien können die Gelenkstabilität verringern [23].

  • Bei neutralen Keilosteotomien wird auf einer Seite ein Knochenkeil entfernt und auf der gegenüberliegenden Seite implantiert [3]. Die sog. „Schweibenwischertechnik“ erlaubt nach Schrägosteotomie in der Frontalebene eine graduelle, knochenverlustfreie Korrektur [11].

Ähnlich wie bei gerade verlaufenden Osteotomieformen sind bei der domförmigen FDO öffnende, neutrale und schließende Osteotomien möglich (s. Abb. 3).

Komplikationsmöglichkeiten

Tibiakopfumstellungen bieten ein hohes Komplikationspotential [23]. Nahe des Kniegelenkspalts verlaufende Osteotomien können intraartikuläre Frakturen verursachen. Weicht das Drehzentrum der Osteotomie vom Zentrum der Deformität ab, kann eine unerwünschte Translation des Tibiaschafts entstehen, welche die Position des Tibiaplateaus zum Markraum verändert. Da kniegelenknahe Umstellungen oft nur die Zeit bis zum prothetischen Kniegelenkersatz hinauszögern, sollten jedoch optimale knöcherne Bedingungen geschaffen werden [9, 17]. Die Translationsfehlstellung ist um so größer, je weiter das Zentrum der Korrektur vom Zentrum der Fehlstellung entfernt ist und je ausgeprägter die korrigierte Fehlstellung ist. Diese Translationsfehlstellung führt zu einer Veränderung der mechanischen Beinachse.

Supratuberositäre Osteotomien können die Biomechanik des Patellofemoralgelenks sehr viel stärker als infratuberositäre Osteotomien beeinflussen. Letztere können jedoch zu knöchernen Fusionsproblemen führen (verminderte knöcherne Kontaktfläche, weniger spongiöser Knochen, Wegfall der Zuggurtung durch das Lig. patellae und den Seitenbandapparat). Hier ist eine besonders schonende Osteotomietechnik von großer Bedeutung. Andererseits werden durch einen infratuberositären Osteotomieverlauf höhergradige Korrekturen mit komfortablen intramedullären Implantaten ermöglicht, sowie das Risiko intraartikulärer Frakturen reduziert [19].

Geschichte der Domosteotomie

1976 beschrieb Maquet [16] eine domförmige, distal konkave Osteotomie, welche gegenüber der von Coventry beschriebenen Closing-wedge-Osteotomie den Vorteil einer besseren intraoperativen Justierbarkeit aufweist, unter Erhalt eines breitflächigen, metaphysären Knochenkontaktes (Abb. 1). 1994 wurde von Paley et al. [23] eine domförmige Osteotomie publiziert, deren Drehzentrum mit dem Zentrum der Deformität (CORA, Center of rotation and angulation) korrespondiert und somit Fehlstellungen ohne unerwünschte Translationsbewegungen korrigiert. Zur Therapie kniegelenknaher extra- oder intraartikulärer Fehlstellungen der Tibia wird bei der FDO daher eine proximal konkave Domosteotomie durchgeführt (Abb. 2). Diese geometrisch exakte Technik wurde Focal-dome-Osteotomie genannt [23]. Im eigentlichen Sinn ist die FDO jedoch keine sphärische, domförmige, sondern eine zylindrische Osteotomieform.

Abb. 1
figure 1

Da das Drehzentrum der Osteotomie und Zentrum der Deformität (CORA, Center of rotation and angulation) nicht übereinstimmen, ruft die distal konkave Maquet-Osteotomie bei kniegelenknahen valgisierenden Fehlstellungen eine sekundäre mediale Translationsfehlstellung T hervor

Abb. 2
figure 2

Bei der FDO korrespondieren das Drehzentrum und das CORA. Bei gelenknahen Fehlstellungen der Tibia ist daher die Konkavität der FDO proximal. Die Osteotomieenden gleiten ineinander um das CORA, wodurch eine vollständige Wiederherstellung der Achslinien ohne Translation erzielt wird

Vorteile der FDO

Die FDO stellt eine sehr gute Therapieoption zur Behandlung kniegelenknaher Deformitäten dar, welche auch bei stärkeren Achsenabweichungen verwendet werden kann [21]. Bei der FDO resultiert eine vollständige Korrektur der Achsabweichung ohne unerwünschte Translationsverschiebungen (s. Abb. 2). Für eine potentielle zukünftige Prothesenversorgung werden durch FDO optimale knöcherne Achsverhältnisse geschaffen.

Die zylindrische Osteotomieform ermöglicht eine hohe intraoperative Justierbarkeit, indem sich die Knochenenden ineinander um das Zentrum der Deformität (CORA) drehen. Die große knöcherne Kontaktfläche begünstigt die Knochenbruchheilung. Es besteht eine hohe Primärstabilität, bei supratuberositären Umstellungen nicht zuletzt auch durch den zuggurtenden Effekt des Streck- und Seitenbandapparats.

Mit der FDO sind neutrale, öffnende und schließende Osteotomien möglich. Als Besonderheit können öffnende FDO ohne Verlust des Knochenkontakts und schließende FDO ohne Verlust von Knochensubstanz erfolgen (Abb. 3). Interligamentäre FDO können simultan das Knieinnenband im Rahmen einer Valgisierung straffen (Abb. 4, 5).

Abb. 3a, b
figure 3

Ähnlich wie bei Opening-wedge und Closing-wedge-Keilosteotomien sind mit der FDO öffnende und schließende Osteotomien möglich. Die rote gestrichelte Linie stellt die Winkelhalbierende dar, welche durch den Schnittpunkt der proximalen und distalen anatomischen Achslinie (rote durchgezogene Linien) verläuft. Wird das Drehzentrum auf die konvexe Seite der Winkelhalbierenden der Deformität verschoben, resultiert eine öffnende FDO mit einer Beinverlängerung (l2) unter Erhalt des Knochenkontaktes, sowie vollständiger Korrektur der Deformität ohne Translationsabweichung der Beinachse (a). Wird das Drehzentrum auf die konkave Seite der Winkelhalbierenden verlagert, entsteht eine schließende FDO ohne Verlust an Knochensubstanz, welche mit einer Beinverkürzung (l2) einhergehen kann (b)

Abb. 4
figure 4

Wenn die Osteotomie proximal des Innenbandansatzes verläuft, wird durch eine valgisierende FDO das Innenband gestrafft

Abb. 5
figure 5

Das Innenband kann vermehrt gestrafft werden, indem eine öffnende FDO gewählt wird, welche proximal des Innenbandansatzes verläuft

Ein relativ langes proximales Tibia-Fragment bietet ausreichend Knochensubstanz für eine intramedulläre Stabilisation. Eine FDO distal der Epiphysenfugen eignet sich auch für Umstellungsoperationen bei Kindern und Jugendlichen. Da der Knochen durch perkutane Anbohrungen und Meißelosteotomie ohne wesentliche Hitzeentwicklung durchtrennt wird, werden biologisch günstige Vorraussetzungen zur Knochenbruchheilung geschaffen [7].

Nachteile der FDO

Die FDO bedarf einer exakten präoperativen Planung. Sie ist technisch anspruchsvoll, da multiple, exakte Anbohrungen und Meißelosteotomien für eine gleichmäßige, zylindrisch geformte Osteotomiefläche erforderlich sind. Bei horizontalem Verlauf der Anbohrungen sind je nach Positionierung des Drehzentrums nur Korrekturen in der Frontal- und Sagittalebene möglich. Durch Inklination des Drehzentrums sind prinzipiell auch gleichzeitige Rotationskorrekturen möglich [20].

Planung der FDO

Unterschiedliche kniegelenknahe Fehlstellungen haben verschiedene Zentren der Deformität. Daher ist es erforderlich, im Rahmen der präoperativen Planung neben dem Ausmaß der Fehlstellung das Zentrum der Deformität (CORA) sowie die Ebene der Fehlstellung zu bestimmen. Das Zentrum der Deformität wird bestimmt durch den Verlauf der proximalen und distalen anatomischen Achslinien des deformierten Knochens. Diese anatomischen Achslinien werden durch die Verbindungslinie des proximalen und distalen Knochenmittelpunktes bestimmt.

Für Deformitäten im Bereich des Tibiakopfes ist es schwer möglich, im kurzen Tibiakopffragment eine exakte Schaftachse zu zeichnen. Zur Bestimmung der Achse des kurzen proximalen Tibiafragments kann die mechanische Femurachslinie nach distal verlängert werden, sofern der mechanische laterale distale Femurwinkel (mLDFA, mechanical lateral distal femur angle) normwertig ist (85°–90°). Der mLDFA wird von der mechanischen Femurschaftachse und der Kniebasisachse durch die Femurkondylen gebildet. Bei pathologischem mLDFA sollte stattdessen der mediale proximale Tibiawinkel (MPTA, medial proximal tibia angle) der Gegenseite zur Operationsplanung verwendet werden. Der MPTA wird von der Tibiaschaftachse und der Kniebasisachse durch das Tibiaplateau gebildet. Liegt dieser Winkel ebenfalls außerhalb der Norm (85–90°), ist der durchschnittliche MPTA von 87° zu verwenden [21] (s. Abb. 8).

Um das Drehzentrum sind Osteotomien mit verschieden großen Radien möglich. Je größer der Radius der Domosteotomie ist, desto weiter entfernt sich die Osteotomie vom Zentrum der Deformität und desto geringer wird der Knochenkontakt nach erfolgter Korrektur.

Planung einer neutralen FDO

Bei einer neutralen FDO stimmen das Zentrum der Domeosteotomie und das Zentrum der Deformität exakt überein. Durch die Korrektur der Achsabweichung resultiert in der Regel eine Beinverlängerung.

Planung einer öffnenden und schließenden FDO

Die Beinlänge kann beeinflusst werden, indem das Drehzentrum der FDO auf der Winkelhalbierenden der Deformität (sog. tranverse bisector line) verlagert wird, welche durch den Schnittpunkt der proximalen und distalen anatomischen Achslinie verläuft [21]. Liegt das Drehzentrum auf der konvexen Seite der Winkelhalbierenden, resultiert eine öffnende FDO mit einer Beinverlängerung (s. Abb. 3a). Wird das Drehzentrum auf die konkave Seite der Winkelhalbierenden verlagert, entsteht eine schließende FDO, welche zu einer Beinverkürzung führen kann (s. Abb. 3b). Sofern das Drehzentrum der FDO auf der Winkelhalbierenden der Deformität platziert wird, resultiert eine vollständige Korrektur der Fehlstellung ohne Translationsabweichung.

Eine präoperative Instabilität des Kniegelenks ist bei der Planung zur Umstellungsoperation zu berücksichtigen. Interligamentäre Umstellungen beeinflussen die Gelenkstabilität. Ein bislang asymptomatisches Gelenkkompartiment kann durch eine erhöhte Bandspannung symptomatisch werden und potentiell eine vermehrte Degeneration zur Folge haben. Eine valgisierende FDO kann daher bei entsprechendem Osteotomieverlauf die medialen Kapsel-Band-Strukturen straffen (s. Abb. 4). Dieser Effekt kann verstärkt werden, indem eine valgisierende, öffnende FDO durchgeführt wird (s. Abb. 5).

FDO des distalen Femur

Die FDO eignen sich auch hervorragend zur Korrektur gelenknaher Fehlstellungen des distalen Femur und erfolgen über eine distal konkave Domosteotomie (Abb. 6, 7, 8). Die Operationsplanung und -durchführung erfolgen ansonsten analog zur FDO der proximalen Tibia (Abb. 9).

Abb. 6
figure 6

Pathologischer mLDFA1 (mechanical lateral distal femur angle) von 74°. Geplante Varisierung um das CORA um 13° auf einen physiologischen mLDFA2 von 87°

Abb. 7
figure 7

FDO des distalen Femur mit kompletter Korrektur der Fehlstellung

Abb. 8
figure 8

Pathologischer MPTA1 (medial proximal tibia angle) von 77°. Geplante Valgisierung um das CORA um 10° auf einen physiologischen MPTA2 von 87°

Abb. 9 a, b
figure 9

Eine Schanz-Schraube wird im gewünschten Drehzentrum der Osteotomie platziert. Eine Bohrlehre oder alternativ ein Rancho-Block wird mit der Schanz-Schraube verbunden und über Bohrhülsen semizirkuläre Anbohrungen zur Vorbereitung der Osteotomie durchgeführt. Gegebenenfalls kann eine speziell angefertigte Bohrlehre (s. Abb. 10) verwendet werden. c,d Mit einem schmalen Osteotom werden die knöchernen Verbindungsstege durchtrennt. Gezielte Drehbewegungen des Osteotoms führen zu einer notwendige Seitverschiebung der distalen Tibia. Daraufhin erfolgt die berechnete Korrektur. e Da die Osteotomie selbst nicht durch CORA verläuft, ist zur Achskorrektur im Bereich der Osteotomie eine Translation T notwendig. Das Ausmaß der Seitverschiebung wird präoperativ mithilfe eines Goniometers bestimmt, indem die Strecke T am Radius der Osteotomie zwischen der präoperativen Tibiaschaftachse und der geplanten Schaftachse nach der Korrektur gemessen wird. f,g Nach radiologischer Kontrolle der Umstellung erfolgt die Stabilisierung beispielsweise mit einem Verriegelungsnagel. Die Stabilität des Nagels im proximalen Fragment kann durch sog. Poller-Schrauben erhöht werden, welche direkt am Nagel platziert werden, und unerwünschte Nagelbewegungen verhindern

FDO bei Fehlstellungen in sagittaler oder schräger Ebene

Auch Fehlstelllungen in sagittaler oder schräger Ebene können mit der FDO umgestellt werden. Während bei der Korrektur einer Varus- oder Valgusabweichung das Drehzentrum der FDO senkrecht zur Frontalebene liegt, wird zur Korrektur einer Ante- oder Rekurvationsfehlstellung das Drehzentrum der FDO senkrecht zur Sagittalebene gewählt. Bei Fehlstellungen in schräger Richtung wird das Drehzentrum entsprechend rotiert. Bei supratuberkulärer Lage kann das Auswirkungen auf die Spannung im Streckapparat und das Femoropatellargelenk haben.

Modifikationen der FDO

Fehlstellungen mit zusätzlichen Rotationsabweichungen können durch eine FDO mit einem spiralförmigen Osteotomieverlauf oder einem inklinierten Drehzentrum korrigiert werden. Diese Modifikationen der FDO setzen eine eingehende Erfahrung mit den Prinzipien der FDO voraus. Auf eine ausführliche Darstellung wird an dieser Stelle verzichtet und auf weiterführende Literatur verwiesen [20].

Operative Technik

Zur intraoperativen Beurteilung der Beinachse und Rotation sollte das ganze Bein inklusive Beckenkamm steril abgedeckt werden. Bei der Wahl der Hautinzision ist der Zugang für eine potentielle zukünftige Prothesenimplantation zu berücksichtigen. In der Regel erfolgt eine kurze longitudinale ventrale Inzision unterhalb der Tuberositas tibiae. Eine 5 mm Schanz-Schraube wird in das geplante Drehzentrum in den Tibiakopf eingebracht. Zur Korrektur einer Varus- oder Valgusdeformität wird die Schanz-Schraube senkrecht zur Frontalebene ausgerichtet.

  • Technik 1: Die Schanz-Schraube wird nun zur Vorbereitung der zirkulären Anbohrungen mit einer frei drehbaren Bohrlehre verbunden. Eine speziell angefertigte Bohrlehre mit zirkulär vorgegebenen Bohrlöchern hat sich als besonders hilfreich erwiesen (Abb. 10), da ein Bohrdraht im vorangegangenen Bohrloch platziert bleiben kann und die Bohrungen mit Hilfe der Bohrlehre streng parallel zueinander erfolgen. Es resultieren gleichmäßige Abstände zwischen den Bohrungen, die Richtung der Anbohrungen kann überprüft werden, und Anbohrungen an schrägen Knochenoberflächen werden erleichtert.

    Abb. 10
    figure 10

    Bohrlehre für die FDO (Eigenanfertigung 1993 in den Forschungswerkstätten der Medizinischen Hochschule Hannover). Nach dem Einbringen einer Schanz-Schraube über das zentrale Bohrloch erfolgen die Anbohrungen über die vorgegebenen halbkreisförmig angeordneten Löcher. Im vorangegangenen Bohrloch kann ein Bohrer platziert bleiben, sodass beim folgenden Bohrvorgang streng parallele Anbohrungen mit gleichmäßigen Abständen erfolgen, sowie ein tangentiales Abgleiten des Bohrers an schrägen Knochenoberflächen vermieden wird

  • Technik 2: Alternativ kann die Schanz-Schraube über eine Reduzierhülse mit einem Rancho-Block aus dem Ilizarov-Instrumentarium verbunden und die Bohrhülse im gewünschten Abstand, welcher dem Radius der FDO entspricht, eingebracht werden (s. Abb. 9a, b).

Unter größtmöglicher Schonung der Weichteile werden mit einem 3,2-mm- bis 4,8-mm-Bohrer zirkuläre Anbohrungen in Abständen von 3–4 mm zur gesetzt, um die Durchtrennungslinie der Meißelosteotomie exakt vorzuzeichnen.

Ein tangentiales Abgleiten des Bohrers an schrägen Oberflächen oder ein Abgleiten in ein altes Bohrloch kann verhindert werden, indem zuerst ein Kirschner-Draht eingebracht und mit einem kanülierten Bohrer überbohrt wird. Eine geringe Bohrdrehzahl trägt dazu bei, Hitze- und Nekrosenentwicklung zu minimieren. Anschließend werden die knöchernen Zwischenstege unter Bildwandlerkontrolle mit einem dünnen Osteotom durchtrennt, sodass eine semizirkuläre, proximal konkave Osteotomie entsteht (s. Abb. 9c, d). In Abhängigkeit von der Lokalisation, dem Ausmaß der Korrektur, sowie der Art der Osteotomie kann eine Fibulaosteotomie erforderlich sein [18, 24].

Bei der FDO stimmt das Drehzentrum der Osteotomie mit CORA überein. Da die Osteotomie selbst nicht durch CORA verläuft, ist zur Achskorrektur im Bereich der Osteotomie eine Translation notwendig [21]. Das Ausmaß der für die Achskorrektur erforderlichen Translation kann präoperativ mithilfe eines Goniometers abgeschätzt werden, indem das Zentrum des Goniometers und das Drehzentrum der Korrektur übereinander gelegt werden und die Strecke an geplanten Domosteotomie zwischen präoperativer und postoperativer Schaftachse notiert wird (s. Abb. 9e). Zur Translationskorrektur sind gezielte Drehbewegungen des Osteotoms hilfreich (s. Abb. 9d). Im direkten Anschluss erfolgt die geplante Justierung der Achsen.

Die intraoperative Kontrolle der Gelenkwinkel kann mit einer langen Röntgenplatte erfolgen [23] ,(Abb. 11d, 12). Die Beinachse kann intraoperativ vorteilhaft mit Hilfe des Röntgenbildverstärkers durch die sog. „Kabelmethode“ bestimmt werden. Dabei wird das strahlendichte Kabel des Elektrokauters über dem Zentrum des Hüftkopfes sowie über dem Zentrum des oberen Sprunggelenks gespannt. Das Kabel repräsentiert den Verlauf der mechanischen Beinachse, die so „real time“ und kontinuierlich abgebildet wird. Dadurch sind Korrekturen ohne Zeitverlust (entwicklungsbedingte Wartezeit) möglich. Entsprechende Fehlermöglichkeiten sind aber zu beachten [14].

Abb. 11
figure 11

a Kongenitale Varusfehlstellung beideits, Varus der rechten proximalen Tiba von 12°, MPTA 79°. Planung einer schließenden FDO. b Platzierung der zentralen Schanz-Schraube im Drehzentrum in sagittaler Richtung unter Bildwandlerkontrolle; 2 posteriore Schanz-Schrauben sind zur Vorbereitung einer fixateurassistierten Nagelung eingebracht. c Zirkuläre Anbohrungen unter Bildwandlerkontrolle über die Bohrlehre. d Intraoperative Kontrolle der Korrektur auf einen MPTA von 90° unter temporärer Stabilisierung mit einem unilateralen Fixateur. Im Anschluss erfolgt die Verriegelungsnagelung. e Ausheilungsergebnis. Linksseitig ebenfalls Korrektur einer Varusfehlstellung über FDO

Abb. 12a-d
figure 12

Klinisches Beispiel einer distal konkaven Domeosteotomie aus dem Jahr 1993 unter Verwendung der Bohrlehre aus Abb. 10. a Posttraumatische Varusfehlstellung der linken proximalen Tibia mit einem MTPA von 84°. 10 Monate zuvor Kettenverletzung des linken Beins (zweitgradig offene proximale Tibiafraktur, Impressionsfraktur des medialen Femurkondylus, Ruptur des hinteren Kreuzbandes, Oberschenkelschaftfraktur, laterale Schenkelhalsfraktur, bimalleoläre OSG-Fraktur). Chondromalazie 3. Grades des medialen Kniegelenkkompartiments mit entsprechender klinischer Beschwerdesymptomatik, Instabilität des Knieinnenbandes und inkomplett durchbaute Tibiaschaftfraktur. b Planung einer distal konkaven Domosteotomie proximal des Innenbandansatzes zur simultanen Stabilisierung des Kniegelenks. Aufgrund der Impressionsfraktur des medialen Femurkondylus mit posttraumatischer Chondromalazie wurde die Traglinie des Beins in den Übergang zur lateralen Kniebasisdrittelgrenze verschoben. Fixation mit einem unaufgebohrten Tibiamarknagel (UTN), welcher gleichzeitig die noch nicht ausgeheilte Schaftfraktur stabilisiert. c Radiologisches Ergebnis nach 20 Monaten mit einem resultierenden MTPA von 90°. d Radiologisches Ausheilungsergebnis nach 30 Monaten

Stabilisierung der FDO

Bei Akutkorrekturen werden von den Autoren nach Möglichkeit interne Osteosyntheseverfahren bevorzugt. Prinzipiell stehen zur Fixierung kniegelenknaher Osteotomien verschiedene Formen der Plattenosteosynthese, intramedulläre Osteosynthesen, Schrauben, Knochenklammern oder externe Fixateure zur Verfügung [2, 4, 6, 8, 12, 19, 20, 24]. Neben den verschiedenen Formen der Plattenosteosynthese [8, 12, 24] ist der Stellenwert von neuentwickelten winkelstabilen Implantaten bei Umstellungsoperationen derzeit noch nicht eindeutig geklärt.

Eine intramedulläre Stabilisierung mit einem Verriegelungsnagel ist möglich, wenn das Tibiakopffragment mit der proximalen Verriegelung sicher fixiert werden kann. Der Nagel wird über eine 2 cm lange ventrale Stichinzision über dem Lig. patellae in Verlängerung der Schaftachse nach durchgeführter Achskorrektur eingebracht. Poller-Schrauben in unmittelbarer Nähe des Nagels können die Stabilität im kurzen Tibiakopffragment erheblich steigern [13], (s. Abb. 9f, g). Die Stabilisierung einer FDO des distalen Femurs kann mit einem distalen Femurnagel erfolgen (s. Abb. 7).

Vorteile der Marknagelung sind das geringe zugangsbedingte Weichteiltrauma und die hohe postoperative Stabilität und damit frühzeitige Belastungsfähigkeit [13, 20]. Wenn im Rahmen des Aufbohrvorgangs Bohrmehl in den Osteotomiespalt gelangt, kann dies im Sinne einer „internen Spongiosaplastik“ positive Effekte auf die Konsolidierung haben.

Schlüsselschritt der Marknagelung ist eine korrekte Insertion des Nagels in der proximalen Tibia in Richtung des Markraumzentrums, da somit die Ausrichtung des distalen Tibiafragments vorgegeben wird. Über Führungsdrähte kann die Position systematisch optimiert werden, bevor die definitive, großlumige Markraumeröffnung folgt [13].

Die FDO kann alternativ mit einem Fixateur externe stabilisiert werden. Der Fixateur externe zeichnet sich bei Umstellungsoperationen insbesondere durch die maximale Schonung des Weichteil- und Knochengewebes aus und bietet die Möglichkeit einer sekundären postoperativen Achsenkorrektur [4, 15]. Nachteilig sind das Infektionsrisiko über die Pineintrittstellen, die Gefahr einer Bewegungseinschränkung sowie der geringere Patientenkomfort.

Die Vorteile der intramedullären Stabilisierung und des Fixateur externe können durch eine „fixateurassistierte Nagelung“ vereinigt werden, indem über einen temporären Fixateur die Korrektur erfolgt und die Stabilisation zum Komfort des Patienten mittels Verriegelungsnagel erfolgt. Hierzu werden 2 Pinpaare eines unilateralen Fixateurs dorsal im proximalen sowie im distalen Fragment der Tibia nahe des oberen Sprunggelenks eingebracht, ohne dass die spätere antegrade Marknagelung behindert wird. Zur besseren radiologischen Kontrolle ist die Verwendung von Karbonstäben für den Fixateur zu bevorzugen. Nach erfolgter Osteotomie werden die Knochenfragmente über den Fixateur korrigiert sowie temporär fixiert. Nach radiologischer Stellungskontrolle erfolgt die definitive Stabilisierung mittels Verriegelungsnagel sowie die Entfernung des Fixateurs.

Die Auswertung von 14 kniegelenknahen Fehlstellungen des Femur und 6 Fehlstellungen der Tibia, welche mittels FDO und fixateurassistierter Nagelung um durchschnittlich 21° bzw. 14° korrigiert wurden, ergab in 95% eine Genauigkeit der Korrektur von ±1° im Vergleich mit der präoperativen Planung. Ein sekundärer Korrekturverlust wurde bei keinem Patienten beobachtet [21].

Fazit für die Praxis

Die Wahl der Osteotomieform sollte individuell erfolgen in Abhängigkeit von der Komplexität, dem Ausmaß und der Lokalisation der Fehlstellung, der Beinlänge, der Gelenkstabilität, der Knochen- und Weichteilqualität, des Patientenalters, der Beschwerdesymptomatik sowie den Erfahrungen des Operateurs.

Entscheidende Vorteile der FDO sind der optimale Knochenkontakt, eine hohe postoperative Stabilität und die Möglichkeit zur vollständigen Wiederherstellung der Achsenverhältnisse ohne unerwünschte Translationsbewegungen.

Aufgrund ihrer hohen intraoperativen Justierbarkeit stellt die FDO auch für höhergradige Fehlstellungen des Kniegelenks in der Frontal- und Sagittalebene eine hervorragende Therapieoption dar. Voraussetzungen für den Erfolg der FDO sind eine genaue präoperative Planung und exakte intraoperative Technik und Achsenkontrolle.