Zusammenfassung
Weltweit haben Herpes-genitalis-Infektionen zugenommen (überwiegend durch Herpesvirus Typ 2, HSV-2, vermehrt auch durch HSV 1). Bei 75% der Infizierten verläuft die Infektion untypisch, sodass keine exakte Diagnose gestellt werden kann. Fast 90% der Mütter von Kindern mit neonatalem Herpes sind zum Geburtszeitpunkt symptomlos. Die intrauterine Infektion durch transplazentare Transmission ist selten. Hauptweg der neonatalen Infektion ist der direkte peripartale Kontakt mit maternalem Genitalsekret. Bei einer neonatalen Infektionsrate von 40–50% beträgt die Mortalität 40% und die Morbidität 20%. Im Gegensatz dazu führt die rekurrierende Infektion nur in etwa 1–5% der Fälle zu einer neonatalen Infektion, bedingt durch maternale IgG-Antikörper und geringe Virusmengen. Das therapeutische Konzept beinhaltet zunächst die ausführliche Aufklärung der werdenden Mutter und des Partners. Bei symptomatischer Infektion sollte spätestens 4 bis 6 Stunden nach dem Blasensprung die abdominale Schnittentbindung erfolgen, sonst ist kein Vorteil für das Kind zu erwarten. Die anamnestisch rekurrierende Infektion ist keine Indikation für eine prophylaktische Sectio. Die suppressive Aciclovir-Therapie ab der 36. SSW reduziert Symptomatik und Rezidivhäufigkeit und führt zu einem Sectiorückgang. Weder die primäre Sectio noch die Aciclovir-Therapie schließen eine maternofetale Transmission aus.
Abstract
Genital herpes infections have increased worldwide, predominantly due to herpes simplex virus type 2 (HSV-2) but also increasingly to HSV-1. In 75% of cases the course of the infection is atypical so that an exact diagnosis cannot be made. Nearly 90% of mothers of children with neonatal herpes are free of symptoms until the time of birth. Intrauterine infections by transplacental transmission are rare and the main route of neonatal infection is direct contact with maternal genital secretions peripartum. The neonatal infection rate is 40-50% with a mortality of 40% and a morbidity of 20%. In contrast recurrent infections lead to neonatal infections in only 1-5% of cases due to maternal IgG antibodies and low virus counts. The therapeutic concept includes initially a comprehensive consultation with the expectant mother and partner. In cases of symptomatic infections a Caesarean section should be carried out within 4-6 h following the rupture of membranes, otherwise no advantage for the child can be expected. Recurrent infections are not an indication for a prophylactic Caesarean section. Suppressive acyclovir therapy from 36 weeks gestation onwards reduces symptoms, the frequency of recurrence and leads to a reduction in Caesarean sections. Neither primary Caesarean section nor acyclovir therapy can exclude a maternofetal transmission.
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Die Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus (HSV) ist weltweit eine der am häufigsten auftretenden, durch Geschlechtsverkehr übertragenen Viruserkrankungen [14, 23, 56, 67]. Der HSV Typ 2 (HSV-2) ist die Hauptursache eines genitalen Herpes, wobei Infektionen des Genitaltraktes auch bei HSV-1 vermehrt beobachtet werden [5, 21, 30, 50]. Etwa 75–90% der mit HSV-2 Infizierten sind sich der Infektion nicht bewusst [3, 11, 19, 62]. Da fast 75% aller weiblichen Patienten mit genitalem Herpes – unabhängig davon, ob es sich um eine Primärinfektion oder ein Rezidiv handelt – keine oder sogar atypische Symptome aufweisen, gestaltet sich eine korrekte Diagnose recht schwierig. Die primäre Gefahr in der Schwangerschaft besteht in der Übertragung des Virus auf den Feten bzw. dem Neugeborenen mit teils schweren klinischen Verläufen [5, 30, 50].
Epidemiologie
Die HSV-2-Virusprävalenz in der Normalbevölkerung in älteren Untersuchungen lag bei 0,25–5%, während diese bei Frauen mit anderen genitalen Infektionen (z. B. sexuell übertragene Erkrankungen, auf etwa 7% anstieg [19]. Während die HSV-2-Prävalenz während der letzten Jahre in den USA gesunken ist (von 21% in 1988–1994 auf 17% in 1999–2004), ist die HSV-1-Seroprävalenz von 57,7% (1988 bis 1994; [67]) auf 62% (1999–2004) angestiegen. In Großbritannien wurde eine Inzidenz von 25% für HSV-2 beschrieben, während die Seroprävalenzrate in den Entwicklungsländern zwischen 60 und 90% liegt, in Abhängigkeit von weiteren Risikofaktoren (zum Beispiel Prostitution oder bekannte HIV-Infektion; [13]).
Obwohl HSV-2 die Hauptursache eines genitalen Herpes ist, kommen auch vermehrt genitale Infektionen mit HSV-1 vor [5, 21, 30, 50]. Interessanterweise zeigt sich bei Patienten, die nur mit HSV-1 infiziert sind, eine ansteigende Inzidenz, an einen Herpes genitalis zu erkranken [67]. Eine genitale HSV-1-Infektion ist in den letzten Jahren häufiger geworden [24, 60]. Somit ist sie mittlerweile eine wichtige Ursache des Herpes genitalis bei jungen Patienten. Es wird angenommen, dass etwa 80% der neuen Fälle eines genitalen Herpes in dieser Altersklasse durch HSV-1 verursacht werden [37, 47, 48]. Eine veränderte Sexualität sowie orogenitaler Geschlechtsverkehr sind die wichtigsten Risikofaktoren für eine genitale HSV-1-Infektion [33].
Serologische Untersuchungen in den USA zeigten, dass 22% der Schwangeren mit dem HSV-2 infiziert sind [66]. Interessanterweise zeigten 63% eine Seropositivität für HSV-1, und bei 13% konnten abgelaufene Infektionen beider Herpes-simplex-Viren nachgewiesen werden [66]. In Skandinavien wird die Seroprävalenz von HSV-2 auf etwa 33% während der Schwangerschaft geschätzt [20], in Kanada ist sie mit 17% niedriger [44]. Vereinzelte Untersuchungen in Deutschland weisen auf eine Durchseuchungsrate mit HSV-2 von 20–25% in der Durchschnittsbevölkerung hin [21]. Die HSV-2-Antikörperprävalenz im Erwachsenenalter wird auf etwa 15–40% geschätzt, dabei wird eine Prävalenz bei Schwangeren zwischen 6,3 und 8,9% angenommen [18].
In den USA liegt die Infektionsrate während der Schwangerschaft, je nach untersuchter Population, zwischen 8 und 60 pro 100 000 Lebendgeburten [9, 10, 38, 60, 65]. Die geschätzte HSV-Infektionsrate bei Neugeborenen in den Vereinigten Staaten ist Schwankungen unterlegen und beträgt zwischen 1/1400 und 1/30000 Lebendgeburten [4, 10, 34, 36, 64, 65]. In Großbritannien wird eine jährliche Inzidenz von 1:60.000 Lebendgeburten angenommen [58], während in Kanada eine niedrigere Inzidenz von 0,59:10.000 Lebendgeburten festgestellt wurde [31]. Für das restliche Europa liegen noch keine ausreichenden Daten vor; wahrscheinlich entspricht die Prävalenz derjenigen in Nordamerika.
Am höchsten ist das Risiko einer intrauterinen Virusübertragung während der ersten 20 SSW
Eine intrauterine Transmission findet wahrscheinlich bei 4–5% aller neonatologischen HSV-Erkrankungen statt [6]. Geht man von einer mittleren Inzidenz von 1:5000 Geburten mit einer intrauterinen Transmissionsrate von 5%, ist etwa ein Fall pro 100.000 Geburten durch eine intrauterine HSV-Infektion betroffen. Das Risiko einer intrauterinen Virusübertragung ist während der ersten 20 Schwangerschaftswochen am höchsten. Die Transmission führt zu Abort, Totgeburt und angeborenen fetalen Fehlbildungen (Infobox 1; [8, 9, 15, 20, 21, 22, 23, 24, 25]), wobei perinatale Mortalität mit etwa 50% angenommen wird [16].
Symptome
Primärinfektion: Eine symptomatische Primärinfektion mit HSV, die nach einer Inkubationszeit von 2 bis 20 Tagen auftritt, kann Blasenbildung und Ulzeration an den äußeren Genitalien (Abb. 1) und am Gebärmutterhals verursachen und zu Vulvaschmerzen, Dysurie, vaginalem Ausfluss und lokaler Lymphadenopathie führen [50]. Solche vesikuläre und ulzerative Läsionen werden ebenfalls an Innenschenkel, Gesäß, Perineum oder der perianalen Haut beobachtet. Dennoch können bereits vorhandene HSV-1-Antikörper die klinischen Manifestationen einer nachträglich erworbenen HSV-2-Infektion mindern [7, 9, 27]. Primärinfektionen während der Schwangerschaft können zu schwereren Erkrankungen führen als bei nichtschwangeren Patienten. Gingivostomatitis und Vulvovaginitis herpetica neigen besonders während einer Schwangerschaft zur Dissemination, wobei diese jedoch nur sehr selten während der Gestation beobachtet wurden [50]. Generell führt eine genitale HSV-1-Infektion zu einem klinisch ausgeprägteren Ausbruch, doch zu weniger Rezidiven als eine HSV-2-Infektion [30].
Rezidivierende Infektion: Die Symptome der Rezidive können denen einer Primärinfektion ähneln. Jedoch weisen diese Patienten weniger ausgeprägte Symptome als nach einer ersten Krankheitsepisode auf (Abb. 2). Prodromale Symptome, wie Juckreiz, Schmerzen oder Neuralgie, können Stunden oder Tage vor einer rezidiven Herpesepisode auftreten [15, 30, 50].
Die asymptomatischen Phasen zwischen klinischen Ausbrüchen des genitalen Herpes sind von Bedeutung, da HSV periodisch in latent infizierten Zellen reaktiviert werden kann [16]. Der Großteil der sexuellen Übertragungen von HSV ereignet sich während der asymptomatischen Phasen, da sich die Patienten der asymptomatischen Virusausscheidung nicht bewusst sind und keine klinische Symptomatik auftritt [17]. Fast alle HSV-2-seropositiven Patienten zeigen eine intermittierende Ausscheidung des Virus an der genitalen Mukosa, wobei meistens milde bzw. keine Symptome dieser Erkrankung vorhanden sind [59, 62]. Interessanterweise ist die asymptomatische Virusausscheidung bei HSV-2-infizierten Frauen höher als bei Frauen mit einer HSV-1 Infektion [15].
HSV kann in latent infizierten Zellen reaktiviert werden
Neonataler Herpes: Obwohl das Risiko einer vertikalen Übertragung gering ist, muss ein genitaler Herpes als häufigste Ursache für neonatale Infektionen angesehen werden, wobei die Passage durch einen infizierten Geburtskanal der wahrscheinlichste Übertragungsweg ist [50]. Es gibt nur wenige Daten für eine neonatale Herpeserkrankung bei Immunsupprimierten. Da HIV-positive Frauen im Vergleich zur normalen Population eine höhere Inzidenz einer HSV-2-Infektion haben (etwa 80%), scheint das Risiko einer a- oder oligosymptomatischen genitalen Virusausscheidung zum Zeitpunkt der Geburt erhöht [12, 55].
Bei bis zu 90% der Fälle eines neonatalen Herpes beruht das Risiko auf einer perinatalen Infektion durch direkten Kontakt mit maternalem Genitalsekret. Diese Transmission ist mit einer neonatalen Infektionsrate von 40–50%, einer neonatalen Mortalität von 40% und einer Morbidität von 20% behaftet. Im Gegensatz dazu führt die rekurrierende Infektion nur in etwa 1–5% der Fälle zu einer neonatalen Infektion, bedingt durch maternale IgG-Antikörper und geringe Virusmengen.
Eine neonatale HSV-Infektionen kann mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen (Infobox 1) und wird in drei Verlaufsformen unterteilt, wobei die Übergänge ineinander fließend sind:
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Geringgradig mit lokaler Erkrankung von Haut, Auge und Mund: Diese Manifestation mit den typischen Effloreszenzen an Haut, Auge und Mund (ohne Beteiligung des ZNS oder anderen Organen) betrifft etwa 45% der infizierten Kinder. Ohne eine rechtzeitige Therapie mit Aciclovir kann es zu einer Beteiligung des zentralen Nervensystems und einer generalisierten HSV-Dissemination kommen. Obwohl die Prognose nach einer Therapie sehr gut ist, kann es zu weiteren Krankheitsausbrüchen (vor allem an der Haut) während der Kindheit kommen [28, 29, 50].
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Gravierende Infektionen des zentralen Nervensystems: Eine Infektion des ZNS kommt bei etwa 30% der infizierten Neugeborenen vor. Es zeigen sich primär Lethargie, Unruhe, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme sowie Krämpfe mit oder ohne Hauteffloreszenzen. Mit einer rechtzeitigen Aciclovir-Behandlung sinkt die Mortalität auf etwa 6%. Allerdings zeigen bis zu 50% der überlebenden Kinder neurologische Auffälligkeiten [28, 29, 50].
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Schwerwiegende disseminierte Erkrankung mit Einbeziehung multipler Organe: Eine disseminierte Verbreitung von HSV führt zu Beteiligung multipler Organe und zum klinischen Bild einer Sepsis. Diese Form betrifft etwa 25% der HSV-infizierten Neugeborenen. Mit einer intravenösen Aciclovir-Therapie sinkt die Mortalitätsrate auf 30%. Allerdings ist die rechtzeitige Diagnose und Therapie für die kindliche Prognose entscheidend [28, 29, 50].
Diagnose
Die Diagnose genitaler HSV-Infektionen gestaltet sich oftmals schwierig, da sehr häufig keine oder sogar atypische Symptome auftreten [25]. Allgemein wird die Diagnose klinisch anhand der prodromalen Schmerzsymptomatik und der typischen kleinen vesikulären Effloreszenzen bei der Schwangeren gestellt. Aus diesen Vesikeln lässt sich bei diagnostischer Unsicherheit leicht Herpesantigen durch effloreszierende Antikörper nachweisen und eine Virusanzucht bzw. PCR (Polymerasekettenreaktion)-Diagnostik durchführen [16].
Die Bestimmung des serologischen HSV-Status der Schwangeren könnte in bestimmten Situationen hilfreich sein [22, 32]. Allerdings gehören solche routinemäßigen Untersuchungen (Screening) jedoch nicht zu den aktuellen Empfehlungen, da typenspezifische serologische Tests gegenwärtig nicht weit verbreitet sind und ihre Zuverlässigkeit fraglich ist [5]. Eine Untersuchung zur Identifizierung des entsprechenden HSV-Typs könnte in bestimmten Situationen hilfreich sein, da dadurch eine bessere Beratung und Einschätzung eines fetalen Infektionsrisikos bedingt möglich ist [8].
Therapie
Vor jeder Form der Behandlung (Tab. 1) müssen die werdende Mutter und ihr Partner ausführlich aufgeklärt werden.
Bei rezidivierendem Herpes genitalis sollte auf das relativ geringe Transmissionsrisiko und die Möglichkeiten einer prophylaktischen Aciclovir-Gabe und Sectio hingewiesen werden.
Schwangere Frauen mit einer ersten klinischen Episode oder einem Rezidiv können mit Aciclovir oder Valaciclovir behandelt werden.
Da Aciclovir und Valaciclovir offiziell nicht für die Behandlung in der Schwangerschaft zugelassen sind, sollten die Patienten vor einer antiviralen Therapie informiert und beraten werden [50]. Von einer Zunahme fetaler Fehlbildungen, vorzeitiger Blasensprünge oder Frühgeburten wurde bisher nicht berichtet, doch langfristige Ergebnisse stehen noch aus [42, 46].
Eine suppressive Behandlung mit Aciclovir und Valaciclovir ab der 36. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt reduziert erheblich sowohl die Häufigkeit klinischer Manifestationen als auch die Virusausscheidung bei der Geburt. Dadurch wird das Risiko einer vertikalen Übertragung verringert und eine Kaiserschnittentbindung verhindert [1, 35, 53, 54, 63]. Daher empfiehlt sich die prophylaktische Gabe von Aciclovir oder Valaciclovir im dritten Schwangerschaftstrimester für alle schwangeren Frauen mit regelmäßigen Ausbrüchen eines genitalen Herpes und/oder mit einer aktiven genitalen HSV-Infektion kurz vor oder zum Zeitpunkt der Geburt [1, 2, 7, 35, 52, 53, 54, 63].
Unabhängig von einer medikamentösen Therapie sollte eine Kaiserschnittentbindung bei Patientinnen mit einem symptomatischen Herpes genitalis vor oder spätestens innerhalb eines Zeitraumes von 4–6 Stunden nach Blasensprung erfolgen, da sonst keine Vorteile für das Kind zu erwarten sind. Durch einen Kaiserschnitt vor dem Blasensprung wird das Risiko einer intrapartalen Übertragung auf den Säugling reduziert [2, 10, 26, 43, 49, 50, 57]. Ein prophylaktischer Kaiserschnitt bei Frauen mit anamnestisch rezidivierendem Herpes genitalis zur Verhinderung einer maternofetalen Transmission ist nicht indiziert. Es müssten etwa 1580 Kaiserschnitte vorgenommen werden, um einen Fall von neonatalem Herpes zu verhindern [45].
Die Behandlung der Schwangeren im dritten Trimenon mit einer Aciclovir-Dosis von 4-mal 200 mg/Tag über einen Zeitraum von 2 bis 3 Wochen vor Entbindung vermindert die Zahl der Sectioentbindungen dramatisch und erwies sich als vorteilhaft für primäre wie für rezidivierende Infektionen mit genitalem Herpes. Allerdings könnte eine prophylaktische Aciclovir-Behandlung in bestimmten Situationen, z. B. bei Oligohydramnion oder fetaler Niereninsuffizienz, eine Gefahr für das Kind darstellen.
Eine orale oder topische Therapie des neonatalen Herpes ist obsolet. Trotz einer antiviralen Medikation sind Morbidität und Mortalität bei disseminiertem neonatalen Herpes immer noch sehr hoch. Trotz dieser Maßnahmen muss festgestellt werden, dass in keinem Fall eine absolute Sicherheit für den Feten gegeben ist.
Prävention
Generell
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Durch die hohe Rate an asymptomatischen und dadurch nicht diagnostizierten HSV-Infektionen sind prophylaktische Maßnahmen erschwert [30, 51]. Die Entwicklung eines Impfstoffes, der eine Infektion mit HSV-1 und HSV-2 verhindert, wäre die beste präventive Strategie um die Anzahl des Herpes neonatorum zu senken. Allerdings steht gegenwärtig noch kein effektiver prophylaktischer oder auch therapeutischer Impfstoff zur Verfügung.
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Eine ausführliche Anamnese sollte bei allen schwangeren Frauen und deren Partner im Rahmen der ersten Untersuchung erhoben werden (Abb. 3, [2, 49]).
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Frauen mit einer positiven HSV-Anamnese sollte geraten werden, während eines Rezidivs vom Geschlechtsverkehr (auch oralen Verkehr) abzusehen [5, 30, 50].
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Eine ausführliche Aufklärung sowie Beratung sollte bei Frauen mit einer negativen HSV-Anamnese über das mögliche Ansteckungsrisiko erfolgen [5, 30, 50]. Kondome scheinen das Risiko einer sexuellen HSV-Übertragung in bis zu 50% zu reduzieren und bieten diesbezüglich einen Transmissionsschutz [61].
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Die Bestimmung des serologischen HSV-Status der Schwangeren könnte in bestimmten Situationen hilfreich sein [22, 32]. Allerdings gehören solche routinemäßigen Untersuchungen (Screening) jedoch nicht zu den aktuellen Empfehlungen, da typenspezifische serologische Tests gegenwärtig nicht weit verbreitet sind und ihre Zuverlässigkeit fraglich ist [5].
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Eine typspezifische Untersuchung zur Identifizierung des HSV-Typs könnte in bestimmten Situationen sinnvoll sein, da dadurch eine bessere Beratung und Einschätzung eines fetalen Infektionsrisikos bedingt möglich ist [8].
Medizinische Prophylaxe
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Es empfiehlt sich die prophylaktische Verabreichung von Aciclovir (oder Valaciclovir; Abb. 3) im dritten Schwangerschaftstrimesnon für
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Die Behandlung der Schwangeren im dritten Trimenon mit einer Aciclovir-Dosis von 4-mal 200 mg/Tag über einen Zeitraum von 2 bis 3 Wochen vor Entbindung vermindert die Zahl der Sectioentbindungen.
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Eine Aciclovir-Prophylaxe war sowohl beim primären als auch beim rezidivierenden Herpes genitalis effektiv. Allerdings könnte eine prophylaktische Aciclovir-Behandlung in bestimmten Situationen, z. B. bei Oligohydramnion oder fetaler Niereninsuffizienz, eine Gefahr für das Kind darstellen.
Geburtsmodus
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Unabhängig von einer medikamentösen Therapie sollte eine Kaiserschnittentbindung bei allen schwangeren Frauen, bei denen der Verdacht auf eine aktive genitale HSV-Infektion besteht (oder prodromale Symptome einer HSV-Infektion vorliegen), durchgeführt werden (Abb. 3). Durch einen Kaiserschnitt vor dem Blasensprung wird das Risiko einer intrapartalen Übertragung auf das Neugeborene reduziert [2, 8, 9, 10, 26, 43, 49, 50, 57].
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Ein notwendiger Kaiserschnitt sollte spätestens innerhalb von 4 bis 6 Stunden nach Blasensprung erfolgen, da sonst keine Vorteile für das Kind zu erwarten sind [2, 8, 9, 10, 26, 43, 49, 50, 57].
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Wird die Primärinfektion während der ersten beiden Trimester der Schwangerschaft erworben, können sequenzielle Virusnachweise im Genitalsekret ab der 32. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Zeigen zwei aufeinander folgende Erregerbestimmungen ein negatives Ergebnis und liegen zum Zeitpunkt der Entbindung keine aktiven genitalen Herpesläsionen vor, könnte eine vaginale Entbindung angestrebt werden [50].
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Eine Amniotomie unter der Geburt sollte vermieden werden [57].
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Auf das Legen einer Kopfelektrode während der Geburt zur besseren CTG-Ableitung sollte verzichtet werden.
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Eine Saugglocken- bzw. Zangenentbindung sollte ebenfalls vermieden werden, da das Risiko einer HSV-Übertragung hierdurch erhöht wird [10, 27, 57].
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Ein prophylaktischer Kaiserschnitt bei Frauen mit anamnestisch rezidivierendem Herpes genitalis zur Verhinderung einer maternofetalen Transmission ist nicht indiziert. Es müssten etwa 1580 Kaiserschnitte vorgenommen werden, um einen Fall von neonatalem Herpes zu verhindern [45].
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Mylonas, I. Herpes genitalis in der Schwangerschaft. Gynäkologe 44, 623–629 (2011). https://doi.org/10.1007/s00129-011-2771-1
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