Zusammenfassung
Die einheitliche Erhebung der Behandlungsqualität ist national sowie international Gegenstand von Diskussionen. In dem vorliegenden Artikel stellen wir die Arbeit des „International Consortium for Health Outcomes Measurement“ (ICHOM) und die validierte deutsche Übersetzung des EPIC-26 („expanded prostate cancer index composite“) vor. Dieser Fragebogen ermöglicht eine einheitliche Erhebung der Behandlungsqualität fächerübergreifend für alle Therapiemodalitäten des lokalisierten Prostatakarzinoms. Mittels des ICHOM-Standardsets und des EPIC-26 wird eine Vergleichsmöglichkeit hinsichtlich der kurativen Erfolge der jeweiligen Therapien und der Effekt auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patienten geschaffen.
Abstract
The standardized collation of the quality of treatment is a subject of discussion both nationally and internationally. This article presents the work of the International Consortium for Health Outcomes Measurement (ICHOM) and the validated German translation of the expanded prostate cancer index composite (EPIC-26). This questionnaire allows a standardized interdisciplinary collation of the quality of treatment for all therapy modalities of localized prostate cancer. Use of the ICHOM standard set and the EPIC-26 achieves a possibility for comparison of each form of therapy with respect to the curative success and the effect on health and quality of life of patients.
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Hintergrund und Fragestellung
Die Messung der Behandlungsqualität wird in Deutschland immer intensiver diskutiert. Dies macht nicht zuletzt auch die Einrichtung des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen im Auftrag der Bundesregierung deutlich. Ein erhebliches Problem stellt das Fehlen von einheitlichen Bewertungssystemen für die einzelnen Behandlungsstrategien dar. Dies ist bei weitem kein allein deutsches Problem, sondern spiegelt sich auch auf internationaler Ebene wider.
Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde 2012 das „International Consortium for Health Outcomes Measurement“ (ICHOM, http://www.ichom.org) gegründet. Diese gemeinnützige Organisation an der Harvard University in Boston in Zusammenarbeit mit der „Boston Consulting Group“ (BCG) und dem Karolinska-Institutet in Stockholm hat sich zum Ziel gesetzt, Behandlungsergebnisse zu standardisieren und international vergleichbar zu machen.
Hierfür wurden international anerkannte Experten aus verschiedenen Bereichen der Medizin zusammengebracht, um für häufig auftretende Erkrankungsbilder relevante Messgrößen zur Bewertung der Behandlungsergebnisse („minimal standard sets“) zu entwickeln. Dadurch ist es Medizinern möglich, sich zu vergleichen, voneinander zu lernen und weiterzuentwickeln. International besetzte Arbeitsgruppen haben u. a. Empfehlungen für diverse Krankheitsbilder, wie die koronare Herzkrankheit, Morbus Parkinson, Schmerzen der Lendenwirbelsäule und Patienten mit Katarakt erstellt.
Auch für das lokalisierte Prostatakarzinom wurde 2012 eine Arbeitsgruppe gebildet. Auf Anregung und unter der Leitung der Martini-Klinik (H.H., M.G.) fand sich eine 28-köpfige Gruppe zusammen, die aus Urologen, Strahlentherapeuten, Onkologen, Statistikern, Registerexperten und Patientenvertretern bestand. In mehreren vor Ort Sitzungen und Telefonkonferenzen wurden die Mindestanforderungen zur Erhebung der Behandlungsergebnisse erstellt [1]. So wurde ein fächerübergreifendes und für alle Behandlungsmodalitäten identisches Bewertungs- und Informationsmedium geschaffen, das Klinikern und Patienten helfen kann.
Unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlungsmöglichkeiten des lokalisierten Prostatakarzinoms reichen von der aktiven Überwachung des Patienten über die operativen Therapien bis hin zur Radiatio und antihormonellen Therapie. Die Erhebung des Behandlungserfolgs erfolgt dabei sehr unterschiedlich und nicht fachübergreifend. Häufig werden diese Therapieformen nur in Bezug auf den onkologischen und funktionellen Erfolg hin untersucht. Die Frage nach dem Gesundheitszustand der Patienten bleibt dabei häufig unbeantwortet. Im ICHOM-Standardset für das lokalisierte Prostatakarzinom ist die Erfassung des Gesundheitszustands von herausgehobener Bedeutung. Die Arbeitsgruppe empfiehlt hierfür den „expanded prostate cancer index composite“: EPIC-26 [2].
Die Erhebung der funktionellen Ergebnisse mittels EPIC-26
Der Gesundheitszustand der Patienten mit einem Prostatakarzinom kann je nach Therapie individuell sehr unterschiedlich und schwer zu erheben sein. Um den Zustand des Patienten richtig beurteilen zu können, bietet sich die Verwendung von standardisierten und validierten Fragebögen an. Hier existiert bereits eine große Auswahl an entsprechenden Bögen [3]. Leider sind diese Erhebungsbögen oft recht umfangreich und die Verwendung ist nicht einheitlich und unterscheidet sich z. T. sehr stark von Klinik zu Klinik. Vielfach werden auch nicht validierte und selbst zusammengestellte Fragebögen verwendet. Dies macht die Vergleichbarkeit der Behandlungsergebnisse der einzelnen Häuser sowie auch der einzelnen Therapien sehr schwer.
Der EPIC-26-Fragebogen soll Abhilfe schaffen. Hierfür wurden dem bereits 2008 von der Universität von Michigan erstellten und etablierten EPIC-26-Fragen entnommen und diese bilden nun dessen Kurzform [4]. Die Grundlage des EPIC war der „UCLA-Prostate Cancer Index“ (PCI), der 1995 erstellt wurde. Dieser wurde erweitert und zum universell einsetzbaren Fragebogen für alle Behandlungsmodalitäten des Prostatakarzinoms umgearbeitet und validiert.
Die Bedeutung des EPIC-26 liegt in den von Patienten selber berichteten subjektiven Wertungen und in seiner international verbreiteten Anwendung. „Patient reported outcome measures“ (PROM) sind in der Lage verlässliche Ergebnisse zu produzieren und Aspekte adäquat abzudecken, die klinische Endpunkte nicht repräsentieren können.
Mit dem EPIC-26 wird dem Arzt ein Instrument an die Hand gegeben, welches leicht eingesetzt werden kann und für den Patienten nicht zu umfangreich in der Bearbeitung ist. In den 26 Fragen werden insgesamt 5 Domänen abgefragt: Hierbei handelt es sich um die Kontinenz, obstruktive/irritative Miktionssituation, gastrointestinale Symptome, sowie die Sexualfunktion und die hormonell bedingten Beschwerden für Männer, welche sich einer Androgen deprivierenden Therapie unterziehen. Die Auswertung des EPIC-26 hat den Vorteil, dass man für die einzelnen Domänen einen Punktwert zwischen 0 und 100 erhält, was ein Ergebnis selbsterklärend macht. Allerdings bedarf es hierfür der Umrechnung durch ein Scoringsystem.
Validierte deutschsprachige Übersetzung des EPIC-26
Bisher lag der EPIC-26 nur in einer englischsprachigen Version vor. Um diesen Fragebogen auch im deutschsprachigen Gebiet einsetzen zu können, war eine validierte Übersetzung erforderlich, welche in diesem Artikel erstmals publiziert und öffentlich verfügbar wird (Tab. 1, Tab. 2). Der linguistische Validierungsprozess erstreckte sich über einen Zeitraum von 4 Monaten. In Kooperation mit ICHOM, der MOVEMBER-Foundation, dem Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. und der Martini-Klinik wurde Mapi (ein in Lyon ansässiges Institut) beauftragt, welches sich u. a. auf die Validierung fremdsprachiger medizinischer Fragebögen spezialisiert hat. Der Validierungsprozess umfasste zum einen die Übersetzung und Rückübersetzung des englischen Originalfragebogens. Ungenauigkeiten in der Übersetzung wurden unter Fachkollegen diskutiert und Konsens gefunden. Dann erfolgte die Revision des Fragebogens durch Mediziner und der Test durch Patienten mit einem Prostatakarzinom. Dieser diente der Überprüfung der sprachlichen Verständlichkeit.
Ergebnis dieses Prozesses ist der vorliegende validierte deutsche EPIC-26, der nun zur Beurteilung des Gesundheitszustands von deutschsprachigen Patienten mit Prostatakarzinom eingesetzt werden kann. Selbstverständlich gibt es bei einem solchen Fragebogen auch Limitationen. Die Zentrierung der Befragung auf das Prostatakarzinom bringt es mit sich, dass speziellere Fragestellungen, wie der psychische Zustand des Patienten oder allgemeine Krankheitssymptome wie beispielsweise Angst, Disstress oder Fatique nicht in die Bewertung eingehen. Hier steht es den Kliniken frei, welche das ICHOM-Standardset einsetzen, speziellere Messwerkzeuge zu verwenden [5]. Den an der Entwicklung des ICHOM-Standardsets beteiligten Personen war es wichtig einen möglichst einfach anwendbaren, kurzen Fragebogen zu empfehlen, der einen Konsens aller beteiligten Berufsgruppen und Patientenvertreter darstellt.
Vergleichbarkeit der Behandlungsmodalitäten
Die einheitliche Erhebung der Behandlungsergebnisse soll keine Konkurrenz zwischen den beteiligten Kliniken schaffen. Wunsch der Autoren ist es vielmehr, mittels des ICHOM-Standardsets und des EPIC-26 eine Vergleichsmöglichkeit für die einzelnen Behandlungsstrategien hinsichtlich ihrer kurativen Erfolge und Effekt auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patienten zu schaffen – national, sowie international. Das wird zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse des lokalisierten Prostatakarzinoms beitragen – „What’s measured improves“ (Peter F. Drucker).
Für die durch den Patienten angegebene Punktzahl wird die entsprechende Bewertung notiert. Diese wird dann durch die Anzahl der in die Subdomänen einfließenden Fragen dividiert.
Einfließende Fragen für die entsprechenden Subdomänen:
-
Inkontinenz: 1 bis 4a,
-
irritativ/obstruktiv: 4b bis 4e,
-
gastrointestinal: 6a bis 7,
-
Sexualität: 8a bis 12,
-
hormonell: 13a bis 13e.
Eine ausführliche Anleitung zur Auswertung des Fragebogens finden Sie unter: http://www.ichom.org/files/proms/EPIC-26_and_Scoring_Instructions.pdf.
Fazit für die Praxis
Die Messung der Behandlungsqualität sollte international standardisiert werden. Die Verwendung des EPIC-26 im Rahmen des ICHOM-Standardsets „Lokalisiertes Prostatakarzinom“ bietet eine einfache valide Möglichkeit der Patientenbefragung unabhängig von der Art der Behandlung.
Literatur
Martin NE, Massey L, Stowell C et al (2015) Defining a standard set of patient-centered outcomes for men with localized prostate cancer. Eur Urol 67:460–467
Sanda MG, Dunn RL, Michalski J et al (2008) Quality of life and satisfaction with outcome among prostate-cancer survivors. N Engl J Med 358:1250–1261
Van Andel G, Bottomley A, Fosså SD et al (2008) An international field study of the EORTC QLQ-PR25: a questionnaire for assessing the health-related quality of life of patients with prostate cancer. Eur J Cancer 44:2418–2424
Wei JT, Dunn RL, Litwin MS et al (2000) Development and validation of the expanded prostate cancer index composite (EPIC) for comprehensive assessment of health-related quality of life in men with prostate cancer. Urology 56:899–905
Venderbos LD, Van Den Bergh RC, Roobol MJ et al (2015) A longitudinal study on the impact of active surveillance for prostate cancer on anxiety and distress levels. Psychooncology 24:348–354
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Interessenkonflikt. B. Beyer, H. Huland, G. Feick und M. Graefen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Beyer, B., Huland, H., Feick, G. et al. „Expanded prostate cancer index composite“ (EPIC-26). Urologe 54, 1591–1595 (2015). https://doi.org/10.1007/s00120-015-3922-0
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