Die Entstehung sekundärer Adenome und Adenokarzinome an der ureterokolonischen Anastomose nach Ureterosigmoideostomie ist eine weltweit akzeptierte Komplikation mit mehr als 200 bislang publizierten „case reports“ [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7]. Unterschiedlich beurteilt wird bislang das Tumorrisiko in anderen Formen der Harnableitung über isolierte Darmsegmente wie Conduits, Zystoplastiken, kontinente Ersatzblasen und Ileumharnleiterersatz, wonach bislang ca. 100 benigne und maligne Tumoren beobachtet wurden [8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17].

Ein Vergleich des Tumorrisikos verschiedener Formen der Harnableitung insbesondere im Vergleich zu den Tumorinzidenzen der Normalbevölkerung würde ein Tumorregister voraussetzen, bei dem nicht nur die sekundären Tumoren, sondern auch die Verlaufsdaten aller Harnableitungen, beispielsweise bundesweit, erfasst würden. Mangels eines solchen Krebsregisters kann das Risiko bislang nur durch „case reports“ und Tiermodelle [18, 19] abgeschätzt werden. Wenngleich tierexperimentelle Studien ein ähnliches Tumorrisiko kontinenter Harnableitungen mit und ohne Trennung von Stuhl und Urin [18] und ein reduziertes Tumorrisiko unter Verwendung von Ileum [19, 20, 21] nahelegen, können die klinischen Fallberichte dahingehend interpretiert werden, dass Harnableitungen unter Verwendung von Ileum und Kolon [5, 9, 10, 11, 12, 16, 17] ein ähnliches Karzinomrisiko haben und lediglich Zystoplastiken und Ureterosigmoideostomien bezüglich des Karzinomrisikos herausragen [3, 4, 6, 7, 8, 14, 15].

Vor diesem Hintergrund wurde vorliegende retrospektive Multicenterstudie initiiert mit dem Ziel, die Häufigkeit sekundärer Tumoren verschiedener Formen der Harnableitung unter Berücksichtigung der Zahl der bislang durchgeführten Harnableitungen zu vergleichen.

Patienten und Methode

In Deutschland partizipierten 44 (28,6%) von 154 kontaktierten urologischen Hauptabteilungen an der Studie, in dem sie uns entweder die Anzahl der seit 1970 in den jeweiligen Kliniken aufgezeichneten verschiedenen Formen der Harnableitung einschließlich der beobachteten sekundären Malignome mitteilten (n=33) oder uns die Erlaubnis gaben, in den jeweiligen Operationsbüchern die Zahlen selbst zu erfassen (n=11). Fünf Kliniken stellten uns eine prospektive Datenbank von Harnableitungen inklusive Follow-up-Daten der Patienten von 1970–2007 zur Verfügung, in 39 Kliniken erfolgte die Erfassung der Sekundärmalignome retrospektiv durch Klinikmitarbeiter.

Anzahl, Latenzzeit, Histologie, Lokalisation der sekundären Tumoren wurden ebenso erfasst wie Operationsdatum, Patientenalter und Operationsindikationen bei den Patienten mit Harnableitung. Für die verschiedenen Formen der Harnableitung wurden jeweils die Häufigkeit der sekundären Tumoren bezogen auf die Anzahl der operierten Harnableitungen und damit die verschiedenen Tumorprävalenzen ermittelt. Letztere wurden mittels des exakten Fisher-Tests verglichen. Sekundäre Tumoren, bei denen ein Zusammenhang mit der Grunderkrankung (z. B. Urothelkarzinom) nicht ausgeschlossen werden konnte, wurden nicht in die Datenerfassung miteinbezogen.

Ergebnisse

In den 44 Kliniken wurden zwischen 1970 und 2007 bei 17.758 Patienten verschiedene Formen der Harnableitung unter Verwendung von Darm durchgeführt, 32 davon entwickelten in den Harnableitungen sekundäre Tumoren. In Tab. 1 sind Tumorprävalenz, Latenzzeit und die durchschnittliche Zeit von der Operation bis zur Datenerhebung abgebildet. In Tab. 2 ist die Anzahl sekundärer Tumoren auf kontinente und inkontinente Formen der Harnableitungen bezogen.

Tab. 1 Sekundäre Tumore/Operationszahlen der verschiedenen Formen der Harnableitung unter Verwendung von Darm
Tab. 2 Sekundäre Tumore in kontinenten und inkontinenten Harnableitungen

In Ureterosigmoideostomien (22-fach) und Zystoplastiken (13-fach) war das Tumorrisiko signifikant höher als in anderen kontinenten Formen der Harnableitung wie Neoblasen und Pouches (p<0,0001). Zwischen Ureterosigmoideostomien und Zystoplastik war die Tumorhäufigkeit nicht signifikant unterschiedlich (p=0,46). Der Unterschied des Tumorrisikos zwischen kontinenten (0,13%) und inkontinenten (0,03%) Harnableitungen, Zystoplastiken ausgenommen, war ebenso signifikant (p=0,0091) wie der Unterschied zwischen Pouches/Neoblasen unter Verwendung von Kolon bzw. Ileozäkalregion (0,28%) und Ileumconduits (0,02%; p=0,00066). Die Unterschiede zwischen Ileumneoblasen (0,05%), bzw. Ileozäkalpouches (0,14%) und Ileumconduits (0,02%) hingegen waren nicht signifikant (p=0,84 bzw. 0,096).

Das Risiko in Harnableitungen unter Verwendung von Dickdarm bzw. Ileozäkalregion (0,27%), Ureterosigmoideostomien und Zystoplastiken ausgenommen, war signifikant höher als in Harnableitungen unter Verwendung von Ileum (0,03%; p<0,001). Die Unterschiede zwischen Kolon (0,23%) vs. Ileumconduit (0,02%; p=0,27) Ileozäkalpouch/-neoblase und Dickdarmneoblase (0,28%) vs. Ileumneoblase (0,05%; p=0,13) und Ileozäkalpouch (0,14%) vs. Ileumneoblase (0,05%; p=0,46) waren jeweils nicht signifikant unterschiedlich.

Der Unterschied zwischen ileozäkalen/Dickdarmneoblasen (1,29%) und Ileumneoblasen (0,05%) war jedoch signifikant (p<0,001), auch der Unterschied zwischen ileozäkalen Ersatzblasen (1,26%) und Ileumneoblasen (0,05%) war signifikant (p=0,0045).

Tab. 3 zeigt die Latenzzeit bis zum Nachweis eines sekundären Tumors. Die sekundären Tumoren waren histologisch am häufigsten Adenokarzinome (21/32) bzw. benigne Tumore (7/32) (Tab. 4).

Tab. 3 Latenzzeiten der sekundären Tumoren in verschiedenen Formen der Harnableitung
Tab. 4 Histologische Befunde der sekundären Tumoren

Direkt entstanden 15 der 16 (94%) Tumore nach Ureterosigmoideostomie an der ureterokolonischen Anastomose, 1 (6%) Adenokarzinom entwickelte sich 2 cm distal der ureterokolonischen Anastomose. Lediglich 8 (50%) der 16 Tumoren in Harnableitungen unter Verwendung von isolierten Darmsegmenten entstanden an der ureterointestinalen Anastomose, davon 2 in Ileumneoblasen, 1 in einer Dickdarmersatzblase, 2 in Ileozystoplastiken, 2 in Ileumconduits und 1 in einem Kolonconduit. Ein Tumor (6%) entstand an der vesikoilealen Grenzfläche einer Ileozystoplastik; 7 (44%) der Tumoren wurden im intestinalen Teil der Harnableitung beobachtet, davon 3 in ileozäkalen Ersatzblasen, 3 in ileozäkalen Pouches und 1 in einer Ileozystoplastik.

Diskussion

In einer 1990 publizierten Unicenterstudie aus Heidelberg im Vergleich mit den damaligen Krebsstatistiken in Hamburg und Saarland wurde eine 500-fach erhöhtes Tumorrisiko nach Ureterosigmoideostomie in der Altersgruppe zwischen 25 und 30 und ein 8-fach erhöhtes Risiko in der Altersgruppe 55–60 Jahren im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ermittelt [4]. Bis 2004 wurden 94 Tumoren in Harnableitungen über isolierte Darmsegmente publiziert [5, 9], wobei mangels Follow-up-Daten und mangels Bezug der publizierten Tumoren auf die Anzahl der durchgeführten Harnableitungen weder ein klinischer Vergleich der Harnableitungen untereinander, noch ein Vergleich des Tumorrisikos mit nationalen Krebsstatistiken möglich war. In der vorliegenden Studie wird erstmalig ein direkter Vergleich der Tumorhäufigkeit der sekundären Tumoren in verschiedenen Formen der Harnableitungen durchgeführt.

Die vorliegenden Daten belegen ein signifikant höheres Risiko sekundärer Tumoren in Ureterosigmoideostomien (22-fach) und Zystoplastiken (13-fach) als in anderen kontinenten Formen der Harnableitungen (p<0,0001). Eine gewisse Einschränkung könnte diese Aussage durch die Tatsache erfahren, dass 12 der 16 Tumoren nach Ureterosigmoideostomie und 2 der 4 Tumoren nach Zystoplastik >20 Jahre postoperativ entstanden, wohingegen nur wenige Patienten nach Neoblasen und Pouches bisher ein 20-Jahres-Follow-up erreicht haben (Tab. 1). Insofern könnte spekuliert werden, dass die Tumorlatenzzeit noch nicht in allen Neoblasen und katheterisierbaren Pouches erreicht ist. Auf der anderen Seite entstanden alle Tumoren in Neoblasen und Pouches innerhalb der ersten 20 postoperativen Jahre, 7 der 9 Tumoren sogar innerhalb der ersten 10 Jahre (Tab. 3). Insofern erscheint es sehr wahrscheinlich, dass die Tumorlatenzzeit zumindest bei den meisten Patienten erreicht ist und möglicherweise die Tumorlatenzzeiten der verschiedenen Harnableitungen unterschiedlich sind.

76 (81%) der in unserer Übersicht bis 2004 publizierten 94 Tumoren entstanden in Zystoplastiken, Ileozäkalpouches, Rektumblasen und Neoblasen unter Verwendung von Dünn- und Dickdarm sowie nach Ileumharnleiterersatz [5, 9], was ein erhöhtes Tumorrisiko in kontinenten Formen der Harnableitungen nahe legte. In der einzigen unizentrischen Studie von 665 Patienten mit Harnableitungen unter Verwendung von Ileum beobachteten Ali-el-Dein [8] 0,3% Tumoren in Conduits, 0,8% nach Ileumharnleiterersatz und 5,5% in Ileozystoplastiken durchschnittlich 17 (4–32) Jahre postoperativ, was ebenfalls für ein erhöhtes Tumorrisiko in kontinenten Formen der Harnableitung gegenüber inkontinenten Formen spricht. Wenngleich das erhöhte Tumorrisiko in kontinenten Formen der Harnableitung auch durch die vorliegende Studie bestätigt zu werden scheint, dürfte der signifikante Unterschied zwischen kontinenten und inkontinenten Harnableitungen in erster Linie durch das signifikant unterschiedliche Tumorrisiko zwischen orthotopem Blasenersatz unter Verwendung von Dickdarm bzw. Ileozäkalregion und Conduits bedingt sein, wohingegen zumindest Ileumneoblasen kein signifikant höheres Tumorrisiko haben als Ileumconduits. Bzgl. Zystoplastiken wiederum wird Ali-el-Deins Beobachtung durch unsere Daten bestätigt, zumindest bei chronisch infizierten Harnblasen nach Tuberkulose, Bilharziose oder Bestrahlung als Operationsindikation.

Das Tumorrisiko in (ileo)kolonischen Harnableitungen (0,27%) ohne Ureterosigmoideostomien und Zystoplastiken war signifikant höher als in Harnableitungen unter Verwendung von Ileum (0,03%) (p< 0,001), das Tumorrisiko in ileozäkalen bzw. kolonischen Neoblasen (1,29%) war 25-fach höher als in Ileumneoblasen (0,05%; p<0,001). Gennaro [20] und Williamson [21] erzielten nach Applikation von Kolonkarzinogenen bei Ratten niedrigere Tumorinzidenzen in transponierten Ileumsegmenten bzw. an ileokolonischen Anastomosen als an reinen Dickdarmanastomosen. Auch in einer eigenen tierexperimentiellen Arbeit war die Adenokarzinominzidenz nach Vesikosigmoideostomie bei Ratten (30%) durch Interposition eines Dünndarmsegments zwischen Blase und Rektosigmoid (5%) signifikant reduziert, was ebenfalls eine protektive Rolle von Ileum bezüglich der Karzinogenose nahe legte [19]. Angesichts der Tumorprävalenzen von 0,14% in Ileozäkalpouches, 0,23% in Kolonconduits vs. 0,05% in Ileumneoblasen und 0,02% in Ileumconduits scheint auch in der vorliegenden Studie ein Trend zu einem höheren Tumorrisiko in kolonischen Harnableitungen zu bestehen, wenngleich die Unterschiede nur für orthotope Ersatzblasen aus Kolon oder Ileozäkalregion signifikant waren. Interessanterweise entstanden alle 6 Tumoren in ileozäkalen Neoblasen und Pouches (ein Tumor war ein Karzinoid als typischer Tumor der Ileozäkalregion) innerhalb des intestinalen Anteils der Harnableitung, wohingegen beide Tumore nach Ileumneoblase, 3 der 4 Tumore in Ileozystoplastiken und alle 3 Conduittumoren direkt an der uretero- bzw. vesikoilealen Anastomose auftraten. Vor diesem Hintergrund kann spekuliert werden, dass Tumoren in ileozäkalen bzw. kolonischen Ersatzblasen oder Pouches eher Folge des allgemein höheren Tumorrisikos in Kolon im Vergleich zu Ileum sind als direkte Folge der Harnableitung, wohingegen Tumoren in Harnableitungen unter Verwendung von Ileum oder nach Ureterosigmoideostomie durch die Harnableitung per se an der ureterointestinalen Anastomose induziert werden.

Trotz der erstmalig vorliegenden Vergleichsmöglichkeit der Tumorprävalenz verschiedener Formen der Harnableitung in der vorgelegten Studie müssen die Daten doch kritisch interpretiert werden. Ein Kritikpunkt sind die fehlenden Follow-up-Daten der Patienten, so dass eine eventuell unterschiedliche Mortalität in den verschiedenen Harnableitungsgruppen dazu führen könnte, dass z. T. die Tumorlatenzzeiten gar nicht erreicht sind. Auch ist die 28,6%ige Teilnahmerate der deutschen Kliniken niedrig. Wenngleich die meisten High-volume-Kliniken bezüglich Harnableitung an der Studie teilnahmen, ist es theoretisch denkbar, dass manche sekundäre Tumoren in Kliniken außerhalb der Studie (z. B. in chirurgischen Kliniken) detektiert wurden und deswegen nicht in diese Studie einflossen. Umgekehrt könnten einige Tumore in Harnableitungen, die an den partizipierenden Kliniken therapiert wurden, in Harnableitungen aufgetreten sein, die in nicht an der Studie teilnehmenden Kliniken operiert worden waren.

Die Dateninterpretation ist ganz besonders für die Harnableitungen schwierig, die nur in geringer Zahl operiert wurden, z. B. die nur 309 ileozäkalen bzw. kolonischen Neoblasen und 253 Zystoplastiken, da schon einige Tumore mehr oder weniger die Tumorprävalenzen signifikant beeinflussen würden. Aus gleichem Grund würden sich die Tumorprävalenzen in kolonischen und ileozäkalen Neoblasen bei Nichtberücksichtigung der beiden gutartigen Tumoren deutlich ändern. Auf der anderen Seite dürfte diese Problematik bei den Harnableitungen, die in großer Zahl operiert worden sind wie Ileozäkalpouches (n=2181), Ileumneoblasen (n=4190) und Conduits (n=8637) ebenso wenig eine Rolle spielen wie bei Ureterosigmoideostomien, bei denen 16 Tumoren in nur 620 Patienten aufgetreten sind: einige Tumore mehr oder weniger würden hier die Tumorprävalenzen nicht signifikant beeinflussen. So hat unzweifelhaft die Ureterosigmoideostomie ein signifikant höheres Tumorrisiko als Ileumneoblasen, Conduits und ileozäkale Pouches.

Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die meisten „case reports“ in der Literatur Tumoren in Ileozystoplastiken [5, 8, 9, 14, 15] waren trotz eines nur geringen Tumorrisikos im Ileum der Allgemeinbevölkerung, so bestätigen die 4 in unserer Studie gefundenen Tumoren in Ileozystoplastiken das signifikant höhere Tumorrisiko auch in Ileozystoplastiken im Vergleich zu anderen Formen der Harnableitung. Lediglich für ileozäkale bzw. kolonische Ersatzblasen ist das Tumorrisiko aufgrund der derzeitigen Datenlage noch nicht sicher einzuordnen.

Ein Vergleich des Tumorrisikos der verschiedenen Formen der Harnableitung mit Krebsstatistiken der Allgemeinbevölkerung ist aufgrund der vorliegenden Daten nicht möglich. Dafür würden Follow-up-Daten der 17.758 Patienten benötigt, die in einer retrospektiven Studie über 40 Jahre ohne große finanzielle Mittel nicht zu erheben sind. Auf der anderen Seite liegen die Ergebnisse der unizentrischen Studie aus Heidelberg vor, die eindeutig ein 8- bis 500-fach erhöhtes Tumorrisiko nach Ureterosigmoideostomie verglichen mit dem allgemeinen Kolonkarzinomrisiko der Normalbevölkerung zeigte [4]. Der nicht signifikante Unterschied in der Tumorhäufigkeit zwischen Ileozystoplastiken (1,71%) und Ureterosigmoideostomien (2,58%) lässt mutmaßen, dass auch die Ileozystoplastiken zumindest bei den früheren Indikationen Tuberkulose oder chronisch-entzündliche Strahlenblasen ein signifikant erhöhtes Tumorrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben, zumal das Tumorrisiko im Ileum der Allgemeinpopulation minimal ist. Ob dies auch für Zystoplastiken gilt, die heutzutage bei neurogenen Blasen ohne langwierige chronische Entzündung operiert werden, bleibt abzuwarten. Gleichzeitig ist das Tumorrisiko in Ileumneoblasen und Conduits in der vorliegenden Arbeit so niedrig (Tab. 2), dass keinerlei Hinweis auf ein erhöhtes Tumorrisiko gegenüber der Normalbevölkerung besteht, eine Aussage, die möglicherweise auch für Ileozäkalpouches gilt. Ob das signifikant erhöhte Tumorrisiko in ileozäkalen bzw. kolonischen Ersatzblasen (25- bis 29-fach höher als Ileumneoblasen und 63- bis 72-fach höher als Ileumconduits) ein erhöhtes Kolonkarzinomrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung bedeutet, kann aufgrund der beschriebenen Limitationen dieser Studie nicht definitiv beantwortet werden. Es spricht, wie dargestellt, einiges dafür, dass das höhere Tumorrisiko in orthotopen Harnableitungen unter Verwendung von Dickdarm oder der Ileozäkalregion eher Folge des erhöhten Tumorrisikos in Dickdarm im Vergleich zu Dünndarm ist als direkte Folge einer Harnableitung.

Fazit für die Praxis

  • Ureterosigmoideostomien und Zystoplastiken haben ein signifikant erhöhtes Tumorrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung und benötigen insofern regelmäßige endoskopische Kontrollen zumindest ab dem 5. postoperativen Jahr.

  • Orthotope Neoblasen unter Verwendung der Ileozäkalregion oder des Kolon scheinen ein höheres Tumorrisiko als Ileumneoblasen oder Conduits zu haben – zumindest analog dem unterschiedlichen Karzinomrisiko in der Allgemeinbevölkerung zwischen Kolon und Ileum – und benötigen deswegen ebenfalls reguläre endoskopische Kontrollen ab dem 5. postoperativen Jahr.

  • Nach Ileumneoblasen oder Conduits sind diese regelmäßigen Endoskopien nicht notwendig, von der Urethroskopie zur rechtzeitigen Detektion urethraler Rezidive abgesehen.

  • Ob die unterschiedlichen Tumorhäufigkeiten zwischen Ileozäkalpouches (0,14%) und ileozäkalen Neoblasen (1,26%) bzw. kolonischen Neoblasen (1,43%) einem unterschiedlichen Tumorrisiko entsprechen oder durch die niedrigen Fallzahlen der ileozäkalen/kolonischen Neoblasen bzw. die Einbeziehung auch gutartiger Tumore bedingt ist, kann nicht abschließend beantwortet werden. Insofern muss bei Ileozäkalpouches zumindest beim Auftreten von Symptomen wie Hydronephrose, chronische Infektionen oder Hämaturie endoskopiert werden oder routinemäßig in größeren Abständen (z. B. 5–10 Jahre), ähnlich den prophylaktischen Koloskopien in der Allgemeinbevölkerung.