Der Lichen sclerosus (LS) ist eine chronische Hauterkrankung unklarer Ätiologie, die in Ihrer Prävalenz wegen oft unzureichender körperlicher Inspektion unterschätzt wird. Sie tritt nie bei postnatal zirkumzidierten Männern auf, ist assoziiert mit Trauma, Instrumentation, Genitalpiercing, anatomischen Abnormalitäten (z. B. Hypospadie), rezidiviert in freien Transplantaten und kann mit einem Plattenepithelkarzinom vergesellschaftet sein [3]. Sie kommt auch bei Kindern vor, wobei exakte Angaben zur Inzidenz fehlen [4, 12]. Ein urethraler Befall tritt in bis zu 30% auf und variiert von der Meatusstenose bis zur extensiven urethralen Striktur [1, 4, 8, 12]. Konventionelle operative Korrekturen sind durch hohe Rezidivraten gekennzeichnet. Die Patienten weisen einen hohen Leidensdruck aufgrund oft misslungener Voroperationen auf. Einen Ausweg aus diesem therapeutischen Dilemma bietet bei solitärer Meatusstenose die plastische Meatotomie nach Malone, die nach ihrer Erstbeschreibung 2004 [10] im eigenen Krankengut erfolgreich bei 21 Patienten angewendet und deren Ergebnisse prospektiv bewertet wurden.

Material und Methodik

Operationsindikationen waren hochgradige Meatusstenosen ohne wesentliche Ausdehnung in die Fossa navicularis (Abb. 1). Von Oktober 2004 bis April 2009 wurden 21 Patienten der neuen Operation nach Malone unterzogen. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 41,7 (7–75) Jahre. Das durchschnittliche Follow-up lag bei 3,4 Jahren (6 Monate bis 4,1 Jahre). Bei 12 Männern lag die histologische Verifizierung eines LS vor. Ein 39-jähriger Mann fiel durch chronische Niereninsuffizienz aufgrund sekundärer Harnstauungsnieren bei hochgradiger Meatusstenose durch LS auf. Fünf Patienten waren Kinder (7–12 Jahre) mit rezidivierender Stenose nach vorausgegangener Otis- oder plastischer Meatotomie. Bei 7 Erwachsenen waren insgesamt 12 Voroperationen (9 Meatotomien, 3 Meatusbougierungen) vorausgegangen. Nur 9 Operationen erfolgten als Primäreingriff. Wegen transurethraler Katheterisierung wurden alle Patienten stationär aufgenommen. Nach Katheterentfernung am Folgetag und Überprüfung einer guten Harnblasenentleerung erfolgte die Entlassung.

Abb. 1
figure 1

ab Operationsindikationen: hochgradige Meatusstenose bei LS

Das durchschnittliche Follow-up betrug 3,4 Jahre (6 Monate bis 4,1 Jahre) und umfasste eine Anamnese und eine körperliche Untersuchung, bei der der Neomeatus gespreizt wurde, um die distale Urethra zu beurteilen. Mit dieser Technik konnte ein Rezidiv sicher erfasst werden. Allen Patienten wurde prä- und postoperativ ein standardisierter Fragebogen zugestellt. Darin wurde das Miktionsverhalten, die Kosmetik und die sexuelle Erlebnisfähigkeit bewertet (Abb. 2, Abb. 3). Der postoperative Questionnaire wurde durchschnittlich 6 Monate postoperativ versandt.

Abb. 2
figure 2

Haben Sie einen versprengten Harnstrahl? (n=18)

Abb. 3
figure 3

Sind Sie mit dem kosmetischen Ergebnis zufrieden? (n=18)

Operationstechnik

Eine Kontraindikation stellt ein schwerer LS mit Befall der Fossa navicularis oder eine Fibrose des Corpus spongiosum der Glans penis dar, da diese Fälle die Bildung einer Neourethra erfordern [10]. Der Eingriff sollte mit einem Tourniquet durchgeführt werden, um in Blutleere eine gute Sicht zu ermöglichen. Eine schematische Darstellung der wesentlichen operativen Detailschritte findet sich nachfolgend [13].

Zwei 4×0-Vicrylhaltefäden werden auf beiden Seiten des stenosierten Meatus platziert (Abb. 4). Zunächst erfolgt eine kleine ventrale Meatotomie ohne Bildung einer Hypospadie (Abb. 5 a). Diese erweitert den Meatus und ermöglicht das Einführen einer Pinzette, um den LS-Befall der Fossa navicularis zu beurteilen (Abb. 5 b). Bei ausgedehnter Invasion der distalen Urethra wird eine Urethroplastik mit Wangenschleimhaut in Onlay-Technik durchgeführt [8, 13]. Bei isoliertem LS im Meatus erfolgt eine tiefe dorsale Meatotomie mit Schnitt durch die Glans penis (Abb. 6 a). Das Epithel der Harnröhre und Glans wird mit mehreren 6×0-Polyglactineinzelknopfnähten vernäht (Abb. 7).

Die Kombination von ventraler und dorsaler Meatotomie öffnet die Stenose zwar vollständig, beeinträchtigt jedoch zu diesem Zeitpunkt des Eingriffs das kosmetische Resultat aufgrund einer Faltenbildung der verdickten Glans durch die Meatotomienähte. Dies wird bewältigt durch eine invertiert V-förmige Glansinzision mit dem Apex des V nahe an der proximalen Grenze der dorsalen Meatotomie (Abb. 8). Die Inzisionsränder werden vertieft. Die gegenüberliegenden Inzisionsinnenränder werden mit fortlaufender 6×0-Polyglactinnaht vernäht, um das Dach der distalen Neourethra zu bilden und die Faltenbildung der Glansnähte zu korrigieren (Abb. 9). Die äußeren Wundränder der Glansinzision werden mit 6×0-Polyglactineinzelknopfnähten verschlossen (Abb. 10). Das Endergebnis ist ein schlitzförmiger weiter Meatus an der Eichelspitze (Abb. 11).

Abb. 4
figure 4

Haltefäden beidseits neben dem stenosierten Meatus

Abb. 5
figure 5

ab Kleine ventrale Meatotomie, Einführung einer Pinzette zum Ausschluss eines Harnröhrenbefalls durch den Lichen sclerosus

Abb. 6
figure 6

ab Tiefe dorsale Meatotomie

Abb. 7
figure 7

ab Epithelnähte zwischen eröffneter Harnröhre und Glans penis

Abb. 8
figure 8

Invertiert V-förmige Glansinzision mit dem Apex des V oberhalb der proximalen Grenze der dorsalen Meatotomie

Abb. 9
figure 9

ab Vernähung der gegenüberliegenden und mobilisierten Innenränder der Glansinzision mit fortlaufender 6×0-Polyglactinnaht

Abb. 10
figure 10

Verschluss der äußeren Wundränder der Glansinzision mit 6×0-Polyglactineinzelknopfnähten. Intraoperatives Endergebnis ohne Tourniquet

Abb. 11
figure 11

Endergebnis nach 12 Monaten: schlitzförmiger, bei Spreizung weiter Meatus an der Glansspitze

Ergebnisse

Es gab keine Frühkomplikationen. Nach Katheterentfernung bestand bei allen Patienten eine ungestörte Spontanmiktion. In keinem Fall kam es zur Rezidivstenose oder Harnröhrenfistel. Der Fragebogen wurde von 18 Männern bzw. Eltern der Kinder beantwortet (Abb. 2, Abb. 3). Alle Patienten hatten ein gutes Miktionsverhalten. Mit dem kosmetischen Ergebnis waren 15/18 (83,3%) der Befragten zufrieden. Eine Beeinträchtigung der sexuellen Erlebnisfähigkeit wurde von den erwachsenen Männern nicht angegeben.

Diskussion

Die Therapie eines urethralen LS-Befalls zeichnet sich durch eine hohe Rezidivrate aus. Im Schrifttum finden sich bevorzugt Arbeiten über rekonstruktive Verfahren zur Beseitigung kurz- oder langstreckiger Harnröhrenstrikturen [1, 6, 8, 9, 12]. Dabei bietet die Verwendung von Wangenschleimhautonlays die besten Langzeitergebnisse [8, 9, 12]. Publikationen über die Korrektur der isolierten Meatusstenose gibt es kaum [10, 12]. Doch ist diese Erkrankung eine den Patienten belastende und schwer zu beherrschende Situation.

Die chirurgische Behandlung einer Meatusstenose sollte funktionelle und kosmetische Aspekte berücksichtigen. Das ideale Verfahren sollte die Obstruktion dauerhaft beseitigen, einen schlitzförmigen orthotopen Meatus schaffen und eine zufrieden stellende Miktion ohne versprengten Harnstrahl ermöglichen. Die hierzu beschriebenen Operationsmethoden umfassen Meatusdilatation, einfache ventrale Meatotomie und verschiedene Verfahren der distalen Urethroplastik [2, 5, 7, 11, 14]. Diese Techniken erfüllen jedoch v. a. bei hochgradiger Stenose oder ventraler Meatusposition nicht die geforderten Kriterien. Diese Erkenntnis ließ sich auch im eigenen Krankengut bestätigen. Meatusdilatationen und konventionelle Meatotomien waren bei den meisten Patienten erfolglos vorgenommen worden. Zudem enden Rezidiveingriffe bei ventralem Meatus oft in der Bildung einer hypospaden Harnröhrenöffnung [11, 12]. Leider wurden Langzeitergebnisse innovativer Verfahren nicht veröffentlicht [2, 5, 7, 14].

Einen Ausweg aus diesem therapeutischen Dilemma bietet die 2004 erstmals veröffentlichte Technik von Malone [10]. Die Kombination aus ventraler und dorsaler Meatotomie schafft eine weite Harnröhrenöffnung. Die Vernähung der invertiert V-förmigen Inzision erhält den Meatus an der Penisspitze. Die Bildung eines hypospaden Meatus wird vermieden [13].

Interessant ist die Tatsache, dass trotz Einbeziehung der erkrankten Glans bisher weder in der Originalpublikation noch im eigenen Krankengut Rezidivstenosen auftraten. Trotz der kurzen Nachbeobachtungszeiten ist dies bemerkenswert, da die progrediente Grunderkrankung meist in wenigen Jahren zur erneuten Enge nach Voroperation führt. Bei Venn u. Mundy [14] erforderten alle 12 Harnröhrenplastiken mittels Genitalhaut nach einem Beobachtungszeitraum von 5 Jahren einen Sekundäreingriff. In der jüngsten internationalen Multicenteranalyse von Kulkarni et al. [8] fand sich bei 15 Männern (7% des Gesamtkollektives) eine Erfolgsrate von 80% nach Meatotomie.

Fazit für die Praxis

Die erstmals im deutschen Sprachraum vorgestellten Ergebnisse weisen auf eine neue Technik hin, die das Konzept einer idealen Operation verwirklicht. Das Verfahren ist im Kurzzeitverlauf effektiv und rezidivfrei. Es führt zu guten funktionellen und zufrieden stellenden kosmetischen Ergebnissen. Erfahrungen bei einem größeren Patientenkollektiv mit längerem Follow-up müssen abgewartet werden, um den endgültigen Stellenwert dieser innovativen Technik beurteilen zu können.