Zusammenfassung
Erfahrungen mit einer neuen Technik zur Beseitigung hochgradiger Meatusstenosen bei Knaben und Männern mit Lichen sclerosus werden mitgeteilt. In einem 4-Jahres-Zeitraum wurden 21 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 41,7 (7–75) Jahren der plastischen Meatotomie nach Malone unterzogen. Das durchschnittliche Follow-up betrug 3,4 Jahre (6 Monate bis 4,1 Jahre). Der Eingriff kombiniert eine sparsame ventrale mit einer tiefen dorsalen Meatotomie und korrigiert die durch den letzten Teilschritt hervorgerufene Faltenbildung der Glans mittels Vernähung einer invertiert V-förmigen Glansinzision. Allen Patienten wurde ein Fragebogen zur Beurteilung des funktionellen und kosmetischen Ergebnisses zugestellt. Es traten keine Komplikationen oder Rezidivstenosen auf. Die Fragebögen wurden von 18/21 Patienten beantwortet. Alle waren mit dem funktionellen Ergebnis und 15/18 mit dem kosmetischen Ergebnis zufrieden. Die Technik beseitigt im Kurzzeitverlauf zuverlässig die Stenose. Sie ist einfach und zügig durchführbar, vermeidet einen hypospaden Neomeatus und gewährleistet gute Ergebnisse.
Abstract
A novel technique is reported to relieve stenosis of the external urinary meatus in men and boys with lichen sclerosus. A total of 21 patients underwent the new operation of Malone in a 4-year period. The mean patient age was 41.7 years (range: 7–75 years) and mean follow-up was 3.4 years (6 months to 4.1 years). The procedure combines a small ventral with an extensive dorsal meatotomy and ends with an inverted V-shaped relieving incision to correct puckering caused by dorsal meatotomy. Patients were mailed a questionnaire asking if they were pleased with the functional and cosmetic results There were no complications or recurrences. A total of 18 patients replied to the questionnaires. All patients were pleased with the functional and 15 were satisfied with the cosmetic results. The technique relieves stenosis of the external urinary meatus in the short term.It is rapid and easy to perform, avoids a hypospadiac meatus and provides good results.
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Der Lichen sclerosus (LS) ist eine chronische Hauterkrankung unklarer Ätiologie, die in Ihrer Prävalenz wegen oft unzureichender körperlicher Inspektion unterschätzt wird. Sie tritt nie bei postnatal zirkumzidierten Männern auf, ist assoziiert mit Trauma, Instrumentation, Genitalpiercing, anatomischen Abnormalitäten (z. B. Hypospadie), rezidiviert in freien Transplantaten und kann mit einem Plattenepithelkarzinom vergesellschaftet sein [3]. Sie kommt auch bei Kindern vor, wobei exakte Angaben zur Inzidenz fehlen [4, 12]. Ein urethraler Befall tritt in bis zu 30% auf und variiert von der Meatusstenose bis zur extensiven urethralen Striktur [1, 4, 8, 12]. Konventionelle operative Korrekturen sind durch hohe Rezidivraten gekennzeichnet. Die Patienten weisen einen hohen Leidensdruck aufgrund oft misslungener Voroperationen auf. Einen Ausweg aus diesem therapeutischen Dilemma bietet bei solitärer Meatusstenose die plastische Meatotomie nach Malone, die nach ihrer Erstbeschreibung 2004 [10] im eigenen Krankengut erfolgreich bei 21 Patienten angewendet und deren Ergebnisse prospektiv bewertet wurden.
Material und Methodik
Operationsindikationen waren hochgradige Meatusstenosen ohne wesentliche Ausdehnung in die Fossa navicularis (Abb. 1). Von Oktober 2004 bis April 2009 wurden 21 Patienten der neuen Operation nach Malone unterzogen. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 41,7 (7–75) Jahre. Das durchschnittliche Follow-up lag bei 3,4 Jahren (6 Monate bis 4,1 Jahre). Bei 12 Männern lag die histologische Verifizierung eines LS vor. Ein 39-jähriger Mann fiel durch chronische Niereninsuffizienz aufgrund sekundärer Harnstauungsnieren bei hochgradiger Meatusstenose durch LS auf. Fünf Patienten waren Kinder (7–12 Jahre) mit rezidivierender Stenose nach vorausgegangener Otis- oder plastischer Meatotomie. Bei 7 Erwachsenen waren insgesamt 12 Voroperationen (9 Meatotomien, 3 Meatusbougierungen) vorausgegangen. Nur 9 Operationen erfolgten als Primäreingriff. Wegen transurethraler Katheterisierung wurden alle Patienten stationär aufgenommen. Nach Katheterentfernung am Folgetag und Überprüfung einer guten Harnblasenentleerung erfolgte die Entlassung.
Das durchschnittliche Follow-up betrug 3,4 Jahre (6 Monate bis 4,1 Jahre) und umfasste eine Anamnese und eine körperliche Untersuchung, bei der der Neomeatus gespreizt wurde, um die distale Urethra zu beurteilen. Mit dieser Technik konnte ein Rezidiv sicher erfasst werden. Allen Patienten wurde prä- und postoperativ ein standardisierter Fragebogen zugestellt. Darin wurde das Miktionsverhalten, die Kosmetik und die sexuelle Erlebnisfähigkeit bewertet (Abb. 2, Abb. 3). Der postoperative Questionnaire wurde durchschnittlich 6 Monate postoperativ versandt.
Operationstechnik
Eine Kontraindikation stellt ein schwerer LS mit Befall der Fossa navicularis oder eine Fibrose des Corpus spongiosum der Glans penis dar, da diese Fälle die Bildung einer Neourethra erfordern [10]. Der Eingriff sollte mit einem Tourniquet durchgeführt werden, um in Blutleere eine gute Sicht zu ermöglichen. Eine schematische Darstellung der wesentlichen operativen Detailschritte findet sich nachfolgend [13].
Zwei 4×0-Vicrylhaltefäden werden auf beiden Seiten des stenosierten Meatus platziert (Abb. 4). Zunächst erfolgt eine kleine ventrale Meatotomie ohne Bildung einer Hypospadie (Abb. 5 a). Diese erweitert den Meatus und ermöglicht das Einführen einer Pinzette, um den LS-Befall der Fossa navicularis zu beurteilen (Abb. 5 b). Bei ausgedehnter Invasion der distalen Urethra wird eine Urethroplastik mit Wangenschleimhaut in Onlay-Technik durchgeführt [8, 13]. Bei isoliertem LS im Meatus erfolgt eine tiefe dorsale Meatotomie mit Schnitt durch die Glans penis (Abb. 6 a). Das Epithel der Harnröhre und Glans wird mit mehreren 6×0-Polyglactineinzelknopfnähten vernäht (Abb. 7).
Die Kombination von ventraler und dorsaler Meatotomie öffnet die Stenose zwar vollständig, beeinträchtigt jedoch zu diesem Zeitpunkt des Eingriffs das kosmetische Resultat aufgrund einer Faltenbildung der verdickten Glans durch die Meatotomienähte. Dies wird bewältigt durch eine invertiert V-förmige Glansinzision mit dem Apex des V nahe an der proximalen Grenze der dorsalen Meatotomie (Abb. 8). Die Inzisionsränder werden vertieft. Die gegenüberliegenden Inzisionsinnenränder werden mit fortlaufender 6×0-Polyglactinnaht vernäht, um das Dach der distalen Neourethra zu bilden und die Faltenbildung der Glansnähte zu korrigieren (Abb. 9). Die äußeren Wundränder der Glansinzision werden mit 6×0-Polyglactineinzelknopfnähten verschlossen (Abb. 10). Das Endergebnis ist ein schlitzförmiger weiter Meatus an der Eichelspitze (Abb. 11).
Ergebnisse
Es gab keine Frühkomplikationen. Nach Katheterentfernung bestand bei allen Patienten eine ungestörte Spontanmiktion. In keinem Fall kam es zur Rezidivstenose oder Harnröhrenfistel. Der Fragebogen wurde von 18 Männern bzw. Eltern der Kinder beantwortet (Abb. 2, Abb. 3). Alle Patienten hatten ein gutes Miktionsverhalten. Mit dem kosmetischen Ergebnis waren 15/18 (83,3%) der Befragten zufrieden. Eine Beeinträchtigung der sexuellen Erlebnisfähigkeit wurde von den erwachsenen Männern nicht angegeben.
Diskussion
Die Therapie eines urethralen LS-Befalls zeichnet sich durch eine hohe Rezidivrate aus. Im Schrifttum finden sich bevorzugt Arbeiten über rekonstruktive Verfahren zur Beseitigung kurz- oder langstreckiger Harnröhrenstrikturen [1, 6, 8, 9, 12]. Dabei bietet die Verwendung von Wangenschleimhautonlays die besten Langzeitergebnisse [8, 9, 12]. Publikationen über die Korrektur der isolierten Meatusstenose gibt es kaum [10, 12]. Doch ist diese Erkrankung eine den Patienten belastende und schwer zu beherrschende Situation.
Die chirurgische Behandlung einer Meatusstenose sollte funktionelle und kosmetische Aspekte berücksichtigen. Das ideale Verfahren sollte die Obstruktion dauerhaft beseitigen, einen schlitzförmigen orthotopen Meatus schaffen und eine zufrieden stellende Miktion ohne versprengten Harnstrahl ermöglichen. Die hierzu beschriebenen Operationsmethoden umfassen Meatusdilatation, einfache ventrale Meatotomie und verschiedene Verfahren der distalen Urethroplastik [2, 5, 7, 11, 14]. Diese Techniken erfüllen jedoch v. a. bei hochgradiger Stenose oder ventraler Meatusposition nicht die geforderten Kriterien. Diese Erkenntnis ließ sich auch im eigenen Krankengut bestätigen. Meatusdilatationen und konventionelle Meatotomien waren bei den meisten Patienten erfolglos vorgenommen worden. Zudem enden Rezidiveingriffe bei ventralem Meatus oft in der Bildung einer hypospaden Harnröhrenöffnung [11, 12]. Leider wurden Langzeitergebnisse innovativer Verfahren nicht veröffentlicht [2, 5, 7, 14].
Einen Ausweg aus diesem therapeutischen Dilemma bietet die 2004 erstmals veröffentlichte Technik von Malone [10]. Die Kombination aus ventraler und dorsaler Meatotomie schafft eine weite Harnröhrenöffnung. Die Vernähung der invertiert V-förmigen Inzision erhält den Meatus an der Penisspitze. Die Bildung eines hypospaden Meatus wird vermieden [13].
Interessant ist die Tatsache, dass trotz Einbeziehung der erkrankten Glans bisher weder in der Originalpublikation noch im eigenen Krankengut Rezidivstenosen auftraten. Trotz der kurzen Nachbeobachtungszeiten ist dies bemerkenswert, da die progrediente Grunderkrankung meist in wenigen Jahren zur erneuten Enge nach Voroperation führt. Bei Venn u. Mundy [14] erforderten alle 12 Harnröhrenplastiken mittels Genitalhaut nach einem Beobachtungszeitraum von 5 Jahren einen Sekundäreingriff. In der jüngsten internationalen Multicenteranalyse von Kulkarni et al. [8] fand sich bei 15 Männern (7% des Gesamtkollektives) eine Erfolgsrate von 80% nach Meatotomie.
Fazit für die Praxis
Die erstmals im deutschen Sprachraum vorgestellten Ergebnisse weisen auf eine neue Technik hin, die das Konzept einer idealen Operation verwirklicht. Das Verfahren ist im Kurzzeitverlauf effektiv und rezidivfrei. Es führt zu guten funktionellen und zufrieden stellenden kosmetischen Ergebnissen. Erfahrungen bei einem größeren Patientenkollektiv mit längerem Follow-up müssen abgewartet werden, um den endgültigen Stellenwert dieser innovativen Technik beurteilen zu können.
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Steffens, J., Anheuser, P., Reisch, B. et al. Lichen sclerosus mit Meatusstenose. Urologe 49, 401–406 (2010). https://doi.org/10.1007/s00120-009-2204-0
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