Zusammenfassung
Hintergrund
Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine zentrale Rolle in der muskuloskeletalen Bildgebung. Die hohe Prävalenz und der oft große Leidensdruck der betroffenen Patienten stellen eine besondere Herausforderung an Verfügbarkeit und Durchsatz dar. Die Niederfeld-MRT (≤ 1,0 T) hat methodisch betrachtet das Potenzial, diese infrastrukturellen Herausforderungen zu bewältigen, wobei sie in den letzten drei Jahrzenten den Ansprüchen an die Bildqualität im Vergleich zu Hochfeldgeräten nicht mehr gerecht werden konnte. Fortschritte im Bereich der Hochleistungshard- und -software versprechen heute, viele muskuloskeletale Regionen und Indikationen auch bei niedrigeren Feldstärken in ausreichend hoher Qualität abzudecken.
Ziel der Arbeit
Dieser Artikel soll einen Einblick in die Vor- und Nachteile muskuloskeletaler Bildgebung bei niedrigen Feldstärken geben, vorhandene Literatur vorstellen und eigene erste Erfahrungen mit einem modernen 0,55-T-MRT-Gerät beschreiben.
Material und Methoden
Diese Übersichtsarbeit basiert auf einer Recherche in verschiedenen Literaturdatenbanken und auf eigenen Erfahrungen in der muskuloskeletalen Bildgebung mit einem modernen 0,55-T-Scanner.
Schlussfolgerung
Die vorhandene Datenlage zur muskuloskeletalen Bildgebung in der Niederfeld-MRT ist größtenteils veraltet, und es bedarf Studien zur diagnostischen Leistungsfähigkeit moderner Niederfeld-MRT-Systeme. Diese neuen Geräte könnten die bestehende Hochfelddiagnostik ergänzen und so den Zugang zu hochwertiger MRT-Diagnostik des Bewegungsapparats erleichtern. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die moderne Niederfeld-Diagnostik bei bestimmten Fragestellungen und Indikationen, insbesondere bei der Diagnostik von akuten muskuloskeletalen Verletzungen, in ausreichender Qualität möglich erscheint.
Abstract
Background
Magnetic resonance imaging (MRI) plays a crucial role in musculoskeletal imaging. The high prevalence and pain-related suffering of patients pose a particular challenge concerning availability and turnover times, respectively. Low-field (≤ 1.0 T) MRI has the potential to fulfill these needs. However, during the past three decades, high field systems have increasingly replaced low field systems because of their limitations in image quality. Recent technological advancements in high-performance hard- and software promise musculoskeletal imaging with adequate quality at lower field strengths for several regions and indications.
Objectives
The goal is to provide insight into the advantages and disadvantages of low-field musculoskeletal imaging, discuss the current literature, and include our first experiences with a modern 0.55 T MRI.
Materials and methods
This review is based on research in various literature databases and our own musculoskeletal imaging experiences with a modern 0.55 T scanner.
Conclusion
Most publications pertaining to musculoskeletal imaging at low-field strength MRI are outdated, and studies regarding the diagnostic performance of modern low-field MRI systems are needed. These new systems may complement existing high-field systems and make MRI more accessible, even in low-income countries. From our own experience, modern low-field MRI seems to be adequate in musculoskeletal imaging, especially in acute injuries.
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Als die Magnetresonanztomographie (MRT) in den 1980er Jahren ihren Einzug in die muskuloskeletale Bildgebung hielt, nutzte man zunächst die damals verfügbaren niedrigen Feldstärken im Bereich von 0,05 bis 0,35 T. Aufgrund der eingeschränkten Bildqualität, die eine zuverlässige Diagnostik erschwerte, konnten sich diese Geräte im täglichen klinischen Gebrauch nicht dauerhaft etablieren. Seitdem haben technologische Weiterentwicklungen der MRT-Systeme dazu geführt, dass heutzutage fast ausschließlich Hochfeld-MRT-Scanner mit Feldstärken von 1 und 3 T den klinischen Alltag prägen [1]. Diese bieten in der muskuloskeletalen Bildgebung im Vergleich zu Niederfeld-MRT Systemen den Vorteil von potenziell besserer Bildqualität durch bessere Kontraste, höhere Auflösung und kürzere Messzeiten. Allerdings konnten einige Studien zeigen, dass höhere Feldstärken nicht automatisch zu einer Verbesserung der diagnostischen Aussagekraft führen, sondern diese in erster Linie von der Erfahrung des befundenden Radiologen abhängt [2]. Dennoch ist der Marktanteil von MRT-Geräten < 1,5 T in den letzten Jahrzehnten stark gesunken, von ca. 30 % im Jahr 2000 auf nunmehr ca. 5 % [3]. Die Steigerung der Feldstärke in der MRT-Bildgebung des Bewegungsapparats birgt neben ihren Vorteilen jedoch auch Risiken und Nachteile. Neben den höheren Anschaffungs- und Unterhaltskosten sind für Hochfeld-MRT Systeme deutlich mehr Aufwendungen zum Erhalt der Gebäudestatik und zur Abschirmung des Magnetfelds nötig. Daneben muss bei Hochfeld-MRT-Systemen und insbesondere bei Ultrahochfeld-MRT-Systemen (z. B. mit 7 T) vermehrt auf die Sicherheit bei der Untersuchung von Patienten geachtet werden, insbesondere wenn Implantate vorliegen [4, 5].
Moderne Niederfeld-MRT-Systeme hingegen könnten durch ihre geringeren Kosten zukünftig die Messkapazitäten, z. B. für die traumatologische Akutdiagnostik, erhöhen. Durch ihre einfachere Installation haben Niederfeld-MRT-Geräte zudem das große Potenzial, Erkrankungen des Bewegungsapparats zunehmend flächendeckend und dezentral zu diagnostizieren [1].
Am Universitätsklinikum Erlangen nutzen die Autoren seit November 2020 ein modernes 0,55-T-MRT-Gerät mit supraleitendem Magneten (MAGNETOM Free.Max; Siemens Healthcare GmbH, Erlangen) in der klinischen Routine, welches ein breites Einsatzspektrum in unterschiedlichen anatomischen Lokalisationen des ganzen Körpers besitzt. Zu solchen modernen Niederfeld-Geräten mit leistungsstarker Hard- und Software ist die Datenlage zur diagnostischen Qualität der Bildgebung des Bewegungsapparats bislang noch sehr limitiert. In der Regel sind die verfügbaren Publikationen zur muskuloskeletalen Bildgebung mit Niederfeld-MRT-Systemen mehrere Jahrzehnte alt [6]. Dieser Artikel soll einen Überblick über die bestehende Studienlage klassischer Niederfeld-MRT-Geräte in der Literatur und erste eigene Erfahrungen mit einem modernen 0,55-T-Ganzkörper-MRT zur Abklärung muskuloskeletaler Erkrankungen bieten.
Niederfeld-MRT
In der Niederfeld-MRT gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Geräteklassen, die zur Diagnostik von Erkrankungen des Bewegungsapparats eingesetzt werden: Permanentmagnetsysteme und supraleitende Systeme. Permanentmagnetsysteme sind typischerweise C‑förmig konfiguriert und gestatten eine offene Bauweise. Daneben werden auch portable Scanner mit Permanentmagneten zur dedizierten Extremitätenbildgebung angeboten. Vorteile von Permanentmagneten sind ihre Langlebigkeit und der niedrige Energieverbrauch. Nachteile sind aufwändige Korrekturprozesse (Shimming), um die Homogenität des Magnetfelds zu gewährleisten, und das oftmals sehr hohe Gewicht der Permanentmagnete [3, 7].
Supraleitende Niederfeld-MRT basieren auf demselben Bauprinzip wie entsprechende Hochfeldgeräte. Durch die niedrigere Feldstärke und die damit korrespondierenden Materialeinsparungen beim Magnetdesign verringern sich die Anschaffungs- und Betriebskosten [4]. Der verringerte Helium- und Energiebedarf verbessert gleichzeitig die Nachhaltigkeit. Unabhängig von der jeweiligen Bauweise führen niedrige Magnetfeldstärken grundsätzlich zu einem verminderten Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) und einer reduzierten Bildqualität pro Untersuchungszeit [8]. Neue softwarebasierte Bildrekonstruktionsverfahren wie die iterative Bildrekonstruktion oder Korrekturen durch neuronale Netzwerke der künstlichen Intelligenz (KI) besitzen das Potenzial, das reduzierte SNR zu kompensieren oder bei gleichbleibender Bildqualität die Akquisitionszeit zu verringern [4]. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, eine adäquate Bildqualität bei der MRT des Bewegungsapparates in akzeptablen Untersuchungszeiten auch mit niedriger Feldstärke zu erreichen. Wenn dies gelingt, können die immanenten methodischen Vorteile niedriger Feldstärken für die muskuloskeletale Bildgebung erschlossen werden. Bei niedrigeren Feldstärken treten geringere Suszeptibilitätsartefakte an Luft-Gewebs-Grenzflächen auf, was der Bildgebung geometrisch schwieriger Regionen, wie beispielsweise der Halswirbelsäule, zugutekommen kann [9]. Zudem treten bei geringeren Feldstärken auch weniger Suszeptibilitätsartefakte in der Nähe von Metallimplantaten auf. Ein weiterer Vorteil ist die größere Wellenlänge des HF-Impulses in der Niederfeld-MRT, was in vielen Fällen zu einer homogeneren Ausleuchtung des Körpers führt.
Eine wichtige Limitation der MRT-Bildgebung des Bewegungsapparats bei niedrigeren Feldstärken ist dagegen die geringere Differenz der Resonanzfrequenzen von Fett und Wasser. Ältere Niederfeld-Scanner hatten stets Probleme, die Überlappung der zwei Peaks zu separieren. Dadurch war eine homogene spektrale Fettsättigung oft nicht möglich [10]. Deshalb musste im Niederfeldbereich bisher in der Regel auf andere Fettunterdrückungstechniken wie Short-Tau Inversion Recovery (STIR) oder die Dixon-Methode ausgewichen werden, die der spektralen Fettsättigung hinsichtlich der Bildqualität oftmals unterlegen sind. Diese Einschränkung scheint mit der neuesten Generation der Niederfeld-MRT überwunden zu sein. Unsere ersten Erfahrungen zeigen eine sehr zuverlässige spektrale Fettunterdrückung bei Untersuchungen des Bewegungsapparats (Abb. 1). Diese wird bei dem von den Autoren eingesetzten 0,55-T-Scanner durch optimierte HF-Pulse erreicht. In Tab. 1 wird eine Übersicht über die allgemeinen Vor- und Nachteile der Niederfeld-MRT in der muskuloskeletalen Bildgebung gegeben.
Metallartefakte
Bei orthopädischen und unfallchirurgischen Eingriffen werden verschiedene Materialien inklusive Metall und Metalllegierungen eingesetzt. Die postoperative Bewertung erfordert in der Regel eine verlässliche Bildgebung der angrenzenden Weichteile. Das Spektrum der abzuklärenden Erkrankungen umfasst z. B. Protheseninfektionen, Prothesenlockerungen oder Lokalrezidive nach Resektion von Weichteil- und Knochentumoren mit überbrückender Osteosyntheseversorgung. Da Metalle in der MRT-Bildgebung Signalauslöschungen, ausgeprägte Artefakte und eine Reduzierung des Weichgewebekontrasts in deren Umgebung verursachen, stellt die Untersuchung dieser Patienten eine besondere Herausforderung dar [11]. Diese Suszeptibilitätseffekte sind bei niedrigen Feldstärken weit weniger ausgeprägt [3]. Die allgemeine, insbesondere aber die Bildqualität in der Umgebung von Endoprothesen und von Osteosynthesen ist daher deutlich weniger beeinträchtigt. Gerade Protheseninfektionen oder Tumorrezidive könnten so in manchen Fällen überhaupt erst diagnostizierbar werden. Niederfeldsysteme haben daher das Potenzial, die MRT-Bildgebung metallischer Fremdkörper und deren Nachbarschaft zu verbessern (Abb. 2, [1]).
In einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020 untersuchten Schröder et al. 8 Patienten mit Komplikationen nach Implantation einer Knietotalendoprothese (Knie-TEP) mit einem 0,25-T-Gerät (G-Scan brio; Esaote SpA, Genua, Italien). Ein Radiologe beurteilte hierbei die Fixierung der Prothese und die umliegenden Strukturen (Knochen, Sehnen, Bänder und Muskeln). Der MRT-Befund wurde mit den klinischen Untersuchungsergebnissen, der Computertomographie (CT) und den intraoperativen Befunden der Revision verglichen. In der Mehrzahl der Fälle stimmte der MRT-Befund mit den klinischen Untersuchungsergebnissen beziehungsweise den intraoperativen Befunden überein. In allen Fällen lieferte der Niederfeld-MRT-Befund vergleichbare Ergebnisse wie die CT [12].
Wirbelsäule
Weiterentwicklungen im Design der Empfangsspulen und die Entwicklung von Mehrkanalspulen bieten in der Niederfeld-MRT die Möglichkeit, Untersuchungen der gesamten Wirbelsäule in diagnostischer Qualität durchzuführen [3]. In einer Studie von Lee et al. aus dem Jahr 2015 wurden 100 Patienten mit Claudicatio spinalis oder Ischialgie sowohl bei 0,25 T (G-Scan; Esaote, Genua, Italien) als auch bei 1,5 T beziehungsweise 3,0 T untersucht. Es zeigte sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Nieder- und Hochfeldgeräten für die Diagnostik von degenerativen Veränderungen der lumbalen Bandscheiben und gute Übereinstimmungen bei der Diagnostik von Nervenwurzelkompressionen. Die 0,25-T-Untersuchungen waren allerdings, wahrscheinlich bedingt durch die längeren Messzeiten, anfälliger für Bewegungsartefakte [13].
In der aktuell veröffentlichten Stellungnahme des American College of Radiology zum unteren Rückenschmerz wird die MRT als initiale Bildgebung des persistierenden Rückenschmerzes über einen Zeitraum von 6 Wochen, bei Patienten mit Cauda-equina-Syndrom und bei Verdacht auf eine Tumorerkrankungen oder Infektion als Bildgebung der ersten Wahl empfohlen [14]. Unseren Erfahrungen nach können diese in der Routine häufig dringlich abzuklärenden Fragestellungen der Wirbelsäule mit modernen Niederfeld-Geräten zuverlässig beantwortet werden (Abb. 3).
Schulter
Die Kombination aus MRT und Arthrographie gilt als der Goldstandard bei der Bildgebung von Pathologien im Schultergelenk, wie beispielsweise Labrumrissen oder Bankart-Läsionen [15]. In einer älteren Studie aus 1999 verglichen Loew et al. MR-Arthrographien der Schulter bei 0,2 T (Magnetom Open, Siemens Healthcare GmbH, Erlangen) und 1,5 T. Hierzu wurden 38 Patienten mit Verdacht auf eine chronische Instabilität (n = 12) oder Verletzungen der Rotatorenmanschette (n = 26) in zufälliger Reihenfolge bei den unterschiedlichen Feldstärken untersucht. Bei 27 der 38 Patienten war eine operative Korrelation möglich. Es zeigte sich eine gute Übereinstimmung bei der Erkennung von Labrumverletzungen und eine sehr gute Übereinstimmung bei der Erkennung von kompletten Rissen der Rotatorenmanschette zwischen beiden Geräten. Ein Nachteil der Niederfeld-Bildgebung waren auch hier die längeren Messzeiten und das dadurch erhöhte Risiko für Bewegungsartefakte [16].
In einer aktuelleren retrospektiven Studie von 2014 evaluierten Lee et al. die diagnostische Genauigkeit von nativen Schulteraufnahmen bei 0,2 T (E-Scan Opera, Esaote, Genua, Italien). Hierfür wurden die MRT-Befunde von 79 Patienten mit den Ergebnissen verglichen, die durchschnittlich innerhalb von 56 Tagen nach der MRT-Bildgebung arthroskopisch erhoben wurden. Es konnten gute Ergebnisse für die Diagnostik von partiellen und kompletten Rissen der Rotatorenmanschette gezeigt werden. Bei Verletzungen des superioren Labrums in anteroposteriorer Richtung (SLAP) war dies jedoch nicht der Fall [17].
Ellenbogen
Die MRT-Bildgebung ist auch für die Beurteilung des Ellenbogengelenks etabliert. Viele Verletzungen durch akute Traumata oder durch chronisch repetitive Überlastungen, wie z. B. beim Tennis oder Baseball, betreffen die Bänder und Sehnen [18]. Okamoto et al. untersuchten 2015 das Potenzial der Niederfeld-MRT bei der Früherkennung von Baseball-assoziierten Ellenbogenverletzungen. Zum Zeitpunkt der MRT symptomlose im Baseball aktive Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren (n = 62) mit Ellenbogenschmerzen in der Krankengeschichte wurden mit einem 0,2-T-Extremitätenscanner (C-SCAN; Esaote, Genua, Italien) untersucht. Reizzustände und Auftreibungen des ulnaren Kollateralbands konnten bei einem großen Anteil der Patienten nachgewiesen werden (n = 26, 41,9 %) [19]. Daraus leiteten die Autoren ab, dass die Niederfeld-MRT für die Früherkennung von Ellenbogenverletzungen geeignet ist. Darüber hinaus zeigen unsere Erfahrungen mit einem 0,55-T-MRT-Gerät, dass neben einer Diagnostik von Bandverletzungen am Ellenbogen auch Epikondylopathien und Frakturen mit guter Bildqualität diagnostiziert werden können (Abb. 4).
Handgelenk
Der Verdacht auf eine Fraktur des Os scaphoideum ist eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. Der Anteil verifizierter Frakturen bei vorliegender Fraktur-Verdachtsdiagnose ist niedrig [20]. Allerdings gehen nichterkannte und nicht rechtzeitig therapierte Kahnbeinfrakturen häufig mit Komplikationen, wie avaskulären Nekrosen und der Entwicklung von Pseudoarthrosen einher [15]. Ein sensitives und breit verfügbares Instrument zur sicheren Diagnostik von Kahnbeinfrakturen ist somit entscheidend. Im Gegensatz zur geringen Sensitivität konventioneller Röntgenaufnahmen bei der Erkennung von Kahnbeinfrakturen kann die MRT okkulte Frakturen von Knochenprellungen unterscheiden, Bänderverletzungen erkennen und avaskuläre Nekrosen aufdecken [15]. Brydie et al. untersuchten 2003 ein Kollektiv von 195 Patienten mit dem Verdacht auf eine Kahnbeinfraktur und unauffälligem Röntgenbefund mit einem 0,2-T-Extremitätenscanner (Artoscan; Esaote, Genua, Italien). Bei 37 Patienten (19 %) zeigte sich eine Kahnbeinfraktur, bei 28 Patienten (14 %) eine Fraktur des distalen Radius und bei 9 Patienten (5 %) Frakturen anderer Knochen des Handgelenks. Die Niederfeld-MRT war somit in der Lage, definitive Diagnosen von Frakturen oder deren sicheren Ausschluss am Handgelenk zu etablieren und zu einer Änderung der Behandlung der Patienten in 92 % der Fälle (182) maßgeblich beizutragen [21].
Diese Eignung der Niederfeld-MRT für die Diagnostik von therapeutisch relevanten Frakturen der Handwurzelknochen kann aus unserer Erfahrung auf die moderne 0,55-T-MRT übertragen werden. Im Gegensatz zur Frakturdiagnostik bietet sich die Bildgebung kleiner anatomischer Strukturen, wie der intrinsischen Bänder des Handgelenks und des triangulären fibrokartilaginären Komplexes, aufgrund des verminderten SNR nur eingeschränkt an. Diese Indikation sollte daher bevorzugt an Geräten mit höherer Feldstärke bearbeitet werden.
Hand
Crues et al. (2004) evaluierten die Sensitivität eines portablen Niederfeld-Extremitätenscanners (0,2 T MagneVU 1000; MagneVU, Kalifornien, USA) für die Detektion von Erosionen im Handgelenk und in den Metakarpophalangealgelenken bei 132 Patienten (95 % hiervon mit rheumatoider Arthritis). Als Vergleich dienten konventionelle Röntgenaufnahmen. Hierbei zeigte sich eine höhere Sensitivität der MRT-Untersuchungen, welche Erosionen bei 125 Patienten (95 %) im Vergleich zu 78 (58 %) in der Röntgendiagnostik identifizieren konnte [22].
Neben der Detektion von Erosionen ermöglicht die Niederfeld-MRT eigenen Erfahrungen nach auch die Detektion weiterer Veränderungen bei entzündlichen Gelenkerkrankungen wie Osteitis, Synovialitis und Tendovaginitis (Abb. 5). Entsprechende vergleichende Studien sind jedoch zur weiteren Einordnung der diagnostischen Qualität von Niederfeldaufnahmen bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zwingend erforderlich, insbesondere hinsichtlich der Detektion von kleinen Veränderungen in frühen Erkrankungsstadien.
Knie
Die MRT ist in der Diagnostik von akuten als auch chronischen Läsionen des Kniegelenks etabliert [15]. Meniskus- und Kreuzbandrisse sind typische Beispiele. Einige Studien haben die diagnostische Genauigkeit von Nieder- im Vergleich zu Hochfeld-MRT bei Meniskus- und vorderen Kreuzbandrissen (VKB-Rissen) untersucht [8]. Vellet et al. haben 1995 die Treffsicherheit in der Diagnostik von VKB-Rissen bei 0,5 T (Signa, GE Medical Systems, Milwaukee, USA) und 1,5 T untersucht und fanden keinen relevanten Unterschied zwischen diesen beiden Methoden (Sensitivität 90 % bei 0,5 T, 91 % bei 1,5 T; [23]). Auch Cotten et al. konnten im Jahr 2000 bei 90 Patienten mit operativ gesicherten Meniskus- und VKB-Rissen keine signifikanten Unterschiede der Sensitivität und Spezifität zwischen 0,2 T (Magnetom Open; Siemens Healthcare GmbH, Erlangen) und 1,5 T feststellen [24]. Auch Puig et al. (2015) fanden keinen substanziellen Unterschied in der diagnostischen Genauigkeit für die Beurteilung von Meniskus- und VKB-Rissen zwischen Nieder- und Hochfeld-MRT.
Für die Evaluierung von Knorpeldefekten und Arthrose galt dies aufgrund unzureichender Datenlage mit wenigen Studien und kleinen Stichprobengrößen jedoch nicht [6]. Aus Sicht der Autoren sind gerade akute Traumafolgen mit einem modernen 0,55-T-Gerät gut abzubilden (Abb. 1). Therapeutisch relevante Befunde des Knochens, der Menisken und des Bandapparats können zuverlässig diagnostiziert werden, ebenso degenerative Veränderungen insbesondere im fortgeschrittenen Stadium. Vorsicht ist jedoch bei chronischen und rezidivierenden Beschwerden mit unauffälligem Bildbefund geboten, da diskrete Veränderungen, wie kleine Meniskusrisse, aufgrund des limitierten Kontrasts und der meist etwas schlechteren Auflösung übersehen werden könnten. Diese Fälle sollten primär oder auch sekundär eher der Hochfeld-MRT zugeführt werden.
Fuß
Die MRT-Bildgebung wird zunehmend bei der Diagnostik von Fuß- und Sprunggelenkpathologien verwendet [15]. In einer 1998 erschienenen Studie wurde eine überlegene Bildqualität am Sprunggelenk und Fuß mit einem signifikant höheren SNR eines 1,0-T-Ganzkörperscanners im Vergleich zu einem 0,2-T-Extremitätenscanner festgestellt. Trotz der Unterschiede in der Bildqualität wurden 96 % der mittels 1,0-T-MRT erfassten Läsionen, wie beispielsweise Verletzungen der Außenbänder oder eine Osteochondrosis dissecans auch bei 0,2 T diagnostiziert (Artoscan; Esaote, Genua, Italien). In einer nach der Untersuchung durchgeführten Umfrage der eingeschlossenen Patienten zu Lagerung, Messzeit, Lärmentwicklung, Klaustrophobie, Vertrauen in das diagnostische Procedere und der Bereitschaft, die Untersuchung zu wiederholen, fiel die Akzeptanz der Patienten jedoch klar zugunsten des 1,0-T-Ganzkörperscanners aus. Klaustrophobie spielte hier bei beiden Geräten keine Rolle, einzig das Lärmempfinden betreffend, war der 0,2-T-Scanner dem 1‑T-Scanner überlegen [25]. Herber et al. (2000) empfahlen die Durchführung einer Niederfeld-MRT des Sprunggelenks bei Kindern und Jugendlichen mit unklaren Sprunggelenkschmerzen und unauffälligem Röntgenbefund. Durch die Niederfeld-MRT-Untersuchungen konnten in der Mehrzahl der 55 eingeschlossenen Patienten Bandrupturen, Frakturen oder Verletzungen der Wachstumsfugen diagnostiziert werden, was in 35 Fällen eine dedizierte Therapie nach sich zog [26]. Aus eigener Erfahrung mit einem modernen 0,55-T-Ganzkörper-MRT lassen sich akute Verletzungen der Sprunggelenke, wie Bandrupturen, Frakturen und Verletzungen der Syndesmose, mit hoher subjektiver Konfidenz und hohem Patientenkomfort diagnostizieren, was jedoch in weiterführenden wissenschaftlichen Studien erst noch objektiviert werden muss (Abb. 6).
Fazit für die Praxis
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Die modernen, leistungsstarken Niederfeld-MRT-Systeme erschließen vielfältige klinische Anwendungsgebiete, die aber noch in systematischen Studien an ausreichend großen Patientenkollektiven und mit validen Referenzmethoden analysiert werden müssen.
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Die bisherigen Ergebnisse rechtfertigen die Erwartung, dass die modernen Niederfeld-MRT-Geräte eine wertvolle komplementäre Rolle in der bildgebenden Diagnostik des muskuloskeletalen Systems einnehmen können.
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Methodische Vorteile bestehen an kritischen Grenzflächen zwischen Luft und Gewebe und bei metallischen Implantaten.
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Dem steht die im Vergleich unterlegene Bildqualität mit reduziertem Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR), geringerer Auflösung und längeren Messzeiten im Vergleich zu Hochfeldsystemen gegenüber.
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Niedrigere Anschaffungskosten, eine höhere Nachhaltigkeit im Betrieb sowie potenziell portable Geräte sind Faktoren, die eine patientennahe muskuloskeletale Bildgebung und eine breitere Verfügbarkeit in der Patientenversorgung ermöglichen könnten.
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Danksagung
Die Autoren danken der medizinisch-technischen Radiologieassistentin Sandy Schmidt für ihren großen Einsatz und ihre herausragende technische Expertise. Weiterhin danken die Autoren dem Imaging Science Institute (ISI) Erlangen (Siemens Healthineers, Erlangen) für die zur Verfügung gestellten Messzeiten und die technische Unterstützung.
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Interessenkonflikt
T. Pogarell und A.M. Nagel geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. R. Heiss, M.S. May und M. Uder sind im Rahmen von Vortragsveranstaltungen für Siemens tätig.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Pogarell, T., May, M.S., Nagel, A.M. et al. Muskuloskeletale Bildgebung in der Niederfeld-Magnetresonanztomographie. Radiologe 62, 410–417 (2022). https://doi.org/10.1007/s00117-022-01000-y
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