Spinale subdurale Hämatome sind selten. Nur 4,1% der spinalen Hämatome liegen subdural [9]. Die erste klinische Beschreibung erfolgte von Schiller et al. [19]. Die ersten magnetresonanztomographischen Beobachtungen wurden 1990 veröffentlicht [11, 14, 16]. Die meisten subduralen Hämatome führen zu einer Kompression des Myelons bzw. der Cauda equina und erfordern daher eine rasche Dekompression. Analog zu den intrakraniellen Subduralhämatomen werden auch spinale chronische subdurale Hämatome beobachtet. Da die meisten spinalen Hämatome bereits im Akutstadium symptomatisch und daher auch entlastet werden, sind spinale chronische Hämatome sehr selten. Im Folgenden berichten wir über 3 Patienten mit spinalen chronischen subduralen Hämatomen.

Fall 1

Die 51-jährige Patientin stellte sich erstmals 3 Wochen nach einer Schädelprellung mit anhaltenden Kopfschmerzen vor. Computertomographisch zeigten sich bihemisphärische chronische subdurale Hämatome mit einer maximalen Breite von 12 mm (Abb. 1). Die körperliche und neurologische Untersuchung blieb ohne pathologischen Befund. Mit der Patientin wurde ein abwartendes Vorgehen vereinbart. Im weiteren Verlauf traten progrediente, nichtradikuläre Schmerzen in Höhe der LWS und beiden Beinen auf. Der Lasègue-Test war beidseits endgradig positiv, es bestanden kein sensomotorisches Defizit und keine Miktions- oder Defäkationsstörungen. Ein 3 Wochen nach der Erstuntersuchung durchgeführtes Magnetresonanztomogramm der LWS erbrachte ein ausgedehntes dorsal liegendes subdurales Hämatom zwischen BWK5 und SWK2, das sich in der T2-gewichteten Sequenz mit intermediärem Signal, in der T1-gewichteten Sequenz hyperintens darstellte (Abb. 2). Es bestanden eine deutliche Kompression der Cauda equina und eine Spiegelbildung in Höhe der flachen BWS-Kyphose und im lumbosakralen Duralsack. Eine Blutgerinnungsstörung konnte ausgeschlossen werden.

Abb. 1
figure 1

Weitgehend isodense bifrontale subdurale Hämatome ohne wesentliche Raumforderungszeichen. Axiale CT nativ

Abb. 2
figure 2

Langstreckiges, dorsal gelegenes, thorakales und lumbales chronisches subdurales Hämatom. Signalreiche Darstellung des Hämatoms in allen Gewichtungen: a T2w, b T1w nativ, c T1w nativ fettunterdrückt, d STIR und e T2w transversal. Massive Kompression der Cauda equina in Höhe des thorakolumbalen Übergangs

Bei progredienten Beschwerden wurde die Indikation zur operativen Entlastung gestellt und das subdurale Hämatom über eine interlaminäre Fensterung L5/S1 evakuiert. Der Eingriff verlief komplikationsfrei, die Schmerzsymptomatik bildete sich rasch zurück. Eine Kontrolluntersuchung der intrakraniellen subduralen Hämatome zeigte eine deutliche Größenzunahme der Blutungen, sodass auch hier die Indikation zur operativen Entlastung gestellt wurde.

Fall 2

Der 64-jährige Patient erlitt 7 Monate vor der aktuellen Symptomatik ein Schädel-Hirn-Trauma mit traumatischer Subarachnoidalblutung sowie schmalem subduralem Hämatom links frontal und epiduralem Hämatom rechts parietal, die sich unter konservativer Therapie vollständig zurückbildeten. Als Residualsymptomatik verblieb eine beinbetonte Hemiparese rechts. Das Gehen mit Stockhilfe war noch möglich. Nach einem Sturz entwickelte sich über 4 Wochen eine progrediente Lumboischialgie rechts mit Fußheberparese rechts. In der neurologischen Untersuchung ließ sich zusätzlich die Hemiparese mit gesteigerten Arm- und Beineigenreflexen nachweisen. Die anschließend durchgeführte Magnetresonanztomographie (MRT) der LWS zeigte neben degenerativen Veränderungen eine dorsale, subdurale Raumforderung mit erhöhten Signalintensitätswerten in T1- und T2-Wichtung zwischen LWK1 und SWK3 und deutlicher Kompression der Cauda equina in Höhe des lumbosakralen Übergangs (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Lumbales, chronisches subdurales Hämatom mit Kompression der Cauda equina von dorsal. Signalreiche Darstellung des Hämatoms in allen Gewichtungen: a T2w, b T1w nativ, c STIR, d T2w transversal, e T1w nativ transversal

Erst weitere 4 Wochen später konnte sich der Patient zu einer operativen Entlastung entschließen. Über eine interlaminäre Fensterung in den Höhen L4/5 und L5/S1 wurde das chronische subdurale Hämatom evakuiert. In wiederholten Laboruntersuchungen konnte keine Blutgerinnungsstörung nachgewiesen werden. Nach Abschluss der rehabilitativen Maßnahmen verblieb eine hochgradige Einschränkung der Mobilität. Das Gehen war nur mit Hilfsperson möglich.

Fall 3

Der 67-jährige Patient stellte sich wegen anhaltender unklarer Gefühlsstörungen und gelegentlicher abdomineller Schmerzen, die bereits über 6 Jahre bestanden, zur neurologischen Untersuchung vor. Diese ergab eine Hyp- bzw. Anästhesie des Rumpfs und der Beine mit einem sensiblen Niveau in Höhe Th8/9. Es bestanden keine motorischen oder vegetativen Funktionsstörungen. Die MRT des Myelons (HWS/BWS) zeigte neben degenerativen Veränderungen eine mäßiggradige epidurale Lipomatose, betont zwischen BWK5 und 10 (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Altes, flaches, subdurales Hämatom in Höhe BWK7/8 mit Pelottierung des Myelons von rechts dorsal. Weitgehend liquoräquivalente Darstellung des Hämatoms mit signalreicherem Randsaum in T2-Wichtung. a T2w, b T1w nativ, c T1w mit KM i.v., d T2w transversal, e T1w nativ transversal, f T1w mit KM i.v. transversal

Zusätzlich fand sich dorsal eine spindelförmige, rechts betont gelegene subdurale Raumforderung in Höhe BWK7 und 8 mit einer zentralen Signalminderung und signalreichen Randkontur in T2-Wichtung, außerdem eine liquoräquivalente Signalintensität in T1-Wichtung ohne Kontrastmittelenhancement. Das Myelon wird in Höhe BWK7/8 etwas von rechts dorsal pelottiert. Kein Nachweis einer intramedullären Läsion. Anamnestisch gab der Patient ein ebenfalls Jahre zurückliegendes Trauma mit Prellung der BWS an. Aufgrund der bereits lange bestehenden, nichtprogredienten und für den Patienten wenig beeinträchtigenden Symptomatik wurde auf eine operative Entlastung verzichtet.

Diskussion

Spinale Hämatome können epidural, subdural, subarachnoidal oder intramedullär auftreten. In der bisher größten bisher publizierten Zusammenstellung von Kreppel et al. [9] lagen von 613 Hämatomen nur 4,1% subdural. Auch bei reinen subduralen Blutungen ließen sich in etwa 50% der Liquoruntersuchungen Blutbeimengungen oder eine Xanthochromie nachweisen [4]. Die Ätiologie spinaler subduraler Hämatome ist vielfältig, oft wird eine multifaktorielle Genese angenommen und in etwa 30% der Fälle lässt sich keine Ursache ermitteln [9].

Spinale subdurale Hämatome werden gewöhnlich nach Trauma, Operation oder Lumbalpunktion beobachtet. In einer Serie von Domenicucci et al. [3] über 106 Fälle traten 51 nach Lumbalpunktion auf. Zweithäufigste Ursache ist eine Therapie mit Antikoagulanzien bzw. Blutgerinnungsstörungen, wie bei idiopathischer thrombozytopenischer Purpura, Polycythämia vera, Leukämie oder schwerem Leberversagen [2]. Kreppel et al. [9] gehen davon aus, dass eine Antikoagulation allein nicht zu einer spinalen Blutung führt, sondern 2 weitere Faktoren, zum einen eine Schwachstelle im Sinne eines „locus minoris resistentiae“, zum anderen eine Druckerhöhung im epiduralen Venenplexus voraussetzt. Andere Ursachen sind vaskuläre Läsionen wie a.v.-Malformationen und -fisteln, Aneurysmen, Kavernome, aber auch tumoröse Prozesse.

Im Vergleich zu epiduralen zeigen spinale subdurale Hämatome eine langsamere Entwicklung, werden jedoch in über 60% der Fälle innerhalb der ersten 3 Tage symptomatisch [2]. In der Mehrzahl der Fälle kommt es zur Kompression von Myelon oder Cauda equina, sodass Patienten mit akutem spinalem subduralem Hämatom typischerweise über zunehmende Rücken- oder radikuläre Schmerzen mit anschließender Paraparese, Darm- und Blasenstörung klagen. Bei vorherrschender subarachnoidaler Blutung können Meningismus und Kopfschmerzen die ersten Symptome sein. Die sensomotorischen Ausfälle sind meist symmetrisch, aber auch ein Brown-Sequard-Syndrom und ein Spinalis-anterior-Syndrom wurden beschrieben [15]. Zur Vermeidung persistierender Ausfälle werden spinale Hämatome frühzeitig entlastet, sodass die Entwicklung chronischer Hämatome nur sehr selten beobachtet wird. In der englischsprachigen Literatur wurden bisher 26 Patienten mit spinalen chronischen subduralen Hämatomen veröffentlicht [7].

Die MRT ist der CT bei der Darstellung der spinalen Hämatome und raumfordernden Wirkung gegenüber Myelon und Cauda equina klar überlegen. Zwei Drittel der Hämatome weisen im Transversalschnitt eine sichelförmige Konfiguration auf, die bikonvexe Form ist seltener; in Ausnahmefällen kann auch eine ringförmige Ausdehnung beobachtet werden [2]. Das Hämatom ist meist dorsal, seltener ventral oder zugleich dorsal und ventral gelegen. Meist sind thorakale Segmente betroffen, entweder isoliert oder in Kombination mit lumbalen und lumbosakralen Segmenten, wobei eine Ausdehnung zwischen 1 und 18 Segmenten beobachtet wurde [2]. Eine zervikale Beteiligung ist selten, die Ausdehnung in die hintere Schädelgrube ist dann aber ein Hinweis auf die subdurale Lokalisation [8].

Die klassische Darstellung ist eine intradurale extramedulläre Raumforderung unterschiedlicher Signalintensität in Abhängigkeit vom Blutungsalter. Innerhalb der ersten 3 Tage zeigt sich ein zum Myelon isointenses oder leicht hyperintenses Signal in den T1-gewichteten Sequenzen [8]. Das etwas heterogene Signal in den T2-gewichteten Sequenzen ist in erster Linie vom Sequenztyp und dem Rephasierungsgrad der Sequenz abhängig. Nach etwa einer Woche stellen sich die Hämatome nach Oxydation zum Methämoglobin signalreich in T1-gewichteten Aufnahmen, nach Hämolyse auch signalreich in T2-gewichteten Aufnahmen dar.

Zwischen Hämatom und epiduralem Fett lässt sich die Dura mater als hypointense lineare Struktur abgrenzen und damit die subdurale von der epiduralen Lage des Hämatoms unterscheiden. Weitere Differenzierungsmöglichkeiten sind die geringere kraniokaudale Ausdehnung über meist 2–4 Segmente, die linsenförmige oder konvexbogige Konfiguration und die fehlende Abgrenzbarkeit von epiduralem Fettgewebe beim Vorliegen epiduraler Hämatome. Gelegentlich lässt sich auch eine hypointense Linie zwischen Hämatom und Myelon bzw. Subarachnoidalraum nachweisen, die auf Einlagerungen von Desoxyhämoglobin [17] oder Methämoglobin [21] zurückgeführt wurde.

Die für die Blutung verantwortlichen Gefäße wurden bisher nicht identifiziert. Der spinale Subduralraum enthält nur sehr kleine Gefäße und im Gegensatz zum intrakraniellen Subduralraum keine Brückenvenen. Da eine Ruptur dieser Gefäße wenig wahrscheinlich ist, wurden zur Pathophysiologie der spinalen subduralen Blutung mehrere Theorien aufgestellt.

Von einigen Autoren wurde postuliert, dass die Blutung durch Ruptur eines subarachnoidalen Gefäßes ausgelöst wird [5, 20]. Eine sekundäre Dissektion durch die Arachnoidea soll die Blutung dann in den Subduralraum leiten. Nur in einer Arbeit konnte bisher die Ausbreitung vom Subarachnoidalraum in den Subduralraum beobachtet werden [12]. In der Autopsie zeigte sich eine Blutung aus einer radikulären Vene in den Subarachnoidal- und Subduralraum nach Lumbalpunktion. Auch die häufige Beobachtung von Blutbeimengungen im Liquor bei spinalen subduralen Hämatomen sprechen für die gleichzeitige subarachnoidale und subdurale Blutung. Da sich der subarachnoidale Blutungsanteil in der Bildgebung nicht nachweisen lässt, wurde die Bezeichnung „spinales intradurales extramedulläres Hämatom“ vorgeschlagen [5].

Die direkte Läsion eines spinalen Gefäßes mit Ausbildung einer subduralen Blutung wird für unseren zweiten Patienten angenommen. Die Beschwerden traten in Folge eines Sturzes auf. Ein Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Schädel-Hirn-Trauma ist unwahrscheinlich, da ein Intervall von 7 Monaten zwischen dem Schädel-Hirn-Trauma und der lumbalen Symptomatik liegt und sich die intrakraniellen Hämatome in den Kontrolluntersuchungen vollständig zurückgebildet hatten.

Eine andere Theorie sieht die Ursache in plötzlichen und starken abdominellen und thorakalen Druckerhöhungen [13, 18]. Die schnelle intravaskuläre Druckerhöhung soll sich in die intraspinalen Gefäßsegmente fortsetzen. Aufgrund des niedrigeren extravaskulären intraspinalen Drucks wird dann ein Druckgefälle aufgebaut, das zur Gefäßruptur führen kann.

Spinale subdurale Hämatome werden immer wieder, wenn auch selten, nach einer Kraniotomie beobachtet [22, 23]. In einigen Fällen wurde auch das simultane Auftreten intrakranieller und spinaler subduraler Hämatome beschrieben [1, 6, 24]. Von den Autoren wurde daher die Migration eines intrakraniellen Subduralhämatoms nach spinal in Betracht gezogen. Unklar bleibt der Mechanismus. So wird zum einen ein erhöhter intrakranieller Druck durch die Schwellung und Raumforderung verantwortlich gemacht, der das Hämatom in den Spinakanal drückt [1, 10]. Zum anderen soll ein verminderter intrakranieller Druck die Dissektion von Dura und Arachnoidea erleichtern und so die Migration des Hämatoms in den Spinalkanal fördern [24]. Dieser Entstehungsmechanismus wird auch bei unserer ersten Patientin angenommen, da die Rückenschmerzen und das spinale subdurale Hämatom erst einige Wochen nach den intrakraniellen Subduralhämatomen aufgetreten sind.

Von den meisten Autoren wird eine schnelle operative Dekompression empfohlen, um schwere, teilweise irreversible neurologische Ausfälle durch die Kompression des Myelons und der Cauda equina zu verhindern. In der bisher größten Zusammenstellung spinaler Hämatome lag der Patientenanteil mit vollständiger Symptomrückbildung nach operativer Entlastung bei knapp 40% [9]. Der Grad der Erholung ist vom Schweregrad der präoperativen Symptomatik und vom Zeitpunkt der operativen Entlastung abhängig. Bei Risikopatienten kann eine minimalinvasive Technik mit Spülung des Koagels über einen intradural eingebrachten Katheter eingesetzt werden [20]. Eine konservative Behandlung ist bei geringgradigen oder rückläufigen Beschwerden bzw. Ausfällen möglich [6, 20].