Primäre und sekundäre Tumoren der Leber repräsentieren eine der häufigsten und unglücklicherweise auch eine der schwierigsten Herausforderung in der Onkologie. In den letzten 5 Jahren fand die Behandlung dieser Tumoren mit der Radioembolisation (Synonyme: Radioablation, regionale Brachytherapie, selektive interne Radiotherapie [SIRT]) zunehmendes Interesse. Bei dieser Behandlungsmethode werden die Vorteile einer hohen lokalen Strahlendosis mit dem Embolisationseffekt der Mikrosphären kombiniert, wobei das umgebende gesunde Lebergewebe geschont wird.

In den letzten Jahren wurden mehrere Studien publiziert, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit der 90Yttrium-Mikrosphären bei der Behandlung primärer und sekundärer – hauptsächlich Metastasen des kolorektalen Karzinoms (CRC) – Lebertumoren allein oder in Kombination mit anderen, meist systemischen Therapien gezeigt werden konnte [13, 15, 18, 23, 32, 39]. Eine andere Anwendungsmöglichkeiten der 90Yttrium-Mikrosphären besteht in der lobaren/segmentalen Injektion, wodurch in einem früheren Stadium der Erkrankung die Leberfunktion weitgehend geschont, die Ausdehnung der Tumoren reduziert werden kann und die Patienten u. U. einer chirurgischen Resektion, Thermoablation (Radiofrequenzablation [RFA], Laser-interstitial-Tumor-Therapie [LITT], Kryoablation) oder Organtransplantation zugeführt werden können [22, 30, 32].

Die ersten Ergebnisse mit der 90Yttrium-Radioembolisation bei hepatisch metastasiertem Mammakarzinom (MBC) und neuroendokrinen Tumoren sind durchaus ermutigend. Es sind aber noch weitere Studien erforderlich, um die Rolle der Radioembolisation bei diesen Tumorentitäten zu definieren [1, 4, 5, 14, 17, 19, 21]. Es erscheint auch sehr interessant, die Behandlung mit 90Yttrium-Mikrosphären mit „Radio-Sensitizern“ und Wachstumsfaktorinhibitoren zu kombinieren. Beim hepatozellulären Karzinom (HCC) sollte die Therapie mit 90Yttrium-Mikrosphären und transarterieller Chemoembolisation (TACE), transarterieller Embolisation ohne Chemotherapeutikum (TAE), „drug-eluting beads“ und supportiver Behandlung in randomisierten Studien verglichen werden. Schließlich ergibt sich die Frage, ob die transarterielle Injektion der 90Yttrium-Mikrosphären auch bei extrahepatischen Tumorerkrankungen Erfolg versprechend und sicher eingesetzt werden kann.

In diesem Beitrag sollen mögliche zukünftige Perspektiven und Forschungsfelder auf dem Gebiet der Radioembolisation mit 90Yttrium-Mikrosphären dargestellt und kritisch analysiert werden.

Radioembolisation mit 90Yttrium-Mikrosphären beim hepatisch metastasierten kolorektalen und Mammakarzinom

In den letzten 10 Jahren wurden bei der Behandlung hepatischer Metastasen des kolorektalen (CRC) und des Mammakarzinoms durch den Einsatz von Thymidylate-Syntase-Inhibitoren (z. B. 5-FU, Fluxuridine, Capecitabine) erhebliche Fortschritte mit einem verlängerten medianen Überleben der Patienten erzielt. Diese Substanzen sind bekannte „Radiosensitizer“. Ein etabliertes Behandlungskonzept dieser Tumoren ist die chirurgische Resektion des Primärtumors, gefolgt von einer systemischen Chemotherapie (im Fall eines positiven Lymphknotenstatus) oder Bestrahlung (bei nicht erfolgter R0-Resektion) des Mammakarzinoms oder des Beckens bei Lymphknotenmetastasen bzw. bei einem Tumorrezidiv eines CRC. Das Mammakarzinom metastasiert am häufigsten in das Skelettsystem, das ZNS und die Leber, das CRC vornehmlich in die Leber und die Lunge. Obwohl die systemischen Therapiekonzepte bei diesen beiden Tumorentitäten eindrucksvolle Erfolge vorzuweisen haben [6, 7, 29, 38, 40], stellen Lebermetastasen bei diesen Patienten unverändert ein schwieriges Dilemma dar.

Mit den Thymidylate-Synthase-Inhibitoren kann die Tumorlast beim hepatisch metastasierten CRC temporär stabilisiert werden. Im weiteren Verlauf der Erkrankung tritt jedoch bei nahezu allen Patienten unausweichlich eine Tumorprogression ein [37]. Bei Patienten, die die Einschlusskriterien [16] für eine transarterielle Radioembolisation erfüllen, wurde bisher die systemische Chemotherapie ca. 30 Tage vor der Applikation der 90Yttrium-Mikrosphären ausgesetzt. Da die Thymidylate-Synthase-Inhibitoren strahlensensibilisierende Eigenschaften besitzen, ist u. U. eine strahleninduzierte Lebererkrankung (RILD) zu befürchten. Diese synergistischen Eigenschaften von Thymidylate-Synthase-Inhibitoren und 90Yttrium könnten aber neue Möglichkeiten eröffnen. Mögliche Einsatzgebiete wären neben dem CRC und Mammakarzinom (MBC) u. a. das hepatisch metastasierte Pankreas- und Ovarialkarzinom.

Im Prinzip kann durch die Kombination von strahlensensibilisierenden Substanzen und perkutaner Strahlentherapie eine höhere Ansprechrate der Tumoren und damit verbunden eine Verlängerung der Zeit bis zur Tumorprogression erreicht werden [34]. Dazu ist es aber erforderlich, dass Untersuchungen zur Frage der Toxizität, Dosistoleranz (Dosiseskalationsstudien) und des optimalen Zeitpunkts der Radioembolisation mit strahlensensibilisierenden Substanzen durchgeführt werden, ehe der klinische Einsatz erwogen werden kann.

Derzeit wird die Radioembolisation, zumindest in Europa, in erster Linie nach dem Versagen etablierter chemotherapeutischer Konzepte als Dritt- oder Viertlinientherapie mit dem Ziel der Palliation eingesetzt. Bisher ist unklar, ob die Radioembolisation nicht schon eher eingesetzt werden sollte und wie sie bei leberdominanter Tumorerkrankung am besten in moderne, chemotherapeutische Konzepte eingebunden werden kann. Dazu sind Studien erforderlich, in denen festgestellt werden muss, ob derartige Konzepte das Überleben und die Lebensqualität der Patienten verbessern können. Erste Phase-I-Studien mit der Kombination von 90Yttrium-Mikrosphären und modernen Chemotherapeutika (first- und second-line) mit 5-FU, Leukovorin und Oxaliplatin (FOLFOX) sowie 5-FU, Leukovorin und Irinotecan (FOLFIRI) zeigen ein akzeptables Toxizitätprofil und viel versprechende Tumoransprechraten [11, 35]. Es ist dringend zu fordern, dass Phase-II/III-Studien initiiert werden, um die Effektivität dieser Kombinationstherapien zu untersuchen.

Ein weiteres mögliches Forschungsgebiet ist der Einsatz der Radioembolisation im Verbund mit modernen chemotherapeutischen Konzepten unter Verwendung monoklonaler Antikörper (Bevacizumab, Cetuximab). Auch wenn diese wachstumshemmenden Antikörper eine zunehmende Rolle bei der Tumortherapie spielen [8, 10], kann der antiangiogenetische Effekt dieser Antikörper die Durchführung katheterbasierter transarterieller Therapieverfahren erschweren oder sogar unmöglich machen.

Beim hepatisch metastasierten Mammakarzinom könnte die Kombination von Capecitabine und Radioembolisation nach dem Versagen einer Anthrazyklin- und Taxan-basierten Chemotherapie Erfolg versprechend sein. Gleiches gilt auch für die Kombination aus 5-FU, Floxuridine und Capecitabine beim hepatisch metastasierten CRC. Die potenziell verbesserte Tumoransprechrate durch die Strahlensensibilisierung der Leber(tumoren) bedarf vorsichtiger und sorgfältig durchgeführter Phase-I-Studien.

Radioembolisation mit 90Yttrium-Mikrosphären beim hepatozellulären Karzinom

Patienten mit einem hepatozellulären Karzinom (HCC) haben im Allgemeinen eine schlechte Prognose. Die Erkrankung bleibt lange klinisch stumm und ist bei Diagnose häufig weit fortgeschritten. Insbesondere aufgrund der zunehmenden Häufigkeit von Hepatitis C und alkoholinduzierten Lebererkrankungen und der dadurch verursachten Leberzirrhose, wird in den nächsten Jahren eine stark ansteigende Inzidenz des HCC prognostiziert. Die Lebertransplantation ist, soweit die Einschlusskriterien erfüllt sind, die einzig kurative Behandlungsoption für diese Patienten [26, 28]. Diese Behandlungsoption steht aber nur für einen kleinen Teil der Patienten zur Verfügung. Der steigenden Nachfrage an Lebertransplantationen steht eine begrenzte Verfügbarkeit an Spenderorganen gegenüber, sodass andere wirksame Behandlungsverfahren benötigt werden, mit denen die Zeit bis zu einer Lebertransplantation überbrückt werden kann, ohne dass es dabei zu einer Progression des Tumorleidens kommt, bzw. mit deren Hilfe die Überlebenszeit der Patienten verbessert werden kann. Weltweit wird dazu am häufigsten die transarterielle Chemoembolisation (TACE) eingesetzt [2, 25, 27].

Da die HCC überwiegend eine starke arterielle Vaskularisation besitzen, bietet sich der Einsatz von 90Yttrium-Mikrosphären bei dieser Tumorentität an. Von mehreren Autoren wurde über viel versprechende Ergebnisse bei der Radioembolisation fortgeschrittener HCC berichtet [9, 12, 23, 24, 32, 33].

Prinzipiell erscheint es folgerichtig, davon auszugehen, dass mit der Kombination von Radioembolisation und TACE ein kumulativer antitumoraler Effekt erreicht werden kann. Durch die intraarterielle Applikation von 90Yttrium-Mikrosphären wird die Durchblutung der Tumormanifestationen in der Leber deutlich reduziert. Nach Abklingen der Aktivität unter therapeutisches Niveau (2 Wochen) könnte anschließend eine TACE erfolgen. Die im Rahmen der TACE applizierten zytotoxischen Agenzien würden dann in einem hypoxischen Umfeld die verbliebenen (strahlenresistenten) Tumorzellen angreifen.

Eine besonders attraktive Einsatzmöglichkeit der Radioembolisation könnte darin bestehen, dieses Verfahren zum „Downstaging“ bei Patienten mit HCC einzusetzen. Kulik et al. [22] konnten 50% von Patienten mit einem initialem T3-Stadium durch die Verabreichung von 90Yttrium-Mikrosphären in ein T2-Stadium (Milan-Kriterien) überführen. Auf dieser Basis konnten sie im weiteren Verlauf durch RFA, chirurgische Resektion oder orthotope Lebertransplantation behandelt werden. Eine bisher unbeantwortete und nur durch große randomisierte Studien zu klärende Frage ist, ob Patienten nach Downstaging und Transplantation einen Überlebensvorteil gegenüber Patienten erlangen, die initial mit einem T2-Tumor vorstellig und gleich transplantiert wurden.

Die „American Association for the Study of Liver Disease“ hat zusätzlich eine Untergruppe von Patienten mit fortgeschrittenem Tumorleiden, Gefäßinvasion (Portalvenenthrombose) und Tumorsymptomatik im „Barcelona-Clinic-Liver-Cancer“- (BCLC-)Stagingsystem identifiziert, die von einer Radioembolisation profitieren könnten [3]. Salem et al. [31] konnten zeigen, dass die Radioembolisation auch bei Teilthrombose der V. portae (aber erhaltenem hepatopetalem Fluss) ohne eine erhöhte Komplikationsrate erfolgen kann, wenn die 90Yttrium-Mikrosphären nicht bis zu einer kompletten intraarteriellen Stase injiziert werden. Dementsprechend kann bei Patienten mit einer Thrombose des rechten oder linken Pfortaderastes eine lobare Radioembolisation des kontralateralen Leberlappens erwogen werden.

Es besteht ein hoher Forschungsbedarf, um die Sicherheit und Wirksamkeit der 90Yttrium-Mikrosphären im Vergleich zur TACE, Embolisation ohne Chemotherapeutika (TAE), drug-eluting beads und supportiver Behandlung zu ermitteln. Auch wenn der antitumorale Effekt der Radioembolisation von den meisten Autoren vornehmlich dem Effekt der Bestrahlung und weniger dem Embolisationseffekt der Sphären zugeordnet wird, wäre ein Vergleich von 90Yttrium-Mikrosphären mit nichtradioaktiven Mikrosphären vergleichbarer Größe (20–40 μm) wichtig, da die Embolisation mit Mikrosphären möglicherweise weitaus effektiver ist als die mit den herkömmlichen Embolisaten.

Die prophylaktische Radioembolisation der verbliebenen Lebersegmente bei Patienten, die sich zuvor einer atypischen Leberteilresektion oder einer Hemihepatektomie bei HCC oder Lebermetastasen unterzogen haben, wird kontrovers diskutiert. Dieses Vorgehen würde eine weitere Radioembolisation bei evtl. neu auftretenden Metastasen ausschließen, da die Strahlentoleranz der Leber überschritten würde. Zudem ist davon auszugehen, dass kleinste Lebermetastasen ihre Blutversorgung aus dem portalvenösen System beziehen [41], sodass ein prophylaktische Radioembolisation das eigentliche Zielvolumen (kleinste Metastasen) u. U. gar nicht erreichen würde. Zöge man eine derartige Studie in Betracht, könnten nur das Überleben bzw. die Zeit bis zum Tumorrezidiv als Studienendpunkte herangezogen werden, da man die kleinsten Metastasen mit den heutigen bildgebenden Verfahren nicht darstellen kann.

Beim Patienten mit fortgeschrittenem HCC und Leberzirrhose muss festgestellt werden, ob der zu erwartende Benefit der Radioembolisation gegenüber der möglichen Gefahr einer RILD überwiegt.

Radioembolisation mit 90Yttrium-Mikrosphären bei hepatischen Metastasen neuroendokriner Tumoren

Ähnlich wie das HCC sind die Lebermetastasen neuroendokriner Tumoren stark hypervaskularisiert, daher sind günstige Voraussetzungen für katheterbasierte Therapiemaßnahmen erfüllt.

Die häufigsten neuroendokrinen Tumoren sind das Karzinoid, gastroenteropankreatische- (GEP-) und Nebennierentumoren. Karzinoide treten zumeist im Gastrointestinaltrakt oder in der Lunge auf, GEP-Tumoren entstehen vorzugsweise in Magen, Darm oder Pankreas. Man unterscheidet Gastrinome, Glukagonome, Insulinome und Somatostatinome. Insbesondere Karzinoide mit Lebermetastasen neigen zu exzessiver Serotoninproduktion und -ausschüttung mit dem daraus resultierenden Karzinoidsyndrom. Dieses Syndrom ist durch Durchfälle, Flush-Symptomatik und asthmaähnliche Atembeschwerden gekennzeichnet; daneben werden Appetitverlust und Gewichtsabnahme häufig beobachtet.

Die Behandlung hepatisch metastasierter neuroendokriner Tumoren zielt auf die Reduktion der Tumorlast, Beherrschung der durch die Hormonausschüttung verursachten Symptome und eine Lebensverlängerung. Die etablierten Behandlungsverfahren sind die Metastasenresektion, Lebertransplantation und die Verabreichung von Somatostatinanaloga (Octreotide, Lanreotide). Weitere Optionen sind ablative Verfahren (RFA, Kryoablation) und katheterbasierte Verfahren (TAE, TACE) sowie rezeptorabhängige Behandlungen wie Indium- (111In-)Octreotide oder 90Yttrium-DOTA-Lanreotide.

Auch wenn bisher wenige Daten zum Einsatz der Radioembolisation bei hepatisch metastasierten neuroendokrinen Tumoren publiziert wurden [4, 17, 19, 21], sind die Ergebnisse jedoch in Bezug auf Größenreduktion und Symptomkontrolle sehr viel versprechend. Bei einigen Patienten konnte die palliative Octreotid-Therapie ausgesetzt werden, da die paraneoplastischen Symptome nach Radioembolisation nicht mehr in Erscheinung traten. Die Mehrheit der Patienten in diesen Studien zeigte in den bildgebenden Nachsorgeuntersuchungen und auch in den Labortests (Chromogranin A) ein Ansprechen auf die Therapie. Aufgrund dieser Ergebnisse und der sehr niedrigen Toxizität sollten randomisierte Studien mit Radioembolisation und den etablierten Verfahren (z. B. Resektion, Somatostatinanaloga) durchgeführt werden.

Radioembolisation bei Tumorerkrankungen außerhalb der Leber

Prinzipiell ist es durchaus denkbar, dass jeder angiographisch erreichbare Tumor auch außerhalb der Leber mit Radioembolisation behandelt werden könnte. Mögliche Indikationen sind das Meningeom, Glioblastoma multiforme, HNO-Tumoren, Nierenzellkarzinome und Lungentumoren. Nachdem z. B. das Auftreten einer Hautnekrose im Zusammenhang mit einer Radiosynoviorthese beschrieben wurde [36], müsste vor einer Radioembolisation oberflächlicher Tumoren der Gefäßstatus sehr genau evaluiert werden. Bevor jedoch überhaupt an die Einführung einer solchen Therapie in onkologische Konzepte gedacht werden kann, müssen In-vitro- und Tierstudien und u. U. Phase-I-Studien an kleinen Patientenkollektiven durchgeführt werden.

Perspektiven der Dosimetrie

Die Bestimmung der zu applizierenden Aktivität der 90Yttrium-Harz- als auch für Glas-Mikrosphären ist unterschiedlich, jedoch in beiden Fällen nicht vollständig befriedigend. Daher sollten weitere Bemühungen unternommen werden, um die Dosisplanung zu optimieren und so einerseits einen möglichst hohen antitumoralen Effekt zu erzielen und andererseits das umgebende gesunde Lebergewebe soweit wie möglich zu schonen. Eine Ex-vivo-Studie zeigte beim HCC und CRC eine Strahlendosis im Tumor von 100–3000 Gy und einen steilen Dosisabfall außerhalb des Tumorgewebes [20], dennoch bleibt insbesondere bei anderen Tumorentitäten die Dosimetrie umstritten.

Da sich die Verteilung der Mikrosphären auf Grund des embolisierenden Effekts der Sphären und der sich konsekutiv ändernden Flussverhältnisse während der Applikation verändert, ist eine exakte Vorhersage schwierig. Das 99mTechnetium-makroaggregierte Albumin, das bei der Voruntersuchung den Patienten intraarteriell zur Bestimmung des Verteilungsmusters, möglicher extrahepatischer Deposition und zur Bestimmung des hepatopulmonalen Shuntvolumens injiziert wird, könnte für die Dosisplanung genutzt werden. Als Alternative wären auch Mikrosphären aus Glas oder Harz denkbar, die zur Abschätzung ihrer Verteilung intraarteriell injiziert werden. Daraus könnte die Exposition des Tumors und des gesunden Leberparenchyms direkt errechnet werden, um so die optimale Dosis für den Tumor bei einer minimalen Exposition des gesunden Parenchyms zu bestimmen. Möglicherweise wären auf diese Weise, ähnlich wie bei der TACE, wiederholte Radioembolisationen bei minimiertem Risiko einer strahleninduzierten Lebererkrankung möglich. Wenn es gelingt, die Mikrosphären zu markieren und mit modernen bildgebenden Verfahren, wie z. B. der MRT, abzubilden, wäre dies für die Therapie- und Dosisplanung sehr hilfreich.

Radioembolisation und alternative Studienendpunkte

Das Überleben ist die entscheidende Erfolgskontrolle für die Beurteilung der Wirksamkeit lokal-ablativer Therapiemaßnahmen. Da dies eine längere Nachbeobachtungszeit voraussetzt und immer neue chemotherapeutische Konzepte eingeführt werden, ist dies schwer zu realisieren. Daher existiert ein Bedarf an alternativen Methoden zur Beurteilung der Wirksamkeit von Therapieformen, um behandelnde Ärzte, Wissenschaftler und Statistiker gleichermaßen von einem Behandlungskonzept zu überzeugen. Die Ansprechrate des Tumors im Sinne einer Größenreduktion wurde lange Zeit als wertvolles alternatives Maß angesehen, doch fehlt bis heute der eindeutige Nachweis, dass ein besseres Ansprechen eines Tumors mit einem längeren Überleben korreliert.

Die Lebensqualität der Patienten, die sich intensiven Behandlungsverfahren unterziehen müssen, ist von großer Bedeutung, insbesondere wenn sie nur noch eine begrenzte Lebenserwartung haben. Die Radioembolisation hat in mehreren Studien und bei verschiedenen Tumorentitäten ein sehr niedriges Toxizitätsprofil gezeigt. Es fehlen aber bisher prospektiv-randomisierte Studien zur Bestimmung der Lebensqualität unter Einbeziehung der Radioembolisation.

Für die Bewertung der Effektivität einer Tumorbehandlung können neben der mittleren Überlebenszeit als alternative Studienendpunkte die Zeit bis zur Tumorprogression oder die progressionsfreie Überlebenszeit dienen. Diese Endpunkte stellen einen Kompromiss zwischen der Notwenigkeit dar, klinisch relevante Überlebensdaten für Therapiekonzepte zu ermitteln, aber anderseits den Patienten bei Tumorprogression den Zugang zu neuen, experimentellen Therapieformen nicht zu verwehren. Zur Ermittlung der Wirksamkeit im Sinne eines Überlebensvorteils einer bestimmten Therapie wäre es notwenig, diese mit einem Kontrollarm ohne Therapie zu vergleichen. Dies ist bei größeren Patientenkollektiven ethisch nicht zu rechtfertigen.

Fazit für die Praxis

Obgleich die Radioembolisation mit 90Yttruim-Mikrosphären bei verschiedenen Tumorentitäten ermutigende Ergebnisse gezeigt hat, bleiben weiterhin viele Fragen, aber auch Möglichkeiten offen. Die Kombination von Radioembolisation und modernen systemischen Chemotherapieregimes in Phase-I-Studien beim hepatisch metastasierten kolorektalen Karzinom zeigte eine hohe Ansprechrate der Tumoren mit einer Stabilisierung der Lebermanifestationen und gleichzeitig akzeptabler Toxizität.

Ob ein synergistischer Effekt von strahlensensibilisierenden Substanzen und 90Yttrium das Risiko einer strahleninduzierten Leberschädigung rechtfertigt, ist noch unklar. Um dies zu klären, müssen kontrollierte, randomisierte Studien der Radioembolisation mit 90Yttrium-Mikrosphären in Kombination mit „State-of-the-art“-Chemotherapien im Vergleich zur Chemotherapie allein durchgeführt werden. Die Indikation der Radioembolisation bei Patienten mit HCC wurde in jüngster Zeit mit gutem Erfolg ausgeweitet bis hin zum „Downstaging“ und anschließender Organtransplantation oder Anwendung anderer lokal-ablativer Verfahren. Die Radioembolisation konkurriert dabei mit neuen Entwicklungen der transarteriellen Chemoembolisation mit „drug-eluting beads“.

Nicht selten treten bei Patienten mit verschiedenen Tumorerkrankungen lebensbedrohliche und unter Chemotherapie progressive Lebermetastasen auf. In dieser palliativen Situation können, wie aktuelle Studien zeigen, mit der Radioembolisation als Monotherapie viel versprechende Ergebnisse erzielt werden. Die Größenreduktion bzw. die Stabilisierung der Lebertumorlast erlauben vielen Patienten eine „Chemotherapiepause“, während der sich der Allgemeinzustand der Patienten stabilisieren kann, sodass zu einem späteren Zeitpunkt die systemische oder regionale Tumortherapie fortgesetzt werden kann. Insgesamt hat sich die Radioembolisation als wirkungsvolles Verfahren bei der Behandlung fortgeschrittener Lebertumoren erwiesen. Klinische Studien und die Entwicklung eines gemeinsamen Registers mit einheitlichen Kriterien zur Erfassung der Wirksamkeit und Toxizität der SIRT sind zu fordern, um die Rolle der Radioembolisation im gesamtonkologischen Konzept von Tumorerkrankungen der Leber zu bestimmen.