Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat heute in der Traumatologie und Orthopädie einen sehr hohen Stellenwert bei der Abklärung von Verletzungen, bzw. degenerativen Veränderungen an Muskeln und Sehnen, und ist in vielen Fällen unumgänglich, um eine zielgerichtete Therapie einleiten zu können. Abgesehen von sonstigen Unfällen sind sicherlich Sportverletzungen die häufigsten Ursachen für pathologische Veränderungen an den muskolotendinösen Strukturen. Ganz besonders der immer stärker werdende Freizeitsport und die immer größer werdenden Anforderungen im Profi- und Leistungssport schlagen sich in der Unfallstatistik nieder. Auch zunehmende sportliche Aktivitäten im Alter und Wohlstandskrankheiten wie Fettleibigkeit und Diabetes bergen infolge degenerativer Veränderungen des Stützapparates ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Der hohe Weichteilkontrast und die hohe Sensitivität für pathologische Veränderungen der Gewebestruktur, v. a. hinsichtlich ihres Wassergehalts, bewirken die deutliche Überlegenheit der MRT in der Diagnostik von Weichteilverletzungen gegenüber anderen bildgebenden Verfahren. Konventionelles Röntgen und Computertomographie (CT) rechtfertigen ihren Einsatz lediglich bei knöchernen Begleitverletzungen. Nicht selten allerdings erbringt erst die MRT-Untersuchung den Hinweis auf eine okkulte Fraktur, die auch dem erfahrenen Befunder des konventionellen Röntgenbildes aufgrund von Strukturüberlagerungen entgangen ist.

Bei oberflächlichen, nicht durch Knochen maskierten Weichteilverletzungen kann die hochauflösende Small-parts-Sonographie einen Beitrag zur Verletzungscharakterisierung leisten. Exakte anatomische Zuordnungen gestalten sich jedoch oft schwierig, die Abhängigkeit der Treffsicherheit von der Untersuchererfahrung und die eingeschränkte bildliche Dokumentationsmöglichkeit und damit Nachvollziehbarkeit für den Kliniker und für Folgeuntersuchungen sind bekannte Einschränkungen dieser Methode.

Muskelverletzungen in der MRT-Bildgebung

Der normale Muskel zeigt eine glatte Kontur ohne umschriebene Deformitäten im Sinne von Ausbuchtungen oder Einziehungen. Er ist in allen Sequenzen relativ signalarm, in T1w verglichen mit Flüssigkeit hyperintens und verglichen mit Fettgewebe deutlich hypointens. In T2w ist er ohne Fettunterdrückung deutlich, mit Fettunterdrückung mäßig hypointens gegenüber Fettgewebe, verglichen mit Flüssigkeit zeigt er eine erheblich geringere Signalintensität.

Folgende Faktoren sind für ein höheres Verletzungsrisiko des Muskels verantwortlich [2]:

  • Typ-II-Fasern (schnell kontrahierend),

  • Ausdehnung über 2 Gelenke,

  • exzentrische Aktion (Kontraktion während Elongation),

  • Spindelform.

Die meisten Zerrungen bzw. Partialrisse ereignen sich am Muskel-Sehnen-Übergang und werden durch ein indirektes Trauma in Form einer exzessiven Dehnung verursacht.

Zerrungen, Risse

Die hohe Signalintensität in T2w von Ödem, Flüssigkeit und Blutprodukten entlang von gerissenen Muskelfasern und dazwischenliegende intakte Muskelfasern bewirken das typische gefiederte Bild in der MRT.

Physiologisch ist eine diffus erhöhte Signalintensität des Muskels in T2w kurz nach starker Beanspruchung. Ein gleiches Bild mit diffus erhöhter Signalintensität zeigt sich bei akuter leichter Muskelzerrung oder bei Überbeanspruchung, die sich klinisch als „Muskelkater“ äußert (delayed onset muscle soreness, DOMS; [11]).

Muskelbauchverletzungen

Muskelbauchverletzungen sind selten und meist Folge eines stumpfen direkten Traumas in Form einer Kontusion, sie kommen daher vorwiegend bei Kontaktsportarten vor [2]. Bei leichten Muskelkontusionen zeigt die MRT im Muskel ödemartige Veränderungen an der Kontaktstelle, häufig durch eine Kombination von interstitieller Hämorrhagie und Ödem bedingt [11].

Hämatome

Die durch schwerere Verletzungen verursachten Hämatome sind üblicherweise in den tiefen Muskelschichten lokalisiert.

Hämatomcharakteristika:

  • akut: Muskelisointens in T1w und hypointens in T2w und STIR;

  • subakut: hyperintens in T1w und heterogene Signalintensität in T2w aufgrund extrazellulären Methämoglobins. Mögliche Flüssigkeitsspiegel. Falls KM appliziert wird: Wandanfärbung (Differenzialdiagnose Abszess!);

  • mit zunehmendem Alter der Läsion wird die Hämatomwand hypointens durch Hämosiderinablagerung und Fibrose.

Als Komplikation schwerer Muskelverletzungen kann es zu einer Rhabdomyolyse kommen, die durch einen Integritätsverlust der Muskelzellmembran charakterisiert ist. Anfangs stellt sie sich in der MRT als diffuses Ödem dar, mit möglicher Progression zu einer Myonekrose [11].

Myositis ossificans localisata traumatica

Eine Myositis ossificans localisata traumatica manifestiert sich frühestens nach 6–8 Wochen als Weichteiltumor mit peripheren Verkalkungen. Bei Verletzungen der Oberschenkelmuskulatur kommt sie nicht selten vor. Die Muskelfasern selbst nehmen primär nicht an dem Ossifikationsprozess teil, sondern werden erst sekundär durch die zunehmende Fibrosierung geschädigt [14]. In der MRT stellt sie sich in T2w typischerweise als im Randbereich signalarme (Kalk) und zentral heterogene, großteils fettisointense Raumforderung (dem im Rahmen der Ossifizierung entstandenen Fettmark entsprechend) dar.

Muskelatrophie und fettige Degeneration

Muskelatrophie und fettige Degeneration sind meist Folgen zurückliegender Verletzungen wie chronischen Sehnenausrissen oder wiederholter Risse durch Überlastung. In T1-Wichtung zeigt sich das typische hyperintense Fettsignal, der Befund kann durch fettunterdrückte Sequenzen bestätigt werden [9].

Narbengewebe

Narbengewebe ist entsprechend seiner fibrösen Natur in allen Sequenzen signalarm, allerdings sind nur ausgeprägtere Narbenbildungen in der MRT zu erkennen, diskrete Narbenformationen entgehen der MR-tomographischen Detektion nur allzu leicht. Die Identifikation narbiger Veränderungen ist wegen deren erhöhter Verletzungsanfälligkeit von klinischer Bedeutung.

Sehnenverletzungen in der MRT-Bildgebung

In der MRT ist normales Sehnengewebe in allen Sequenzen signalarm und scharf begrenzt. Partialrisse äußern sich durch Kaliberschwankungen mit Auftreibungen und Verdünnungen, im akuten Stadium durch teilweise hohe Signalintensität in T2w infolge Ödem und Einblutung sowie welligem Verlauf der rupturierten Faserzügel.

Akute Komplettrupturen zeigen naturgemäß ebenfalls alle Zeichen der Einblutung mit ödematösen Umgebungsveränderungen, retrahierte und teilweise aufgerollte Rupturenden und Retraktionen des Muskelbauchs, der aufgrund der Verkürzung verdickt imponiert.

Degenerativ veränderte Sehnen weisen Veränderungen des Durchmessers, manchmal Verkürzungen oder Elongationen und Randunschärfen auf. Signalinhomogenitäten in allen Sequenzen sind durch mukoide, zystische, fibrinoide, bindegewebige und kolloidale Einlagerungen bedingt, manchmal auch durch Verkalkungen nach Einblutungen infolge von Faserrissen bei chronischer Über/Fehlbelastung.

Eine nicht degenerativ veränderte Sehne hat ihre Schwachstelle am Sehnenansatz bzw. Ursprung, es sind jene Lokalisationen, wo man Ein- und Abrisse zu erwarten hat.

Sehnenausrisse

Sehnenausrisse sind Folge übermäßig kräftiger, unverhältnismäßiger und oft exzentrischer Muskelkontraktion. Sie erfordern eine rasche operative Sanierung, ihre Diagnostizierung ist daher von großer Wichtigkeit. Das konventionelle Röntgenbild ermöglicht die Darstellung des knöchernen Fragments bei knöchernen Sehnenausrissen, was klinisch und prognostisch von Bedeutung ist. Die MRT erlaubt die Festlegung des Ausmaßes der Sehnenretraktion und der Morphologie des Sehnenstumpfs, beides sind für den Operateur notwendige Informationen [9]. Die MRT kann aber auch Aussagen über chronische Veränderungen machen: Bei länger zurückliegenden Verletzungen kommt es, bedingt durch die Inaktivitätshypotrophie, zum vermehrten Muskelabbau, was sich MR-tomographisch als Muskelkaliberreduktion und Fetteinlagerung manifestiert. Veränderungen also, die ein völlig anderes therapeutisches Vorgehen notwendig machen, da eine anatomische Rekonstruktion zumeist nicht mehr den gewünschten Erfolg bringt.

Degenerativ veränderte Sehnen erleiden auch Komplettrupturen im Mittelteil bei entsprechendem akutem Trauma. Sehnendegenerationen entstehen als Folge wiederholter Mikrotraumen oder sekundär bei Grundkrankheiten wie z. B. Gicht, Rheumatismus, Diabetes, Kollagenosen. Eine lang dauernde systemische Kortikoidtherapie oder lokale Kortisoninjektionen können aufgrund der Schwächung der Kollagenstrukturen ebenfalls zu Sehnenrupturen führen und erschweren die Sehnenreparation und Rehabilitation [10].

Anteriores Kompartment

Quadrizepsmuskelgruppe

Der M. quadriceps besteht aus Vastus medialis, Vastus lateralis und Vastus intermedius (Sehnenursprung am proximalen Femurschaft), sowie dem Rectus femoris, der an der Spina iliaca anterior inferior entspringt. Die Quadrizepsmuskelgruppe hat eine gemeinsame Endsehne, die Quadrizepssehne, die sich über der Patella, als eingeschaltetes Sesambein, in die Patellarsehne fortsetzt.

Die Quadrizepssehne hat einen dreischichtigen Aufbau:

  • oberflächliche Schicht aus dem Rectus femoris,

  • mittlere Schicht aus Vastus medialis und lateralis,

  • tiefe Schicht aus dem Vastus intermedius.

Die Patellarsehne besteht hauptsächlich aus Fasern des Rectus femoris, in die die Patella als Sesambein eingelagert ist. Sie inseriert an der Tuberositas tibiae. Funktionell dient der Quadrizeps mit seinen Sehnen dem Streck- und Haltevorgang im Kniegelenk, bei dessen Ausfall eine aktive Streckung unmöglich wird und den Patienten nicht mehr in die Lage versetzt, das Kniegelenk in diversen Streck- oder Beugestellungen zu fixieren.

Von der Streckmuskulatur ist der Rectus femoris am anfälligsten für Verletzungen am Muskel-Sehnen-Übergang. Dies ist Folge der oberflächlichen Lage, des Aufbaus vorwiegend aus Typ-II-Fasern, der exzentrischen Aktion und der Ausdehnung über 2 Gelenke [2].

Rupturen

Rupturen der Quadrizepssehne sind eine eher seltene, aber schwerwiegende Verletzung, die eine rasche Diagnose und Behandlung erfordert, um spätere Streckdefizite zu verhindern. Komplettrupturen sind operativ zu sanieren, inkomplette oder partielle Rupturen werden üblicherweise konservativ therapiert [8].

Klinisch zeigt sich eine Trias von akutem Schmerz, Unfähigkeit zu aktiver Kniestreckung und eine suprapatellare Einsenkung. Letztere kann durch einen gleichzeitig bestehenden Gelenkerguss maskiert sein, wobei aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft der dorsal der Sehne anliegenden Synovia häufig ein Hämarthros vorliegt [8].

Komplett- oder Partialrupturen der Quadrizepssehne infolge heftiger Dezeleration sind meistens wenige cm über dem oberen Patellapol zu finden [2]. Aufgrund der beachtlichen Sehnenstärke finden sich Rupturen allerdings meist nur bei bereits vorbestehenden Sehnenschäden (s. einführendes Kapitel über Sehnenverletzungen). Prädisponierend für Tendinosen der Quadrizepssehne sind Lauf- und Sprungsportarten wegen chronischer Überlastung des Extensormechanismus („jumper’s knee“) und das Gewichtheben (Abb. 1 und 2; [4, 8]).

Abb. 1a–c
figure 1

Partialruptur der Quadrizepssehne. Sagittale T1w-SE-Bilder (a), TIRM-Bilder (b) und axiales TIRM-Bild (c). Deutliche Verdickung und Auftreibung der Quadrizepssehne mit hyperintensen Signalalterationen und teilweiser Unterbrechung der Faserzügel am patellaren Ansatz. In der axialen Schicht rundliche Form des Sehnenquerschnitts mit hyperintensen Arealen, entsprechend Ödem und Blutung, zwischen normalen hypointensen Faserzügeln; ein geringer Gelenkerguss ist zu sehen

Abb. 2a–c
figure 2

Komplettruptur der Quadrizepssehne. Sagittales T1w-SE-Bild (a), TIRM-Bild (b) und koronales TIRM-Bild (c); die Quadrizepssehne zeigt einen Ausriss am patellaren Ansatz mit Verdickung und mäßiger Hyperintensität des Stumpfendes, dessen Auffaserung sich in der koronalen Schicht deutlich darstellt; die Dehiszenz zwischen Insertionsstelle und retrahiertem Sehnenstumpf ist in der IR-Sequenz durch die hohe Signalintensität der dazwischenliegenden Flüssigkeitsansammlung besser erkennbar; auf dem sagittalen TIRM-Bild ist gleichzeitig ein Einriss der Synovia nachweisbar, ersichtlich aus der fehlenden Abgrenzbarkeit des Ergusses im suprapatellaren Rezessus zu den Flüssigkeitsansammlungen im Rupturbereich

Die Dehnungsbelastung der Patellarsehne ist bei stärker flektiertem Knie größer als die der Quadrizepssehne und in der Patellarsehne selbst an der Insertionsstelle größer als in der Sehnenmitte [10]. Sehnenrisse ereignen sich daher üblicherweise bei Flexion über 60° und an der Insertion, wobei die patellare Insertion deutlich häufiger betroffen ist als die tibiale [2].

Generell reißen gesunde Patellarsehnen nicht, bei übermäßigem Dehnungsstress des Extensorenmechanismus erfolgen gewöhnlich Querfrakturen der Patella, die das schwächste Glied in der Kette darstellt [10]. Wie bei der Quadrizepssehne sind wiederholte Mikrotraumen und Degenerationen prädisponierende Faktoren für Teilausrisse. Bei Kindern führen chronische Zerrungen am Patellarsehnenansatz zur bekannten Osgood-Schlatter-Erkrankung. Ein ähnliches Phänomen am unteren Patellapol stellt das Sinding-Larsen-Johanson-Syndrom dar. Das Patellaspitzensyndrom des Erwachsenen (jumper’s knee) äußert sich als Verdickung der Patellarsehne und Hyperintensität in T1w und T2w, die histologisch mit einer angiofibroblastischen Tendinose korreliert und mit einer Elongation des unteren Patellapols kombiniert sein kann [4]. Rupturen der Sehnenmitte kommen praktisch nur bei chronischen Erkrankungen vor. Selten sind Transplantatentnahmen für eine vordere Kreuzbandplastik Ursache für Rupturen [10].

MR-tomographisch zeigt der Patellarsehnenriss das typische Bild mit Diskontinuität der Fasern, welligen Enden, erhöhter Signalintensität in T2w, Knochenmarködem und fakultativ knöchernen Fragmenten bei knöchernen Ausrissen. Ein begleitendes Weichteilödem und hämorrhagische Veränderungen im Hoffa-Fettkörper liegen meist ebenfalls vor.

Komplettrupturen erfordern eine operative Sanierung, wie bei Rupturen der Quadrizepssehne ist eine rasche Diagnosestellung für ein optimales Ergebnis unabdingbar (Abb. 3, 4, 5, 6, 7).

Abb. 3a–c
figure 3

Status post proximalem knöchernem Patellarsehnenausriss, sagittale Bilder TIRM (a) und T1w-SE (b), axiales TIRM-Bild (c); die Patellarsehne zeigt proximal Konturunregelmäßigkeiten und Signalalterationen, wobei die ventrale Randunschärfe und Auffaserung auch auf der axialen Schicht gut ersichtlich sind. Im Anschluss an die abgestumpfte Patellaunterkante finden sich mehrere knöcherne Fragmente

Abb. 4a, b
figure 4

Partieller distaler Patellarsehnenausriss. Sagittales TIRM-Bild (a) und T1w-SE- (b) Bild; die Patellarsehne ist distal in beiden Sequenzen mäßig hyperintens; in der IR-Sequenz zeigt sich eine deutliche Kantenbildung an der dorsalen Sehnenkontur knapp proximal des Ansatzes mit nachfolgender Verdünnung der Sehne. Ein schmaler Flüssigkeitssaum ist zwischen rupturierten Fasern und tibialer Insertionsstelle erkennbar, der noch etwas weiter nach kranial zwischen Patellarsehne und Hoffa-Fettkörper hinaufreicht

Abb. 5a–c
figure 5

Ansatztendinose der Patellarsehne bei Zustand nach Morbus Osgood-Schlatter. Sagittales T1w-SE-Bild (a), sagittales (b) und koronales (c) TIRM-Bild; die Patellarsehne ist ansatznahe aufgetrieben und hyperintens mit eingelagerten Ossikeln, die teilweise von ödematösen Veränderungen umgeben sind

Abb. 6a, b
figure 6

Patellaspitzensyndrom. Sagittales T1w-SE-Bild (a) und TIRM-Bild (b); die Patellarsehne ist an ihrer proximalen Insertion verdickt und in beiden Sequenzen zentral hyperintens. Der untere Patellapol ist etwas ausgezogen und zeigt in der IR-Sequenz ein kleines hyperintenses Areal, dem begleitenden Knochenmarködem entsprechend

Abb. 7a–c
figure 7

Patellaspitzensyndrom bei einem Leistungssportler (Sprinter). Sagittales T1w-SE-Bild (a), sagittales (b) und axiales (c) TIRM-Bild; deutliche Verdickung der proximalen Patellarsehne mit zentraler Hyperintensität in allen Sequenzen. An der patellaren Insertion in der sagittalen IR-Sequenz als deutlich hyperintenses Band erkennbares Ödem

Mediales Kompartment

Pes anserinus

Die Sehnen des Sartorius-, Grazilis- und Semitendinosusmuskels bilden gemeinsam den Pes anserinus. Der Sartorius ist ein langer bandförmiger Muskel, der an der Spina iliaca anterior superior entspringt, an der Vorderfläche des Oberschenkels schräg verläuft, um an der Tibia medial unterhalb der Tuberositas tibiae und der Fascia cruris zu inserieren. Der Grazilis ist ein dünner strangförmiger Muskel an der Medialseite des Oberschenkels mit Ursprung am Ramus inferior ossis pubis und Os ischium und Ansatz an der Tibia unmittelbar dorsal des Sartorius. Der Semitendinosus entspringt an der Tuberositas ossis ischii knapp neben dem Caput longum des M. biceps und bildet eine lange distale Sehne. Die Semitendinosussehne inseriert mit der Grazilissehne am Tuberculum Gerdy der Tibia. Alle 3 Muskeln sind Kniebeuger und unterstützen die Innenrotation des Knies.

Den M. sartorius machen seine oberflächliche Lage und die biartikuläre Erstreckung verletzungsanfälliger als die beiden anderen Muskeln der Pes-anserinus-Gruppe, wobei die Rupturen meist Folge eines direkten Kontusionstraumas sind.

Die Länge der distalen Semitendinosussehne stellt eine mögliche Prädisposition für Rupturen des Muskels dar [9].

Rupturen

Generell sind distale Sehnenausrisse des Pes anserinus seltene Verletzungen und ereignen sich am häufigsten bei Fußballspielern und Wasserschifahrern. Eine abnorme Sehnenmorphologie oder Degeneration sind prädisponierende Faktoren, ebenso frühere ACL-Plastiken aus der Semitendinosus- und Grazilissehne der gleichen Seite.

M. Semimembranosus

Der spindelförmige Semimembranosusmuskel entspringt von der Tuberositas ossis ischii, verläuft am Oberschenkel unterhalb von Semitendinosus und Bizeps, und verfügt entgegen den meisten anderen Muskeln über einen sehnigen Ursprung und Ansatz. Sowohl die Spindelform als auch die vorwiegend exzentrischen Aktivitäten bewirken eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit [9].

Die distale Semimembranosussehne teilt sich in Höhe des Gelenkspalts in 5 Sehnenausläufer [1]:

  • anteriorer oder tibialer Arm: er inseriert am medialen Aspekt der proximalen Tibia unter dem tibialen Seitenband und verläuft fast horizontal, die Dicke ist erheblich variabel;

  • direkter Arm: er hat ebenfalls einen anterioren Verlauf, setzt am posteromedialen Aspekt der Tibia an und ist MR-tomographisch nicht identifizierbar, wohl aber in anatomischen Schnitten beschrieben;

  • inferiorer oder poplitealer Arm: erstreckt sich weiter distal als der anteriore und direkte Arm und liegt ebenfalls dem medialen Seitenband eng an, der Ansatz befindet sich knapp oberhalb des tibialen Ansatzes des Seitenbandes;

  • kapsulärer Arm: er ist dem Lig. obliquum posterior eng benachbart und als tief liegende Struktur am posteromedialen Aspekt des Tibiaplateaus auf axialen Schichten v. a. bei gleichzeitigem Gelenkerguss sichtbar;

  • Lig. popliteum obliquum: ist ein dünner, breiter lateraler Ausläufer der Semimembranosussehne, der mit der dorsomedialen Gelenkkapsel verschmilzt und sich über die Mittellinie nach lateral erstreckt, wo sich die Fasern mit dem Lig. arcuatum verflechten.

Bei nahezu der Hälfte der Menschen inserieren kleine Sehnenfaserzügel am Hinterhorn des Außenmeniskus. Semimembranosus und Semitendinosus werden auch als medialer Hamstring-Muskelkomplex bezeichnet und bewirken Flexion und Innenrotation des Knies.

Rupturen

Komplettrupturen der Semimembranosussehne und Verletzungen am myotendinösen Übergang sind extrem selten, am ehesten kommen sie bei Fußballspielern vor [1].

Knöcherne Ausrisse am posteromedialen Aspekt des Tibiaplateaus ereignen sich als Folge einer heftigen Abduktion und Außenrotation bei flektiertem Kniegelenk. Mögliche Begleitverletzungen sind Rupturen des medialen Seitenbandes (Valgusstress) und Innenmeniskus. Laut Chan et al. [5] fand sich gleichzeitig immer eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes bzw. sind vordere Kreuzbandrupturen nicht selten mit Läsionen am posteromedialen Tibiaplateau vergesellschaftet. In der MRT zeigen sich eine Frakturlinie am posteromedialen Tibiaplateau mit umgebendem Knochenmark- und Weichteilödem sowie Signalalterationen der Semimembranosussehne nahe ihrem tibialen Ansatz (Abb. 8).

Abb. 8a–d
figure 8

Rezidivierende Partialrupturen des M. semimembranosus und der medialen Gastrocnemiussehne. Sagittales T1w-SE-Bild (a) und TIRM-Bild (b), axiale TIRM-Bilder (c, d); der Semimembranosusmuskel zeigt ein gefiedertes Bild mit rupturierten, wellig verlaufenden Faserzügeln, dazwischen Hyperintensitäten, dem Ödem und der Einblutung entsprechend. Partieller Abriss der Sehne des medialen M. gastrocnemius mit Auffaserung und Ödem

Laterales Kompartment

Das laterale Kniegelenkkompartment beinhaltet mehrere Ligamente, die Bizepssehne und den Tractus iliotibialis. Alle diese Strukturen wirken einem Varusstress sowie einer Innen-Außen-Rotation und anterior-posterioren Translation der Tibia entgegen.

Isolierte Verletzungen des lateralen Kompartments kommen selten vor, sind aber in ihren Auswirkungen schwerwiegender als medialseitige [13].

M. biceps femoris

Der M. biceps femoris (lateraler Hamstring-Muskelkomplex) besteht aus einem Caput longum und breve, die sich oberhalb des Knies vereinigen. Er ist ein statischer und dynamischer Stabilisierer der Kniegelenkaußenseite. Am Tractus iliotibialis dorsal inserierende Faszienausläufer sind für die manchmal vorkommende gleichzeitige Verletzung beider Strukturen verantwortlich. Der weitaus überwiegende Teil der Muskelverletzungen betrifft das Caput breve. Die distale Bizepssehne inseriert am Fibulaköpfchen, lateralen Tibiakondylus und der Unterschenkelfaszie. Dieses eher extensive Attachment stellt eine mögliche Prädisposition für Risse dar [9].

Tractus iliotibialis

Der Tractus iliotibialis ist ein starkes Faszienband, das aus der Fusion der Aponeurosen des Tensor fasciae latae, Glutaeus maximus und Glutaeus medius hervorgeht. Der Hauptansatzbereich ist das Tuberculum Gerdy des lateralen Tibiakondyls. Einzelne Faserzügel setzen am Tuberculum supracondylare des lateralen Femurkondylus, an der Patella und dem Lig. patellae an. Funktionell ist er ein lateraler Stabilisator des Kniegelenks und leistet keinen Beitrag zur aktiven Bewegung.

Bei Verletzungen sind knöcherne Ausrisse am Tuberculum Gerdy selten, häufiger finden sich Einrisse der posterioren Sehnenteile [2, 13]. Sie äußern sich in der MRT als Ödem und Diskontinuität nahe dem tibialen Ansatz, am besten darstellbar in koronarer Schichtführung. Ursache ist üblicherweise ein Sturz vorwärts mit dem Knie in Varusabwinkelung und der Tibia in Innenrotation (Fußball!). Bei Auftreten einer Segond-Fraktur, einer Avulsionsfraktur der proximalen Tibia unmittelbar distal des lateralen Tibiaplateaus, sind in ca. 70% der Fälle posteriore Fasern des Tractus iliotibialis anhaftend [3].

Bei Kniebeugung über 30° gleitet der Tractus iliotibialis über den lateralen Femurkondylus nach dorsal und bei Kniestreckung nach ventral. Dieses Verhalten führt bei Überbeanspruchung zu Irritation und Entzündung von Traktus und Periost mit entsprechender Schmerzsymptomatik, bekannt als „Iliotibiales Friktionssyndrom“. Prädisponierende Sportarten sind Laufen (runner’s knee), Schi- und Radfahren und Gewichtheben (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

Iliotibiales Friktionssyndrom, koronales FS-TT2w-Bild. Zwischen Tractus iliotibialis und lateralem Femurkondylus zeigen sich ein deutlicher hyperintenser Flüssigkeitssaum und eine verdickte Synovia

Posteriores Kompartment

M. gastrocnemius

Der Gastrocnemiusmuskel ist der am oberflächlichsten gelegene Unterschenkelmuskel. Er entspringt mit einem medialen und lateralen Kopf von der Hinterfläche des entsprechenden Femurkondylus. Die Hauptfunktion des Muskels ist die Plantarflexion des Fußes, er trägt aber auch zur Flexion des Kniegelenks im nichtgewichttragenden Status bei.

Verletzungen des medialen Gastrocnemiuskopfes kommen bei Patienten mit posteromedialer Instabilität entweder isoliert oder kombiniert mit Rissen der Semimembranosussehne vor.

Verletzungen des lateralen Gastrocnemiuskopfes finden sich entsprechend bei Patienten mit posterolateraler Instabilität, häufig in Kombination mit Rissen der Popliteussehne, Bizepssehne und des Plantarismuskels (Abb. 10 und 11).

Abb. 10a–c
figure 10

Partialruptur des lateralen Gastrocnemiusmuskels. Sagittale TIRM-Bilder (a) und T1w-SE-Bilder (b), koronales TIRM-Bild (c); der laterale Gastrocnemiuskopf ist verdickt und zeigt eine überwiegend zentrale Unterbrechung und Aufrollung von Faserzügeln mit umgebendem, in der IR-Sequenz hyperintensem Ödem; auch ein subfasziales Ödem ist als ein den Muskel umgebendes signalreiches Band zu sehen

Abb. 11a, b
figure 11

Altes Trauma des medialen M. gastrocnemius. Sagittales TIRM-Bild (a) und T1w-SE Bild (b); die Sehne des medialen Gastrocnemiusmuskels ist am Ursprung in beiden Sequenzen hyperintens mit streifigen Signalalterationen und Auffaserungen. Kein Ödem oder Einblutung wie bei frischen Verletzungen

M. plantaris

Der Plantarismuskel entspringt vom lateralen Femurkondylus knapp oberhalb des lateralen Gastrocnemiuskopfes. Sein zarter Muskelbauch liegt zwischen Popliteus und lateralem Gastrocnemius; seine dünne, lange Sehne inseriert entweder am Kalkaneus oder direkt in der Achillessehne. Der Plantarismuskel fehlt bei 5–10% der Menschen. Er bildet einen Schutzbügel über den Vasa tibialia posteriora, die er bei der Beugung im Kniegelenk vor der Einklemmung bewahrt.

Plantarismuskelrisse können in Kombination mit vorderen Kreuzbandrissen, Rissen des Lig.-arcuatum-Komplexes und der dorsolateralen Muskelgruppe vorkommen. Das als mögliche Komplikation eines Plantarismuskelrisses auftretende posteriore Kompartmentsyndrom erfordert eine chirurgische Dekompression, da es durch den gesteigerten Druck innerhalb der begrenzenden Faszie untherapiert zu venöser und arterieller Okklusion, muskulärer und nervaler Ischämie und schließlich Gewebenekrose kommt [11].

Der MR-tomographische Aspekt einer Plantarisverletzung hängt wie immer von deren Schweregrad ab [2]:

  • abnorm erhöhte Signalintensität in T2w im Muskel oder Muskel-Sehnen-Übergang,

  • myotendinöse Ruptur mit proximaler Muskelretraktion und raumforderungsartigem Aspekt zwischen Popliteussehne und lateralem Gastrocnemiuskopf,

  • Flüssigkeitsansammlungen zwischen medialem Gastrocnemiuskopf und Soleusmuskel [4],

  • Kombination mit vorderer Kreuzbandruptur und Lig.-arcuatum-Komplex,

  • Knochenkontusionen im lateralen Kompartment.

M. popliteus

Der Popliteusmuskel entspringt vom posteromedialen Aspekt der proximalen Tibiametaphyse und bildet einen Teil des Bodens der Fossa poplitea. Seine Sehne erstreckt sich vom Muskelbauch durch den Hiatus popliteus und setzt am lateralen Femurkondylus am Ende des Sulcus popliteus an. Zwei weitere Insertionsstellen sind das posteriore Fibulaköpfchen (popliteofibulares Ligament) und das Hinterhorn des Außenmeniskus.

Im nichtgewichttragenden Zustand ist der Popliteusmuskel Innenrotator der Tibia gegen den Femur, im gewichttragenden Zustand Außenrotator des Femurs gegen den Unterschenkel. Er ist ein wesentlicher Stabilisator der posterolateralen Gelenkabschnitte [2].

Sehnenausrisse kommen selten vor, weitaus häufiger sind Verletzungen des Muskelbauchs und des Muskel-Sehnen-Übergangs. Der Verletzungsmechanismus ist üblicherweise eine Hyperextension oder ein indirektes Außenrotations-Hyperextensions-Trauma als Folge eines direkten Stoßes gegen die proximal-mediale Tibiavorderfläche [2].

Isolierte Rupturen des Popliteusmuskels sind ungewöhnlich. Häufig finden sich Kombinationsverletzungen der posterolateralen Strukturen (Popliteusmuskel und -sehne, dorsale Gelenkkapsel, laterales Seitenband und Lig.-arcuatum-Komplex) mit vorderen oder hinteren Kreuzbandrupturen.

Nicht selten ist die Popliteusverletzung mit Rissen der dorsalen Kapsel vergesellschaftet. Letztere ist in der MRT keine optimal abgrenzbare Struktur, das eindeutigste Zeichen einer Ruptur ist das Vorhandensein freier Flüssigkeit zwischen den dorsalen Gewebeschichten (Abb. 12; [12]).

Abb. 12
figure 12

Partialruptur des M. popliteus. Sagittales T1w-SE-Bild (a) und FS-T2w-Bild (b), koronale FS-T2w-Bilder (c, d); der Popliteusmuskel zeigt das typische gefiederte Bild der Partialruptur mit streifigen Hyperintensitäten in T2w zwischen intakten Faserzügeln; ein in T1w signalarmes, in T2w signalreiches Knochenmarködem ist an den medialen Kniegelenkkörpern, am lateralen Tibiakondyl und am Fibulaköpfchen ersichtlich

Verletzungen der posterolateralen Strukturen bewirken eine Rotationsinstabilität und erlauben eine exzessive Außenrotation der Tibia, die nicht nur für Athleten eine schwere Behinderung darstellt. Die Erkennung von Läsionen dieser Art ist daher bei jeder MRT-Untersuchung eines verletzten Kniegelenks von erheblicher klinischer Bedeutung, eine operative Sanierung sollte möglichst umgehend durchgeführt werden [6, 7, 12].

Fazit für die Praxis

Ziele der Bildgebung

  • Verifizierung der Verletzung

  • Umfassende Beurteilung der Verletzungsnatur

  • Identifikation jener Patienten, die von einer operativen Behandlung profitieren können

Klassifikation myotendinöser Verletzungen

  • Grad 1: Zerrung — Muskelfunktion erhalten. Nur wenige Fasern sind gerissen. Es zeigen sich ein interstitielles Ödem und eine Hämorrhagie am Muskel-Sehnen-Übergang mit Ausdehnung in die angrenzenden Muskelfaszikel (gefiedertes Bild in der MRT)

  • Grad 2: Partialruptur — Muskelfunktion eingeschränkt, keine Retraktion. Häufig zeigen sich ein Hämatom am Muskel-Sehnen-Übergang und eine perifasziale Flüssigkeitsansammlung

  • Grad 3: Komplettruptur — Verlust der Muskelfunktion und Retraktion. Der akute Ausriss zeigt sich als Hämatom und periostales „stripping“ am Sehnenansatzbereich, wellige Deformierung und Retraktion des Sehnenstumpfs mit oder ohne knöchernem Fragment [2]

Empfohlene Bildgebungstechnik

  • Axiale, koronale und sagittale Schichtung, Orientierung entsprechend der Längs- und Querachse der betroffenen Muskel-Sehnen-Struktur

  • T1w: geeignet zur Feststellung einer subakuten Blutung, Atrophie, fettiger Degeneration und narbiger Veränderungen

  • STIR oder fettunterdrückte T2w: höchste Sensitivität hinsichtlich ödematöser Veränderungen und unverzichtbar, da bei allen Verletzungen der Wassergehalt in der betroffenen Muskel-Sehnen-Struktur alteriert ist

Durch Muskel- und Sehnenverletzungen am Kniegelenk kann eine Behinderung entstehen, deren Stärke je nach Läsionsausmaß und betroffener Muskel-Sehnen-Struktur variiert.

Der Schweregrad akuter Verletzungen und chronische Schäden von Muskeln und Sehnen sind an charakteristischen Struktur- und Signalveränderungenn in der MRT-Bildgebung eindeutig zu identifizieren.

Zur Planung des therapeutischen Vorgehens ist ein entsprechend exakt und detailliert abgefasster radiologischer Befund sowohl für den behandelnden Arzt als auch den Patienten Grundvoraussetzung.

Anmerkung über die Wichtigkeit des Kniegelenks

Antwort von Joseph Beuys auf die Frage, warum er die Taschenlampe am Knie befestigt habe: „Ich denke doch sowieso mit dem Knie!“