Die verbesserte pränatale Diagnostik und die Fortschritte der Neonatologie gehen mit einer wachsenden Zahl von Frühgeborenen und Kindern mit komplizierten Fehlbildungen einher. Früh, vor der 37. SSW, werden 7% aller Kinder geboren, es überleben mehr als 90%.

Atemprobleme bei Frühgeborenen können Ausdruck fast jeden Krankheitsbilds sein. Neben klinischer Präsentation und Blutgaswerten ist eine Thoraxübersichtsaufnahme oft für das weitere Vorgehen entscheidend.

Die Röntgenaufnahmen sollten im Idealfall durch einen Kinderradiologen (in Deutschland ist dies nur jeder 100. Radiologe) beurteilt werden, da viele kongenitale oder postpartale Veränderungen am kindlichen Thorax in der Erwachsenenradiologie nicht bekannt sind.

Neonatologische Intensivpatienten sind nur in seltenen Fällen transportfähig, daher findet die Röntgenuntersuchung mit fahrbaren Geräten im Inkubator statt. Ziel der Untersuchung ist, bei minimaler Strahlenexposition und geringer Manipulation zur Diagnosestellung zu kommen.

Erschwert wird die Beurteilung der Liegendaufnahmen durch überlagerndes Fremdmaterial wie extrakorporale Katheteranteile, Beatmungsschläuche, EKG-Elektroden und -Kabel. Durch Löcher im Deckel des Inkubators können kreisrunde Aufhellungsareale auf Lunge oder Abdomen projiziert werden und eine Pathologie vortäuschen.

Von großer Bedeutung ist eine gute Kommunikation zwischen dem Radiologen und dem Neonatologen, da häufig nur die Zusammenschau aus genauem Lebensalter, klinischer Befundkonstellation und Verlaufskontrollen eine Diagnosestellung möglich macht.

Katheterlagen

Erfordert der klinische Zustand eines Neu- oder Frühgeborenen eine Intubation oder Katheteranlage, ist nach jeder Anlage eine Übersichtsaufnahme anzufertigen, um die Katheterlagen zu dokumentieren und Fehllagen auszuschließen.

Ein Endotrachealtubus soll wie bei Erwachsenen in die mittlere Trachea positioniert werden.

Für eine parenterale Ernährung, Volumengabe sowie eine medikamentöse Versorgung werden oft zentrale Zugänge benötigt. Neben den in der Erwachsenenmedizin gebräuchlichen Zugängen über die V. jugularis oder V. subclavia kann bei Neugeborenen ein Nabelvenenkatheter angelegt werden, je nach Zustand des Umbilikus bis zu 3–4 Tage nach der Geburt. Der Katheter wird über die Nabelvene eingeführt und durch den Ductus venosus in die V. cava inferior vorgeschoben. Die Spitze des Katheters sollte sich knapp unterhalb des rechten Vorhofs auf die V. cava inferior projizieren.

Ein arterieller Katheter zur Druck- und Blutgasmessung kann über die A. umbilicalis über die A. iliaca interna und A. iliaca communis in die Aorta abdominalis eingebracht werden. Die Spitze des Katheters sollte etwa auf Höhe von LWK3–5 liegen (Abb. 1). Die Positionierung kaudal des Abgangs der Nierenarterien ist einerseits wichtig, damit bei einem möglichen Katheterspitzenthrombus kein embolisches Material in die Nierenarterien geschwemmt wird. Zum anderen soll verhindert werden, dass bei einer Glukoseinfusion unverdünnte Glukoselösung überwiegend in die Mesenterialgefäße diffundiert und über eine erhöhte Insulinausschüttung zur hypoglykämischen Krise führt.

Abb. 1
figure 1

Frühgeborener Junge der 28. SSW, Magensonde, regelrecht einliegender Nabelarterienkatheter (NAK), Nabelvenenkatheter (NVK) sollte um 1 cm vorgeschoben werden; Atemnotsyndrom Grad 3 wegen Unschärfe der Herzränder

Komplikationen können primär durch eine Fehllage der Katheter entstehen, z. B. Paravasate nach Gefäßverletzungen, sekundär in Form von Infektionen oder Thrombosen.

Transitorische Neugeborenentachypnoe („wet lung disease“)

Bei Neugeborenen führen meist bereits die ersten Atemzüge zu einer guten Belüftung beider Lungenflügel. Während einer vaginalen Entbindung wird beim Durchtritt durch den Geburtskanal fetale Lungenflüssigkeit aus der Lunge herausgepresst, verbleibende Restflüssigkeit wird über die Lymphbahnen und Kapillaren in der Regel rasch resorbiert.

Fehlt das Auspressen der Flüssigkeit z. B. nach einer Entbindung durch Kaiserschnitt, kann Amnionflüssigkeit in den Alveolen, im Interstitium, in den Interlobien sowie im Pleuraraum persistieren und zu einer transitorischen Neugeborenentachypnoe, auch „wet lung disease“ genannt, führen. Sie kommt eher bei Frühgeborenen als bei reifen Neugeborenen vor und tritt meist in den ersten 6 Lebensstunden auf. Klinisch äußert sich diese z. B. durch eine Tachypnoe mit 80–140 Atemzüge/min, milde Atemnot mit leichter Zyanose und subkostalen Einziehungen.

Radiologische Zeichen

Für die Interpretation der Thoraxbilder sind genaue klinische Angaben bezüglich des Lebensalters wichtig.

Das Röntgenbild kann eine radiäre, streifige bis fleckige Zeichnungsvermehrung perihilär, schleierartige Lungenparenchymeintrübung, kleine intraseptale Ergüsse oder Pleuraergüsse zeigen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Neugeborenes, 1 Tag alt: „wet lung disease“ mit perihilär betonter streifiger Mehrzeichnung beidseits, Erguss im Lappenspalt rechts (Pfeil)

Eine Unterscheidung zu Atemnotsyndrom, Pneumonie oder Herzinsuffizienz ist meist nur durch Verlaufskontrolle möglich: Die „wet lung disease“ ist flüchtig und bildet sich nach 24–48 h zurück.

Atemnotsyndrom (ANS)

Synonym werden verwendet: IRDS, Syndrom der hyalinen Membranen, Surfactantmangel. Es gehört neben Infektionen zu den häufigen Todesursachen in der Neonatalperiode. Insgesamt entwickeln etwa 1% aller Neugeborenen ein Atemnotsyndrom, bei Frühgeborenen vor der 30. Schwangerschaftswoche sind es bis 60%, u. a. weil bei ihnen die Zeit für die intrauterine Lungenentwicklung verkürzt ist. Bei drohenden Frühgeburten kann die intrauterine Lungenreifung vor der Entbindung durch die Gabe von Glukokortikoiden beschleunigt werden.

Klinisch präsentiert sich das Atemnotsyndrom durch sternale oder subkostale Einziehungen, exspiratorisches Stöhnen und einen erhöhten Sauerstoffbedarf.

Das ANS ist durch einen Mangel an Surfactant bedingt. Surfactant besteht aus Phospholipiden und Proteinen. Es wird von der reifen Lunge gebildet und senkt die Oberflächenspannung der Alveolen. Fehlt es, kollabieren die Alveolen während der Exspiration. Heute wird künstliches oder gereinigtes tierisches Surfactant endotracheal substituiert; so kann die neonatale Mortalität des ANS um etwa 40% reduziert werden.

Histologisch bilden sich in den Alveolen aus Plasmaexsudationen, Fibrin und zellulärem Debris hyaline Membranen.

Ein Atemnotsyndrom kann auch sekundär auf dem Boden einer Lungenblutung, pulmonaler oder kardialer Fehlbildungen oder einer Pneumonie entstehen.

Radiologische Zeichen

Das Atemnotsyndrom wird in unterschiedliche radiologische Schweregrade eingeteilt (Abb. 3):

Abb. 3
figure 3

Neugeborene mit Atemnotsyndrom, a 30. SSW, Atemnotsyndrom Grad 1 mit milchglasartiger Eintrübung des Lungenparenchyms beidseits, b 29. SSW, Atemnotsyndrom Grad 2 mit Bronchoaerogrammen jenseits des Herzschattens; Magensonde, c 30. SSW, 1 Tag alt, Atemnotsyndrom Grad 3, Unschärfe der Herzränder und des Zwerchfells; intubiert, Magensonde mit Spitze am Pylorus, d 29. SSW, Atemnotsyndrom Grad 4, „weiße Lunge“, intubiert, Magensonde

Grad 1::

feine retikulogranuläre Zeichnungsvermehrung, meist symmetrisch

Grad 2::

zusätzlich Bronchoaerogramm bis über die Herzgrenzen hinaus

Grad 3::

wie Grad 1 und 2 und Unschärfe der Kontur des Herzens und des Zwerchfells aufgrund des verdickten Interstitiums und interstitieller Flüssigkeit

Grad 4::

homogene Verschattung des gesamten Thorax, „weiße Lunge“

Differenzialdiagnosen

Wie bereits erwähnt, können sich Atemstörungen unterschiedlicher Genese beim Neugeborenen im Röntgenbild sehr ähnlich präsentieren. Verschattungsmuster aller Grade eines ANS von geringer Eintrübung des Parenchyms bis zur weißen Lunge können auch durch konnatale oder perinatale Pneumonien, Herzfehler, Lungenblutungen, bronchopulmonale Dysplasie oder „wet lung disease“ verursacht sein. Auch eine Exspirationsaufnahme kann ein ANS Grad 4 vortäuschen.

Bronchopulmonale Dysplasie (BPD)

Sie ist eine erworbene Erkrankung des Lungenparenchyms. Das Risiko für ihre Entstehung steigt deutlich, wenn Faktoren wie unreife Lunge, Sauerstoffintoxikation und Barotrauma zusammenkommen. Aus diesem Grund sind häufig Früh- und Neugeborene betroffen, die z. B. nach einem Atemnotsyndrom oder einer schweren Pneumonie über längere Zeit mit hohen Sauerstoffdrücken künstlich beatmet werden mussten.

Auf hohe Sauerstoffdrücke reagiert v. a. unreifes Lungengewebe mit einer alveolaren und interstitiellen Fibrose, einer nekrotisierenden Bronchiolitis, Atelektasen und emphysematösen Veränderungen.

Insgesamt konnte die Inzidenz der bronchopulmonale Dysplasie in den letzten Jahren gesenkt werden, zum einen durch pränatale Beschleunigung der Lungenreifung durch Steroide, den Einsatz von Surfactant bei bestehendem Atemnotsyndrom, zum anderen durch die Entwicklung schonenderer Beatmungsformen wie z. B. Atemhilfen wie CPAP („continuous positive airway pressure“) oder HFOV („high frequency oscillating ventilation“).

Hat sich eine BPD ausgebildet, können die Veränderungen vorübergehend sein, aber auch über mehrere Jahre bestehen.

Radiologische Zeichen

Es wird eine Einteilung in 6 Grade nach Weinstein (1994) verwendet (Abb. 4):

Abb. 4
figure 4

Bronchopulmonale Dysplasie, a 3 Monate altes Mädchen (Frühgeborenes der 24. SSW), bronchopulmonale Dysplasie Grad 2: feine retikuläre Zeichnungsvermehrung betont zentral, b 3 Wochen alter Junge (Frühgeborenes der 26. SSW) mit bronchopulmonaler Dysplasie Grad 3–4: gröbere retikuläre Zeichnungsvermehrung mit kleinen zystischen Veränderungen, ventraler Pneumothorax links (Pfeile), c 4 Wochen alter Junge (Frühgeborenes der 24. SSW) mit bronchopulmonaler Dysplasie Grad 5–6: grob zystische Veränderungen, Lunge „blasig“

Grad 1::

flaue, unscharf berandete Verschattungen, Eintrübung des Parenchyms

Grad 2::

feine streifig-retikuläre Verschattungen, v. a. zentral

Grad 3::

gröbere streifig-retikuläre Zeichnungsvermehrung bis zur Peripherie

Grad 4::

zusätzlich kleine zystische Veränderungen

Grad 5::

Verschattungen und größere zystische Veränderungen

Grad 6::

grob zystische Veränderungen, die Lunge erscheint blasig

Mekoniumaspiration

Sie kann zum einen bei übertragenen Kindern auftreten. Zum anderen sind Feten betroffen, die aufgrund einer Stresssituation über eine Vagusstimulation intrauterin Mekonium absetzen und dieses aspirieren.

Das visköse Mekonium führt zu einer bronchialen Obstruktion, die nachgeschalteten Lungenabschnitte sind entweder überbläht oder atelektatisch, was im Röntgenbild zu hypertransparenten Arealen oder dichten, grobfleckigen Verschattungen führt (Abb. 5). Lungenareale, die durch aspiriertes Mekonium zerstört werden, sind für eine sekundäre bakterielle Besiedelung anfällig.

Abb. 5
figure 5

Neugeborenes, 1. Lebenstag, Mekoniumaspiration mit fleckigen Infiltraten rechts betont, geringe Überblähung links, Magensonde

Differenzialdiagnostisch sollte bei fraglicher Mekoniumaspiration an perinatale Pneumonie oder Lungenblutung gedacht werden. Insgesamt ist die Mekoniumaspiration heute aufgrund der verbesserten pränatalen Überwachung selten.

Neugeborenenpneumonie

Sie kann bereits intrauterin durch Aspiration von infiziertem Material z. B. bei Chorioamnionitis ausgelöst werden. Das Risiko ist bei vorzeitigem Blasensprung deutlich erhöht. Darüber hinaus ist eine vertikale Übertragung von Keimen durch die Mutter über die Plazenta möglich. Erreger sind meist B-Streptokokken oder etwas seltener Staphylokokken.

Die Röntgensymptomatik kann stark variieren: Manchmal ist das einzige Zeichen eine Überblähung des Lungenparenchyms mit Tiefstand des Zwerchfells kaudal der dorsalen 8.–9. Rippe. Zusätzlich können asymmetrische fleckige alveolare Verdichtungen z. B. perihilär, z. T. konfluierend vorliegen, ebenso positive Bronchoaerogramme, in manchen Fällen ein Begleiterguss (Abb. 6). Ein möglicher Begleiterguss kann eine Unterscheidungsmöglichkeit zum Atemnotsyndrom sein, allerdings sind Pneumonien und Atemnotsyndrom assoziiert. Zu den weiteren Differenzialdiagnosen gehören „wet lung disease“ sowie Lungenblutung.

Abb. 6
figure 6

Neugeborenenpneumonie rechts basal (Pfeil), unscharfer rechter Herzrand, Begleiterguss

Kongenitales lobäres Emphysem

Es gehört zu den angeborenen Lungenfehlbildungen. Die Ätiologie ist nicht vollständig geklärt, als Auslöser wird eine Bronchomalazie oder eine fehlende bronchiale Knorpelanlage diskutiert. Diese Fehlbildung tritt meist einseitig auf.

Durch Obstruktion des Bronchuslumens kommt es zu einer Überblähung eines Lungenlappens, meist eines Oberlappens. Sie manifestiert sich in der Regel im frühen Säuglingsalter und fällt durch eine respiratorische Insuffizienz oder einen Infekt auf.

Während der Neugeborenenzeit kann die Fehlbildung noch mit Fruchtwasser gefüllt sein und im Röntgenbild als homogene Verschattung imponieren. Nach Flüssigkeitsresorption stellt sich der betroffenen Lungenlappen vermehrt transparent dar. Der benachbarte Lungenlappen kann atelektatisch sein. Je nach Schweregrad ist das Mediastinum zur Gegenseite verlagert, der betroffene emphysematöse Lappen kann durch das vordere obere Mediastinum zur Gegenseite hernieren (Abb. 7). Durch die Raum fordernde Wirkung des emphysematösen Lungenlappens kann das ipsilaterale Zwerchfell tief stehen.

Abb. 7
figure 7

Kongenitales lobäres Emphysem rechts mit massiver Überblähung und Zwerchfelltiefstand rechts, Mediastinalverlagerung nach links, Verlagerung der Trachea nach links mit Tubus

Differenzialdiagnosen sind Pneumothorax, Lungenzysten, Pneumatozele oder zystisch-adenoide Malformation der Lunge.

Kongenitale zystische adenoide Malformation (CCAM)

Sie ist eine seltene angeborene Fehlbildung der Lunge. Die Inzidenz liegt bei 1:25.000. Die Ätiologie ist nicht vollständig geklärt, postuliert werden Störungen der fetalen Lungenentwicklung während der 6.–7. Fetalwoche, z. B. durch Defekt der Vaskularisierung, bronchiale Obstruktion oder Infektionen. Komplikationen treten in Form von rezidivierenden Infektionen oder respiratorischer Insuffizienz auf. Da eine maligne Entartung in Rhabdomyosarkome beschrieben wurde, ist die Resektion Therapie der Wahl. Sie hat eine gute postoperative Prognose.

Die CCAM imponiert als einseitige, expansive Raumforderung mit multiplen zystischen Arealen. Das ipsilaterale Zwerchfell steht tief, es kann eine Mediastinalverschiebung nach kontralateral auftreten, ebenso eine Hernierung des betroffenen Lungenabschnitts durch das vordere obere Mediastinum zur Gegenseite (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

5 Wochen altes Mädchen mit kongenitaler zystischer adenoider Malformation der Lunge: zystische Raumforderung links mit Mediastinalshift nach rechts und Hernierung von linker Lunge durch vorderes Mediastinum nach rechts

Zu den Differenzialdiagnosen zählen kongenitales lobäres Emphysem, bronchogene Zyste, Zwerchfellhernien oder pulmonaler Sequester. Im Gegensatz zu Letzterem kommuniziert die CCAM mit dem Bronchialsystem.

Zwerchfellhernien

Sie entstehen durch Fehlbildungen der Zwerchfelle während der embryonalen Entwicklung. Je nach dem Zeitpunkt dieser Fehlentwicklung können die angrenzenden Lungenabschnitte ipsi- oder kontralateral hypoplastisch sein. Am häufigsten sind linksseitig lokalisierte Bochdalek-Hernien.

Im Röntgenbild fällt eine Raumforderung im betroffenen Hemithorax auf, die ipsilaterale Zwerchfellkuppe ist nicht abgrenzbar. Direkt nach der Geburt kann diese Raumforderung noch weichteildicht sein, da die Belüftung des Darms erst postnatal erfolgt. Mit wachsender Darmpneumatisation stellt sich die Raumforderung zunehmend zystisch dar, dafür ist das restliche Abdomen auffällig gasarm (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

1 Tag altes reifes Neugeborenes mit Zwerchfellhernie links: Enterothorax, Verlagerung des Mediastinums nach rechts; Fehllage des NVK in einem Pfortaderast

Angeborene Herzerkrankungen

Sie reichen von kleinen Septumdefekten bis zu komplexen Fehlbildungen wie einer Fallot-Tetralogie oder einer Transposition der großen Gefäße. Im Einzelnen soll auf diese Erkrankungen hier nicht eingegangen werden. Dopplersonographische Methoden oder Katheteruntersuchungen haben in diesem Bereich viel mehr Aussagenkraft als die konventionelle Röntgenaufnahme.

Zu den Informationen, die das Röntgenbild liefern kann, gehört z. B. die Herzgröße: Bei Kindern sollte der Transversaldurchmesser nicht mehr als 65% des Thoraxdurchmessers betragen. Darüber hinaus weist die Lungengefäßzeichnung auf verminderte oder vermehrte Perfusion hin, und Pleuraergüsse und Stauungszeichen bis zum Lungenödem sind Kennzeichen einer akuten Dekompensation.

Pneumonien bei Kleinkindern

Bei diesen Patienten wird aus strahlenhygienischen Gründen meist erst eine p.-a. Aufnahme im Stand angefertigt, falls es der Allgemeinzustand und der Kooperationsgrad zulassen, alternativ eine a.-p. Aufnahme im Liegen. Je nach Befund kann eine Seitaufnahme notwendig sein.

Fieber und Husten sind die häufigsten klinischen Symptome, eine Pneumonie kann sich aber auch nur durch Bauchschmerzen äußern.

Zu den verbreitetsten Erregern im Kleinkindalter gehören Mycoplasma pneumoniae, Haemophilus influenzae, Streptokokken und Staphylokokken. Das häufigste Virus ist das Respiratory-syncytial-Virus (RSV). Die Unterscheidung zwischen bakteriell und viral ausgelösten Pneumonien ist schwierig, da diese die gleichen Röntgenveränderungen zeigen und ineinander übergehen können.

Im frühen Kindeshalter sind Infekte der unteren Luftwege durch Überblähung und Atelektasen gekennzeichnet, da der Widerstand in den peripheren Luftwegen 5-mal höher ist als bei Erwachsenen und kleinere Bronchien zum Kollaps neigen. Daneben finden sich als radiologische Zeichen bei einer Bronchitis eine perihiläre radiäre Streifenzeichnung durch eine Bronchialwandverdickung, bei viralen Pneumonien sind zusätzlich interstitielle Veränderungen nachweisbar. Bronchopneumonien zeigen darüber hinaus alveolare und z. T. konfluierende Verschattungsmuster mit positiven Bronchoaerogrammen und manchmal einem Begleiterguss (Abb. 10). Ein „Infekthilus“ entsteht durch Lymphknotenvergrößerungen.

Abb. 10
figure 10

Pneumonie, a 4 Jahre altes Mädchen mit zentraler Pneumonie mit streifiger Mehrzeichnung parakardial rechts, b Lobärpneumonie Oberlappen links: Verschattung links apikal mit Bronchoaerogramm, c 3 Monate alter Junge mit Aids: Pneumocystis-carinii-Pneumonie mit ausgedehnter Verschattungen beidseits, positive Bronchoaerogramme

Treten rezidivierende Pneumonien immer an der gleichen Stelle auf, muss an eine nicht erkannte Fremdkörperaspiration, einen gastroösophagealen Reflux oder eine Fehlbildung wie einen pulmonalen Sequester oder eine ösophagotracheale Fistel gedacht werden.

Fremdkörperaspiration

Sie kommt am häufigsten bei Kindern unter 4 Jahren vor. Während beim Erwachsenen meist die rechte Lunge involviert ist, sind bei Kindern rechte und linke Lunge gleich häufig betroffen, da der flachere Verlauf des linken Hauptbronchus erst ab dem 15. Lebensjahr besteht.

In über 90% handelt es sich bei Aspirationen um organische Materialien, oft Erdnüsse oder Obststückchen. Nahrungsmittel mit hohem Eiweiß- und Zuckergehalt absorbieren Wasser aus dem Bronchialsystem, quellen mit einiger Latenz auf und verstärken die Obstruktion. Gerade durch aspirierte Nahrungsmittel werden oft hartnäckige chemische Pneumonien ausgelöst. Alle aspirierten Fremdkörper sollten möglichst innerhalb von Stunden bronchoskopisch entfernt werden.

Da organische Substanzen nicht röntgendicht sind, entgehen sie im Röntgenbild dem positiven Nachweis. Daher ist es wichtig, auf indirekte Zeichen der Fremdkörperaspiration zu achten. Verlegt ein Fremdkörper einen Bronchus vollständig, wird die Luft distal dieser Obstruktion resorbiert, es entsteht eine Atelektase. Das Mediastinum ist nach ipsilateral verlagert. Lässt ein Fremdkörper während der Inspiration Luft in den Bronchus vorbei, verschließt diesen aber bei der Exspiration, entsteht eine Ventilstenose. Dieser Mechanismus führt zu einer Überblähung des nachgeschalteten Lungenabschnitts, zum ipsilateralen Zwerchfelltiefstand und ggf. zum Mediastinalshift zur gesunden Gegenseite (Abb. 11). Wenn in besonders schweren Fällen Alveolarwände einreißen resultiert ein Pneumomediastinum.

Abb. 11
figure 11

14 Monate altes Mädchen mit Fremdkörperaspiration: Verlegung des linken Hauptbronchus mit Ventilmechanismus: Überblähung der linken, Kompression der rechten Lunge, Mediastinalverlagerung nach rechts, bronchoskopische Bergung einer Erdnuss

Zur Diagnostik sollten Aufnahmen des Thorax in In- und Exspiration angefertigt werden. Die Exspirationsaufnahme zeigt die einseitige Überblähung aufgrund des geringeren Lungenvolumens der gesunden Seite deutlicher. Ist sie nicht durchführbar, sollten Dekubitusaufnahmen in Rechts- und Linksseitenlage angefertigt werden. Der jeweils herabhängende Lungenflügel ist beim Gesunden infolge der Schwerkraft weniger transparent.

Bei Betrachtung der Atmung unter Durchleuchtung können eine verminderte Beweglichkeit des tiefer stehenden Zwerchfells oder ein Mediastinalwandern beobachtet werden.

Bei unauffälligem Röntgenbild und anamnestisch hochgradigen Aspirationsverdacht sollte eine Bronchoskopie durchgeführt werden.

Komplikationen können in Form von Mediastinitis, Fistelbildungen, eitrigen bis nekrotisierenden Pneumonien, Abszessen und Bronchiektasen auftreten.

Raumforderungen im Mediastinum

Eine Verbreiterung des Mediastinums bei Neugeborenen und Säuglingen ist oft durch den Thymus bedingt, dessen Größe und Form sehr variabel sind. Der Thymusschatten kann die großen Gefäße, die Hili und auch das gesamte Herz überdecken, er kann aber auch völlig fehlen (Abb. 12).

Abb. 12
figure 12

Thymus, a beim Neugeborenen (T), Magensonde (MS), Nabelvenenkatheter (NVK), b Thymus bei 1-jährigem Mädchen (Pfeil)

Die Thymusinvolution findet unterschiedlich rasch zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr statt. Ab dem 10. Lebensjahr stellt sich das Mediastinum meist vergleichbar zu Erwachsenen dar, in Einzelfällen kann der Thymus jedoch bis zum 20. Lebensjahr randbildend sichtbar sein.

Wird im Thoraxbild eine mediastinale Raumforderung entdeckt, sollte sie möglichst einem Kompartment zugeordnet werden. Zur Lokalisierung in ventrodorsaler Richtung ist eine Seitaufnahme hilfreich.

Tumoren im vorderen Mediastinum können benigne oder maligne Thymome, bronchogene oder Dermoidzysten oder Teratome sein. Letztere können röntgendichte Strukturen wie Zahnanlagen und Knochen enthalten.

Zu den Tumoren des mittleren Mediastinums zählen Lymphome. Bei Jugendlichen tritt ein Morbus Hodgkin häufiger auf als Non-Hodgkin-Lymphome. Charakteristisch für ein malignes Lymphom ist die „Schornsteinfigur“, die durch Lymphknotenvergrößerungen hilär und im mittleren Mediastinum zustande kommt (Abb. 13).

Abb. 13
figure 13

14 Jahre alter Junge mit Morbus Hodgkin: „schornsteinartige“ Erweiterung des oberen Mediastinums bei ausgedehnten Lymphknotenvergrößerungen, p.-a. (a) und seitliche (b) Aufnahme

Häufigste Raumforderungen im hinteren Mediastinum sind Neuroblastome, die vom paravertebral verlaufenden sympathischen Grenzstrang ausgehen (Abb. 14). Sie sind nach Leukämien und Hirntumoren der dritthäufigste Tumor im Kindesalter. 85% aller Neuroblastome werden bis zum 8. Lebensjahr entdeckt. Eine bei einem Kind neu aufgetretene skoliotische Fehlhaltung kann ein indirekter Hinweis auf einen Tumor im hinteren Mediastinum sein.

Abb. 14
figure 14

10 Monate alter Junge mit ausgedehntem Neuroblastom links

Die primäre Untersuchung besteht in einer konventionellen Röntgenaufnahme. Das weitere Staging sollte mittels MRT und MIBG-Szintigraphie erfolgen.

Zystische Fibrose (CF)

Sie ist eine der häufigsten Erbkrankheiten, die vornehmlich unter der weißen Bevölkerung auftritt. Sie wird autosomal-rezessiv vererbt. Das Erkrankungsrisiko liegt bei 1:2500. In Deutschland gibt es 6000–8000 Erkrankte, etwa 5% der Bevölkerung sind Genträger.

Die Erkrankung führt aufgrund eines fehlerhaft kodierten epithelialen Chloridionenkanals zu Dysfunktionen der exokrinen Drüsen. Neben dem Pankreas ist v. a. die Lunge betroffen. Dort entsteht zähes Bronchialsekret, das zu Obstruktionen der Bronchiolen führt. Folge daraus sind rezidivierende Infektionen v. a. mit Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa. Typische Veränderungen des Lungenparenchyms sind zunehmende Bronchiektasen, mit oder ohne Schleimretention, Bronchialwandverdickungen, Atelektasen, Pneumothorax und progredientes Emphysem (Abb. 15).

Abb. 15
figure 15

Zystische Fibrose, a 8 Jahre altes Mädchen, Bronchiektasen zentral rechts und links apikal, b 12 Jahre altes Mädchen, Bronchiektasen mit Mukoidretention betont rechts apikal und links basal

Eine standardisierte Verlaufsbeurteilung von Thoraxbildern wird durch den Chrispin-Norman-Score (1974) ermöglicht: Der Thorax wird in 4 Quadranten geteilt. Diese werden hinsichtlich Linienschatten, kleinen Fleckschatten, Ringschatten und großen Fleckschatten beurteilt und mit 0–2 Punkten bewertet, je nachdem ob sie „nicht vorhanden“, „vorhanden“ und „ausgeprägt“ sind. Das ergibt bis zu 36 Punkte. Darüber hinaus werden Emphysemzeichen wie Zwerchfellabflachung, vermehrte Sternalwölbung und Kyphosierung der BWS entsprechend mit 0–2 Punkten belegt. Insgesamt sind also maximal 38 Punkte zu vergeben.

Außerdem wurde von Helbich et al. (1995) ein CT-Score ausgearbeitet, bei welchem u. a. Bronchiektasen, Schleimpfropfen, Abszessformationen und die Ausprägung der emphysematösen Veränderungen beurteilt werden.

Eine überlagerungsfreie Darstellung der interstitiellen Veränderungen mit hoher Ortsauflösung wird durch eine HRCT („high resolution computed tomographie“) ermöglicht. Dies gilt nicht nur für die zystische Fibrose, sondern z. B. auch für die bronchopulmonale Dysplasie und atypische Pneumonien.

Fragen zur Zertifizierung (nur eine Antwort ist richtig)

1. Welche Aussage ist richtig? Eine Neugeborenentachypnoe („wet lung disease“)

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

tritt nur bei Frühgeborenen auf.

DefinitionListEntry b) Description

wird durch Streptokokken ausgelöst.

DefinitionListEntry c) Description

bildet sich spätestens nach 8 h zurück.

DefinitionListEntry d) Description

wird durch persistierende Amnionflüssigkeit verursacht.

DefinitionListEntry e) Description

ist durch umschriebene Infiltrate mit Bronchoaerogrammen gekennzeichnet.

2. Welche Aussage trifft zu? Das Atemnotsyndrom

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

wird verursacht durch einen Enzymmangel.

DefinitionListEntry b) Description

kann sich durch eine „weiße Lunge“ im Röntgenbild darstellen.

DefinitionListEntry c) Description

ist eine chronische Erkrankung.

DefinitionListEntry d) Description

ist typischerweise durch eine Überblähung einzelner Lungenabschnitte gekennzeichnet.

DefinitionListEntry e) Description

ist röntgenologisch leicht von einer Lungenblutung zu unterscheiden.

3. Welche Aussage zur bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) trifft zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Eine bronchopulmonale Dysplasie kann Folge einer längeren Beatmung mit hohen Sauerstoffdrücken sein.

DefinitionListEntry b) Description

Grund für eine BPD ist ein Surfactantmangel.

DefinitionListEntry c) Description

Histologisch finden sich hyaline Membranen an den Alveolarwänden.

DefinitionListEntry d) Description

Eine BPD bildet sich meist nach wenigen Tagen zurück.

DefinitionListEntry e) Description

Einer BPD geht immer ein Atemnotsyndrom voraus.

4. Welche Aussage zur Neugeborenenpneumonie trifft nicht zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Der häufigste Erreger einer Neugeborenenpneumonie ist Haemophilus influenzae.

DefinitionListEntry b) Description

Eine Infektion kann bereits intrauterin erfolgen.

DefinitionListEntry c) Description

Bei einer Neugeborenenpneumonie kann ein Begleiterguss auftreten.

DefinitionListEntry d) Description

Ein typisches Röntgenzeichen ist die Überblähung des Lungenparenchyms.

DefinitionListEntry e) Description

Auch eine Mekoniumaspiration kann beim Neugeborenen eine Pneumonie auslösen.

5. Welche Aussage trifft zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Die kongenitale zystisch adenoide Malformation der Lunge (CCAM) ist eine häufige, rezessiv vererbte Krankheit.

DefinitionListEntry b) Description

Eine CCAM sollte nicht operiert werden.

DefinitionListEntry c) Description

Beim kongenitalen lobären Emphysem fehlt eine Lungenanlage.

DefinitionListEntry d) Description

Röntgenologisch kann das kongenitale lobäre Emphysem durch eine homogene Verschattung auffallen.

DefinitionListEntry e) Description

Das kongenitale lobäre Emphysem ist durch einen ipsilateralen Zwerchfellhochstand gekennzeichnet.

6. Welche Aussage trifft bei Pneumonien im Kleinkindalter nicht zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Pneumonien bei Kleinkindern sind häufig viraler Genese.

DefinitionListEntry b) Description

Überblähungen und Atelektasen entstehen, weil der Widerstand in den peripheren Bronchien bei Kindern niedriger als bei Erwachsenen ist.

DefinitionListEntry c) Description

Häufige bakterielle Erreger sind Mycoplasma pneumoniae und Haemophilus influenzae.

DefinitionListEntry d) Description

Die Röntgenzeichen bei viralen und bakteriellen Pneumonien gehen häufig ineinander über.

DefinitionListEntry e) Description

Ein Grund für rezidivierende Pneumonien kann ein gastroösophagealer Reflux sein.

7. Welche Aussage zur Fremdkörperaspiration trifft zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Fremdkörper werden bei Kindern am häufigsten in den rechten Hauptbronchus aspiriert.

DefinitionListEntry b) Description

Fremdkörper müssen so schnell wie möglich bronchoskopisch entfernt werden.

DefinitionListEntry c) Description

Die meisten aspirierten Fremdkörper sind röntgendicht.

DefinitionListEntry d) Description

Die Diagnose wird immer anhand einer Exspirationsaufnahme gestellt.

DefinitionListEntry e) Description

Bei unauffälligem Thoraxbild und Verdacht auf Aspiration genügt die Anfertigung einer Verlaufskontrolle.

8. Welche Aussage zum Thymus trifft zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Die Thymusinvolution ist mit dem 2. Lebensjahr abgeschlossen.

DefinitionListEntry b) Description

Der Herzschatten ist immer vom Thymus abgrenzbar.

DefinitionListEntry c) Description

Bei kleinen Kindern kann der Thymus das gesamte obere Mediastinum ausfüllen.

DefinitionListEntry d) Description

Maligne Thymustumoren treten im Kindesalter nicht auf.

DefinitionListEntry e) Description

Bei Neugeborenen wird routinemäßig eine Thoraxseitaufnahme angefertigt.

9. Welche Aussage zu Mediastinaltumoren im Kindesalter trifft nicht zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Maligne Lymphome zeigen oft eine schornsteinartige Verbreiterung des Mediastinums.

DefinitionListEntry b) Description

Teratome können Zahnanlagen enthalten.

DefinitionListEntry c) Description

Ursprungsgewebe von Neuroblastomen ist das sympathische Nervensystem.

DefinitionListEntry d) Description

Das Staging sollte mit MRT oder MIBG-Szintigraphie erfolgen.

DefinitionListEntry e) Description

Die meisten Neuroblastome werden bei Kindern über 8 Jahren diagnostiziert.

10. Welche Aussage zur zystischen Fibrose (CF) trifft zu?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

CF wird v. a. unter der weißen Bevölkerung autosomal-dominant vererbt.

DefinitionListEntry b) Description

Bei CF wird ein Kaliumkanal fehlerhaft exprimiert.

DefinitionListEntry c) Description

Von zystischer Fibrose sind v. a. endokrine Drüsen betroffen.

DefinitionListEntry d) Description

Typische Veränderungen an der Lunge sind Bronchiektasen und Schleimretentionen.

DefinitionListEntry e) Description

Der Crispin-Norman-Score wird zur standardisierten CT-Verlaufskontrolle verwendet