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Anamnese und Verlauf
Ein 81-jähriger Patient wurde mit einer schweren Hyponatriämie (104 mmol/l) mit der Diagnose eines SIADH und eines neu aufgetretenen Vorhofflimmerns auf eine internistische Intensivstation aufgenommen. Neurologisch zeigten sich eine rückläufige leichte Paraparese, Ataxie der Beine sowie eine Dysarthrie. Trotz Therapie mit Tolvaptan (7,5 mg/Tag), einem selektiven V2-Vasopressin-Rezeptor-Antagonisten, entwickelten sich zwei Monate später eine Wesensänderung, Gedächtnisstörungen sowie überschießende Bewegungen brachiofazial links mit konsekutiven Stürzen. Eine Steigerung der Tolvaptandosis (30 mg/Tag) stabilisierte die Serumnatriumkonzentration nicht (bis zu 120 mmol/l).
Weitere zwei Monate später erfolgte die Diagnose faziobrachialer dystoner Anfälle in unserer Neurologischen Klinik (siehe Zusatzmaterial online).
Diagnostik
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cMRT: Normalbefund.
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EEG: keine ETP, im Video-EEG Beobachtung von FBDS.
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Liquorbefund: 1 Zelle/ul, keine intrathekale IgG-Synthese, oligoklonale Banden: identische Banden. LGI1-Antikörper im Serum 1:640, im Liquor 1:8, VGKC-Komplex-Antikörper 587 pmol/l (n ≤ 85; Abb. 1).
Therapie
Unter Methylprednisolon 500 mg i. v. über 3 Tage, nachfolgend 80 mg Prednisolon p. o. mit Ausschleichschema und Lacosamid 100 mg/Tag wurde der Patient binnen 1 Woche anfallsfrei und erholte sich kognitiv vollständig. Die Natriumkonzentration normalisierte sich. Tolvaptan konnte ausgeschlichen werden.
Diskussion
Interessanterweise kam es bei dem vorliegenden Fall zunächst zu einer außergewöhnlich schweren Hyponatriämie mit erst im Verlauf auftretenden pathognomonischen FBDS. Letztere wurden im Kontext von LGI1-Antikörpern beschrieben, einem Element des VGKC-Komplexes. [1]. Eine Hyponatriämie liegt in bis zu 60–88 % der Fälle vor und ist wahrscheinlich durch ein SIADH bedingt, da LGI1 in Hypothalamus und Nieren exprimiert wird [2, 3].
Der Nachweis von LGI1-Antikörpern sichert die Diagnose. Eine Serumuntersuchung ist für diese Antikörper ausreichend [5]. Wichtig ist der schnelle Beginn einer Immuntherapie, um Spätfolgen einer manifesten limbischen Enzephalitis mit sonst schlechter Prognose zu verhindern [2, 4].
Welchen Effekt die Lacosamidbehandlung hatte, lässt sich nicht sicher sagen.
Fazit für die Praxis
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LGI1-Antikörperdiagnostik nur im Serum als Screeningtest bei isolierter schwerer Hyponatriämie
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Antikörperdiagnostik in Serum und Liquor bei Hyponatriämie mit unklaren Hyperkinesen/Epilepsie und/oder raschem kognitivem Abbau mit Frage nach einer LGI1-Autoimmunenzephalitis
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Sofortige Immuntherapie beim Nachweis einer LGI1-Autoimmunenzephalitis
Abbreviations
- ADH:
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antidiuretisches Hormon
- cMRT:
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kraniale Magnetresonanztomographie
- EEG:
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Elektroenzephalographie
- ETP:
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epilepsietypische Potenziale
- FBDS:
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faziobrachiale dystone Anfälle
- IgG:
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Immunglobulin G
- LGI1:
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„leucine-rich glioma inactivated protein 1“
- SIADH:
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Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion
- VGKC:
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„voltage-gated potassium channel antibody“
Literatur
Irani SR, Alexander S, Waters P, Kleopa KA, Pettingill P, Zuliani L, Vincent A (2010) Antibodies to Kv1 potassium channel-complex proteins leucine-rich, glioma inactivated 1 protein and contactin-associated protein-2 in limbic encephalitis, Morvan’s syndrome and acquired neuromyotonia. Brain 133(9):2734–2748
Irani SR, Michell AW, Lang B, Pettingill P, Waters P, Johnson MR, Schott JM, Armstrong RJE, Zagami S, Bleasel A, Somerville ER, Smith SMJ, Vincent A (2011) Faciobrachial dystonic seizures precede Lgi1 antibody limbic encephalitis. Ann Neurol 69:892–900
Lai M, Huijbers MGM, Lancaster E, Graus F, Bataller L, Balice-Gordon R, Dalmau J (2010) Investigation of LGI1 as the antigen in limbic encephalitis previously attributed to potassium channels: a case series. Lancet Neurol 9(8):776–785
Lancaster E, Martinez-Hernandez E, Dalmau J (2011) Encephalitis and antibodies to synaptic and neuronal cell surface proteins. Neurology 77(2):179–189
van Sonderen A, Thijs RD, Coenders EC et al (2016) Anti-LGI1 encephalitis: Clinical syndrome and long-term follow-up. Neurology 87:1449–1456
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Interessenkonflikt
C.G. Bien wirkte in Advisory Boards von Eisai (Frankfurt) und UCB (Monheim) mit, erhielt Reiseunterstützung von Eisai (Frankfurt), UCB (Monheim), Desitin (Hamburg) und Grifols (Frankfurt), erhielt Honorare für Fortbildungsvorträge von Eisai (Frankfurt), UCB (Monheim), Desitin (Hamburg), Diamed (Köln), Fresenius Medical Care (Bad Homburg), Biogen (Ismaning) und Euroimmun (Lübeck). Er erhielt Forschungsunterstützung von Diamed (Köln) und Fresenius Medical Care (Bad Homburg). Er ist Berater des Labor Krone (Bad Salzuflen) für die Diagnostik von neuralen Antikörpern und Antiepileptika-Blutspiegelbestimmungen. P. Muhr, U. Goldammer, C. Bien und E. Sindern geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Der Patient gab seine schriftliche Einverständniserklärung zur Verwendung des hier dargestellten Videomaterials.
Caption Electronic Supplementary Material
Supplementary Material Video: Faziobrachialer dystoner Anfall
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Muhr, P., Goldammer, U., Bien, C.G. et al. Schwere Hyponatriämie als Vorbote einer LGI1-Autoimmunenzephalitis. Nervenarzt 89, 942–944 (2018). https://doi.org/10.1007/s00115-017-0471-3
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00115-017-0471-3