Die Bezeichnung „malignes neuroleptisches Syndrom“ – im deutschen Sprachraum im Allgemeinen mit „MNS“ abgekürzt, im Englischen als „neuroleptic malignant syndrome“ bezeichnet und mit „NMS“ abgekürzt – ist ein klinisches Zustandsbild mit den Leitsymptomen Hyperthermie, Rigor, quantitative Bewusstseinsveränderung und vegetative Dysregulation. Seine Bezeichnung geht darauf zurück, dass es zunächst nur unter der Therapie mit Antipsychotika (deutsche Bezeichnung: „Neuroleptika“) beobachtet wurde [1, 2]. In den letzten Jahrzehnten mehrten sich jedoch die Berichte über dem MNS klinisch ähnliche Bilder unter der Therapie auch mit anderen Pharmaka wie Lithium [3, 4], Antidementiva [5, 6] und Antiepileptika [7,8,9,10]. Die Kenntnis des MNS ist für alle mit Psychopharmaka arbeitenden Ärzte unabdingbar, da sie diese potenziell letal verlaufende unerwünschte Arzneimittelwirkung rechtzeitig erkennen und behandeln können müssen.

Epidemiologie und AGATE-UAW-Datenbank

Das MNS tritt unabhängig von Geographie und Alter auf. Das Risiko, unter einer Antipsychotikabehandlung ein MNS zu entwickeln, liegt bei 0,2–3,2 % aller mit einem Antipsychotikum behandelten Patienten [11]. Nichtkaukasische Ethnien sind laut der skandinavischen Studie von Su et al. doppelt so häufig von einem MNS betroffen als Weiße [11]. Außerdem weisen „CYP2D6-poor metabolizer“ ein höheres Risiko auf, an einem MNS zu erkranken, was erklären kann, warum Kaukasier ein niedrigeres Risiko für die Entstehung eines MNS tragen: Sie haben mehr normal funktionierende CYP2D6-Allele als Asiaten oder Afrikaner. Diese Zahlen spiegeln jedoch lediglich die eindeutig als MNS zu erkennenden und damit auch diagnostizierten Fälle wider. Legt man zugrunde, dass das MNS wahrscheinlich viel häufiger abortiv verläuft und somit im klinischen Alltag nicht als solches erkannt und behandelt wird, so muss von einer nicht unerheblich höheren Inzidenz ausgegangen werden [12].

In Studien wird von einem Überwiegen des männlichen Geschlechts berichtet [13,14,15], was auch zuletzt Gurrera et al. in einer 2017 publizierten Arbeit, in der sie die veröffentlichten Berichte über MNS im Zeitraum von 1998 bis 2014 analysierten, bestätigen konnten [16]. In der UAW (unerwünschte Arzneimittelwirkung) -Datenbank des intensivierten Spontanerfassungssystems der Arbeitsgemeinschaft Arzneimitteltherapie bei psychiatrischen Erkrankungen e. V. (AGATE) finden sich im Zeitraum zwischen 1993 und 2017 insgesamt 30 Fälle eines MNS, bei denen die Geschlechter im Gegensatz zu der eben erwähnten Literatur nahezu gleich verteilt sind, mit 17 weiblichen und 13 männlichen Patienten sogar eher mit einem leichten Überwiegen des weiblichen Geschlechtes.

Das durchschnittliche Alter liegt in den AGATE-Fällen bei 48 Jahren (23 bis 74 Jahren; Tab. 1). Dem widerspricht die Studie von Guerrera et al., in der das MNS häufiger in der Adoleszenz auftrat [16]. Bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten wurde das MNS als lebensbedrohlich eingestuft und die Patienten auf eine Intensivstation verlegt, bei 9 Patienten verlängerte sich der stationäre Aufenthalt wegen des MNS und bei 4 Patienten trat das MNS im ambulanten Bereich auf und führte zur stationären Aufnahme (Tab. 2). Nur bei einem Patienten blieb ein Schaden zurück, bei allen anderen klang es folgenlos wieder ab (Tab. 3). Die betroffenen Patienten litten mit 80 % überwiegend an Psychosen, die üblicherweise mit Dopamin-D2-Antagonisten (Antipsychotika) behandelt wurden (Tab. 4).

Tab. 1 Altersverteilung der MNS-Patienten in der AGATE-UAW-Datenbank
Tab. 2 Ausprägung des MNS bei den Patienten in der AGATE-UAW-Datenbank nach GCP
Tab. 3 Verlauf der in der AGATE-UAW-Datenbank dokumentierten MNS
Tab. 4 Psychiatrische Diagnosen der MNS-Patienten in der AGATE-UAW-Datenbank

Dementsprechend viele Substanzen aus dieser Wirkstoffklasse finden sich unter den Medikationen der MNS-Kasuistiken: Bei 5 Patienten trat das MNS unter Monotherapie mit Haloperidol (n = 2), Clozapin (n = 2) und Benperidol (n = 1) auf, der Kausalzusammenhang war von der zentralen Fallkonferenz der AGATE einmal als „sicher“ (n = 1) und viermal als „wahrscheinlich“ eingestuft worden. Bei 24 der 25 Patienten, bei denen ein MNS unter Polymedikation berichtet worden war, war ein Antipsychotikum mitverordnet, der Kausalzusammenhang war entweder alleine oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen als „wahrscheinlich“ eingestuft worden. Die eine Kasuistik ohne Beteiligung eines Antipsychotikums trat unter Alkoholentzug auf. Die meisten Patienten, bei denen ein MNS aufgetreten war, standen unter einer Medikation mit Haloperidol (n = 12), Lorazepam (n = 12), Olanzapin (n = 10), Risperidon (n = 8), Biperiden (n = 7), Clozapin (n = 7) und Lithiumsalzen (n = 7). In einer detaillierten Auswertung der gemeldeten Fälle wurde kein Trend hinsichtlich irgendeiner Gruppeneinteilung der Antipsychotika erkennbar.

Symptomatik

Die Diagnose eines MNS wird ausschließlich klinisch gestellt. Der typische MNS-Patient ist blass, benommen, still und wortkarg [17]. Als Leitsymptome gelten Rigor, Hyperthermie, quantitative Bewusstseinsänderung und vegetative Dysregulation (z. B. Tachykardie, Hyperhidrosis) im Rahmen einer Therapie mit Psychopharmaka. Eine deutliche Erhöhung der Kreatinkinase (CK) stellt einen diagnosestützenden Laborparameter dar, hat für sich alleine genommen ohne Vorliegen der typischen klinischen Symptomatik keine Relevanz.

Klassifikationen

DSM-5

Formal müssen für die Diagnose eines MNS nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 5 (DSM-5) folgende Kriterien erfüllt sein [18]:

  1. 1.

    Die Symptome treten unter Therapie mit Dopaminantagonisten auf, wobei diese in einem Zeitraum von 72 h vor den ersten MNS-Symptomen verabreicht wurden.

  2. 2.

    Symptome:

    1. a.

      Rigor

    2. b.

      Hyperthermie

    3. c.

      Diaphorese

    4. d.

      Dysphagie

    5. e.

      Tremor

    6. f.

      Inkontinenz

    7. g.

      Bewusstseinsveränderungen

    8. h.

      Mutismus

    9. i.

      Tachykardie

    10. j.

      Erhöhter oder schwankender Blutdruck

    11. k.

      Leukozytose

    12. l.

      Laborhinweise auf eine Muskelschädigung (CK-Erhöhung)

  3. 3.

    Die Symptome sind nicht Folge einer substanzinduzierten Störung, einer neurologischen oder internistischen Erkrankung.

  4. 4.

    Die Symptome können nicht besser durch eine andere psychiatrische Erkrankung erklärt werden (Ausschlussdiagnose).

ICD-10

Im International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 10 (ICD-10) hingegen wird die Diagnose MNS nicht explizit genannt: Das MNS findet sich unter G21.x als sekundäres Parkinson-Syndrom, zu dem ein beliebiges auslösendes Medikament kodiert werden kann. Dies passt zum einen zu der klinischen Beobachtung, dass das MNS nicht ausschließlich unter einer Therapie mit Dopaminantagonisten auftritt, was seinen Ausdruck auch seit Jahren in einer immer weiter steigenden Zahl an Veröffentlichungen in der wissenschaftlichen Literatur [4, 6,7,8, 10, 19,20,21,22,23,24] findet. Die ICD-10 betont aber die Bedeutung der extrapyramidal-motorischen Symptomatik im klinischen Bild.

MNS-Zustandsbilder

Verlässt man die offiziellen Diagnosenkataloge und wendet sich der Diskussion der Diagnosekriterien in der wissenschaftlichen Literatur zu (Übersicht bei [25]), so findet sich z. B. die von Adityanjee et al. [26] vorgeschlagene Einteilung, die auch Tab. 5 zugrunde liegt und ursprünglich vier MNS-„Typen“ differenzierte, die von uns jetzt aber als Zustandsbilder bezeichnet werden, die klinisch wie ein MNS imponieren:

Neben dem klassischen MNS (Typ I nach Adityanjee et al.), das durch Dopaminantagonisten ausgelöst wird und mit der klassischen Symptomatik einhergeht, wurde eine „atypische“ Verlaufsform definiert (Typ II nach Adityanjee et al.). Der einzige Unterschied zum MNS-Typ I besteht darin, dass diese Verlaufsform durch sog. „atypische“ Antipsychotika ausgelöst wird. Neben der klassischen Form wird eine abortive Verlaufsform beschrieben (Typ II in Tab. 5, Typ III nach Adityanjee et al.), die ein beginnendes MNS darstellt, das aber häufig aufgrund der starren Diagnosekriterien des DSM nicht als solches erkannt und diagnostiziert wird. Und auch Typ III in Tab. 5 (entspricht Typ IV nach Adityanjee et al.) ist klinisch von großer Bedeutung als eine Kategorie für MNS-ähnliche klinische Zustandsbilder, die unter der Therapie mit Pharmaka auftreten, die keinen primär antidopaminergen Wirkmechanismus aufweisen. In diese Kategorie fallen Drogen und Medikamente, die die Katecholaminspeicher entleeren, Antidementiva oder nichtserotonerg wirkende Antidepressiva. Typ IV der MNS-ähnlichen Zustandsbilder in Tab. 5 fasst alle anderen klinischen Bilder mit ähnlicher Symptomatik, aber nach heutigem Stand unterschiedlicher Pathophysiologie zusammen.

Tab. 5 Vorschlag für eine Einteilung von Zustandsbildern, die klinisch wie ein MNS imponieren. (Mod. nach Adityanjee et al. [26])

Die Unterteilung in Tab. 5 verlässt die starren Grenzen des DSM-5 und ICD-10 und setzt stärker auf einen dimensionalen Ansatz: Auch drohende, abortive und atypische MNS werden erfasst und können dadurch intensiver hinsichtlich ihrer Ätiologie erforscht werden.

Zu überlegen ist weiterhin, ob nicht weitere Krankheitsbilder mit sich klinisch deutlich überlappenden Erscheinungsbildern, sich ähnelnden vermuteten Pathomechanismen und mit ähnlichen Wirkmechanismen der Medikamente, die zur Therapie der genannten Syndrome eingesetzt werden, in einer eigenen klinischen Kategorie der MNS-Klassifikation angeschlossen werden sollten [28].

International Consensus Diagnostic Criteria

Gurrera et al. schlugen 2011 die International Consensus Diagnostic Criteria for Neuroleptic Malignant Syndrome [29] vor (Tab. 6), die sie unlängst erstmalig im Vergleich mit den Diagnosenkriterien des DSM-IV-TR validierten [30]: 85 % der Fälle wurden richtig diagnostiziert, Werte >74 korrelierten am besten mit den Kriterien der DSM-IV-TR.

Tab. 6 International Consensus Diagnostic Criteria for Neuroleptic Malignant Syndrome [29; Übersetzung: RK]

Differenzialdiagnosen

Die Differenzialdiagnosen orientieren sich im psychiatrisch-neurologischen Kontext an den Leitsymptomen „Katatonie“ und „quantitative Bewusstseinsstörung“, im internistischen Kontext an den Leitsymptomen „Fieber“ und „CK-Erhöhung“. Im Folgenden soll vorrangig auf die psychiatrisch-neurologischen Differenzialdiagnosen eingegangen werden.

Perniziöse Katatonie

Als „katatones Dilemma“ wird die Abgrenzung des MNS zur perniziösen Katatonie bezeichnet. Bei der perniziösen Katatonie treten neben den typisch katatonen Symptomen hohes Fieber ohne nachweisbaren Fokus, Kreislaufstörungen und Exsikkose auf. Gefürchtet ist diese Verlaufsform der Schizophrenien aufgrund ihrer hohen Letalität. Ätiologisch wird bei der Katatonie u. a. eine Dysfunktionalität der GABA(„γ-aminobutyric acid“)A-Rezeptoren in den Netzwerken des Frontallappens, insbesondere des orbitofrontalen Kortex, vermutet, die zu einer subkortikalen dopaminergen Unterfunktion führt [31].

In einem Review aus dem Jahr 2015 [32] wurde untersucht, ob eine Unterscheidung der beiden Syndrome einzig aufgrund der Klinik möglich ist. Hierzu wurden Fallberichte ausgewertet. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine Unterscheidung prinzipiell möglich, jedoch aufgrund der hohen symptomatischen Überlappung schwierig sei. Allenfalls können differenzialdiagnostische Hinweise aus der Anamnese und bestimmten psychopathologischen Feinheiten gewonnen werden.

Das „Dilemma“ des Klinikers besteht darin, dass das MNS das sofortige Absetzen, die perniziöse Katatonie eine Fortsetzung der Behandlung mit Antipsychotika erfordert. Pragmatisch bietet sich in der Notfallsituation die Gabe von (kurzwirksamen) Benzodiazepinen an, die zunächst unspezifisch zu Sedierung und Abnahme des Muskeltonus führen.

Zentrales anticholinerges und zentrales Serotoninsyndrom

Die Abgrenzung eines zentralen anticholinergen Syndroms und eines zentralen Serotoninsyndroms sollte bei ausgeprägtem Bild keine größeren Probleme bereiten:

Bei Erstem kommt es durch eine Inhibition des Parasympathikus zu Hyperthermie, Mydriasis, Mundtrockenheit, trockener, geröteter Haut, Tachykardie, Obstipation, Harnverhalt und Bewusstseinsstörung. Die Therapie besteht im sofortigen Absetzen aller anticholinerg wirkender Medikamente und – wenn dies nicht zur Remission der Symptomatik führt – in der intravenösen Gabe von Physostigmin unter intensivmedizinischer Überwachung.

Bei Zweitem kommt es aufgrund einer massiven Erhöhung des Neurotransmitters Serotonin zu einer neuromuskulären Übererregbarkeit mit Hyperreflexie, Kloni, Tremor, psychomotorischer Unruhe, Akathisie, Koordinationsstörungen und epileptischen Anfällen. Bewusstseinsstörungen sind möglich. Die Therapie besteht im sofortigen Absetzen aller serotonerg wirkenden Medikamente (auch serotonerger Opiate (z. B. Fentanyl®)!).

Weitere Differenzialdiagnosen

Weiter müssen Intoxikationen mit Kokain und Amphetaminen ausgeschlossen werden, die zu einem MNS-ähnlichen Syndrom führen können. Bei Parkinson-Patienten kann es durch eine Wirkungsabschwächung oder einen Wirkungsverlust der dopaminergen Medikation zu einer akinetischen Krise kommen, die sich mit einer ausgeprägten Minderung der Beweglichkeit, Dysphagie, Hyperthermie und vegetativen Dysregulation manifestiert. Sie hat eine Mortalität von bis zu 15 % [33, 34]. Die Therapie besteht in der intravenösen Gabe von Amantadin oder der subkutanen Dauerinfusion von Apomorphin. Das maligne Dopaminentzugssyndrom beim M. Parkinson hat eine hohe Symptomüberlappung mit dem MNS und tritt nach dem abrupten Absetzen dopaminerger Medikamente auf. Es erfordert eine Therapie wie bei der akinetischen Krise. Die Abgrenzung zur malignen Hyperthermie stellt kein Problem dar, da es sich hierbei um einen anästhesiologischen Zwischenfall handelt.

Hinsichtlich weiterer neurologischer Erkrankung sei hier lediglich auf infektiöse Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS), den nonkonvulsiven Status epilepticus, Intoxikation mit Stimulanzien sowie andere Ursachen der Rhabdomyolyse und des Fiebers hingewiesen (Tab. 7).

Tab. 7 Differenzialdiagnosen des malignen neuroleptischen Syndroms. (Mod. nach Tse et al. [35])

Beginn und Dauer des MNS

Knapp 70 % der Fälle entwickeln sich binnen der 1. Woche nach Beginn oder Dosiserhöhung einer psychopharmakologischen Behandlung [36]. In der Literatur wird ein Zeitraum von 1 bis 44 Tage für das Auftreten des MNS angegeben [26]. In den Fällen der AGATE-Datenbank (1993 bis 2017) wird eine mittlere Dauer von 10,7 Tagen (2–34 Tage) angegeben [37]. Hinsichtlich der Zeit bis zum Auftreten sind dort keine Angaben vorhanden.

Schweregrad

Zur Quantifizierung des Schweregrades schlugen Woodbury et al. [37] 1992 eine Stadieneinteilung vor (Tab. 8), wobei sie sich an der Ausprägung der muskulären Rigidität und der vegetativen Dysregulation orientierten.

Tab. 8 Stadieneinteilung des malignen neuroleptischen Syndroms. (Mod. nach Woodbury und Woodbury [37])

Klinische Ausprägung

Die klinische Ausprägung soll Unterschiede abhängig vom auslösenden Antipsychotikum aufweisen. In ihrem ausführlichen Review aus dem Jahr 2015 analysierten Muri et al. detailliert die bis dato publizierten MNS-Fälle hinsichtlich der beschriebenen Klinik und des auslösenden Antipsychotikums [38]: In dieser Analyse erscheint das MNS unter Wirkstoffen, die nach Clozapin zugelassen wurden, weniger schwer und seltener letal als unter der Therapie mit den älteren Wirkstoffen (Letalität: 3 % für die sog. „Atypika“ vs. 16,3 % für die sog. „Typika“) – leider wurde aber nicht nach einzelnen Wirkstoffen unterschieden oder pharmakologisch ähnliche Wirkstoffe, z. B. eher weniger oder stärker sedierende Wirkstoffe, gruppiert [15, 39].

Andere Autoren sehen beim Auftreten unter Clozapin [40, 41], Aripiprazol [41] und Amisulprid ([42]; die üblicherweise zu den sog. „Atypika“ gezählt werden) ein eher atypisches klinisches Bild, das durch weniger schwer ausgeprägte extrapyramidal-motorische Symptomatik, seltenere Hyperthermie und vegetative Dysregulation gekennzeichnet ist, während unter Quetiapin, Olanzapin, Risperidon, Paliperidon und Ziprasidon (die üblicherweise ebenfalls zu den sog. „Atypika“ gezählt werden) ein eher typisches klinisches Bild vorliege [38]. Die Autoren führen als Erklärung hierfür die unterschiedlichen Rezeptorprofile der untersuchten Antipsychotika an. So lässt sich vermuten, dass Amisulprid durch sein Rezeptorbindungsprofil mit einer selektiven Blockade von Dopamin-D2-Rezeptoren v. a. im tuberoinfundibulären und mesolimbischen, weniger jedoch im nigrostriatalen System, zu einem atypischen klinischen Bild führt. Für Aripiprazol ist ein partieller Agonismus an Dopamin-D2- und -D3-Rezeptoren beschrieben, was die mildere Ausprägung erklären könnte. Weniger nachvollziehbar erscheinen mit dieser Argumentation jedoch die klinischen Unterschiede der Symptomatik bei Verwendung von Clozapin, Quetiapin oder Olanzapin, die hinsichtlich der Dopamin-D2-Rezeptor-Blockade ein sehr ähnliches Rezeptorbindungsprofil aufweisen.

Sarkar et al. kamen in ihrer Studie aus dem Jahr 2017 zu ähnlichen Einschätzungen nach Auswertung der verfügbaren Daten: Ridigität, Tremor und Hyperthermie träten bei einem MNS ausgelöst durch sog. Atypika seltener auf als unter sog. Typika, jedoch schien die Diaphorese recht konstant aufzutreten [43].

Hinsichtlich der Frage, ob das MNS häufiger unter hoch-, mittel- oder niederpotenten Antipsychotika auftritt, lässt sich die Literatur dahingehend zusammenfassen, dass das MNS-Risiko bei der Verwendung hochpotenter Antipsychotika sowie bei einer Kombinationstherapie von hochpotenten Antipsychotika mit Lithium, Antidepressiva und Anticholinergika deutlich erhöht zu sein scheint. Darüber hinaus finden sich mittlerweile für alle gängigen Antipsychotika, ob hoch- oder niederpotent, ob sog. „Typika“ oder „Atypika“, Studien oder Case-Reports, die das Auftreten eines MNS schildern [14, 44,45,46,47,48,49].

Insgesamt tritt das MNS unter einer Therapie mit Haloperidol und Fluphenazin am häufigsten, am seltensten unter Clozapin [50] und Amisulprid [38] auf. Diese Daten finden ihre Entsprechung in der AGATE-Datenbank, in der von den gemeldeten 30 Fällen im Zeitraum 1993 bis 2017 12 unter Haloperidol auftraten (entsprechend 40 % aller gemeldeten Fälle), wobei ausgeschlossen wurde, dass dies an einer überzufällig häufigen Verordnung des Medikaments lag. Fluphenazin als auslösendes Agens fand sich nicht. Clozapin wurde in 7 Fällen eines MNS als auslösendes Agens angeschuldigt (entsprechend ca. 23 % aller gemeldeten Fälle).

Ob unter Depotantipsychotika häufiger MNS auftreten als unter oraler Medikation lässt sich anhand der aktuellen Studienlage nicht sagen. Die entsprechende Literatur besteht überwiegend aus Fallstudien, wobei v. a. die Verordnung von Haloperidoldecanoat [51] und Paliperidonpalmitat berichtet wird [52].

Risikofaktoren

Es wurden unterschiedliche Risikofaktoren für das Auftreten eines MNS beschrieben. Sie können entsprechend syndromaler Kriterien oder entsprechend der Spezifität zusammengefasst werden (Tab. 9). Zu den unspezifischen Risikofaktoren zählen Dehydratation, Agitation und Erschöpfung, zu den spezifischen Risikofaktoren der Gebrauch hochpotenter Antipsychotika, die Verordnung hoher kumulativer Dosen (wobei offen bleiben muss, ab wann von einer hohen Dosis gesprochen wird), die intramuskuläre oder intravenöse Gabe sowie eine positive Eigenanamnese für ein MNS und eine Katatonie. Eine schnelle Dosiserhöhung wurde in 38,5 % der Fälle eines MNS festgestellt [53]. Die Kombinationstherapien mit anderen Psychopharmaka (z. B. Lithium, Lamotrigin, Antidepressiva) stellt ebenfalls einen risikoerhöhenden Faktor dar. Zu den weniger gesicherten Risikofaktoren zählen das Vorliegen einer psychiatrischen und/oder internistischen Erkrankung allgemein, Hitze, Mangelernährung, Stress und eine erniedrigte Serumeisenkonzentration [54]. Kritisch bleibt anzumerken, dass diese Faktoren bisher nur schlecht bis gar nicht zur Vorhersage der Auftretenswahrscheinlichkeit eines MNS im individuellen Fall verwendet werden können.

Tab. 9 Risikofaktoren für das Auftreten eines malignen neuroleptischen Syndroms

Pathophysiologie

Es werden verschiedene Modelle diskutiert, von denen die wichtigsten im Folgenden für einen Überblick dargestellt werden sollen. Es ist weniger von einem gegenseitigen Ausschließen, als vielmehr von einer Koexistenz der Erklärungsversuche zur Pathophysiologie auszugehen. Zusammengefasst bleibt die Pathogenese bisher jedoch unklar.

Dysregulation des dopaminergen Systems

Diese Hypothese geht davon aus, dass es über den Antagonismus am Dopamin-D2-Rezeptor im Hypothalamus zur Sollwertverstellung der Körpertemperatur (Hyperthermie) kommt, über den Antagonismus am Dopamin-D2-Rezeptor im nigrostriatalen System zu einer Erhöhung des Muskeltonus (Rigor; [28, 55, 56]).

Hyperaktivität des Sympathikus

Hierbei steht die fast regelhaft vorhandene vegetative Dysregulation im Mittelpunkt. Gestützt wird dieses Modell durch die Beobachtung, dass während des MNS die Urin- und Plasmakonzentrationen der Katecholamine erhöht sind. Es wird vermutet, dass die tonische Inhibition sympathischer Neurone wegfällt, was eine vegetative Hyperaktivität bedingt [55].

Periphere muskuläre Wirkung

Da es durch die periphere Wirkung der Antipsychotika zu einer gesteigerten Kalziumfreisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum kommen kann, stellt ein weiteres Erklärungsmodell die Skelettmuskulatur in den Mittelpunkt der Pathophysiologie. Hierbei werden die Symptome Hyperthermie, Rigor und CK-Erhöhung durch die gesteigerte Kalziumfreisetzung erklärt. Mit diesem Modell wird auch eine Verbindung zur Pathogenese der malignen Hyperthermie hergestellt, bei der durch dysfunktionale Rezeptoren bei Verabreichung von Triggersubstanzen die Kalziumfreisetzung induziert wird [57].

Neuroimmunologische Hypothese

Hierbei wird auf die Ähnlichkeit zwischen laborchemischen und vegetativen Veränderungen während einer Akutphasereaktion und dem MNS verwiesen: Hyperthermie und Bewusstseinsveränderungen werden ebenso wie die möglichen Laborveränderungen (Leukozytose, Erhöhung von C‑reaktivem Protein, Leberenzymen und Kreatinkinase, Erniedrigung von Eisen) durch Zytokine erklärt. Als möglichen Auslöser für die Akutphasereaktion benennen die Autoren entweder die Produktion von Autoantikörpern gegen Neurotransmitterrezeptoren, die durch die Gabe eines Psychopharmakons im Sinne einer Triggersubstanz induziert wird (sie ziehen den Vergleich mit der heparininduzierten Thrombozytopenie) oder eine Medikamenten-Virus-Interaktion, wie sie beispielsweise beim Reye-Syndrom oder dem Ampicillin-Exanthem bei der Mononukleose auftritt [59].

Therapie

Den folgenden Ausführungen sei vorausgeschickt, dass das MNS nach Absetzen des auslösenden Medikaments und supportiver Therapie in der Regel binnen 7 bis 10 Tagen selbstlimitierend verläuft [57].

Strawn et al. [58] entwickelten einen Behandlungsalgorithmus, der sich an der Stadienteinteilung nach Woddburry et al. orientiert ([37]; Tab. 10).

Tab. 10 Behandlungsalgorithmus des MNS entsprechend der Stadieneinteilung nach Woodbury et al. ([37]; mod. nach Strawn et al. [58])

Die Stadien I und II werden durch eine parkinsonoide Symptomatik und Katatonie ohne relevante vegetative Symptomatik charakterisiert. In diesen Stadien wird empfohlen, eine Dosisreduktion des Antipsychotikums vorzunehmen und mit dem Anticholinergikum Biperiden (Stadium I) bzw. dem Benzodiazepin Lorazepam (Stadium II) zu behandeln. Weiter wird empfohlen, auf ein anderes Antipsychotikum umzustellen. Die Umstellung auf ein Antipsychotikum mit einem anderen Rezeptorbindungsprofil als das bis dahin eingesetzte erscheint hierbei sinnvoll, wenngleich sich dieses Vorgehen nicht durch Studien untermauern lässt. Die beiden Stadien werden dem Schema von Woodbury et al. folgend noch nicht als MNS im engeren Sinne bezeichnet. Vielmehr kann diskutiert werden, ob es sich hierbei „lediglich“ um extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen unter antipsychotischer Pharmakotherapie handelt.

Treten zu der katatonen Symptomatik deutliche vegetative Symptome und quantative Bewusstseinsstörungen hinzu, sind die Stadien III bis V erreicht. Diese Stadien werden als MNS im eigentlichen Sinne bezeichnet. Beim Vorliegen einer solchen Symptomatik stellt das sofortige Absetzen der psychopharmakologischen Medikation, insbesondere jedoch der Antipsychotika, den wichtigsten Schritt dar. Es muss eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter erfolgen. Als medikamentöse Maßnahmen werden in den Stadien III und IV die Gabe des Benzodiazepins Lorazepam und der Beginn einer Therapie mit dem Dopaminagonisten Bromocriptin oder dem NMDA(Methyl-D-Aspartat-Rezeptor)-Rezeptor-Antagonisten Amantadin [59] empfohlen. Bromocriptin ist ein Dopaminagonist mit einer hohen Affinität zu Dopamin-D2-Rezeptoren, der im nigrostriatalen System zur Stimulation der postsynaptischen Dopaminrezeptoren führt. Amantadin ist ein indirekter Antagonist am striatalen Dopaminrezeptor, der durch gesteigerte Freisetzung und Wiederaufnahmehemmung in die präsynaptischen Neurone zu einer Erhöhung der extrazellulären Dopaminkonzentration führt. Daneben kann es über eine antagonistische Wirkung am NMDA-Rezeptor die Freisetzung von Acetylcholin hemmen.

Die Effekte der medikamentösen Therapie sollten binnen weniger Tage sichtbar sein. Sollte diese medikamentöse Behandlung nicht zu einer Symptomreduktion führen, so stellt im Stadium IV die Elektrokrampftherapie (EKT) eine hochwirksame Therapiemaßnahme dar. Sicherlich wird ihr Einsatz außerhalb spezialisierter Zentren durch organisatorische Schwierigkeiten erschwert. 1991 kamen Davis et al. in einem Review von 734 publizierten Fällen eines MNS zu dem Schluss, dass die EKT zu einem „substantially better outcome“ führte als bei Verzicht auf eine spezifische Therapie. Die EKT wurde in den ausgewerteten Fällen entweder während oder zeitlich kurz nach einem MNS durchgeführt [60]. Wysokinski et al. [61] kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass die EKT eine adäquate Therapiemaßnahme bei ausbleibendem Ansprechen auf medikamentöse Interventionen darstellt.

Im Stadium V wird der Einsatz von Dantrolen empfohlen. Das Hydantoinderivat wird bereits seit 1975 zur Behandlung der malignen Hyperthermie eingesetzt [62]. Der Wirkmechanismus beruht auf einer Entkopplung des Nervenreizes von der Kontraktion des Skelettmuskels und führt zu einer verminderten Freisetzung von Kalzium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum [17, 63, 64]. Aufgrund der unzureichenden klinischen Datenlage ist es schwierig, eine Aussage über seinen Nutzen beim MNS im Einzelfall zu treffen, da sich das symptomatische Spektrum sowie Schweregrad und Verlauf eines MNS sehr divergent verhalten. Rosenberg und Green fanden einen Zusammenhang zwischen der Kombinationstherapie von Dantrolen und Bromocriptin mit einem besseren klinischen Ansprechen, während eine prospektive Fallstudie mit 24 Patienten keinen signifikanten Vorteil bezüglich der simultanen Applikation von Dantrolen mit Dopamin-D2-Rezeptor-Agonisten verzeichnen konnte [65, 66]. Eine Fall-Kontroll-Studie mit 734 Fällen kam zu dem Schluss, dass Dantrolen, Bromocriptin und Amantadin die effektivsten pharmakotherapeutischen Optionen in der Akutbehandlung des MNS darstellen [67].

Hinsichtlich der spezifischen medikamentösen Therapiemaßnahmen muss kritisch angemerkt werden, dass sie einzig aufgrund der sichtbaren klinischen Wirkung zur Anwendung kommen. In Studien wurden sowohl eine Verkürzung der Zeit bis zur Besserung („recovery“) als auch eine Senkung der Mortalität im Vergleich zu einer fehlenden Behandlung beschrieben – sowohl, wenn die Substanzen monotherapeutisch genutzt wurden, als auch als Add-on-Therapie [19]. Aufgrund der Studienlage muss es jedoch offenbleiben, ob der Einsatz von Dantrolen und dopaminagonistischer oder glutamatantagonistischer Medikamente einen günstigen Einfluss auf den Verlauf des MNS hat [65, 68].

Aufgrund des bereits erwähnten immer häufiger beschriebenen Auftretens eines MNS unter anderen Psychopharmaka als Antipsychotika scheint die Ergänzung des genannten Therapiealgorithmus dahingehend angebracht, dass nicht nur Antipsychotika, sondern alle verdächtigten Psychopharmaka unmittelbar abgesetzt werden sollten.

Unabhängig von den genannten spezifischeren Interventionen bleiben natürlich die allgemein-supportiven Maßnahmen von zentraler Bedeutung, wie Substitution von Flüssigkeit bei Dehydratation und Hyperthermie, die Senkung erhöhter Körpertemperatur und die Behandlung eines schwankenden Blutdrucks oder einer Tachykardie. Die Behandlung eines MNS als ein akuter, lebensbedrohlicher Notfall sollte auf einer (neurologischen) Intensivstation erfolgen.

Fortführung der antipsychotischen Therapie

Da die meisten Patienten, die unter einer antipsychotischen Therapie ein MNS entwickeln, aufgrund der Grunderkrankung nach dessen Abklingen auf eine Fortführung der antipsychotischen/psychopharmakologischen Behandlung angewiesen sind, stellt sich die Frage nach konkreten Empfehlungen hinsichtlich des Vorgehens nach einem stattgehabten MNS (Infobox 1). In der aktuellen Literatur finden sich jedoch nur wenige Reviews, die sich mit dieser grundsätzlichen Frage auseinandergesetzt haben, hingegen finden sich viele Fallberichte. So wird das Risiko, erneut ein MNS beim Einsatz eines Dopamin-D2-Antagonisten zu erleiden, auf ca. 30 % geschätzt. Es wird folgendes Vorgehen empfohlen, wenngleich offensichtlich ist, dass es sich dabei vornehmlich um Empfehlungen aus der klinischen Praxis handelt, für die die Evidenz nur gering ist:

  • Zunächst sollten alle Risikofaktoren soweit als möglich minimiert werden. Das neu anzusetzende Antipsychotikum sollte sich in seinem Rezeptorbindungsprofil von dem bisher eingesetzten (deutlich) unterscheiden. Von der Verwendung hochpotenter Antipsychotika sollte Abstand genommen werden.

  • Sowohl Ein- als auch Aufdosierung sollten langsam und unter engmaschiger Kontrolle hinsichtlich des erneuten Auftretens von MNS-typischen Symptomen erfolgen.

  • Auf Kombinationstherapien mit anderen Psychopharmaka, insbesondere mit Lithium oder Antidepressiva, sollte soweit möglich verzichtet werden.

  • Hinsichtlich des „freien Intervalls“ zwischen dem Abklingen der MNS-Symptome und des Neubeginns einer medikamentösen Therapie finden sich keine verlässlichen Angaben. So rangieren die Zeitangaben zwischen 5 Tagen [69] und mehreren Wochen.

  • Manche Autoren empfehlen Clozapin aufgrund seines Rezeptorbindungsprofils als „Medikament der 1. Wahl“ nach stattgehabtem MNS [28, 70, 71].

Infobox 1. Hinweise für den Wiederbeginn einer Therapie mit Antipsychotika nach einem stattgehabten MNS

  • Minimierung der Risikofaktoren

  • Einstellung auf ein AP mit einer anderen neurochemischen Struktur, einem anderen Rezeptorwirkprofil, bevorzugt auf Clozapin

  • Vermeiden hochpotenter AP

  • Dokumentation der Überlegungen zum geplanten AP

  • Dokumentation der Aufklärung des Patienten über den Neubeginn der AP-Therapie

  • Vermeiden einer Kombinationstherapie, insbesondere mit Lithium

  • „Wartezeit“ vor Neubeginn zwischen 5 Tagen und mehreren Wochen bei oralem AP, von ≥6 Wochen bei Depot-AP

  • Gabe einer niedrigen Testdosis des nun favorisierten AP

  • (Sehr) langsame Eindosierung des AP

  • Engmaschige klinische Überwachung hinsichtlich erneuter MNS-typischer Symptome

AP Antipsychotikum, MNS malignes neuroleptisches Syndrom

Prognose

Die Prognose hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:

  • dem zeitlichen Abstand zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und dem Beginn der Therapie sowie

  • den potenziellen Komplikationen.

In einer Studie aus dem Jahr 2016 [72] werteten die Autoren Daten von 1346 Patienten aus den USA aus, die sich zwischen 2002 und 2011 wegen eines MNS in stationärer Behandlung befunden hatten. Dabei konnten sie folgende Komplikationen identifizieren:

  • Rhabdomyolyse (30,1 %),

  • akutes Lungenversagen (16,1 %)

  • akutes Nierenversagen („Crush-Niere“; 17,7 %),

  • Sepsis (6,2 %).

Sie beziffern die Mortalität auf 5,6 % aller Fälle eines diagnostizierten MNS, wobei sie als signifikante Risikofaktoren für einen letalen Verlauf hohes Alter, akutes Lungenversagen, akutes Nierenversagen, Sepsis und komorbide kongestive Herzinsuffizienz benennen. In früheren Studien wurden deutliche höhere Mortalitätsraten angegeben. Weshalb diese zwischenzeitlich so deutlich abgesunken sind, lässt sich nur mutmaßen: Als ein Faktor kann der umsichtigere, zurückhaltendere sowie niedrig dosiertere Umgang mit Antipsychotika genannt werden. Auch die zunehmende Aufmerksamkeit hinsichtlich des MNS und der Notwendigkeit rascher und entschlossener Maßnahmen sind mögliche Faktoren.

Fazit für die Praxis

  • Leitsymptome das MNS sind Rigor, quantitative Bewusstseinsveränderungen und vegetative Dysregulation, die während einer psychopharmakologischen Behandlung auftreten. Zunehmend werden aber auch „atypische“ Verläufe beobachtet.

  • Pathophysiologisch werden verschiedene, sehr wahrscheinlich interagierende zentrale und periphere Mechanismen vermutet, die jedoch der weiteren Erforschung bedürfen.

  • Die rasche und konsequente Behandlung eines MNS stellt prognostisch den wichtigsten Faktor zur Senkung der Letalität dar.

  • Neben supportiven Maßnahmen können verschiedene Medikamente (Benzodiazepine, Biperiden, Bromocriptin, Amantadin, Dantrolen) zur Anwendung kommen, wobei ihre spezifische Wirksamkeit bei MNS noch unzureichend erforscht ist.

  • Beim Versagen der medikamentösen Maßnahmen stellt die EKT ein hochwirksames Verfahren dar.

  • Nach Abklingen des MNS stellt sich die Frage nach dem erneuten Beginn einer psychopharmakologischen Behandlung. Als Antipsychotikum der 1. Wahl wird von den meisten Autoren Clozapin empfohlen.