Die Zahl der Patienten mit ungeklärter Schlaganfallursache beträgt trotz ausführlicher Diagnostik immer noch etwa 30%. Da eine optimale Sekundärprophylaxe nur bei bekannter Ätiologie möglich ist, sollte diese Patientengruppe möglichst klein sein. Aufgrund methodischer Vorteile gegenüber der transösophagealen Echokardiographie oder der Duplexsonographie kann die moderne Hochfeldmagnetresonanztomographie (MRT) bisherige Lücken der Routinediagnostik schließen. Sie wird im Folgenden bezüglich der Methodik und Anwendungsmöglichkeiten bei akuten Schlaganfallpatienten vorgestellt.

Techniken der MR-Angiographie

Während die nicht kontrastmittelbasierte 3-dimensionale „Time-of-flight“ (TOF)-MR-Angiographie als kontrastmittelfreies Verfahren zur Untersuchung peripherer und vor allem intrakranieller Arterien Anwendung findet, ist die kontrastmittelgestützte 3D-MR-Angiographie wegen der kürzeren Akquisitionszeiten bei großem Untersuchungsvolumen und fehlender Röntgenstrahlung die klinische Routinemethode zur Abbildung von Pathologien der Aorta [1]. Als Weiterentwicklung hierzu liefert die zeitaufgelöste 3D-MR-Angiographie [2] ähnlich wie die digitale Subtraktionsangiographie präzise anatomische und funktionelle Informationen und kann so z. B. komplizierte Shunts oder Kollateralkreisläufe mit guter Übersicht des untersuchten Gefäßterritoriums nachweisen [3].

MRT der Aorta

Viele MRT-Studien zur In-vivo-Darstellung der aortalen Atherosklerose wurden an 1,5-Tesla-Systemen durchgeführt und waren somit bezüglich räumlicher Auflösung, anatomischer Abdeckung sowie des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses limitiert [4, 5, 6]. Vorteile höherer Feldstärken für die Plaquecharakterisierung konnten hingegen kürzlich in vivo gezeigt werden [7]. Bislang wurden überwiegend Plaques der Aorta descendens im MRT untersucht und mit der transösophagealen Echokardiographie (TEE) oder der Histologie verglichen [4, 5], obwohl bei Schlaganfallpatienten vor allem der Aortenbogen als Ursprung der hirnversorgenden Arterien von besonderer Bedeutung ist.

Im Vergleich zur bindegewebig fixierten und nahezu gerade verlaufenden Aorta descendens ist es wesentlich schwieriger, den beweglichen und gekrümmten Aortenbogen darzustellen, da Atem- und Herzbewegungen erhebliche Artefakte mit entsprechender Unschärfe der Wandkonturen verursachen. In früheren Studien wurde der Aortenbogen daher mit speziellen endoösophagealen MRT-Spulen untersucht [6, 8]. Diese Technik ist jedoch wie die TEE semiinvasiv, für die Patienten unangenehm und vor allem wegen der geringen Verfügbarkeit dieser Spezialspulen nicht für die klinische Routine geeignet.

Mit dem Ziel, die thorakale Aorta möglichst vollständig abzubilden, wurden im Tiermodell und in einer Patientenstudie multiple 2D-Schichten senkrecht zum Aortenbogen positioniert [9, 10]. Eine tatsächlich lückenlose Erfassung gelang jedoch erst mit einer T1-gewichteten 3D-Messung, bei der aber keine komplementären MRT-Sequenzen oder Messungen mit einer Referenzmethode erfolgten [11]. Somit existierte lange Zeit keine Studie, bei der im Hochfeld-MRT bei 3 Tesla nichtinvasiv und 3-dimensional die genaue Verteilung der Atherosklerose der Aorta bei akuten Schlaganfallpatienten untersucht und mit einer Referenzmethode verglichen wurde.

3D-Plaquedetektion und Lokalisation

Mit einem eigenen MRT-Protokoll wurden prospektiv 74 Patienten mit akuter zerebraler oder retinaler Ischämie an einem 3-Tesla-MRT-System untersucht [12]. Bei den 26 eingeschlossenen Patienten war die Schlaganfallursache nach der Routinediagnostik ungeklärt, obwohl zusätzlich eine TEE durchgeführt wurde.

Die gesamte thorakale Aorta wurde bei den Patienten im MRT mit zwei T1-gewichteten 3D-Volumina erfasst, um während der zweiten Messung das erste 3D-Volumen bereits zu analysieren, die weitere Untersuchung zu planen und somit die Messdauer zu reduzieren. Zur Minimierung von Bewegungsartefakten wurden der optimale Messzeitpunkt mit minimaler Aortenbewegung innerhalb des Herzzyklus individuell bestimmt, ein kurzes Akquisitionsfenster gewählt und das so genannte „navigator gating“ eingesetzt, das eine freie Atmung der Patienten erlaubte [13]. Wurden Plaques entdeckt, folgten eine zeitaufgelöste und kontrastmittelverstärkte MR-Angiographie sowie an der Plaque eine 2D-CINE-Bildgebung und T2-gewichtete morphologische Aufnahmen. Außerdem wurde das entsprechende 3D-T1-Volumen wiederholt, um die Kontrastmittelanreicherung der Plaques zu untersuchen. Ein einzelnes, axiales 3D-T1-Volumen war 3,52 cm hoch und konnte abhängig von Herz- und Atemfrequenz in 6,2±1,7 min (3–12 min) gemessen werden. Die gesamte MRT-Untersuchung dauerte durchschnittlich 48,9±12,5 min (24–88 min). Aufgrund der teilweise langen Messdauer wurde sie nicht direkt bei der Aufnahme der Patienten, sondern im Median 6 Tage nach Aufnahme und einen Tag nach der TEE veranlasst. Somit konnten beide Untersuchungen in der Akutphase des stationären Aufenthalts und zeitnah zueinander durchgeführt wurden.

Es wurde hierbei verglichen, wie häufig Hochrisikopathologien der Aorta wie komplexe Plaques (≥4 mm dick oder mit aufgelagerten Thromben) oder Dissekate mit der MRT im Vergleich zur TEE detektiert wurden. Die Anzahl komplexer Plaques war dabei sowohl in der Aorta ascendens (5 vs. 4), im Aortenbogen (19 vs. 10) und in der Aorta descendens (36 vs. 17) in der MRT höher als in der TEE. Insbesondere bei den 26 Patienten mit ungeklärter Schlaganfallursache fanden sich mit der MRT bei 8 Patienten (30,8%) zusätzliche Hochrisikopathologien in der Aorta ascendens und im Aortenbogen (6 Plaques ≥4 mm, ein Aortenthrombus, eine Aortendissektion), die in der TEE übersehen worden waren. Da das „navigator gating“ eine Datenaufnahme bei freier Atmung erlaubte, war die Methode auch bei Patienten durchführbar, die in einem schlechten Allgemeinzustand waren oder eine Aphasie hatten.

Allgemeine Kontraindikationen gegen die MRT-Untersuchung, der hohe Zeitaufwand und die hohen Kosten erlauben gegenwärtig noch keinen generellen Einsatz dieser vielversprechenden Methode. Sie ist jedoch wegen der besseren Visualisierung der Aorta im Vergleich zur TEE vor allem bei Patienten mit kryptogenem Hirninfarkt eine sehr sinnvolle Ergänzung, um durch die gewonnene höhere diagnostische Genauigkeit die Sekundärprophylaxe dieser Patienten weiter zu verbessern.

Plaquemorphologie

TEE-Studien mit semiquantitativer Analyse von Aortenplaques stellten ein erhöhtes Risiko von Schlaganfallrezidiven in Zusammenhang mit ulzerierten und insbesondere unverkalkten Plaques fest [14]. Im Gegensatz zur TEE erlauben MRT-Multikontrastverfahren eine genauere Plaquecharakterisierung. Während in einigen Studien nur die Wanddicke der Aorta bestimmt wurde [4, 10], gelang Kramer et al. [5] mittels T2- und T1-gewichteten Sequenzen vor und nach der Gabe von Kontrastmittel eine Differenzierung relevanter Plaquebestandteile. Allerdings wurde diese Analyse durch die jeweils sehr fortgeschrittene Atherosklerose der 23 Patienten mit Aneurysma der Aorta abdominalis erleichtert. Zusätzlich ist dieser Abschnitt im Gegensatz zur thorakalen Aorta weniger beweglich und somit leichter zu analysieren.

Mit einer der Arbeit von Kramer et al. [5] entsprechenden Sequenztechnik wurden in einer Subgruppe des eigenen Kollektivs prospektiv alle Patienten mit akutem Hirninfarkt ausgewertet, bei denen in der MRT der Aorta eine Plaque ≥4 mm entdeckt wurde. Die 21 Frauen und 24 Männer waren durchschnittlich 56,6±14,0 Jahre alt. Insgesamt fanden sich bei 23 der 45 Patienten Plaques ≥4 mm Dicke, die hinsichtlich ihres Kalkanteils genauer charakterisiert wurden. Eine sichere Beurteilung der fibrösen Kappe, des lipidreichen nekrotischen Kerns oder von Einblutungen war hiermit nicht möglich. Mobile Plaqueanteile konnten jedoch mit den zeitlich aufgelösten 2D-CINE-Sequenzen zuverlässig erkannt werden [12, 15]. Insgesamt stellt das Multikontrastverfahren des Aortenbogens weiterhin eine der größten Herausforderungen dar. Zudem steht im Gegensatz zu operierten, hochgradigen Karotisstenosen meist keine Histologie zur Validierung zur Verfügung. Weitere Verbesserungen der MRT-Methodik sind daher nötig, um analog zu den Karotiden die Plaquemorphologie in der Aorta exakt erfassen und somit das individuelle Embolierisiko bei nachgewiesenen Plaques bestimmen zu können.

Flusssensitive 4D-MRT

Bei den meisten MRT-Messsequenzen führen Fluss und Bewegung zu Artefakten. Diese intrinsische Sensitivität des MRT-Signals kann jedoch auch genutzt werden, um in der MR-Angiographie Gefäße darzustellen oder in der Phasenkontrast-MRT den Blutfluss direkt zu quantifizieren [16]. Bei gleichzeitiger Synchronisation der Messung mit dem RR-Intervall des Herzzyklus (CINE-Verfahren) können damit die Blutflussgeschwindigkeiten zeitaufgelöst innerhalb des EKG-Zyklus dargestellt werden. An einer beliebigen Stelle im Gefäßlumen können damit physiologische Fluss-Zeit-Kurven gemessen und daraus Parameter wie maximale oder mittlere Flussgeschwindigkeiten oder der Anteil des ante- und retrograden Flusses berechnet werden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden flusssensitive MRT-Methoden vielfach als 2-dimensionales (2D-)Verfahren angewendet und in zahlreichen Studien sowohl in vitro (Modellsysteme) als auch in vivo validiert. Klinische Anwendungen der Phasenkontrast-MRT finden sich in der Analyse von Gefäßstenosen, z. B. der Nierenarteriengefäße, der Shuntquantifizierung, der Analyse von Herzklappenvitien und in der nichtinvasiven Analyse von kongenitalen Herzfehlbildungen.

Eine Weiterentwicklung der etablierten 2D-Phasenkontrast-Flussmessung ist die flusssensitive 4D-MRT. Grundlage ist hier die „4-dimensionale”, also zeitaufgelöste, und 3-dimensionale Datenakquisition bei gleichzeitiger Erfassung des Blutflusses in allen 3 Raumrichten (3-direktional). Im Vergleich zu etablierten Standardmethoden, erlaubt sie die komplette räumliche und zeitliche Auflösung von Morphologie und Blutfluss innerhalb eines 3D-Gefäßvolumens [22] und damit die detaillierte Analyse der 3D-Strömungsverhältnisse in der Aorta, im Herzen und an der Aortenklappe [23, 24, 25, 26].

MR-technisch wird der Herzzyklus mit einer ausreichenden Zahl von Messzeitpunkten abgedeckt (CINE-Prinzip, Abb. 1) und dabei zu jedem Akquisitionsfenster im RR-Intervall neben der morphologischen Information die 3-direktionalen Flussgeschwindigkeiten gemessen. Zum Einsatz kommen dabei schnelle Gradientenechosequenzen, die es erlauben, den Blutfluss innerhalb eines gesamtes Gefäßsystem wie der thorakalen Aorta mit einer räumlichen und zeitlichen Auflösung von ~2–2,5 mm3 und 40–50 ms abzubilden. Typische Untersuchungszeiten belaufen sich dabei auf 15–20 min wie z. B. bei der Flussmessung in der Aorta. In kleineren Gefäßen kann die Auflösung durch Reduktion des Messvolumens bei gleich bleibender Messzeit entsprechend angepasst werden, so dass z. B. in den Karotiden eine räumliche Auflösung von 1–1,2 mm3 erreicht wird.

Bei der Anwendung der flusssensitiven MRT im Bereich des Thorax oder Abdomens ist neben der Synchronisation mit dem Herzschlag, der EKG-Triggerung, außerdem eine Respirationskontrolle, das so genannte „navigator gating“, nötig. Hierbei können die Patienten frei atmen, und die Datenakquisition erfolgt ausschließlich bei einer definierten Lage des Zwerchfells, vorwiegend in der Endexpiration, so dass Atemartefakte zuverlässig unterdrückt werden [13].

Nach erfolgter Datenaufnahme werden die gewonnenen morphologischen und funktionellen Rohdaten offline weiter analysiert. Dabei erfolgt zunächst eine Vorprozessierung mittels einer hauseigenen speziellen Software („Velomap-tool”, basierend auf MatLab, USA). Hier werden die Daten in ein geeignetes Format zur weiteren 3D-Visualisierung der Strömungsdaten konvertiert, wobei halbautomatisch eine Rauschfilterung, Vorsegmentierung vaskulärer Strukturen sowie Korrekturen für Wirbelstromeffekte und Einfaltungsartefakte („velocity aliasing“) durchgeführt werden.

Im nächsten Schritt kann mit einer kommerziellen Software (EnSight, CEI, Apex, USA) die 3D-Blutströmung innerhalb des untersuchten Gefäßsystems visualisiert werden (Abb. 1) [27]. Zur visuellen Umsetzung der gemessenen Flussgeschwindigkeiten in eine 3-dimensionale und zeitaufgelöste Abbildung der Blutströmung kann eine in der Strömungsanalyse gängige Visualisierungsoption eingesetzt werden. So genannte „particle traces“ (Teilchenverfolgung) ermöglichen eine zeitaufgelöste Darstellung der räumlichen Verteilung des Blutflusses entlang des EKG-Zyklus (Abb. 1). Grundlage ist die Definition einer oder mehrerer Emitterebenen, die frei im Datensatz positioniert werden können. Von diesen werden virtuelle, masselose Partikel emittiert, die dem gemessenen zeitaufgelösten Geschwindigkeitsvektorfeld im Verlauf des EKG-Zyklus folgen und so die zeitaufgelöste 3D-Blutströmung direkt visualisieren. Die so errechneten Strömungspfade können entsprechend der lokalen Flussgeschwindigkeit farbkodiert dargestellt werden.

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung der Abfolge von Datenakquisition und Datenanalyse bei der flusssensitiven 4D-MRT (oben) unter Verwendung einer mit dem EKG synchronisierten und der Respiration gesteuerten Datenaufnahme („navigator gating“). Es resultieren zeitaufgelöste 3D-Morphologie- und 3D-Strömungs-Rohdaten. Durch die Nachbearbeitung ist die 3D-Visualisierung der individuellen Strömung möglich. Das Beispiel zeigt die Darstellung der zeitaufgelösten 3D-Strömung der thorakalen Aorta bei einem gesunden Probanden mit Hilfe von sog. „particle traces“, die von einer virtuellen Emitterebene der Aorta ascendens ausgehen

Dabei werden die Daten zeitaufgelöst und synchron mit dem Herzzyklus dargestellt, so dass sowohl der systolische als auch der diastolische 3D-Fluss sichtbar werden (Abb. 2). Mittels weiterführender Datenverarbeitung können die quantitativen Daten der Geschwindigkeit und Richtung des individuellen Blutflusses ermittelt werden. Außerdem kann an jeder beliebigen Stelle des 3D-Volumens die Verteilung der Geschwindigkeiten innerhalb einer ausgewählten Ebene bestimmt werden. Unter Einbezug der Viskosität und Erfassung der Geschwindigkeitsunterschiede sowie von oszillierendem Blutfluss lassen sich verschiedenste Parameter der Wandschubspannung („wall shear stress“) errechnen und somit die Kräfte, die auf das Endothel wirken, in einzigartiger Weise in 3 Dimensionen abschätzen [27].

Abb. 2
figure 2

Zeitaufgelöste Visualisierung des 3-dimensionalen Blutflusses am Beispiel eines Patienten mit aortaler Atherosklerose. a Überblick über die thorakale Aorta. Beginnend hinter dem Abgang der linken Arteria subclavia (LSA) wurden virtuelle Emitterebenen jeweils mit einem Abstand von 1 cm positioniert. Die 3D „particle traces“ gehen von einer Emitterebene aus, die 50 mm distal des Abgangs der LSA liegen. b, c Ein ausgeprägter retrograder Fluss zeigt sich in der frühen Diastole (b) und späteren Diastole (c), wobei ein Strömungskanal mit Schwerpunkt entlang der inneren Kurvatur der Aorta sichtbar ist (Pfeile). d In der späten Diastole wird sogar der Rückstrom einzelner „particle traces“ aus der Aorta descendens (DAo) bis in den Abgang der LSA sichtbar (Pfeil). AAo Aorta ascendens. Die Farbkodierung entspricht den absolut gemessenen Geschwindigkeiten in m/s

Rolle komplexer Plaques der Aorta descendens

Obwohl komplexe Plaques der Aorta descendens häufig durch die TEE nachgewiesen werden, wurden sie bislang nicht als Emboliequelle für Schlaganfälle angesehen, weil sie distal der hirnversorgenden Arterien liegen [28]. Vielmehr wird angenommen, dass ein relevanter Rückstrom embolischen Materials die Ausnahme darstellt und nur im seltenen Fall einer gleichzeitigen Insuffizienz der Aortenklappe auftritt [29]. Da mit der 2-dimensionalen TEE die Aorta jeweils nur ausschnittsweise eingesehen wird, konnte der genaue Rückfluss von Plaques der Aorta descendens in den Aortenbogen bei Schlaganfallpatienten bislang nicht dargestellt und systematisch untersucht werden.

Dies ist jedoch mit der flusssensitiven 4D-MRT in vivo möglich [30]. Bei 2 Patienten mit embolischem Hirninfarkt konnte so ein Rückfluss von komplexen Plaques der Aorta descendens direkt bis in die linke Arteria subclavia dargestellt werden [31]. Außerdem fand sich bei der Auswertung der 3D-Strömung von 63 akuten Schlaganfallpatienten ein durchschnittlicher Rückstrom bis in die linke Arteria subclavia noch aus einem Bereich der Aorta descendens, der 2,5 cm distal des linken Subklaviaabgangs lag [32]. Interessanterweise war der Zustand der Aortenklappe dabei unerheblich für das Ausmaß des Rückstroms. Der einzige unabhängige Prädiktor für eine Zunahme des Rückstroms war das Patientenalter, so dass hierfür am ehesten eine arteriosklerotisch bedingte Abnahme der Elastizität der Aorta ursächlich ist. Außerdem war es erstmals möglich, diesen Schlaganfallmechanismus im Sinne eines „proof of principle” bei Patienten darzustellen, deren embolischer Hirninfarkt in einem Territorium lag, das potenziell von der linken Arteria vertebralis versorgt wurde, und deren Infarkt durch keine andere Ursache erklärt werden konnte [32]. Die weitere Untersuchung dieses Mechanismus in einer größeren Kohorte ist nun erforderlich, um die Rolle komplexer Plaques der Aorta descendens als „neue” Infarktursache weiter zu validieren.

Die optimale Sekundärprophylaxe bei komplexen Aortenplaques ist derzeit ungeklärt [28]. Die Ergebnisse der laufenden „Aortic arch Related Cerebral Hazard“ (ARCH)-Studie, die die Wirksamkeit der Plättchenaggregation mit der der oralen Antikoagulation zur Embolieprophylaxe bei Patienten mit komplexen Aortenplaques untersucht, könnten evidenzbasierte Therapieempfehlungen liefern. Die eigenen Beobachtungen legen nahe, dass diese Ergebnisse auch für Plaques der Aorta descendens relevant sein dürften.

Ausblick

Das in unserer Arbeitsgruppe verwendete MRT-Protokoll wurde zwischenzeitlich weiterentwickelt. Die Messung erfolgt nun mit einem einzelnen 3D-T1-Schichtpaket, das zur Einsparung von Messzeit möglichst klein ist und entsprechend der individuellen Anatomie angepasst werden kann (Abb. 3). Zudem steht inzwischen ein robustes Multikontrastverfahren bestehend aus 3D-CINE-, 2D-T2- und 2D-Protonendichte-Bildgebung zur zuverlässigen Detektion von Plaques der gesamten thorakalen Aorta zur Verfügung.

Abb. 3
figure 3

Beispiel eines 69-jährigen Patienten, bei dem komplexe Plaques der Aorta descendens die einzige wahrscheinliche Schlaganfallursache darstellten. a Die KM-gestützte und zeitaufgelöste MR-Angiographie illustriert die Lage einer Plaque 2,5 cm distal des Abgangs der Arteria subclavia (gelbe Linie). Das 3D-Volumen (gestrichelte Linien) kann zur optimalen Positionierung der nachfolgenden T1-Sequenz an der individuellen Anatomie ausgerichtet werden. b, c In der T1- und korrespondierenden T2-Sequenz stellt sich eine 4 mm dicke Plaque mit aufgelagertem, flottierendem Thrombus dar. d Lokalisation und Plaquemorphologie stimmen präzise mit dem TEE-Bild überein (weißer Pfeil). e Passend zu dieser Hochrisikoemboliequelle findet sich im CT des Kopfes ein embolischer Posteriorinfarkt rechts (gelber Pfeil). TBC Truncus brachiocephalicus, CCA linke Arteria carotis communis, LSA linke Arteria subclavia

Neben der besseren morphologischen Darstellung der Aortenwand kann der 3D-Blutfluss inzwischen nahezu über den gesamten Herzzyklus erfasst werden. Dies bedeutet, dass durch die Darstellung der enddiastolischen Strömung der komplette Rückfluss abgebildet und gemessen werden kann. Somit ist nicht nur eine Rückströmung aus der Aorta descendens in die linke Arteria subclavia, sondern bei einigen Patienten bis zum Abgang des Truncus brachiocephalicus darstellbar (Abb. 4). Dies deutet darauf hin, dass komplexe Plaques der Aorta descendens für embolische Infarkte aller Hirnregionen ursächlich sein können. Dieser Schlaganfallmechanismus wird gegenwärtig in einer eigenen Studie in einem repräsentativen Kollektiv von mehr als 100 Schlaganfallpatienten mit fortgeschrittener Atherosklerose der Aorta weiter untersucht.

Abb. 4
figure 4

a Zeitaufgelöste KM-Angiographie zur optimalen Darstellung der Anatomie der supraaortalen Arterien. b, c, d Darstellung des 3D-Blutflusses mit Hilfe von „particle traces“ ausgehend von einer virtuellen Emitterebene distal des Abgangs der linken Arteria subclavia (LSA). b Frühe Systole mit orthogradem Flus c frühe Diastole mit retrogradem Fluss, vorwiegend entlang der äußeren Kurvatur, der bis zum Truncus brachiocephalicus (TBC) reicht, d enddiastolischer Fluss mit Darstellung einzelner „particle traces“, die in alle supraaortalen Arterien strömen. CCA linke Arteria carotis communis. Die Farbkodierung entspricht den absolut gemessenen Blutflussgeschwindigkeiten in m/s

MRT der Karotiden

Neben üblichen MR-Angiographien zur Beurteilung des Stenosegrades wird zunehmend die Zusammensetzung von Plaques der Arteria carotis interna (ACI) mit Hilfe moderner MRT-Protokolle analysiert. Die gängigen Multikontrastverfahren bestehen aus einer TOF-Angiographie, einer T1-, T2- und protonendichtegewichteten Sequenz, wodurch kritische Plaquebestandteile, wie z. B. ein lipidreicher nekrotischer Kern, Einblutungen/aufgelagerte Thromben oder eine Ruptur der fibrösen Kappe, zuverlässig identifiziert und „vulnerable Plaques”, die mit einem erhöhten Risiko zerebraler Embolien einhergehen, erkannt werden [33]. Im Gegensatz dazu wurde die flusssensitive 4D-MR-Angiographie der extra- und intrakraniellen Arterien bislang nur in wenigen Studien erprobt. Sie ist zwar nicht durch Atemartefakte beeinträchtigt, aber die Gefäßdurchmesser sind hier wesentlich geringer, so dass eine entsprechend höhere räumliche Auflösung nötig ist.

Intrakraniell gelingt mit der flusssensitiven 4D-MR-Angiographie eine Abbildung des gesamten Circulus Willisi, wobei die Flussgeschwindigkeiten aufgrund der räumlichen Auflösung im Vergleich zum Ultraschall bislang unterschätzt werden [34, 35]. Auch in den Karotiden waren die MR-tomographisch gemessenen absoluten Geschwindigkeiten in der Arteria carotis communis ca. 30% niedriger als im Dopplerultraschall. Andererseits konnte in der Karotisbifurkation bei gesunden Probanden und bei Patienten mit hochgradigen ACI-Stenosen vor und nach Rekanalisation bereits präzise der individuelle und 3-dimensionale Blutfluss einschließlich des komplexen Helixflusses der ACI dargestellt werden [36]. Die Bildqualität der inzwischen weiterentwickelten MRT-Sequenzen mit einer räumlichen Auflösung von 1–1,2 mm3 zeigen exemplarisch Abb. 5 und Abb. 6.

Abb. 5
figure 5

Darstellung des 3D-Blutflusses in den Karotiden einer gesunden Probandin. a Strömungsvisualisierung beider Karotiden im Überblick ausgehend von Emitterebenen in der Arteria carotis communis (ACC), bd Ansicht der linken Karotisbifurkation in Vergrößerung von dorsolateral. b Frühe Systole mit Füllung der Arteria carotis externa (ACE) vor der Arteria carotis interna (ACI), c im Bulbus zeigen sich zur Strömungsrichtung nahezu senkrecht verlaufende „particle traces“ (weißer Pfeil), die eine Rotationsbewegung einleiten, die weiter distal (d) bereits mehr als 180° beträgt (gelbe Pfeile). Dies entspricht dem typischen, physiologischen Helixfluss, der angedeutet auch mit der 2D-Duplexsonographie in der proximalen ACI sichtbar ist. AV Arteria vertebralis. Die Farbkodierung entspricht den absolut gemessenen Geschwindigkeiten in m/s

Auch bei Patienten mit hochgradigen Stenosen der ACI lassen sich mit der flusssensitiven 4D-MR-Angiographie typische Veränderungen des Blutflusses darstellen wie exemplarisch in Abb. 6 illustriert wird.

Abb. 6
figure 6

90%ige sanduhrförmige Arteria carotis interna (ACI)-Stenose, Ansicht von links lateral. a KM-gestützte MR-Angiographie mit Nachweis des filiformen Restlumens unmittelbar nach dem Abgang (gelber Pfeil). b 3D-Strömungsvisualisierung mit kräftiger Füllung der Arteria carotis communis und externa (ACC, ACE). Im Bereich der Stenose (gelber Pfeil) findet sich eine Signalauslöschung ausgelöst durch komplexen und turbulenten Fluss (Intravoxel-Phasendispersion). Poststenotisch sind noch hohe Flussgeschwindigkeiten an der roten Farbkodierung erkennbar. Der typische Helixfluss der Probandin in Abb. 5 ist wegen des fehlenden Bulbus der ACI hingegen nicht vorhanden. AV Arteria vertebralis. Die Farbkodierung entspricht den absolut gemessenen Geschwindigkeiten in m/s

In einer kürzlich erschienen Arbeit [37] wurde der Einfluss der individuellen Anatomie der Karotisbifurkation auf die räumliche Verteilung der lokalen Wandschubspannung („wall shear stress“) bei gesunden Probanden anhand eine Computersimulation (sog. „computational fluid dynamics”) eindrucksvoll gezeigt. Darüber hinaus wurde in einem Tiermodell sogar die Bedeutung der lokalen Wandschubspannung für die Zusammensetzung von Atheromen der Arteria carotis interna und dabei insbesondere für die Entstehung besonders Ruptur gefährdeter Plaques nachgewiesen [38]. Die vorgestellte flusssensitive 4D-MRT beinhaltet alle notwendigen Informationen, um diese Zusammenhänge nicht nur an der Aorta von Probanden [27], sondern auch bei Patienten mit Karotisstenosen optimal zu analysieren.

Fazit für die Praxis

Die MRT bietet gegenwärtig als einziges bildgebendes Verfahren die Möglichkeit einer dreidimensionalen morphologischen und funktionellen Untersuchung von Gefäßen. So können unentdeckte Hochrisikoemboliequellen der Aorta und neue Schlaganfallmechanismen nachgewiesen werden, die mit der herkömmlichen Diagnostik nicht darstellbar sind. Ein Nachteil der vorgestellten Methoden ist neben den Kosten der hohe Aufwand bei der Strömungsvisualisierung, so dass eine breite klinische Anwendung dieser Methode momentan nicht möglich ist. Dazu muss die Messzeit durch verbesserte MRT-Verfahren wie die parallele Bildgebung verkürzt und die Auswertung automatisiert werden. Während die Methoden zur Detektion und Charakterisierung von Plaques der Aorta vermutlich bereits in naher Zukunft bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall sinnvoll eingesetzt werden können, ist die Anwendung der flusssensitiven MRT derzeit noch auf Forschungsansätze beschränkt. Hier können durch die Visualisierung von Embolisierungswegen der Aorta neue Schlaganfallmechanismen untersucht werden. Ferner kann durch die detaillierte Analyse der lokalen Wandschubspannung mit dieser Methode das Entstehen und Fortschreiten der lokalen Atherosklerose individuell untersucht werden. Neben der Berücksichtigung der klassischen Gefäßrisikofaktoren könnte somit zukünftig die individuelle Hämodynamik zur Risikostratifizierung miteinbezogen werden, um Hochrisikopatienten zu erkennen und intensiviert zu behandeln.