„Den Studierenden ist ausreichend Gelegenheit zu geben, (...) am Patienten tätig zu werden, soweit dies zum Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich ist. (…) …und zwar bei der Untersuchung eines Patienten durch Studierende eine Gruppe von höchstens drei.“

Diese Vorgaben der neuen Approbationsordnung für Ärzte aus dem Jahre 2002 [3] sind entscheidende Fortschritte in der Ausbildung Studierender zu kompetenten Ärzten – und stellen die lehrenden Universitätskliniken vor die anspruchsvolle Aufgabe, diese Forderungen in einer Zeit, in der DRGs und Fallzahlerhöhungen den klinischen Alltag bestimmen, umzusetzen. Dies hat vielerorts zum Einsatz von Simulationspatienten (SP) geführt, die neben einer verbesserten Praktikabilität einen Qualitätsgewinn in der Lehre erbracht haben, da sie das Erlernen klinischer Fertigkeiten fördern [4]. Hierzu zählen auch kommunikative Fertigkeiten, die in der Arzt-Patienten-Beziehung grundlegend für die Patientenzufriedenheit, Compliance und den Behandlungserfolg sind [8, 12, 25]. Doch gerade in diesen Bereichen bestehen große Defizite in der deutschen medizinischen Lehre wie eine Studie von Hofer et al. belegt [19].

Seinen Anfang nahm der Einsatz von SP (auch standardisierte Patienten genannt) 1964 durch Howard Barrows in den USA, der diese neue Lehrmethode für das Fach Nervenheilkunde entwickelte [5]. Schon 1987 besaßen bereits 97% aller amerikanischen Fakultäten ein SP-Programm. Auch in Europa fasste diese Methode Fuß, in Deutschland werden SP unter anderem an den Medizinischen Fakultäten Berlin und Heidelberg im Rahmen von Reformstudiengängen eingesetzt, an anderen Fakultäten bisher nur zögerlich wie eine deutschlandweite Befragung zeigte [12].

SP sind meist Laienschauspieler oder andere für Rollenspiele begabte Personen, die ein Krankheitsbild simulieren. Es ist vielfach wissenschaftlich untersucht, dass simulierte Patienten auch von Experten für die Erkrankung nicht von realen Patienten unterschieden werden können und daher geeignet sind, reale Patienten im Unterricht zu ersetzen, wenn wegen der hohen Anzahl von Medizinstudenten und der Intensivierung des praktischen Unterrichtes nicht genügend reale Patienten zur Verfügung stehen. Darüber hinaus haben SP gegenüber realen Patienten mehrere entscheidende Vorteile:

  • Die simulierten Fälle können inhaltlich flexibel an den Bedarf des jeweiligen Fachs und seine Lernziele angepasst werden.

  • SP können wiederholt im Unterricht zum Einsatz kommen und geschult werden, den Studierenden konstruktive Rückmeldungen über von ihnen positiv oder negativ empfundene Aspekte der Gesprächsführung zu geben (Feedback), was von realen Patienten nicht erwartet werden kann.

  • SP können in Examina eingesetzt werden, um neben Faktenwissen praktische Fertigkeiten zu prüfen [13].

Die Datenlage zum Einsatz von SP im Fach Psychiatrie und Psychotherapie ist begrenzt, da die Anwendung bisher nur zögerlich erfolgte. Dies ist teilweise durch die Komplexität der darzustellenden Krankheitsbilder und der Befürchtung, zu unrealistische Darstellungen zu erhalten, zu erklären. Hinweise finden sich bei Bennett et al. [7], Hodges et al. [18], Schäfer et al. [30] und Yudkowsky et al. [32], die über den Einsatz von SP in Prüfungen berichten, als auch bei Hall et al. [14], die im Gegensatz zu den anderen genannten Autoren ein SP-Projekt vornehmlich zur Ausbildung Studierender ins Leben riefen, um ein breites klinisches Wissen vermitteln zu können. Klamen und Yudkowsky [23] berichteten über eine hohe Akzeptanz von SP-Einsätzen in der Psychotherapieausbildung.

Im Rahmen eines Pilotprojekts sollte überprüft werden, ob SP in Ergänzung zu realen Patienten im praktischen Unterricht im Fach Psychiatrie und Psychotherapie von den Studierenden gut angenommen werden und ob psychische Erkrankungen von Laienschauspielern realitätsgetreu dargestellt werden können. Darüber hinaus sollte überprüft werden, ob sich der Einsatz von SP in einer besseren Bewertung des Lehrangebots und zu einer verbesserten Selbsteinschätzung der Studierenden bezüglich der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten niederschlägt und der Spaß am Unterricht und das Interesse am Fach als mögliche spätere Tätigkeit zunimmt. Die Studie wurde unter der Hypothese durchgeführt, dass der Unterricht mit SP in Ergänzung zu realen Patienten zwar positiv aufgenommen wird, jedoch zu keiner Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten im Fach Psychiatrie und Psychotherapie im Vergleich zu einem Unterricht mit realen Patienten in der Einschätzung der Studierenden führen.

Methoden

Die Pilotstudie wurde an der Universitätsklinik Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, im Wintersemester 2006/2007 mit 139 Studierenden im zweiten klinischen Semester durchgeführt. Die Ausbildung im Fach Psychiatrie und Psychotherapie beinhaltet eine Vorlesungsreihe über ein Semester und ein 3-wöchiges Blockpraktikum (2 Wochen Erwachsenenpsychiatrie, eine Woche Kinder- und Jugendpsychiatrie) mit morgendlichen Seminaren und Kleingruppenunterricht am Nachmittag. Die Studie fand im für die Erwachsenenpsychiatrie vorgesehenen Abschnitt statt und beinhaltete 8 Nachmittage Kleingruppenunterricht. Basierend auf ersten Erfahrungen durch einen Pilotlauf im Sommersemester 2006 erfolgte eine randomisierte Studie im Wintersemester 2006/2007.

Die Gesamtkohorte aller 139 Studierenden wurde per Los in zwei Untergruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe (n=70) untersuchte im Kleingruppenunterricht (Anamneseerhebung durch max. 3 Studierende pro Patient) ausschließlich reale Patienten, während die zweite Gruppe (n=69) an durchschnittlich drei Nachmittagen mit SP arbeitete. Die Anzahl der Patientenkontakte war für beide Gruppen gleich. Dabei wurde darauf geachtet, für alle Gruppen eine möglichst große Patientenvielfalt zu erreichen. Aufgrund der hohen Anzahl an realen Patienten und der meist nur kurzfristig möglichen Planung ihres Einsatzes war eine standardisierte Verteilung jedoch nicht möglich. Die Studierenden der SP-Gruppe wurden zuvor darüber informiert, wenn Ihnen ein SP zur Exploration zugeteilt wurde.

Alle Studierenden erhielten zu Beginn und am Ende des Blockpraktikums einen Fragebogen. Auf einer Skala von 1 (sehr gut, trifft voll zu, bzw. sehr viel gelernt) bis 6 (ungenügend, trifft gar nicht zu, bzw. gar nichts gelernt) wurde nach den Kenntnissen im Fach Psychiatrie und Psychotherapie, in Anamnese- und Befunderhebung und in Gesprächsführung gefragt. Des Weiteren wurde nach der Hemmschwelle im Umgang mit psychisch Erkrankten und mit schwierigen Gesprächsthemen wie z. B. Suizidalität, nach dem Nutzen der Patientenkontakte sowie nach dem Spaß am Unterricht und dem Interesse am Fach gefragt. Darüber hinaus wurde gefragt, ob Psychiatrie als spätere berufliche Tätigkeit in Frage kommt (Ja-/Nein-Antwort).

Insgesamt nahmen 8 SP am Unterricht teil, die über persönliche Kontakte im WS 2005/2006 rekrutiert wurden. Es handelte sich dabei um psychiatrieerfahrene Pflegekräfte (n=3), Psychologen im Praktikum (n=4) und einen Laienschauspieler. Ihr Alter lag zwischen 28 und 65 Jahren. Nach einer gemeinsamen Informationsveranstaltung fanden ein individuelles Rollentraining sowie ein gemeinsames Feedbacktraining durch eine dafür ausgebildete Trainerin statt. In Vorbereitung des Projekts wurden von in der Psychiatrischen Klinik tätigen Ärzten Rollenanleitungen für folgende Krankheitsbilder entworfen:

  • Alkoholabhängigkeit,

  • Borderline-Persönlichkeitsstörung,

  • schwere depressive Episode (jüngere Frau),

  • schwere depressive Episode (ältere Frau),

  • manische Episode,

  • Panikstörung,

  • Schizophrenie,

  • Zwangsstörung.

Die Rollenanleitungen enthalten Angaben zu Alter, äußeren Merkmalen und Charaktereigenschaften sowie differenzierte Beschreibungen der aktuellen Beschwerden, der psychiatrischen Vorgeschichte und der Biographie [13]. Die Formulierungen sind zum Teil in wörtlicher Rede gehalten, um dem SP eine authentische Darstellung zu erleichtern.

Beispielhaft sind in Tab. 1 Auszüge aus der Rolle „Zwangsstörung“ dargestellt. In der Originalversion sind zusätzlich Angaben zu Sozialanamnese, Familienanamnese, körperliche Vorerkrankungen und psychiatrische Vorgeschichte sowie Informationen enthalten, die von den SP nur auf explizite Nachfrage der Studierenden gegeben werden dürfen.

Tab. 1 Auszüge aus der Rollenanleitung „Zwangsstörung“

Die Trainingsstunden sowie die Teilnahme am Studentenkurs wurden mit 12,50 Euro pro Stunde vergütet.

Statistische Auswertung

Die Daten wurden mit dem Programm Statistical Package for Social Sciences (SPSS) Version 14 (SPSS Inc. Chicago, Illinois) ausgewertet. Deskriptiv wurden Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet. Zur Hypothesenprüfung wurden parametrische Testverfahren verwendet. Für die Überprüfung der Gruppenunterschiede nach Abschluss des Kurses wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse, für das Item „Psychiatrie und Psychotherapie als spätere Tätigkeit“ der Fisher-Test eingesetzt. Das Signifikanzniveau wurde auf p<0,05 gesetzt.

Ergebnisse

Die Auswertung erfolgte anhand von124 Fragebögen, was einem Rücklauf von 89,8% entspricht.

Aus den mündlichen Rückmeldungen der Kursteilnehmer sowie den schriftlichen Kommentaren in den Evaluationsbögen ging hervor, dass die SP außerordentlich gut angenommen und von den Studierenden teilweise sogar als „Highlight“ des Kurses beschrieben wurden. Kursleiter, die am SP-Programm teilnahmen, berichteten übereinstimmend, dass der Unterricht eine sehr befriedigende Erfahrung gewesen sei und die Authentizität der SP sie sehr überrascht habe. Die SP erlebten die Arbeit als bereichernd und waren am Ende des Semesters alle motiviert, in dem Projekt weiterzuarbeiten. Eine Teilnehmerin, die eine junge depressive Patientin spielte, empfand die Darstellung von Suizidalität als belastend, konnte jedoch durch Übungen zur Distanzierung von ihrer Rolle aufgefangen werden und nahm weiter am Projekt teil.

Die beiden Studentengruppen waren bei der Befragung vor dem Kurs in Bezug auf alle Items vergleichbar ohne signifikante Unterschiede in den Skalen.

Die Auswertung der Fragebögen nach Abschluss des Kurses ergab drei signifikante Ergebnisse:

  1. 1.

    Die Studentengruppe mit SP bewertete den Nutzen der Gespräche mit Patienten (SP und reale Patienten) mit der Note 1,3 im Mittelwert, die andere Gruppe (reale Patienten) mit der Note 1,8 (p=0,003).

  2. 2.

    Auch bezüglich der Kenntnisse im Fach Psychiatrie und Psychotherapie ergab sich im Gegensatz zur Auswertung vor dem Kurs ein signifikanter Unterschied: Die Gruppe mit SP schätzte ihre Kenntnisse im Mittel mit der Note 2,5, die Gruppe ohne SP mit 2,8 ein (p=0,038; Abb. 1).

  3. 3.

    Wie in Abb. 2 zu sehen, bewertete die Gruppe mit SP am Ende des Kurses ihr Interesse am Fach Psychiatrie höher als die übrigen Studierenden: 50% der SP-Gruppe gegenüber 31% der Gruppe ohne SP können sich Psychiatrie als spätere berufliche Tätigkeit vorstellen (p=0,032, Fisher-Test).

Abb. 1
figure 1

Mittlere Bewertung (±SD) des Nutzens der Gespräche und der Kenntnisse im Fach am Ende eines Blockunterrichts bei Studierenden, die mit SP und realen Patienten (weiß) oder nur mit realen Patienten (grau) unterrichtet wurden auf einer Skala von 1 (sehr gut, trifft voll zu) bis 6 (ungenügend, trifft gar nicht zu).

Abb. 2
figure 2

Prozentualer Anteil der Studierenden, die sich das Fach Psychiatrie und Psychotherapie als spätere Tätigkeit vorstellen können (Antwort: Ja) zum Beginn und am Ende des Blockunterrichts. Vergleich der Studierenden, die mit realen Patienten und SP (rot) oder ausschließlich mit realen Patienten (blau) unterrichtet wurden.

Bei der Befragung nach Kenntnissen bez. Anamneseerhebung und Gesprächsführung sowie nach Einschätzung, nach dem Kurs „schwierige Themen“ wie z. B. Suizidalität ansprechen zu können, wurden keine signifikanten Unterschiede beobachtet (Tab. 2).

Eine Tendenz, jedoch kein signifikanter Unterschied zeigte sich bei der Frage nach der Hemmschwelle für ein Gespräch mit einem psychisch kranken Patienten: Die SP-Gruppe bewertete sie nach dem Kurs etwas geringer (1,5 vs. 1,9)

Bei den Items „Spaß am Unterricht“ und „Mein Interesse am Fach Psychiatrie und Psychotherapie ist durch den Unterricht größer geworden“ waren keine signifikanten Unterschiede festzustellen.

Tab. 2 Beantwortung des Fragebogens nach Kursendea

Diskussion

Unsere Pilotstudie konnte darlegen, dass der Einsatz von SP in der Lehre im Fach Psychiatrie und Psychotherapie sowohl von Seiten der Studierenden als auch von Seiten der Dozenten und Schauspieler sehr gut angenommen und als bereichernd wahrgenommen wird. Die hohe Akzeptanz entspricht den Ergebnissen aus der Studie von Coyle et al., die SP in der Psychotherapieausbildung einsetzten [10], sowie einigen Studienergebnissen aus dem deutschsprachigen Raum [20, 26], die eine Bereicherung des Unterrichts in anderen Fächern beschreiben. Fröhmel et al. beschreiben eine positive Resonanz in der studentischen Evaluation eines Interaktionsunterrichts mit SP, der jedoch auf ausgewählte interaktiv schwierige Situationen unter anderem im Fach Psychiatrie und nicht auf die Darstellung gesamter Krankheitsbilder fokussiert [12].

Die einzigen weniger positiven Ergebnisse beschreiben Krahn et al., deren Studierende SP im Gegensatz zu realen psychiatrischen Patienten als weniger authentisch erlebten und Schwierigkeiten hatten, Empathie zu empfinden [24], was evtl. durch das relativ kurze Training der SP dieser Studie begründet ist. Die überzeugenden Rückmeldungen der Studierenden und Dozenten bez. der Authentizität der SP in der vorliegenden Studie weisen darauf hin, dass auch im Fach Psychiatrie und Psychotherapie eine realitätsgetreue Krankheitsdarstellung möglich ist. Dies sollte jedoch weiterführend z. B. über Videoanalysen überprüft werden. Von Interesse sind ebenso mögliche Einflussfaktoren auf die Authentizität wie die Länge des Rollentrainings oder die Vorerfahrungen der Schauspieler mit psychischen Erkrankungen.

Ein weiteres Ziel der Studie war es, den Qualitätsgewinn für den Unterricht durch SP zu überprüfen. Erfreulicherweise schätzten die Studierende der SP-Gruppe ihre Kenntnisse im Fach Psychiatrie nach dem Kurs besser ein als die Parallelgruppe. Eine mögliche Erklärung ist die, wie auch von Barrows [4] beschriebene, bessere Steuerung der Themenbereiche durch SP: Eine hohe Vielfalt an Krankheitsbildern ist bei Einsatz realer Patienten nicht immer zu garantieren. Aufgrund wechselnden Befindens ist ihr Einsatz nicht standardisiert planbar und akut erkrankten Patienten mit einer Schizophrenie oder einer manischen Episode ist eine Teilnahme im Studentenunterricht nicht zuzumuten. Hier liegt ein entscheidender Vorteil der SP: Ihre Einsätze sind weit im Voraus planbar und es besteht die Möglichkeit, den Studierenden im praktischen Unterricht Kontakt mit allen wichtigen psychiatrischen Krankheitsbildern zu bieten.

Eine weitere Erklärung für die von den Studierenden empfundene Zunahme der Kenntnisse könnte die zusätzliche Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten über das Feedback der SP sein. Diese Punkte dienen ebenfalls als Erklärung für den signifikant größer eingeschätzten Nutzen des Unterrichts im Fach Psychiatrie und Psychotherapie insgesamt, den die Studierenden der SP-Gruppe angegeben haben.

Bennett et al. beschreiben in ihrem Artikel signifikante Unterschiede in einer Psychiatrieprüfung mit SP insbesondere bei kommunikativen Kompetenzen [7]. Sie führen dies auf die differierende Ausbildung zurück, in der eine der beiden Gruppen während der Ausbildung an einer Prüfung mit SP teilnahm, die ein ausführliches Feedback mit Videoanalyse beinhaltete.

Eine unterschiedliche Bewertung der Kenntnisse in Gesprächsführung ergab sich in der vorliegende Studie nicht. Das Design ließ jedoch keine besseren Ergebnisse erwarten, da die meisten Studierenden bei der Exploration eines SP nur als Beobachter fungierten und nur ca. 30% die Befragung selbst durchführten und ein persönliches Feedback erhielten; dies ist jedoch wesentlich für eine Weiterentwicklung der eigenen kommunikativen Fertigkeiten, wie unter anderem Fallowfield et al. in einer randomisierten, kontrollierten Studie mit Onkologen zeigen konnten [11]. In den nächsten Semestern soll aus diesem Grund die Arbeit mit SP ausgebaut werden, um jedem Studierenden ein Feedback zukommen zu lassen. Zur Überprüfung einer Zunahme kognitiver wie auch kommunikativer Fertigkeiten durch Einsatz von SP im Fach Psychiatrie und Psychotherapie sollte in weiterführenden Studien ein standardisierter Fragebogen eingesetzt werden und auch ein Vergleich der schriftlichen Prüfungsergebnisse und der Ergebnisse in einem OSCE („objective structured clinical examination“) erfolgen.

Nikendei et al. beschreiben eine Zunahme des beruflichen Interesses für das Fach Psychosomatik [27] nach Einführung eines SP-Projekts. Auch in der vorliegenden Studie wurde dieser Effekt beobachtet und ist möglicherweise durch einen als sehr interessant und anregend empfundenen Unterricht zu erklären. Eine Aussage über die tatsächliche spätere Berufswahl ist daraus aber sicher nicht abzuleiten.

Sehr erfreulich ist der Hinweis der Pilotstudie darauf, dass die Arbeit mit SP möglicherweise die Hemmschwelle für ein Gespräch mit psychisch kranken Menschen senkt. Alle Fachrichtungen werden mit psychischen Erkrankungen konfrontiert, sei es der Gynäkologe mit einer Patientin, die an einer postpartalen Depression leidet, oder der Chirurg mit einer sich selbst verletzenden Borderline-Patientin. Viele Kollegen erleben sich im Umgang mit solchen Patienten hilflos, der Patient wiederum fühlt sich unverstanden. Die Fähigkeit, psychisch Erkrankte auf ihre Probleme anzusprechen, eröffnet die Möglichkeit einer erfolgreicheren und befriedigenderen Arzt-Patient-Beziehung. In der Rückmeldung gaben viele Studierende an, durch das Wissen, einen SP zu explorieren, an Selbstsicherheit zu gewinnen, da weniger Angst bestehe, dem Patienten durch „falsche“ Fragen zu schaden. Außerdem liegt die Betonung des Feedbacks nicht auf den Fehlern, sondern auf den Ressourcen der Studierenden, was eventuell zu einer größeren Sicherheit im Umgang mit psychisch Kranken führt. In der Literatur ist dieser Aspekt unserer Recherche nach bisher nicht untersucht worden.

Fazit

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie sind außerordentlich ermutigend und deuten darauf hin, dass der systematische Einsatz von SP im praktischen Unterricht im Fach Psychiatrie und Psychotherapie nicht nur eine geeignete Ergänzung zu realen Patienten sein kann, sondern die Ausbildung in bestimmten Aspekten sogar verbessern kann. Zur besseren Objektivierbarkeit eines Qualitätsgewinn sollten weiterführende Studien, die eine Prüfung der praktischen Fertigkeiten z. B. über einen OSCE („objective structured clinical examination“) beinhalten, erfolgen. Unklar ist außerdem, wie häufig Studierende Feedback erhalten müssen, um sich tatsächlich in ihren kommunikativen Fertigkeiten zu verbessern. Von weiterem Forschungsinteresse ist außerdem, welche psychiatrischen Krankheitsbilder gut und welche weniger geeignet sind für die Darstellung durch SP und ob es Faktoren wie Vorerfahrungen mit psychisch Erkrankten oder die Dauer und Qualität des Rollentrainings gibt, die die Authentizität beeinflussen.