Lachen ist gesund – dieser Glaube findet derzeit große Beachtung, wie entsprechende Titelthemen in Focus (18/2001), Bild der Wissenschaft (1/2003), Kongresse zum Thema „Heilsames Lachen“ (u. a. in Stuttgart 2002 und 2003), „Humor gewinnt“ (2006) oder die zunehmende Verbreitung einer „Humortherapie“ [8] zeigen. Wissenschaftliche Belege, z. B. für die oft angeführten immunmodulatorischen Effekte, sind jedoch spärlich [3, 5], ebenso wie für die Behauptung, dass willkürliches Lachen dieselben zerebralen Areale aktiviere wie durch Erheiterung hervorgerufenes Lachen und infolgedessen eine positive Stimmung induziere [10]. Andererseits liegt diesem Glauben die Alltagserfahrung zugrunde, dass Lachen und Humor, in ihrer nicht verletzenden Form, durchaus die Stimmung des Einzelnen wie auch das menschliche Zusammenleben positiv beeinflussen.

Deshalb verwundert es auch nicht, dass Klinikclowns zunehmend häufiger in Therapiekonzepte einbezogen werden, vor allem in Kinderkliniken. Ihren Beginn nahm die Bewegung der Klinikclowns 1986 in den USA (Big Apple Circus [http://www.bigapplecircus.org/CmmunityPrograms/ClownCare], Patch Adams [1]). Kurze Zeit später wurden auch in Europa Clowns in Krankenhäusern eingesetzt. Bislang sind Klinikclowns hauptsächlich in Kinderkliniken aufgetreten. Kinder mögen in ihrer großen Mehrzahl Clowns, lassen sich durch sie erheitern und sind andererseits, so wird jedenfalls behauptet, weniger als Erwachsenein in der Lage oder willens, Krankheitssymptome und unangenehme medizinische Maßnahmen über sich ergehen zu lassen. Dies soll ihnen durch die Clowns erleichtert werden, indem sie Kinder zu Eingriffen begleiten und ablenken, beruhigen und ihnen so die Angst nehmen.

Bei erwachsenen psychiatrischen Patienten ist die Ausgangssituation jedoch anders. Die Patienten in unserer geriatrischen Station, bei denen die Clowns auftraten, leiden an Depression, Demenz oder psychotischen Erkrankungen. Schmerzen stehen nicht im Vordergrund, Angst allerdings durchaus. Aus dem Behandlungsteam heraus kam die Initiative, das bisherige Behandlungsprogramm durch die Auftritte von Klinikclowns zu ergänzen, um Patienten nonverbale Möglichkeiten anzubieten, ihre Gefühle auszudrücken und einen weiteren Weg zu erschließen, auf dem positive Stimmungen geweckt werden können. Humor wurde zudem als Copingstrategie oder Lebensstil [7] betrachtet, der es erleichtert, schwierige Situationen zu meistern.

Humor, dem Patienten eine Distanzierung von seinen Problemen durch das Darüber-Lachen nahe bringen, hat als therapeutisches Mittel in der Psychiatrie eine längere Tradition (z. B. provokative Therapie von Farelly [2, 3]). Die philosophischen und psychologischen Aspekte des Humors beleuchtet z. B. Ruch [6]. Über Erfahrungen mit Klinikclowns wurde bislang nur wenig publiziert. Positive Effekte einer Humorgruppe in der Gerontopsychiatrie, bei der die Patienten aktiv humorvolles Verhalten erlernen sollten, beschrieben Kranzhoff und Hirsch [4].

Im klinischen Alltag existieren durchaus Vorbehalte gegenüber den Clowns. So lehnte eine andere Station unserer Klinik, der wir Clownsvisiten vorschlugen, um eine Vergleichsgruppe untersuchen zu können, dies ab. Es wurde befürchtet, die (vorwiegend depressiven) Patienten könnten sich nicht ernst genommen fühlen.

Die Tübinger Gruppe „Clowns im Dienst“ (http://www.clowns-im-dienst.de), die auch eine Ausbildung zum Klinikclown anbietet (Vermittlung von Wissen über Krankheitsbilder, Einüben von darstellerischen Kommunikationsformen und Aneignung eines Repertoires für Auftritte) war bislang nur in der Kinderklinik aufgetreten. Zwei ihrer Mitglieder bereiteten sich durch Lektüre, Gespräche und Rollenspiele gezielt auf die Arbeit mit älteren und verwirrten Patienten vor.

Wir beschreiben im Folgenden den Ablauf einer 6-wöchigen Pilotphase mit wöchentlichen Auftritten. Dabei fokussierten wir auf die Einstellung der Patienten und des Behandlungsteams auch durch eine standardisierte Befragung.

Untersuchte Patienten und Station

Bespielt wurde eine beschützte gerontopsychiatrische Akutstation mit 12 Betten. Patienten und Teammitglieder wurden aufgeklärt und ihre Einwilligung erbeten.

Im Beobachtungszeitraum von 6 Wochen wurden insgesamt 27 Patienten stationär aufgenommen (18 Frauen, Durchschnittsalter 67,6 Jahre, 9 Männer, Durchschnittsalter 61,4 Jahre. Diagnosen: Demenz (F00, F01, F02, F03, n=7), Depression (F32, F33, n=7), bipolare affektive Störung (F31, n=6, davon 2 mit manischen Symptomen), schizoaffektive Psychose (F25, n=3), paranoid-halluzinatorische Psychose (F20, n=2), sonstige (n=2). Das Stationsteam umfasste 22 Personen (Pflegepersonal, ärztliche und psychologische Therapeuten; 16 Frauen, 6 Männer).

Ablauf der Clownsbesuche

Die Clownsbesuche fanden 6-mal nachmittags in wöchentlichen Abständen statt. Vor den Clownsvisiten wurden die beiden weiblichen Clowns „Pipo“ und „Lavendel“ von einem Teammitglied über die Patienten informiert (unter Schweigepflicht). Anschließend zogen sie sich um und kehrten bepackt mit einem Kassettenrekorder, einem alten Koffer voller Utensilien, einem Wedel und einer kleinen Gitarre (Abb. 1) auf die Station zurück. Ursprünglich planten sie, wie in der Kinderklinik von Zimmer zu Zimmer zu gehen. Die meisten Patienten allerdings versammelten sich im Flur, nahmen auf den dort in einer langen Reihe stehenden Stühlen Platz und wurden dann nacheinander von den Clowns „bespielt“. „Man hat einfach mehr davon“, war die Meinung der Patienten (tatsächlich: durchschnittlich 8 min Zuwendung pro Person im Patientenzimmer standen mindestens 30 min Unterhaltung im Flur in einer größeren Gruppe gegenüber). Die Clowns gaben Einzelkontakten den Vorzug, weil es hier bessere Anknüpfungspunkte gebe, um in Kontakt zu kommen (z. B. über persönliche Gegenstände) und Patienten in dieser intimeren Situation eher aus sich herausgingen.

Abb. 1
figure 1

Die beiden Clowns Pippo und Lavendel

Die Teammitglieder nahmen an den Clownsvisiten nicht teil, sondern beschränken sich auf gelegentliches Zusehen. Unmittelbar nach jeder Clownsvisite fand eine Nachbesprechung zwischen den Clowns, wieder „in Zivil“, und einem Teammitglied im Stationszimmer statt.

Befragung

Die Einstellung von Patienten und Team wurde auch durch eine Befragung erhoben (durch die Psychologin P.W., ausführliche Darstellung bei [9]). Der Testscore „Akzeptanz“ ergab sich aus dem Mittelwert der Antwortscores (von überhaupt nicht =1 bis immer =5; bei den negativ formulierten Fragen invertiert). Von den 27 aufgenommenen Patienten hatten 6 wegen eines zu kurzen Aufenthaltes keinen Kontakt mit den Clowns, mit 3 Patienten war wegen ihres schlechten Zustandes ein Interview nicht möglich und 5 lehnten die Befragung zu beiden Zeitpunkten ab. Fünfzehn Patienten wurden mindestens einmal befragt, davon 9 vor dem für sie jeweils 1. Clownsbesuch (t1) und nach dem für sie 2. oder 3. Clownsbesuch (t2), abhängig von der Liegedauer. Das Stationsteam wurde 3-mal, vor dem 1. (t1), nach dem 3. (t2) und nach dem 6. Clownsbesuch (t3) interviewt.

Die Patienten erhielten einen Bogen mit den 5 Antwortmöglichkeiten in gut lesbarer Schriftgröße; die Fragen wurden vorgelesen, die Antwortmöglichkeiten bei Bedarf auch, da mehrere Patienten aufgrund ihres schlechten Zustandes die Fragebögen nicht allein hätten ausfüllen können und so eine Selektion zugunsten der gesünderen Patienten stattgefunden hätte.

Ergebnisse

Es war für alle Beteiligten erstaunlich, wie lebhaft depressive oder demente Patienten mit den Clowns interagierten und sich zum Singen oder sogar Tanzen motivieren ließen. Um einen Eindruck von den Interaktionen zwischen Clowns und Patienten zu geben, seien hier einige Szenen beispielhaft geschildert. Es tauchte z. B. die Frage auf, ob die Klinikclowns die erwachsenen Patienten duzen sollten. Pipo löste das Problem auf seine eigene Art: „Ich bin Pipo, darf ich ‚Du‘ zu Ihnen sagen?“ Keiner der Patienten lehnte dies ab, und Pipo meinte: „Gut, dann darfst Du auch ‚Du‘ zu mir sagen.“ Pipo fragte eine Patientin: „Was wünscht Du Dir?“ Die (depressive) Patientin antwortete: „Ein frohes Herz!“ Pipo und Lavendel boten ein ‚frohes‘ Lied an, und die Patientin sang mit. Als die Clowns bei einer Zimmervisite „Trompete“ spielten, horchte ein anderer Patienten an der Tür und meinte mitfühlend: „Die müssen der Frau dort ein bisschen Leben einblasen, damit sie nicht verzagt!“. Jeder Patient erhielt gegen Ende der Clownsvisite ein kleines Geschenk, z. B. ein rotes Stoffherz, eine Blume, eine bunte Feder oder einen Tannenzapfen, als Erinnerung an einen Moment der Leichtigkeit.

Dieser positive Eindruck wurde unterstützt durch die Befragung. Bei den Patienten (Abb. 2) änderte sich der Akzeptanzwert von 2,6 bei t1 (SD 0,78) auf 3,1 bei t2 (SD 0,65, t-Test für verbundene Stichproben, 2-seitig, df=8, t=3,26, p=0,011). Insbesondere bejahten die Patienten häufiger, dass sie nach einer Begegnung mit Clowns die eigenen Sorgen für einen Moment vergessen könnten. Beim Team (Abb. 3) ergab sich keine signifikante Einstellungsänderung (t1: 2,48; t3: 2,52). Nach der Erfahrung mit den Clownsauftritten wurde der Wunsch nach regelmäßig stattfindenden Clownsvisiten etwas stärker bejaht und die Störung hierdurch unverändert beurteilt.

Abb. 2
figure 2

Akzeptanz der Clownsauftritte durch die Patienten. Mittelwerte und Standardabweichungen der Akzeptanzfragen aller Patienten zu t1 und t2. *Signifikanter Unterschied (t=2,6, p<0,05); inv. invertierter Antwortwert

Abb. 3
figure 3

Akzeptanz der Clownsauftritte durch das Team. Mittelwerte und Standardabweichungen der Akzeptanzfragen aller Teammitglieder zu t1 und t3; inv. invertierter Antwortwert

Diskussion

Die Hauptergebnisse dieser Pilotstudie sind, dass der Einsatz von Klinikclowns auf einer psychiatrischen Akutstation für geriatrische Patienten sich in den normalen Stationsalltag integrieren lässt und dass sich die initial eher skeptische Beurteilung der Patienten nach 2–3 Clownsbesuchen deutlich veränderte und sogar positiver wurde als die des Behandlungsteams. Dies werten wir als Hinweis darauf, dass die Patienten durch den Kontakt mit den Klinikclowns einen Gewinn erfuhren. Dass die Beurteilungen zum 1. Zeitpunkt mehrheitlich negativ ausfielen, spricht dafür, dass die Patienten trotz des nicht anonymen Vorgehens nicht zögerten, negative Meinungen auszudrücken. Nicht ausschließen lässt sich allerdings, dass die positivere Beurteilung auch Folge einer im Verlauf eingetretenen klinischen Besserung ist. Die gleichbleibende Beurteilung durch das Team ist wahrscheinlich durch die ohnehin bereits am Anfang vorhandene Akzeptanz zu erklären, so dass wenig Raum für eine weitere Verbesserung gegeben war.

Die Fallzahl war gering und für die Darstellung interindividueller Unterschiede noch zu niedrig. Ein längerer Beobachtungszeitraum wäre wünschenswert, für weitere Clownsbesuche fehlten damals jedoch zunächst die ja nicht aus dem normalen Kliniketat zu leistenden Mittel (derzeit 220 EUR pro Clownsbesuch durch zwei Clowns für 2 h). Trotz kritischer Stimmen war im Team der Wunsch nach weiteren Clownsbesuchen so groß, dass für eine Weiterführung plädiert wurde. Inzwischen konnten, dank privater Sponsoren, wieder regelmäßig Clownsbesuche auf dieser Station stattfinden.

Leider sind wissenschaftliche Untersuchungen zu den Effekten von Humor [3] mit vielen methodischen Schwierigkeiten behaftet. Humor ist subjektiv – was der eine witzig findet, ärgert möglicherweise den nächsten. Affektive Veränderungen zu messen ist aufwendig. Von der Erhebung der Stimmung mittels detaillierter Fragebögen unmittelbar vor und nach den Clownsvisiten und von physiologischen Messungen, z. B. von Herzfrequenz oder Hautwiderstand, wurde in dieser Erkundungsstudie Abstand genommen. Bei den ohnehin angespannten, ängstlichen und teilweise nicht völlig orientierten Patienten stand zu befürchten, dass eventuelle positive Effekten sonst zunichte gemacht würden.

Es sind auch weitere Untersuchungen notwendig, um z. B. zu klären, welche Patienten besonders von Clownsbesuchen profitieren können und ob oder wie sich Clownsbesuche in ihrer Wirkung von anderen humorvermittelnden Interaktionen wie Lach- oder Humorgruppen (siehe z. B. [4] zu Erfahrung in der Gerontopsychiatrie) oder von Kontakten mit „normalen“ Clowns unterscheiden.

Unser Resümee aus dieser Pilotstudie ist aber, dass Klinikclownbesuche ein sinnvolles adjuvantes Therapieangebot auch für erwachsene psychiatrische Patienten sind. Sie können für eine kurze Stimmungsaufheiterung sorgen und darüber hinaus den Patienten Humor als „Copingstrategie“ näher bringen.

Fazit für die Praxis

Für den Einsatz von Klinikclowns in der Erwachsenenpsychiatrie können die folgenden Tipps gegeben werden:

  • Die Clowns sollten Erfahrung mit Erwachsenen haben bzw. sich speziell darauf vorbereiten.

  • Im Idealfall sollten Klinikclowns Personen sowohl mit einer schauspielerischen als auch zusätzlich einer psychotherapeutischen oder psychoedukativen Ausbildung sein.

  • In der Interaktion sollte die Betonung auf dem Lachen mit, nicht über Patienten liegen.

  • Clowns sollten für Rücksprachen eine Gruppe und/oder Supervision haben.

  • Der Einsatz sollte sinnvollerweise über einen längeren Zeitraum (mindestens 3 Monate) stattfinden.

  • Eine gute Absprache mit der Station ist notwendig – allgemein über den Ablauf, speziell über die einzelnen Patienten.