Die Osteoporose ist eine Knochenstoffwechselerkrankung, die zu Fragilitätsfrakturen führen kann und u. a. mit spezifischen Medikamenten behandelt wird. Nach der Frakturversorgung muss eine Osteoporose abgeklärt und behandelt werden. Dies reduziert das Risiko für Folgefrakturen sowie die damit einhergehende erhöhte Morbidität und Mortalität. In der unfallchirurgischen Praxis stellt sich deshalb die Frage, ob spezifische Osteoporosemedikamente die Heilung einer Fragilitätsfraktur beeinflussen oder sogar gezielt zur Behandlung einer gestörten Frakturheilung eingesetzt werden können.

Hintergrund

Der Knochen ist ein stoffwechselaktives Organ mit einem hohen regenerativen Potenzial, dessen Integrität nach einer Fraktur grundsätzlich vollständig wiederhergestellt wird [8]. Diese Eigenschaft beruht auf einem koordinierten Gewebeumbau. Dabei wird die mineralisierte organische Matrix durch Osteoklasten ab- und durch Osteoblasten aufgebaut [8]. Dieser Vorgang ist räumlich und quantitativ ausgeglichen und gewährleistet die Wiederherstellung der Knochenstruktur und der Stützfunktion nach einer Fraktur [8]. Die Frakturheilung erfolgt in den meisten Fällen komplikationslos und vollständig. Durch z. B. eine vorliegende mechanische Instabilität, Übergewicht, Diabetes mellitus, Rauchen, Gefäßerkrankungen, Fehlernährung, Infektionen oder Medikamente kann der Heilungsprozess allerdings beeinträchtigt bzw. verhindert werden. Benötigt dieser länger als 3 Monate, spricht man von einer verzögerten Heilung. Von einer ausbleibenden Heilung wird ausgegangen, wenn innerhalb der letzten 3 Monate nach mehr als 9‑monatigem Abwarten keine Zeichen einer Heilungstendenz zu erkennen sind [32].

Erkrankungen des Knochenstoffwechsels können den Knochenumbau stören und zu einem fragilen Knochen oder sogar zu Frakturen führen. Die Osteoporose ist die häufigste Erkrankung des Knochenstoffwechsels, die oft bei postmenopausalen Frauen, älteren Männern und infolge begleitender Erkrankungen bzw. einer Medikamenteneinnahme entstehen kann [27, 30]. Durch Steigerung der osteoklastären Knochenresorption und Abnahme des osteoblastären Knochenaufbaus kommt es zum Verlust der Knochenmasse und der Knochenstruktur, was in Fragilitätsfrakturen münden kann [3]. Fragilitätsfrakturen sind häufig lokalisiert im Bereich des distalen Radius, des proximalen Humerus, des proximalen Femurs sowie im Bereich der Wirbelsäule und des Sakrums [35]. Diese Frakturen gehen mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher, und die betroffenen Patienten müssen hinsichtlich einer Knochenstoffwechselerkrankung untersucht und ggf. behandelt werden [27].

Spezifische Osteoporosemedikamente greifen in den Knochenumbau ein

In der Unfallchirurgie führt das Vorliegen einer Fragilitätsfraktur in vielen Fällen zur Erstdiagnose einer Osteoporose. An hohen Standards orientierte unfallchirurgische Kliniken erkennen die Chance, neben der Fragilitätsfraktur auch die Osteoporose als Grunderkrankung zu behandeln, um dadurch das Risiko für Folgefrakturen deutlich zu senken und die Lebenserwartung der Patienten zu steigern. Diagnose und Therapie der Osteoporose richten sich in Deutschland grundsätzlich nach der S3-Leitlinie des Dachverbands Osteologie (DVO) in der jeweils gültigen Fassung (dv-osteologie.org). Zur Behandlung einer Osteoporose können neben der Basistherapie, bestehend aus körperlicher Bewegung, ausreichend Kalziumzufuhr und Vitamin-D-Gabe, auch spezifische Osteoporosemedikamente zur Anwendung kommen [21]. Dazu zählen in Deutschland derzeit Östrogene und selektive Östrogenrezeptormodulatoren (s. auch Beitrag von Thomasius und Hadji in der vorliegenden Ausgabe), Bisphosphonate, Denosumab sowie Teriparatid. Eine Behandlung von Patienten mit einer Fragilitätsfraktur gemäß DVO-Leitlinie erfordert allerdings ein Verständnis der Osteoporose als Grunderkrankung und der Wirkweise der spezifischen Osteoporosemedikamente sowie Kenntnisse über deren möglichen Einfluss auf die Heilung einer Fragilitätsfraktur (Tab. 1). Zudem hilft dieses Wissen einzuschätzen, ob der Einsatz spezifischer Osteoporosemedikamente, unabhängig von einer Osteoporose, in Situationen einer gestörten Frakturheilung sinnvoll und möglich ist. Da spezifische Osteoporosemedikamente in den Knochenumbau eingreifen, stellt sich die Frage, ob sich ein negativer oder positiver Einfluss auf die Frakturheilung ergibt. Diesen Aspekten geht diese Übersichtsarbeit nach.

Tab. 1 Einfluss spezifischer Osteoporosemedikamente auf die Frakturheilung

Bisphosphonate

Die Gruppe der Bisphosphonate enthält verschiedene Substanzen. Klinisch relevant sind die stickstoffhaltigen Bisphosphonate Alendron‑, Risedron‑, Ibandron- und Zoledronsäure. Jede Substanz besitzt eine eigene Zulassung, und die Anwendungsgebiete unterscheiden sich teilweise voneinander. Allgemein werden Bisphosphonate zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose, der Osteoporose des Mannes und der glukokortikoidinduzierten Osteoporose eingesetzt [5]. Darüber hinaus kommen Bisphosphonate zur Therapie des M. Paget, von Knochenmetastasen, des multiplen Myeloms und der tumorinduzierten Hyperkalzämie zur Anwendung [5]. Bisphosphonate haben eine hohe Affinität zum Kalzium und reichern sich im Knochen an Stellen mit aktivem Gewebeumbau an. Die Integration in die Knochenmatrix erfolgt durch Bindung an Hydroxylapatit im Rahmen des Knochenaufbaus. Während der Resorption werden die Bisphosphonate freigesetzt und von Osteoklasten aufgenommen. Dort inhibieren sie die Farnesylpyrophosphatsynthase, ein Schlüsselenzym des Mevalonatsignalwegs [5]. Dies führt zur Apoptose der Osteoklasten und zur Reduktion des pathologisch erhöhten Knochenabbaus [5]. Die Halbwertszeit der Bisphosphonate ist sehr lang, und die Substanzen können nach Absetzen noch bis zu 10 Jahre oder länger im Knochen verbleiben [13].

Da die Knochenresorption eine wichtige Komponente der Frakturheilung ist, könnten Bedenken auftreten, dass Bisphosphonate den Umbau des Frakturkallus hemmen. Dies könnte auf Situationen zutreffen, in denen Bisphosphonate vor der Fraktur verabreicht wurden und sich bereits in der Knochenmatrix eingelagert haben oder kurz nach der Fraktur eingesetzt werden sollen. In diesem Fall könnten sich die Bisphosphonate aufgrund der erhöhten Umbaurate im Frakturbereich anreichern und dadurch die Knochenheilung beeinträchtigen. Dies könnte zudem dazu führen, dass systemisch weniger Wirkstoff zu Verfügung steht, der den Knochenabbau im restlichen Skelett unterdrückt.

Derartige Bedenken sind jedoch weder durch tierexperimentelle Arbeiten noch durch klinische Studien gestützt. In präklinischen Modellen konnte gezeigt werden, dass die Behandlung mit Bisphosphonaten zwar zu einer Verzögerung des Knochenumbaus führt, aber mit einer Steigerung der Kallusgröße und der Mineralisierung einhergeht sowie die mechanische Stabilität erhöht. Eine Beeinträchtigung der Knochenheilung wurde nicht beobachtet, auch wenn die Gabe direkt nach der Fraktur erfolgte [10, 13].

Erkenntnisse aus randomisierten klinischen Studien belegen, dass die Gabe von Bisphosphonaten nach einer Fraktur die Frakturheilung nicht verzögert und tendenziell die Integration von Implantaten fördert. Eine Beeinflussung der Frakturheilung durch Bisphosphonate, die vor der Fraktur gegeben wurden, blieb hingegen unklar [10]. Im Wesentlichen übereinstimmend mit diesen Ergebnissen ergab eine systematische Metaanalyse randomisierter klinischer Studien, dass eine frühzeitige Gabe von Bisphosphonaten weder unter klinischen noch unter radiologischen Aspekten mit einer Verzögerung der Frakturheilung einhergeht. Vielmehr reduzierte die zeitnahe Gabe von Bisphosphonaten das Risiko für nachfolgende Fragilitätsfrakturen [18].

Die Risikoreduktion durch Bisphosphonatgabe übertrifft die potenziell beeinträchtigte Frakturheilung

Eine andere systematische Übersichtsarbeit zeichnete dagegen ein etwas abweichendes Bild. Es zeigte sich, dass Bisphosphonate keinen Einfluss auf die Heilung von Femurfrakturen haben, aber die Heilung distaler Radiusfrakturen leicht verzögern [24]. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Erkenntnisse kann jedoch die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Reduktion des Risikos für Folgefrakturen durch Bisphosphonate im Rahmen einer Osteoporose eine mögliche Beeinträchtigung der Frakturheilung deutlich übertrifft und deren Gabe deshalb zeitnah nach dem Auftreten einer Fragilitätsfraktur erfolgen sollte [11]. Eine hinreichende Evidenz für eine Beeinflussung der Frakturheilung durch Bisphosphonate oder ein Einfluss auf den Knochen unabhängig von einer Osteoporose besteht hingegen nicht. Zudem sind Bisphosphonate für diese Indikationen nicht zugelassen.

Denosumab

Die Aktivitäten von Osteoblasten und Osteoklasten sind durch verschiedene Mechanismen miteinander verbunden. Dies trägt zur Regulation des Knochenumbaus und der Frakturheilung bei. Ein klinisch relevantes Steuerungssystem besteht aus der Aktivierung des „receptor activator of NF-κB“ (RANK) durch seinen Liganden (RANKL; [31]). Der RANK ist ein Transmembranprotein, das auf der Oberfläche von Osteoklasten vorhanden ist und durch den von Osteoblasten exprimierten RANKL aktiviert wird. Dadurch wird die Knochenresorption gesteigert [31]. Ein Gegenspieler des RANKL ist das Osteoprotegerin (OPG), das ebenfalls von Osteoblasten freigesetzt wird und die Knochenresorption reduziert [31]. Denosumab (Prolia®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen den RANKL, der die Funktion von OPG nachahmt und als antiresorptives Medikament zur Behandlung der Osteoporose eingesetzt wird [30]. Im Gegensatz zu Bisphosphonaten lagert sich Denosumab nicht in den Knochen ein und hat eine deutlich kürzere Halbwertszeit.

Denosumab beeinflusst die Frakturheilung nicht, reduziert aber das Risiko für Folgefrakturen deutlich

Experimentelle Daten zeigen, dass Denosumab keinen negativen Einfluss auf die Knochenregeneration hat [10]. Eine Analyse von Komplikationen nichtvertebraler Frakturen bei Frauen innerhalb der Zulassungsstudie „Fracture reduction evaluation of denosumab in osteoporosis every six months“ (FREEDOM) ergab, dass die Verabreichung von Denosumab kein erhöhtes Risiko für eine verzögerte Frakturheilung darstellt [1]. Dies war auch nicht der Fall, wenn Denosumab zum Zeitpunkt der Fraktur oder kurz danach verbreicht wurde [1]. Deshalb kann eine ähnliche Schlussfolgerung wie bei den Bisphosphonaten getroffen werden. Sofern die Indikation zur Behandlung einer Osteoporose als Grunderkrankung durch Denosumab gestellt wurde, sollte die Therapie möglichst bald eingeleitet werden. Die Frakturheilung wird dadurch nicht beeinflusst, jedoch wird das Risiko für Folgefrakturen zügig und deutlich reduziert [10, 30]. Ein Einsatz von Denosumab zur gezielten Verbesserung der Frakturheilung ist dagegen nicht evidenzbasiert und bewegt sich außerhalb der Zulassung.

Teriparatid

Zu den spezifischen Osteoporosemedikamenten zählt auch Teriparatid (Forsteo®), das im Gegensatz zu den Bisphosphonaten und Denosumab nicht den Knochenabbau hemmt, sondern den Knochenaufbau fördert [3, 30]. Teriparatid besteht aus den rekombinant hergestellten ersten 34 Aminosäuren des humanen Parathormons (rhPTH 1–34) und stimuliert bei täglicher s.c.-Gabe die Osteoblasten. Dadurch wird mehr Knochenmatrix produziert, die Knochenmasse nimmt zu und die trabekuläre Mikroarchitektur verbessert sich [7]. Gleichsam werden durch Teriparatid die Aktivität der Osteoklasten und somit der Knochenabbau gesteigert. Diese Erhöhung des Knochenumbaus führt jedoch insgesamt zu einem Nettogewinn an Knochenmasse [3, 7, 30].

Teriparatid ist zur Behandlung der schweren Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und Männern sowie zur Therapie der glukokortikoidinduzierten Osteoporose zugelassen und derzeit in Europa das einzig verfügbare knochenanabole Medikament [7]. Die Anwendung von Teriparatid innerhalb dieses Einsatzspektrums reduziert das Frakturrisiko, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule und weniger im Bereich der Hüfte [7].

Von der knochenaufbauenden Wirkung des Teriparatids leitet sich die Überlegung ab, das Medikament zur Verbesserung der Frakturheilung einzusetzen. Dieses Konzept wird durch verschiedene tierexperimentelle Studien gestützt, in denen die tägliche Gabe von Teriparatid die Frakturheilung, die Inkorporation von Knochentransplantaten, die Fixierung von Implantaten, die Distraktionsosteogenese sowie die knöcherne Konsolidierung bei Spondylodesen verbesserte und dies teilweise sogar bei Vorliegen einer Osteoporose [6, 16, 23, 26]. Hinsichtlich des Einsatzes von Teriparatid, mit dem Ziel die Frakturheilung zu verbessern, gibt es eine Vielzahl positiver, teilweise auch spektakulärer Fallpräsentationen, die aber lediglich anekdotischen Charakter haben und keine solide Evidenzgrundlage bieten [33]. Dennoch zeigen diese Arbeiten in Übereinstimmung mit tierexperimentellen Studien eine Verbesserung der Kallusbildung, der Knochenmineraldichte, der mechanischen Stabilität und der Frakturheilung insgesamt [10].

In einer retrospektiven Vergleichsstudie mit 98 Patienten hatte die 6‑monatige Behandlung mit Teriparatid gegenüber Alendronat einen positiven Einfluss auf die Heilung konservativ versorgter osteoporotischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen [12]. Diese Beobachtung unterstützend, ergab eine prospektive, randomisierte, doppelblinde Studie mit 102 postmenopausalen Frauen, deren distale Radiusfraktur konservativ versorgt worden war, dass Teriparatid die kortikale Überbrückung gegenüber der Placebogruppe innerhalb von 8 Wochen beschleunigt [2].

In einer systematischen Übersichtsarbeit wurden klinische Studien und Fall-Kontroll-Studien zur Behandlung osteoporotischer Frakturen mit Teriparatid ausgewertet [14]. Darunter befanden sich 4 retrospektive kontrollierte Fallserien, 6 randomisierte klinische Studien sowie eine retrospektive Post-hoc-Subgruppenanalyse. Die Auswertung machte deutlich, dass in den meisten, aber nicht in allen Studien Teriparatid einen positiven Einfluss auf die Frakturheilung hat. Hinsichtlich der funktionalen Wiederherstellung war die Gabe von Teriparatid in einigen Studien sogar mit einer Schmerzreduktion und einer schnelleren Mobilisation verbunden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Teriparatid selektive Vorteile in der Behandlung osteoporotischer Frakturen und der funktionalen Wiederherstellung bieten könnte [14].

Eine Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien unter Einschluss von 5 Studien mit insgesamt 251 Patienten ergab, dass bei weiblichen Patienten mit Osteoporose, die mit Teriparatid behandelt wurden, die Zeit bis zur radiologischen Frakturheilung im Vergleich zu Patienten der Kontrollgruppe deutlich verkürzt war [22]. Eine erweiterte Analyse zeigte, dass lediglich Frakturen im Bereich der unteren Extremitäten weniger Zeit zur Heilung benötigten, während Frakturen im Bereich der oberen Extremitäten dagegen nicht betroffen waren. Dies belegt, dass Teriparatid die Frakturheilung bei Frauen mit Osteoporose beschleunigen kann. Weitere Studien sind jedoch erforderlich, um zu erörtern, ob dieser Effekt auch auf Männer zutrifft [22].

Der Einsatz von Teriparatid zur Verbesserung der Frakturheilung bewegt sich außerhalb der Zulassung

In gewisser Diskrepanz dazu steht eine Metaanalyse von 5 Studien mit 380 Patienten. Obwohl auch hier Teriparatid eine signifikante Verbesserung des funktionalen Ergebnisses nach einer Fraktur erbrachte, konnte keine Verbesserung der Frakturheilung oder der Schmerzreduktion verzeichnet werden [29]. Somit liegen in klinischen Studien teilweise nichtübereinstimmende Ergebnisse hinsichtlich der positiven Effekte von Teriparatid auf die Frakturheilung vor. Ferner haben andere Studien ergeben, dass Teriparatid die knöcherne Konsolidierung von Spondylodesen verbessert. Ein positiver Effekt von Teriparatid im Bereich der Endoprothetik, der Behandlung der Kieferosteonekrose sowie von Fragilitätsfrakturen wird hingegen kontrovers diskutiert [19]. Deshalb sind weitere, gut geplante, prospektive kontrollierte Studien notwendig, um zu klären, ob ein Einsatz von Teriparatid für diese Anwendungsgebiete sinnvoll ist. Insgesamt ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich der Einsatz von Teriparatid für diese Anwendungen außerhalb der Zulassung bewegt.

Neue medikamentöse Ansätze in der Entwicklung

Sclerostin ist ein von Osteozyten sezerniertes Glykoprotein, das die Aktivität des kanonischen Wnt-Signalwegs hemmt und als starker Inhibitor der Knochenformation wirkt [17]. Diese Erkenntnis diente der Entwicklung eines humanisierten monoklonalen Antikörpers (Romosozumab®), der Sclerostin neutralisiert, zu einer deutlichen Steigerung der Knochenmasse sowie der Knochenmineraldichte führt und das Frakturrisiko bei Osteoporose maßgeblich reduziert [4, 28]. Romosozumab ist bereits in den USA und in Japan für die Behandlung der schweren Osteoporose zugelassen und könnte noch in diesem Jahr in Europa für die gleiche Indikation zur Verfügung stehen. Aufgrund des starken knochenaufbauenden Effekts haben sich mehrere präklinische Studien der Frage gewidmet, ob die Frakturheilung durch eine Sclerostininhibition verbessert werden kann.

Untersuchungen unter Verwendung eines Femur-Osteotomie-Modells in Ratten zeigten, dass die Verabreichung eines Sclerostinantikörpers die Frakturheilung beschleunigt und zu besseren mechanischen Eigenschaften führt [9]. In einer weiteren Studie wurde ein ähnliches Femur-Fraktur-Modell angewendet, das durch eine experimentell erzeugte Osteoporose begleitet wurde [20]. Übereinstimmend führte die Behandlung mit einem Sclerostinantikörper zu einer besseren Frakturheilung und stabileren mechanischen Eigenschaften, insbesondere auf dem Boden einer gesteigerten Knochenformation [20]. Eine andere Studie untersuchte den Einfluss eines Sclerostinantikörpers auf die gestörte Frakturheilung in Mäusen mit Diabetes mellitus Typ 1. Die Behandlung verbesserte auch hier die Mineralisierung des Kallus und damit die Frakturheilung insgesamt [34].

Die Förderung der Frakturheilung durch Sclerostinantikörper unterliegt Einschränkungen

Von diesen Arbeiten abweichende Ergebnisse wurden in einem Modell, basierend auf offenen Frakturen bei Ratten, erhoben. So führte zwar die Behandlung mit einem Sclerostinantikörper frühzeitig nach einer offenen Fraktur zur Zunahme von Kallusvolumen und Knochenstabilität, verbesserte aber nicht die Heilungsrate. Die Behandlung einer bereits verzögerten Frakturheilung steigerte ebenfalls das Kallusvolumen, aber nicht die biomechanische Stabilität und auch nicht die Heilungsrate des Knochens [25]. Dies macht deutlich, dass die Förderung der Frakturheilung durch Sclerostinantikörper nicht einheitlich belegt ist und gewissen Einschränkungen unterliegt.

In einem weiteren Mausmodell wurde eine rigide oder semirigide Fixierung zur Erzeugung einer mechanisch instabilen Situation zwecks Beeinträchtigung der Frakturheilung angewendet; und es wurden ebenfalls abweichende Beobachtungen gemacht. Obwohl in den mit einem Sclerostinantikörper behandelten Tieren eine Erhöhung der Knochenmasse verzeichnet wurde, führte die Behandlung nicht zur Verbesserung der beeinträchtigten Frakturheilung nach semirigider Fixierung. Ferner ergaben sich sogar Hinweise auf einen möglichen negativen Einfluss des Sclerostinantikörpers auf die Spätphase der Frakturheilung. Die Autoren schlussfolgernden deshalb, dass die Gabe eines Sclerostinantikörpers zur Verbesserung der Frakturheilung gut überdacht werden sollte [15].

Der pharmakologische Einsatz eines Sclerostinantagonisten ist in Deutschland aktuell noch nicht möglich, aber in Kürze zu erwarten. Die voraussichtliche Zulassung wird sich wahrscheinlich zunächst auf die Behandlung der schweren manifesten Osteoporose zur Reduktion des Risikos einer nachfolgenden Fragilitätsfraktur beschränken. Die gezielte Beeinflussung einer gestörten Frakturheilung wäre wie bei allen anderen spezifischen Osteoporosemedikamenten außerhalb des Zulassungsbereichs. Der Nachweis, ob die Inhibition von Sclerostin zur Erreichung dieses Ziels biologisch möglich ist, wird durch geeignete klinische Studien zu erbringen sein.

Fazit für die Praxis

  • Unfallchirurgen sind in der sehr wichtigen Position, eine Osteoporose als Grunderkrankung im Rahmen der Behandlung einer Fragilitätsfraktur zu erkennen. Dazu bedarf es der Abklärung gemäß der gültigen Leitlinie des Dachverbands Osteologie (DVO) zum Ausschluss etwaiger sekundärer Frakturursachen, der sich ggf. eine Behandlung nach Maßgabe dieser Leitlinie anschließt. Dadurch reduziert sich das Risiko für Folgefrakturen und damit die Morbidität und Mortalität.

  • Da kein relevanter negativer Einfluss spezifischer Osteoporosemedikamente auf die Frakturheilung bekannt ist, sollte nach Abschluss der Diagnostik, Ausschluss von Kontraindikationen sowie ggf. Ausgleich des Kalzium- und Vitamin-D-Haushalts unverzüglich mit der geeigneten Pharmakotherapie begonnen werden.

  • Der Einsatz spezifischer Osteoporosemedikamente, ungeachtet einer Osteoporose, zur gezielten Beeinflussung der Frakturheilung ist grundsätzlich nicht zulässig. Ein möglicher positiver Einfluss dieser Medikamente auf die Frakturheilung, insbesondere von Teriparatid, kann jedoch bei der Behandlung von Patienten mit osteoporosebedingten Fragilitätsfrakturen wohlwollend in Kauf genommen werden.

  • Weitere adäquat konzipierte klinische Studien sind erforderlich, um den definitiven Nachweis eines positiven Einflusses knochenanaboler Medikamente auf die Frakturheilung zu erbringen. Dies könnte zu einer Erweiterung des Zulassungsstatus führen.