Zusammenfassung
Hintergrund
Primäre Knochentumoren sind verglichen mit degenerativen oder entzündlichen Skeletterkrankungen relativ selten. Daher und aufgrund ihres ausgesprochen großen differenzialdiagnostischen Potenzials ergeben sich fast regelhaft Schwierigkeiten bei der diagnostischen Einordnung und auch bei der Frage nach dem geeigneten weiteren Vorgehen.
Fragestellung
Darlegung des Stellenwerts der Radiologie im Management benigner Skelettläsionen.
Material und Methode
Wesentliche Elemente der Diagnostik von Knochentumoren werden an Hand bekannter Daten aus der Literatur sowie eigener Erfahrungen diskutiert.
Ergebnisse
Die Aufgaben der Radiologie bei der Diagnostik eines primären Knochentumors oder einer tumorähnlichen Läsion liegen erstens im Nachweis oder Ausschluss eines pathologischen Prozesses, zweitens einer der pathologischen Anatomie möglichst nahekommenden Einengung der Differenzialdiagnose bis hin zum Stellen einer definitiven Diagnose und drittens einer Umgebungsdiagnostik (Staging) im Falle eines darüber hinaus abklärungsbedürftigen Befundes. Falls erforderlich kommt die Rezidivdiagnostik hinzu.
Schlussfolgerungen
Die Diagnostik benigner (und maligner) primärer und sekundärer Knochentumoren bedarf zum einen wegen ihrer relativen Seltenheit, zum anderen aufgrund ihres großen differenzialdiagnostischen und differenzialtherapeutischen Potenzials einer entsprechenden osteoradiologischen Expertise. Die wesentlichen Säulen der Diagnostik von Geschwülsten oder geschwulstähnlichen Läsionen des Skeletts sind Radiologie und Pathologie. Benigne Knochentumoren und „tumor-like lesions“ lassen sich häufig radiologisch in ihrer Entität eindeutig ansprechen. Hierdurch können die Weichen in die eine (konservativ-abwartend) oder andere (interventionell-operative) Richtung in einem hohen Prozentsatz korrekt gestellt werden.
Abstract
Purpose
Benign bone tumors are relatively seldom compared to degenerative and inflammatory skeletal diseases. There are usually diagnostic difficulties because of their markedly high differential diagnostic potential. This leads to problems regarding the further procedure.
Problem
Evaluation of the significance of radiology in the management of benign skeletal lesions.
Material and methods
Significant diagnostic elements of benign bone tumors are presented by means of data from the well-known literature and personal experiences.
Results
The tasks in radiology when diagnosing primary bone tumors or tumor-like lesions are firstly, detection or exclusion of a lesion, secondly, limiting the differential diagnostic possibilities or reaching a certain diagnosis and thirdly, staging of bone tumors in cases where the disease needs further diagnostic measures. In particular circumstances the diagnostics of disease recurrence can additionally be necessary.
Conclusion
The diagnostics of primary and secondary benign (and malignant) bone tumors requires a specialized osteoradiological expertise because of their rarity and the differential diagnostic and differential therapeutic potential. Radiology and pathology are the basis of diagnosing bone tumors and tumor-like lesions. Benign bone tumors and tumor-like lesions can often be diagnosed radiologically; therefore, the choice between a conservative (surveillance) or interventional (surgery) procedure will be correct in most cases.
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Die Diagnostik von Knochentumoren hat sich grundsätzlich an einer sehr sorgfältig zu erhebenden Synopse aus Klinik, Radiologie und, falls sich ein abklärungsbedürftiger Befund ergibt, der Histopathologie zu orientieren. Das Zitat des Pathologen Ewing aus dem Jahr 1922 (Kapitel über sekundäre Riesenzellstrukturen in Osteosarkomen) besitzt auch heute noch in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen seine Gültigkeit: „The diagnosis of bone tumors can safely be attempted only when all of the clinical history and roentgenograms are available… and it is not to much to say that the gross anatomy of the lesion is often a saver guide to a correct clinical conception of the disease than the variable and uncertain structure of a small piece of tissue“ [5]. Hieraus ergibt sich, dass die Zusammenarbeit zwischen Radiologie und Pathologie einen überragend großen Stellenwert besitzt. Dies ist auch für die Interpretation histopathologischer Ergebnisse von grundlegender Bedeutung (Infobox 1; [16]). Die Verantwortlichkeit der Interpretation interventionell radiologischer Biopsien und damit der Zuordnung zu einem Krankheitsbild liegt wesentlich auch beim interventionellen Radiologen.
Aus dem Gesagten folgt, dass die klinisch-radiologische Diagnostik eine zentrale Stellung einnimmt.
Basiselemente der radiologischen und pathologisch-anatomischen Diagnostik
Technisch steht dem Radiologen zur Diagnostik muskuloskelettaler Erkrankungen folgendes Repertoire zur Verfügung:
-
Projektionsradiographie (PR, sogenanntes konventionelles Röntgenbild) einschließlich Röntgendurchleuchtung,
-
Multislice-Computertomographie (CT),
-
Magnetresonanztomographie (MRT),
-
Szintigraphie (Szinti),
-
Ultrasonographie (US),
-
Biopsie.
Hierdurch bestehen vielfältige Möglichkeiten der Typisierung von Gewebearten und der radiologischen Mustererkennung (Unterscheidungen z. B. zwischen solide und flüssig, Sicherung fetthaltiger Läsionen, knorpeliger, knöcherner oder bindegewebiger Matrix etc.), die dazu beitragen, unter Zuhilfenahme klinischer, weiterer röntgenmorphologischer (z. B. Periostreaktionen), lokalisatorischer und biologischer Daten (Alter des Patienten) eine Skelettläsion zuzuordnen. Bei entsprechender Erfahrung lässt sich eine korrekte Artdiagnose eines Knochentumors radiologisch in bis zu 80 % der Fälle stellen [4]. Die Histopathologie bleibt jedoch in der Diagnostik und Klassifikation von Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen generell der Goldstandard. Dies bedeutet hingegen nicht, dass histologische Charakteristika in jedem Fall verlässliche Aussagen über das biologische Verhalten eines Knochentumors ermöglichen.
Hinzu kommt, dass auch auf dem Gebiet der muskuloskelettalen Diagnostik erfahrene Pathologen durchaus in einem nicht unbeträchtlichen Maße bei der Interpretation einer Läsion zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Wesentliche Gründe hierfür sind die morphologische Varianz und der oftmals inhomogene Aufbau von Knochentumoren. Generell werden Knochentumoren nach ihrem biologischen Verhalten in gutartige und bösartige Tumoren eingeordnet. Im Gegensatz zur WHO-Klassifikation der Knochentumoren von 2002 [17] wurden in der neuesten WHO-Klassifikation 2013 [18] die Kategorien „Intermediär (lokal aggressiv)“ und „Intermediär (sehr selten metastasierend)“ ergänzt (Tab. 1).
Diese Neuordnung hat auch Einfluss auf die Stellung benigner Skelettläsionen. So ist das Osteom wieder unter die knochenbildenden Tumoren aufgenommen worden. Das Osteoblastom rangiert jetzt unter der Kategorie benigne, Intermediär (lokal aggressiv). Bei den knorpelbildenden Tumoren sind das Osteochondromyxom, die subunguale Exostose und die bizarre parossale osteochondromatöse Proliferation (Nora-Tumor) neu aufgenommen worden. Das Chondroblastom rangiert jetzt unter intermediär. Neben weiteren Änderungen ist das nicht ossifizierende Knochenfibrom hinzugekommen, die aneurysmatische Knochenzyste wird wie zuvor unter einer benignen Läsion geführt, jedoch als intermediär (lokal aggressiv) eingestuft.
Wertigkeit der radiologischen Untersuchungstechniken
Projektionsradiographie (PR)
Bei Verdacht auf einen Knochentumor steht das Projektionsradiogramm (sogenanntes konventionelles Röntgenbild) in 2 Ebenen am Anfang und ganz im Vordergrund. Hierzu liegt eine große Fülle von Erfahrungen und Kenntnissen vor, die über etwa 100 Jahre gesammelt wurden [7].
Die PR kann von keinem anderen Verfahren ersetzt werden.
Auch die Lodwick-Klassifikation (s. unten) fußt hierauf. In überlagerungsträchtigen Skelettregionen, z. B. des Schädels, der Wirbelsäule und des Beckens, wird man um eine CT, die hier ausnahmsweise ggf. auch primär eingesetzt wird, nicht herumkommen. Ergeben sich in der PR in einer Osteolyse keine erkenn- oder klassifizierbaren Matrixossifikationen, ist der frühe Einsatz weiterer Verfahren (CT) ebenfalls sinnvoll. Die Skelettläsion muss selbstverständlich in ihrer gesamten Ausdehnung dargestellt werden, ggf. auch die angrenzenden Gelenke. Im Kindesalter ist besonders zu berücksichtigen, dass die Schmerzprojektion weit in die Umgebung, in der Regel mehr nach distal, erfolgt [7]. Nachteile der PR sind die fehlende Möglichkeit der Darstellung von außerhalb einer Skelettläsion vorhandenen Weichgewebsveränderungen, die eingeschränkte oder aufgehobene Darstellbarkeit in unübersichtlichen Regionen und die weitgehend fehlenden Informationen zu Gewebekomponenten wie z. B. Fett, Blut, Flüssigkeit oder soliden Gewebes.
Computertomographie (CT)
Die CT stellt den Knochen direkt dar. Bei Verdacht auf eine Geschwulst- oder einen geschwulstähnlichen Prozess des Knochens bietet die Multislice-CT eine hervorragende Möglichkeit, neben der Läsion selber auch die Ausdehnung aufzuzeigen sowie Hinweise auf die Gewebezusammensetzung (flüssig oder solide, fetthaltig, dezidierte Erfassung von Matrixossifikationen) zu erhalten. Sie erlaubt ferner die überlagerungsfreie Darstellung in unübersichtlichen Skelettregionen. Wesentlich ist, dass die Technik voll ausgeschöpft wird. Hierzu gehören insbesondere eine entsprechend dünne Schichtführung, mehrdimensionale Rekonstruktionen und vergleichende Dichtemessungen im Weichteilfilter.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die MRT ist das Verfahren, das parossale und intraossäre (Knochenmarkraum) Weichgewebsstrukturen am präzisesten abbildet. Ein Knochenmarkprozess lässt sich also subtil mit der MRT darstellen, der Knochen selber ist jedoch weitgehend nur indirekt visualisierbar. Die MRT nimmt berechtigter Weise demgemäß auch einen verhältnismäßig großen Raum in der muskuloskelettalen Diagnostik ein. Die Tumormatrix ist jedoch hiermit praktisch nicht beurteilbar. Dieses Verfahren kann also die PR und CT üblicherweise nicht ersetzen. Im lokalen Staging (Ausdehnungsbestimmung) besitzt sie eine hohe Präzision. Auch die Rezidivdiagnostik ist eine Domäne der MRT [9, 13, 19].
Skelettszintigraphie (Szinti)
Hiermit sind ziemlich präzise Auskünfte über die Stoffwechselaktivität einer knöchernen Läsion zu erhalten. Die Art der Anreicherung hängt jedoch von der Interaktion pathologischen Gewebes mit der Knochengrundsubstanz und der Osteoblastenaktivierung ab. Ist diese nicht sehr ausgeprägt, können skelettszintigraphische Anreicherungen wie beim Plasmozytom fehlen oder nur gering ausgeprägt sein, im Extremfall zu sogenannten „cold lesions“ führen. Dem Verfahren haftet jedoch die Möglichkeit an, sich einen Überblick über das gesamte Skelettsystem zu verschaffen und damit Anhaltsmomente auf das Vorliegen oder Fehlen einer Systemerkrankung zu bekommen. Weitere Verfahren wie die Positronenemissionstomographie (PET) sollen hier nur erwähnt werden. Ihr Einsatz in der muskuloskelettalen Diagnostik ist Einzelfällen vorbehalten.
Ultrasonographie (US)
Der Stellenwert der US ist verglichen mit den genannten Verfahren bzgl. der Knochendiagnostik relativ gering, anders verhält es sich mit der Darstellung parossaler Weichgewebsstrukturen. Von großem Wert ist u. U. jedoch die US-Diagnostik bei Veränderungen im Kindesalter. Beispielhaft zu nennen sind hier periostale/subperiostale Prozesse wie Abszedierungen oder die Knorpelkappendickenbestimmung bei der kartilaginären Exostose.
Biopsie (meist CT-gesteuert)
Die Biopsie muskuloskelettaler Läsionen hat einen festen Platz in der Abklärungsdiagnostik. In der Hand des Geübten können auch ziemlich große Knochenproben entnommen werden. Fast jede Skelettregion ist der CT-Biopsie heutzutage zugänglich, hierfür ist jedoch eine entsprechend große Expertise erforderlich und das Verfahren bedarf der umsichtigen Planung und Durchführung. Die Gewebeproben bleiben in der Regel kleiner als offen operativ gewonnene. Der Vorteil der CT-gesteuerten Biopsie liegt u. a. in der geringeren Invasivität, v. a. jedoch darin, dass gezielt besonders auffällige Bezirke innerhalb einer Gesamtläsion erfasst werden können, die am ehesten repräsentativ für die Gesamtläsion sind. Es empfiehlt sich in jedem Fall, vor einer Biopsie Rücksprache mit dem Operateur, ggf. auch dem Pathologen, zu nehmen, denn die Wahl des Biopsieorts, Vorgehens und des Zugangswegs tragen wesentlich zum Gelingen oder Misserfolg des Eingriffs bei. Hierzu ist auch die Einhaltung von Kompartimentgrenzen zu nennen [16]. Die Bewertung des histopathologischen Ergebnisses muss synoptisch auch vom interventionellen Radiologen vorgenommen werden (Infobox 1).
Benigne Knochentumoren (mit „tumor-like lesions“/“leave me alone lesions“)
Die benignen Knochentumoren sind aus der WHO-Klassifikation (Tab. 1) heraus zu lesen. Wie eingangs dargestellt, finden sich dort unter dem Begriff „Tumoren undefinierter neoplastischer Natur“ weitere Skelettläsionen, die mit Blick auf deren noch nicht oder nur unvollständig verstandene Ätiologie und Pathogenese als tumorähnliche Läsionen angesprochen werden müssen („tumor-like lesions“, Infobox 2). Unter „leave me alone lesions“ („don’t touch me lesions“, Infobox 3) versteht man einerseits noch physiologische, andererseits reaktive oder des Weiteren benigne tumoröse Veränderungen des Knochens, deren Röntgenmorphologie im Regelfall so eindeutig ist, dass eine verlässliche Diagnose mit radiologischen Methoden unter Einbeziehung der klinischen Befunde und der Anamnese gestellt werden kann [10, 11].
Aus dem Gesagten wird die Komplexität der Einordnung einer benignen oder intermediären Skelettläsion in die eine oder andere Gruppe deutlich. Dies gilt in übertragener Hinsicht auch für primär maligne Knochentumoren. Die nachfolgenden Überlegungen sollen dies beispielhaft für benigne Skelettveränderungen verdeutlichen.
Osteom
Das Osteom ist eine benigne Skelettläsion, die aus gut differenziertem, reifem Knochengewebe besteht. Trotz dieser verhältnismäßig einfachen und eindeutigen Definition ist die Zuordnung zu den gutartigen Knochengeschwülsten umstritten [7, 17, 18]. Es gibt andere Betrachtungen [15], die diese Läsion eher als Hamartom oder dysplastische Knochenveränderung eingruppiert. Hinzu kommt, dass es klinisch und radiologisch oft außerordentlich schwierig ist, eine fokale Knochenverdichtung als Osteom anzusprechen, denn das Ursachenspektrum für umschriebene Hyperostosen ist sehr weit [7]. Auch das Erscheinungsbild von Osteomen ist vielgestaltig und reicht vom klassischen Osteom am Schädel über das juxtakortikale Osteom hin zum medullären Osteom (Enostom, Kompaktainsel, „bone island“).
Osteoblastom
Das Osteoblastom rangierte wie das Osteoidosteom in der WHO-Klassifikation 2002 noch als benigner Knochentumor. In der WHO-Klassifikation 2013 wird das Osteoblastom zwar als benigner Knochentumor, jedoch mit dem Zusatz „Intermediär (lokal aggressiv)“ geführt. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Osteoblastome im Regelfall schneller und aggressiver wachsen als Osteoidosteome (Abb. 1; [14]). Während sich das Osteoidosteom überwiegend in einem Lodwick-Grad IA befindet, sind benigne Osteoblastome häufig in den Lodwick-Graden IB oder IC angesiedelt (Infobox 4). Zudem gibt es Beobachtungen, nach denen Osteoblastome keineswegs einen benignen Verlauf zeigten. Manche Osteoblastome sind außerdem schwierig gegenüber Osteosarkomen abzugrenzen. Von Dorfman u. Weiss [1] wurde vorgeschlagen, diese Borderlineläsionen in 4 Gruppen zu unterteilen:
-
niedrigmalignes („low-grade“) Osteosarkom,
-
Osteoblastome mit degenerativen Veränderungen der Osteoblasten,
-
maligne Transformation zum klassischen Osteosarkom,
-
aggressives Osteoblastom.
„Tumor-like lesions“ (TLL)
Die TLL sind in Infobox 2 aufgelistet. Wie man hieraus sieht, verbergen sich dahinter sekundäre Phänomene, wie z. B. beim Hyperparathyreoidismus, oder der Knochenmarkinfarkt, reaktive Veränderungen wie die floride reaktive Periostitis, reaktive Knochenneubildungen bei Enthesitiden, metaplastische Knochenneubildungen bei der fibrösen Dysplasie, zystische oder zystenähnliche Läsionen (SBC, AKZ) und vieles mehr. Auf 2 Besonderheiten soll etwas genauer eingegangen werden.
Aneurysmatische Knochenzyste (AKZ)
Die AKZ rangiert in der WHO-Klassifikation 2013 unter den intermediären (lokal aggressiven), ansonsten benignen Tumoren noch nicht bekannter Herkunft. Es handelt sich um eine zystische Läsion mit blutgefüllten Hohlräumen, die von Septen aus Fibroblasten, Riesenzellen vom Osteoklastentyp und reaktivem Bindegewebe unterteilt werden. AKZ können de novo (primäre AKZ) oder sekundär in benignen oder malignen Knochentumoren (sekundäre AKZ), die sich hämorrhagisch-zystisch umgewandelt haben, entstehen [17]. Eine Sonderform stellt die periostale AKZ dar (Abb. 2). Eine sekundäre AKZ auf dem Boden anderer Primärtumoren ist außerordentlich schwierig gegenüber einer primären AKZ zu differenzieren, da die AKZ oftmals das Röntgenbild dominiert. Hierin ist also der Primärtumor radiologisch manchmal nur unsicher oder gar nicht aufzufinden. Die Untersuchungsmodalitäten der Wahl hierzu sind (neben der PR) CT und MRT. Für die sogenannte solide Variante der AKZ gibt es keine spezifische Röntgenmorphologie.
Fibröse Dysplasie (FD)
Bei der FD handelt es sich um eine benigne Knochenläsion auf dem Boden einer somatischen Mutation des GNAS1-Gens auf Chromosom 20. Die Frage, ob die FD als Neoplasie einzuordnen ist, ist wohl noch nicht endgültig geklärt. FD können mono-, oligo- oder polyostotisch auftreten. Ihr Erscheinungsbild ist vielgestaltig von rein osteolytischen, gemischtförmigen Läsionen bis zu unregelmäßig dichten Ossifikationen [6, 8]. Typisch ist die metaplastische Knochenneubildung geflechtartigen Knochens, der üblicherweise nicht so dicht mineralisiert wie Tumorknochen und als mattglasartig im PR und CT imponiert [4]. Andere Tumorentitäten, auch Metastasen, können eine fibröse Dysplasie imitieren (Abb. 3). In niedrig malignen zentralen Osteosarkomen kann die Knochenbildung Ähnlichkeiten mit dem histologischen Bild einer fibrösen Dysplasie haben und Schwierigkeiten bei der differenzialdiagnostischen Einordnung mit sich bringen. Dies ist auch ein Beispiel dafür, wie die Art und die Lokalisation einer Biopsie das Gesamtergebnis beeinflussen kann. Eine Besonderheit der FD ist die osteofibröse Dysplasie Campanacci mit Sitz überwiegend in der (ventralen) Tibiakortikalis.
Grundzüge der radiologischen Diagnostik von Knochentumoren
Dem Radiologen kommen in der Diagnostik von Knochentumoren (auch benignen Knochentumoren und der Differenzialdiagnose zu TLL) 3 Hauptaufgaben zu:
-
Aufdeckung oder Ausschluss einer Läsion,
-
Diagnose und Differenzialdiagnose,
Die Entdeckung eines Knochentumors und die vorläufige diagnostische Einordnung sind die primäre Domäne der Projektionsradiographie. Je nach Größe, Läsionslokalisation (in der Spongiosa, in der Kortikalis, dia-, meta-, epiphysär gelegen), periostalen Begleitreaktionen, Röntgenmorphologie (osteolytisch, osteoblastisch, gemischtförmig, mit oder ohne Matrixossifikationen) und der Skelettregion selber (überlagerungsträchtiger Skelettabschnitt, z. B. am Achsenskelett) wird die Detektionsrate sehr unterschiedlich ausfallen. Ist eine vermutete Skelettläsion in der PR nicht oder nicht sicher fassbar, wird man frühzeitig ergänzend die MRT einsetzen. Gerade höhermaligne Knochentumoren mit einem mottenfraßartigen permeativen Wachstumsmuster können der Projektionsradiographie entgehen.
Ist eine Skelettläsion vorhanden, gilt es, sie in ihrer Wachstumsgeschwindigkeit nach Lodwick [12] einzuordnen. Die Lodwick-Klassifikation kommt aus einer Zeit, in der die CT noch nicht zur Verfügung stand, sie bezieht sich also auf die Projektionsradiographie. Ein von der PR abweichendes Erscheinungsbild in der CT ändert an der Einstufung im Lodwick-Grading nichts (Infobox 4).
Die Wachstumsgeschwindigkeit einer Knochenläsion korreliert dabei weitgehend mit seiner Aggressivität.
Eine Unterscheidung zwischen maligne bzw. aggressiv-entzündlich ist nicht möglich.
Die benignen Knochentumoren befinden sich überwiegend in den Graden IA bis IC, die malignen rangieren meist von IC bis III. Der größte Überlappungsbereich liegt also bei den Grad-IC-Läsionen. Enchondrom oder Chondroblastom liegen typischerweise als Grad IA oder IB vor. Hierhin ordnet sich oft auch das eosinophile Granulom ein, die Langerhans-Zell-Histiozytose allgemein kann aber durchaus auch als Grad II vorkommen. Mithilfe der Lodwick-Klassifikation sind also bereits die in Frage kommenden Entitäten einzugrenzen.
Als nächster schwieriger Schritt, um zur Artdiagnose einer Knochenläsion zu kommen, folgen die Analyse der Röntgenmorphologie, Lokalisation, Patientenalter und die Beantwortung der Frage nach Unifokalität bzw. Multifokalität, also, ob eine Systemerkrankung vorliegt. In der Röntgenmorphologie muss unterschieden werden, ob eine Matrixbildung existiert oder nicht und wenn ja, ob sie einem knöchernen (dann wiederum Unterscheidung zwischen Tumorosteoid, metaplastisch, reaktiv), knorpeligen oder dystrophen Mineralisationsmuster folgt. Zusätzlich werden, wenn vorhanden, die Periostreaktionen interpretiert. Sie korrelieren mit der Aggressivität und Dauer des zu Grunde liegenden Prozesses. Geordnete, kontinuierliche Periostreaktionen (zarte Schale, solide und einfache Lamelle, lobulierte Schale), wird man vorwiegend bei benignen Läsionen erwarten.
Knochentumoren haben aber auch innerhalb des Trägerknochens bestimmte Prädilektionsstellen und finden sich oftmals gehäuft in bestimmten Skelettregionen, so bevorzugt das solitäre Chondrom mit fast 60 % das Handskelett, knapp 70 % finden sich im Bereich der oberen Extremitäten, an den langen Röhrenknochen wird die Metadiaphysenregion bevorzugt befallen, nur 2–5 % kommen epiphysär vor [7]. Das Osteochondrom (kartilaginäre Exostose) ist – wenn man davon ausgeht, dass es sich hierbei überhaupt um einen Knochentumor handelt – wahrscheinlich die häufigste Knochengeschwulst (Abb. 4). Fast 40 % verteilen sich um das Kniegelenk herum. Sie treten im Wachstumsalter auf und werden meist bis zum 30. Lebensjahr entdeckt [7].
Das Osteoidosteom ist ein gutartiger knochenbildender Tumor, sozusagen der kleine Vertreter des Osteoblastoms. Es hat an allen benignen Knochengeschwülsten einen Anteil von 10–12 %. Etwa 30 % sind am Femur, 25 % an der Tibia und jeweils etwa 10 % an Hand- und Fußskelett lokalisiert [7]. Osteoidosteome finden sich mit einem Häufigkeitsmaximum in der 2. Lebensdekade und besitzen eine in Anbetracht dieses kleinen Tumors ausgeprägte klinische Symptomatik (Abb. 5).
Als seltener, benigner, reaktiver Prozess sei noch die bizarre parossale osteochondromatöse Proliferation (sogenannter Nora-Tumor) erwähnt. Sie gehört wie die floride reaktive Periostitis zu den proliferativen Prozessen an den Phalangen und kann differenzialdiagnostische Verwechslungsmöglichkeiten mit einem parossalen Osteosarkom bieten (Abb. 6). Der Prozess wird radiologisch in unterschiedlichen Entwicklungsstadien angetroffen, was die voneinander differierenden Erscheinungsbilder erklärt. Befallen sind überwiegend Finger und Füße, also traumaexponierte Stellen. Die Patienten sind zumeist jünger (3. und. 4. Lebensdekade), und anamnestisch findet sich häufig ein erinnerliches Trauma [6]. Man sollte demgemäß besonders nach lokalen Traumata (Dornverletzungen, Nadelstiche etc.) fragen. Die Veränderungen imponieren klinisch, radiologisch und auch histologisch wie ein entzündlicher Prozess, die Ursache liegt aber in einer reaktiven Proliferation in und um das Periost herum. Die subunguale Exostose, die man im Falle des Nagelverlusts auch Turret-Exostose nennt, hat aufgrund der Modifikation der Entwicklung dieser Verknöcherung durch das Nagelbett eine andere Morphologie als die zuvor beschriebenen Proliferationen an den Phalangen (Abb. 6). Yuen et al. [20] haben eindrückliche Hypothesen über die Entstehung proliferativer periostaler Veränderungen an den Phalangen entwickelt.
Fazit für die Praxis
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Diagnostik und Therapie von Knochentumoren und tumorähnlichen Veränderungen bedürfen einer speziellen Expertise. Radiologie und Pathologie entscheiden wesentlich über das weitere Vorgehen.
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Die Beurteilung von Röntgenuntersuchungen bei muskuloskelettalen Erkrankungen muss stets die klinische Symptomatik berücksichtigen. Die Klinik ist häufig der entscheidende Schlüssel zur korrekten Befundinterpretation und daher für den Radiologen eine unverzichtbare Grundvoraussetzung.
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Einen besonderen Stellenwert in der Differenzialdiagnostik hat auch die Beantwortung der Frage, ob es Hinweise auf eine Systemerkrankung gibt.
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Knochentumoren sind verglichen mit anderen soliden Tumoren verhältnismäßig selten, ihr differenzialdiagnostisches Potenzial ist dagegen hoch. Im Sinne der richtigen Weichenstellung sollten frühzeitig hierauf spezialisierte Experten hinzugezogen werden.
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Die unabdingbare Basis der Diagnostik von Knochentumoren und tumorähnlichen Veränderungen ist das Röntgenbild in 2 Ebenen. Hierauf sollte man nicht verzichten. Der zusätzliche Einsatz von Schnittbildverfahren (CT, MRT) und der Skelettszintigraphie ist häufig sinnvoll und notwendig, diese Verfahren sollten fragestellungsorientiert gezielt und in Zweifelsfällen großzügig zum Einsatz kommen. Die Befundinterpretation von Skelettveränderungen allein auf dem Boden von Schnittbildverfahren (insbesondere MRT) birgt auch für den erfahrenen Radiologen nicht unerhebliche Risiken der Fehlbeurteilung.
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Wiens, J. Gutartige Knochentumoren und „tumor-like lesions“. Unfallchirurg 117, 863–872 (2014). https://doi.org/10.1007/s00113-014-2576-5
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00113-014-2576-5
Schlüsselwörter
- Benigne Knochentumoren
- Differenzialdiagnostik
- Osteoradiologische Expertise
- Klinische Symptomatik
- „Leave me alone lesions“