Die rasante Entwicklung der Wirbelsäulenchirurgie führte dazu, dass in den letzten Jahren – nicht zuletzt getragen durch Innovationen deutscher Chirurgen – die operativen Therapieoptionen zur Behandlung von Verletzungen der oberen Halswirbelsäule erheblich zugenommen haben. Neben der Atlasosteosynthese haben auch neue atlantoaxiale Stabilisierungsverfahren Eingang in die klinische Routine gefunden.

Prinzipiell können dabei 2 Formen der operativen Stabilisierung der oberen Halswirbelsäule unterschieden werden: Die Osteosyntheseverfahren können im Idealfall die Beweglichkeit der oberen Halswirbelsäule erhalten, indem sie sich auf die Rekonstruktion verletzter Strukturen beschränken. Bei den atlantoaxialen oder okzipitoatlantoaxialen Spondylodeseverfahren ist das Ziel der Operation hingegen die „Versteifung“ der oberen Halswirbelsäule.

In diesem Weiterbildungsartikel werden die wesentlichen Operationsverfahren zur Stabilisierung der oberen Halswirbelsäule bei Verletzungen und deren Folgezuständen dargestellt. Bezüglich der Klassifikation und Therapie der Verletzungen der oberen Halswirbelsäule und entsprechender Fallbeispiele zu den hier dargestellten Operationstechniken sei auf den 2. Teil dieses Weiterbildungsartikels „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule“ verwiesen.

Osteosyntheseverfahren

Atlasosteosynthese

Indikation

Die Atlasosteosynthese ist nur bei instabiler Atlasfraktur (Gehweiler Typ 3b; [10]) mit wenig disloziertem knöchernem Ausriss des Lig. transversum atlantis (Dickmann Typ 2; [8]) sinnvoll (Abb. 1). Bei einer instabilen Atlasfraktur mit ligamentärer Zerreißung des Lig. transversum atlantis (Dickmann Typ 1) oder stark disloziertem knöchernem Ausriss ist die Atlasosteosynthese kontraindiziert. In diesem Fall könnten durch den Eingriff nur die knöchernen Strukturen zur Ausheilung gebracht werden, von einer funktionellen Heilung des Lig. transversum atlantis kann aber nicht ausgegangen werden. In der Folge würde daher eine eventuell operationspflichtige sekundäre translatorische ligamentäre atlantoaxiale Instabilität entstehen, deren operative Versorgung bei bereits einliegenden Implantaten erheblich erschwert wäre.

Abb. 1
figure 1

Atlasosteosynthesetechniken bei instabiler Fraktur des vorderen und hinteren Atlasbogens (Gehweiler Typ 3b) mit gering disloziertem knöchernem Ausriss des Lig. transversum atlantis (Dickmann Typ 2a). a Isolierte ventrale/transorale Stabilisierung mit Schrauben-Stab-System. b Isolierte dorsale Stabilisierung mit Schrauben-Stab-System. c Kombinierte Stabilisierung mit dorsalem Schrauben-Stab-System und ventraler/transoraler Drahtcerclage

Technik

Für die Atlasosteosynthese sind isoliert ventrale/transorale [23], isoliert dorsale [15] oder kombiniert dorsoventrale/transorale [5] Osteosyntheseverfahren beschrieben worden (Abb. 1).

Bei der isoliert dorsalen Atlasosteosynthese werden nach Standardzugang zur oberen Halswirbelsäule dorsale Massa-lateralis-Schrauben in C1 gesetzt. Die Nervenwurzel mit dem Ganglion C2 und der begleitende Venenplexus werden dazu nach kaudal weg gehalten. Der Schraubeneintrittspunkt liegt zentral in der Massa lateralis am kaudalen Übergang vom Atlasbogen zur Massa lateralis (s. auch Abb. 7). Die Bohrrichtung und damit die Schraubenplatzierung ergibt sich aus der Frakturlokalisation. Die Reposition des Atlas erfolgt dann direkt über die einliegenden Schrauben oder indirekt über spezielle Repositionsinstrumente [12]. Das Repositionsergebnis wird anschließend durch den Querverbinder gehalten.

In Analogie wird die isoliert ventrale/transorale Atlasosteosynthese über einen transoralen Standardzugang vorgenommen. Zu den idealen Eintrittspunkten der transoral eingebrachten Schrauben in der sog. „safe zone“ liegen ausführliche anatomische Untersuchungen vor [18].

Bei den kombiniert dorsoventralen/transoralen Osteosyntheseverfahren wird zunächst mit einer dorsalen Stabilisierung wie oben dargestellt begonnen. Die Schrauben werden dabei aber etwas länger gewählt, sodass sie die ventrale Kortikalis von C1 überragen. Über einen zusätzlichen ventralen/transoralen Zugang werden die überstehenden Schraubenanteile dann mit Hilfe einer Drahtcerclage miteinander verbunden. Damit soll eine dorsale und ventrale Zuggurtung der Atlasringfraktur gewährleistet werden.

Typische Komplikationen

Intraoperative Blutungen aus dem perigangliären Venenplexus sind häufig, erreichen aber selten ein relevantes Ausmaß. Die Läsion der A. vertebralis ist eine sehr seltene Komplikation bei dorsaler indirekter Reposition des Atlas mittels Repositionsinstrumenten. Eine Läsion der C2-Nervenwurzel ist nicht selten, aber klinisch meist folgenlos. Auch eine inkomplette Reposition, mit im Langzeitverlauf eventuell auch klinisch relevanter atlantoaxialer oder okzipitoatlantaler Arthrose, ist bei den isolierten Stabilisierungstechniken möglich. Die Infektion nach transoraler Operation ist selten, kann aber fatal sein (s. unten).

Tipps und Tricks

Die gelegentlich auftretenden Blutungen aus dem Venenplexus können durch konsequente knochennahe Präparation am Unterrand des Atlasbogens reduziert werden. Die isoliert ventrale/transorale Technik ist v. a. bei ventral klaffenden Frakturen eine Alternative. Aufgrund der vulnerablen Weichteile im Rethropharyngealraum sollte jedoch dann mit winkelstabilen Platten mit variabler Schraubenplatzierung und nicht wie in der Literatur beschrieben [23] mit einem Schrauben-Stab-System stabilisiert werden.

Die vom Autor bevorzugte Osteosynthesetechnik des Atlas ist die isoliert dorsale [15], da sie im Vergleich zum isoliert ventralen/transoralen oder kombiniert dorsoventralen/transoralen Verfahren eine geringere Morbidität bei vermutlich gleichwertigen klinischen Ergebnissen zeigt. Die Kenntnis über den detaillierten Verlauf der A. vertebralis (präoperative Angiocomputertomographie) ist Grundvorrausetzung für die Durchführung der instrumentierten Reposition und verhindert Läsionen der A. vertebralis. Die Schraubenplatzierung ist im Vergleich zur „Standard-Massa-lateralis-Schraube-C1“ schwierig, da sie dem Frakturverlauf in der Massa lateralis angepasst werden muss. Eine Schraubenlage im Frakturspalt verhindert die Reposition und muss daher unbedingt vermieden werden. Daher ist eine intraoperative 3D-Bildgebung und/oder Navigation zur Kontrolle der Schraubenposition zu fordern. Falls durch die dorsale Stabilisierung keine vollständige Reposition speziell des vorderen Atlasrings gelingt, kann ein additiver ventraler Zugang (kombiniert dorsoventrales/transorales Verfahren [5]) in der selben Sitzung angeschlossen werden (Patientenaufklärung!).

Häufige Probleme

Schwierig ist die korrekte Indikationsstellung zur Atlasosteosynthese. Speziell die Abschätzung, ob sich der knöcherne Ausriss des Lig. transversum atlantis im Rahmen der Osteosynthese indirekt reponieren lässt und sich der Massa lateralis anlegt, erfordert viel Erfahrung. Bei der isoliert dorsalen Reposition schließt sich durch Kompression über den Querverbinder der posteriore Frakturanteil, gleichzeitig öffnet sich aber der anteriore Frakturanteil. Daher sollte nur in Einzellfällen direkt über den Querverbinder reponiert werden, ansonsten indirekt über die Schrauben oder das Repositionsinstrument.

Densosteosynthese

Indikation

Die Indikation zur Densosteosynthese besteht bei Dens-axis-Frakturen vom Typ 2 nach Anderson (Abb. 2; [1]). Auch bei instabilen Typ-3-Frakturen mit ausreichend großem kaudalem Fragment kann eine isolierte Densosteosynthese durchgeführt werden. Bei einem von dorsal-kranial nach ventral-kaudal ziehenden Frakturverlauf, einer ausgeprägten Trümmerzone und/oder einer relevanten Osteoporose ist die Densosteosynthese nicht sinnvoll.

Abb. 2
figure 2

Densosteosynthesetechnik bei instabiler Dens-axis-Fraktur (Anderson Typ 2). a a.p.-Ansicht, b seitlich

Technik

Zunächst wird eine geschlossene Reposition der Densfraktur mit dem Halo-Fixateur (z. B. Blautsche Lagerungshilfe; [24]) oder der Mayfield-Klammer unter biplanarer Bildverstärkerkontrolle vorgenommen. Dann wird mit Hilfe eines langen Kirschner-Drahts im seitlichen Strahlengang überprüft, ob die Trajektorien, die zur Einbringung der Schrauben erforderlich sind, erzielt werden können. Wenn dies möglich ist, wird ein ventraler Standardzugang zur Halswirbelsäule durchgeführt.

Für die Fixierung der Densfraktur werden typischerweise 2 Schrauben über extradiskal gelegene Eintrittspunkte an der Vorder-Unterkante des Axis eingebracht. Dafür sind unterschiedliche Schraubentechniken beschrieben worden. Klassisch ist die Verwendung von 2 Kortikaliszugschrauben . Dazu ist die Perforation der Kortikalis an der Densspitze erforderlich. Als Alternative, speziell bei mäßiger Knochenqualität, wurden Kortikalisstellschrauben verwendet. Ebenso gebräuchlich sind Schrauben mit kurzem Gewinde oder Spezialimplantate mit Doppelgewinde. In beiden letztgenannten Fällen ist darauf zu achten, dass der Gewindeanteil der Schrauben nur kranial der Fraktur zu liegen kommt, um eine adäquate Kompression der Fraktur erreichen zu können. Alle Schrauben liegen auch in kanülierter Form vor.

Typische Komplikationen

Eine typische Komplikation der Densosteosynthese ist das ventrale Ausbrechen der Schrauben, speziell bei schlechter Knochenqualität. Eine Pseudarthrose nach Densosteosynthese findet sich bei 0–20% der Patienten [24].

Tipps und Tricks

Die Lagerung des Patienten ist von entscheidender Bedeutung. Hierfür sollte man sich Zeit nehmen. Präoperativ muss überprüft werden, ob in Anbetracht der anatomischen Gegebenheiten des Patienten (Emphysemthorax, kurzer Nacken etc.) die Trajektorien zur Einbringung der Schrauben in den Dens axis erreichbar sind. Biegbare Bohrer und angulierte Schraubendreher können diese Grundvoraussetzung nur gelegentlich kompensieren.

Bei der anterioren Densverschraubung von Typ-2-Verletzungen ergeben sich speziell beim alten und sehr alten Patienten operationstechnische Besonderheiten. Da die häufig reduzierte Knochenqualität ein ventrales Ausbrechen der Schrauben aus dem Korpus des Axis begünstigt, kann der Eintrittspunkt für die anterioren Schrauben transdiskal gewählt werden. Durch den transdiskalen Eintrittspunkt wird die Knochenbrücke zwischen den Schrauben und der Vorderwand des 2. Halswirbelkörpers verbreitert und damit die Gefahr des ventralen Ausbrechens der Schrauben reduziert. Die mit dem Eintrittspunkt der Schrauben einhergehende Verletzung der Bandscheibe kann zwar zu einer Degeneration und sekundären Verknöcherung der Bandscheibenraums führen, diese verläuft jedoch langsam, ist klinisch nur selten relevant und demzufolge besonders beim alten Patienten häufig tolerabel.

Auch die Verwendung von Zugschrauben im Rahmen der Densverschraubung muss beim alten Patienten kritisch überdacht werden, da eine Kompression nur bei guter Knochenqualität möglich ist. Zwar finden die Schrauben meist exzellenten Halt in der Densspitze, jedoch bietet der ventrale Kortex, selbst bei Verwendung von Unterlegscheiben, nur ungenügende Stabilität für ein Anziehen der Schrauben und leistet damit, bei Verletzung des Kortex, einem Ausbrechen der Schrauben nach ventral Vorschub. Die Verwendung von Stellschrauben kann bei dieser Befundkonstellation sinnvoller sein.

Bei sehr schlechter Knochenqualität kann außerdem eine zusätzliche Zementaugmentation des 2. Halswirbelkörpers vorgenommen werden. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass der Zement zwischen ventralem Kortex und Schraube zu liegen kommt, um das ventrale Auswandern der Schraube zu verhindern. Obwohl biomechanische Untersuchungen zur anterioren Densverschraubung keinen signifikanten Unterschied zwischen der Verwendung von einer oder zwei Schrauben bei gesundem Knochen zeigen konnten, ist speziell beim alten Menschen die Einbringung von 2 Schrauben ggf. von geringerem oder auch unterschiedlichem Durchmesser vorzuziehen, da diese bei reduzierter Knochenqualität verbesserten Halt gewährleisten.

Häufige Probleme

Ein zu weit ventral liegender Eintrittspunkt ist prädisponierend für das ventrale Ausbrechen der Schrauben. Ohne Perforation der Densspitze bei Anlegen des Bohrlochs lässt sich keine adäquate Kompression über die Zugschrauben erzielen. Bei zu starker Kompression können die Schrauben kaudal in den Wirbelkörper einbrechen. Bei guter Knochenqualität ist eine Stellschraube nicht sinnvoll, da sie die Fraktur meist auf Distraktion einstellt und demzufolge einer Pseudarthrose Vorschub leistet.

Isthmusosteosynthese

Indikation

Die direkte Isthmusosteosynthese nach Judet ([14]; Abb. 3) bei traumatischer Spondylolisthese des 2. Halswirbelkörpers wird heute nur noch selten durchgeführt. Bei der Typ-2-Verletzung nach Levine [21] ist sie eine Alternative zur konservativen Therapie, indem sie den Heilungsverlauf abkürzt und eine postoperative Ruhigstellung in der Zervikalorthese unnötig macht.

Abb. 3
figure 3

Isthmussosteosynthesetechnik nach Judet [14] bei traumatischer Spondylolisthese des 2. Halswirbelkörpers (Typ Effendi 2 – Subtyp Levine 2). a Kraniokaudal, b seitlich

Bei der Typ-2a-Verletzung nach Levine und der Typ-3-Verletzung nach Effendi [9] sollte die direkte Isthmusosteosynthese nicht mehr angewendet werden, da hier nicht die knöcherne Verletzung des Axisringes im Vordergrund steht, sondern die diskoligamentäre Instabilität des Bewegungssegments C2/3.

Ausnahmen hiervon bilden die Typ-3-Verletzungen nach Effendi [9], bei denen keine geschlossene Reposition der Gelenkluxation C2/3 erreicht werden kann. In diesen seltenen Fällen kann nach offener Reposition des Facettengelenks C2/3 von dorsal eine dorsale Verschraubung nach Judet erfolgen. Dann sollte die Judet-Verschraubung aber in Kombination mit einer dorsalen instrumentierten Spondylodese C2/3 durchgeführt werden, um die diskoligamentäre Instabilität C2/3 zu adressieren.

Technik

Bei der Isthmusosteosynthese des 2. Halswirbelkörpers werden nach Standardzugang zur oberen Halswirbelsäule transpedikuläre Schrauben in den 2. Halswirbelkörper gesetzt (Abb. 3). Der Eintrittspunkt für die Schrauben liegt in Verlängerung der Pedikelachse und wird durch die Darstellung des medialen Rands des Pedikels individuell definiert. Die Richtung der Schrauben ist ca. 20–30° konvergierend und 20–30° aszendierend, muss aber an die Anatomie und den tatsächlichen Frakturverlauf angepasst werden (s. unten). Wesentlich ist der Einsatz von bikortikalen Zugschrauben, da nur damit Kompression auf die Frakturanteile ausgeübt werden kann.

Typische Komplikationen

Eine unzureichende Reposition durch die Anwendung von Stellschrauben anstelle von Zugschrauben ist häufig. Die Verletzung der A. vertebralis ist eine seltene, aber typische Komplikation.

Tipps und Tricks

Um eine gute Kompression der Frakturanteile zu erzielen, empfiehlt sich ein alternierendes (rechts-links wechselndes) Anziehen der Schrauben. Gelegentlich ist der Einsatz von zunächst zu langen Schrauben erforderlich, um die ventrale Kortikalis des Korpus fassen zu können. Diese können nach erfolgter Reposition durch kürzere Schrauben mit etwas dickerem Durchmesser ersetzt werden. Wenn eine Läsion der A. vertebralis auftritt, geschieht dies regelhaft bei der Platzierung der 2. Schraube. Auch bei korrektem Eintrittspunkt der 1. Schraube kann es durch den konvergierenden Schraubenverlauf zur einer Translation des Axisrings zur Gegenseite kommen. Diese Translation des Rings in Relation zum Körper des 2. Halswirbels kann dazu führen, dass – auch bei anatomisch korrektem Eintrittspunkt am dorsalen Atlasring – die Schraube zu lateral im ventral gelegenen Wirbelkörper eintritt und damit die A. vertebralis verletzt. Dieses Problem kann durch den Einsatz einer intraoperative 3D-Bildgebung und/oder Navigation speziell nach (!) Platzierung der 1. Schraube reduziert werden. Generell ist bei diesem Operationsverfahren der intraoperative Einsatz einer 3D-Bildgebung zur Kontrolle der Schraubenposition zu empfehlen.

Häufige Probleme

Die Indikation zur Isthmusosteosynthese sollte sehr zurückhaltend gestellt werden, da die konservative Therapie der Typ-2-Verletzung nach Levine analoge Ergebnisse erreicht. Die Translation des Bogens in Relation zum Körper des 2. Halswirbels spielt auch bei dem Einsatz von Navigationstechnologien eine entscheidende Rolle. Da die „Referenzbase“ der Navigation normalerweise am Proc. spinosus des 2. Halswirbelkörpers angebracht wird, macht sie die Translation mit und kann zu einem systematischen Fehler führen, der in der Folge zur Läsion der A. vertebralis führen kann [3]. Ein erneutes „Matching“ der Navigation nach (!) Positionierung der 1. Schraube ist daher zwingend.

Atlantoaxiale Spondylodeseverfahren

Indikation

Die Indikation zur atlantoaxialen Spondylodese besteht bei

  • intraligamentärer Läsion des Lig. transversum atlantis (Typ 1 nach Dickmann; [8]),

  • instabiler Atlasfraktur (Typ 3b nach Gehweiler; [10]) mit stark disloziertem knöchernem Ausriss des Lig. transversum atlantis,

  • instabiler Dens-axis-Fraktur (Typ 2 nach Anderson und D’Alonso; [1]) mit Therapiemodifikatoren (dorsal-kranial nach ventral-kaudal ziehender Frakturverlauf, ausgeprägte Trümmerzone, klinisch relevante Osteoporose, anatomische Besonderheiten wie Emphysemthorax, kyphotische Fehlstellung der Halswirbelsäule etc.),

  • instabiler Dens-axis-Fraktur (Typ 3 nach Anderson und D’Alonso; [1]) mit zu kleinem kaudalem Fragment,

  • instabiler atypischer Axis-Korpus-Fraktur (Typ Benzel 1 und 2; [4]), die stark disloziert ist und im Halo-Fixateur nicht gehalten werden kann,

  • instabiler atypischer Axis-Korpus-Fraktur (Typ Benzel 3; [4]), die keine diskoligamentäre Instabilität C2/3 aufweist,

  • jeder Form der translatorischen atlantoaxialen Instabilität [6].

Als Alternative zur atlantoaxialen Fusion kann beim jungen Patienten die Indikation zu einer temporären atlantoaxialen Stabilisierung (ohne Spondylodese) mit anschließender Implantatentfernung bestehen bei

  • instabiler Dens-axis-Fraktur (Typ 3 nach Anderson und D’Alonso; [1]) mit kleinem kaudalem Fragment,

  • instabiler Dens-axis-Fraktur (Typ 2 nach Anderson und D’Alonso; [1]) mit Therapiemodifikatoren (dorsal-kranial nach ventral-kaudal ziehender Frakturverlauf, ausgeprägte Trümmerzone, klinisch relevante Osteoporose, anatomische Besonderheiten wie Emphysemthorax, Kyphose etc.),

  • instabiler atypischer Axis-Korpus-Fraktur (Typ Benzel 1 und 2; [4]), die stark disloziert ist und im Halo-Fixateur nicht gehalten werden kann,

  • instabiler atypischer Axis-Korpus-Fraktur (Typ Benzel 3; [4]), die keine diskoligamentäre Instabilität C2/3 aufweist.

Die wesentlichen Techniken zur atlantoaxialen Stabilisierung bzw. Spondylodese werden im Folgenden beschrieben. Die früher regelhaft verwendeten Drahtcerclagetechniken oder Klammerfixationstechniken zur Stabilisierung der oberen Halswirbelsäule haben heute als alleinige Stabilisierungsverfahren aufgrund unzureichender biomechanischer Stabilität [17] keine Bedeutung mehr. Sie werden aber immer noch als Teilkomponenten der unten dargestellten Verfahren eingesetzt.

Anteriore Plattenstabilisierung

Technik

Die anteriore Plattenstabilisierung wird über den transoralen Zugang durchgeführt (Abb. 4). Über diesen Zugang kann auch die Teilresektion des vorderen Atlasbogens, die Densresektion oder die Osteosynthese des Atlas erfolgen.

Für die atlantoaxiale Spondylodese wird zunächst das Bewegungssegment nach Eröffnung der lateralen atlantoaxialen Gelenke reponiert und anschließend mittels anteriorer atlantoaxialer Spondylodeseplatte fixiert. Für die Fixierung stehen unterschiedliche Plattensysteme zur Verfügung [17]. Detaillierte anatomische Angaben zu den Schraubeneintrittspunkten in der sog. „safe zone“ wurden publiziert [18]. Additiv wird nach Dekortikation der lateralen atlantoaxialen Gelenke zur intervertebralen Spondylodese ein Knochenspan, autologe Spongiosa oder ein mit autologer Spongiosa gefüllter Cage eingebracht. Die anteriore atlantoaxiale Plattenspondylodese kann entweder isoliert oder in Kombination mit dorsalen Fixationsverfahren angewandt werden [16].

Abb. 4
figure 4

Anteriore atlantoaxiale Plattenstabilisierung (Zustand nach Resektion des vorderen Atlasbogens und des Dens) mit unterschiedlichen Spondylodeseplatten. a Platte nach Harms, b eigene Platte, c seitliches, d intraoperatives Bild, nach Durchtrennung der Gelenkkapseln der lateralen atlantoaxialen Gelenke

Typische Komplikationen

Neben retropharyngealen Hämatomen, ödematöser Verschwellung des Oropharynx und Wundheilungsstörungen sind v. a. lokale, aber auch systemische Infektionen, wie z. B. eine Mediastinitis mit Todesfolgen, beschrieben. Die Infektionsrate nach anteriorer transoraler atlantoaxialer Plattenspondylodese zeigt aber in der Literatur eine weite Streuung. Sie wird mit 2–50% angegeben [16].

Tipps und Tricks

Vor Inzision des weichen Gaumens oder der Schleimhaut der Pharynxhinterwand sollte ein Vasokonstringens injiziert werden, um die Blutungsneigung zu minimieren. Beim transoralen Zugang kann eine Spaltung des weichen Gaumens erforderlich werden, um eine optimale Exposition zu erzielen. Bei Spaltung des weichen Gaumens können die Lefzen jeweils über eine Naht an einer transnasal eingebrachten Magensonde befestigt und anschließend nach kranial retrahiert werden. Damit lässt sich eine verbesserte Visualisierung der oberen Anteile des Zugangsbereichs erzielen.

Vor der Fixierung der Platte sollte das Tuberculum anterior atlantis abgetragen werden, um einen verbesserten Sitz der Platte zu erzielen. Bei erhaltener Kontinuität des Dens axis findet sich die kürzeste Spondylodesestrecke zwischen vorderem Atlasbogen und Dens. Daher sollte auch hier Knochen zur Spondylodese angelagert werden. Die häufig propagierte „türflügelartige“ Inzision der hinteren Pharynxwand haben wir aufgrund vermehrter Heilungsstörungen zugunsten der Inzision in der Mittellinie wieder verlassen.

Häufige Probleme

Die intraoperative Handhabung der pharyngealen Schleimhaut und der prävertebralen Muskulatur ist für die Weichteildeckung der Implantate und damit für die Infektionsrate des Eingriffs entscheidend. Den Weichgeweben muss daher größtmögliche Aufmerksamkeit geschenkt werden, auch während der Retraktionsphase.

Vorteile des Verfahrens

Speziell bei den fixierten atlantoaxialen Fehlstellungen , wie der atlantoaxialen Kyphose [16, 19] oder der rotatorischen Fehlstellung, ist der transorale Zugang gelegentlich die einzig sinnvolle Option zur Reposition dieser Fehlstellungen. Auch bei der Atlasosteosynthese kann der Zugang von Bedeutung sein.

Nachteile des Verfahrens

Die Infektionsgefahr ist der wesentlichste Nachteil der transoralen Stabilisierung. Daher wird sie derzeit nur selten bei traumatischen Läsionen oder deren Folgezuständen eingesetzt. Sie stellt heutzutage in der Traumatologie ein Reserveoperationsverfahren dar, das bevorzugt bei Revisionen oder Folgezuständen nach Verletzungen bzw. gelegentlich bei der Atlasosteosynthese zum Einsatz kommt. Die transorale Chirurgie bleibt derzeit im Wesentlichen den Infektionen und Tumoren der oberen Halswirbelsäule vorbehalten.

Anteriore transartikuläre Verschraubung

Technik

Die anteriore transartikuläre atlantoaxiale Verschraubung wurde erstmals 1987 von Lesoin beschrieben (Abb. 5; [20]). Zunächst wird die atlantoaxiale Fehlstellung geschlossen (z. B. mit Halo-Fixateur, Blautscher Lagerungshilfe [24], oder Mayfield-Klammer) unter biplanarer Bildverstärkerkontrolle reponiert. Auch bei dieser Operationstechnik wird mit Hilfe eines langen Kirschner-Drahts im seitlichen Strahlengang überprüft, ob die Trajektorien die zur Einbringung der Schrauben erforderlich sind, erzielt werden können. Anschließend wird ein ventraler Standardzugang zur Halswirbelsäule durchgeführt. Zunächst erfolgt die Entknorpelung der lateralen atlantoaxialen Gelenke und die Einbringung von autologem Knochen. Anschließend werden Kortikaliszugschrauben von der Massa lateralis C2 ausgehend in die Massa lateralis C1 eingebracht (kaudal-kraniale Verschraubung). Außerdem gebräuchlich sind Schrauben mit kurzem Spongiosagewinde. Detaillierte anatomische Angaben zu den Schraubeneintrittspunkten finden sich bei Lu [22]. Die Bohrrichtung ist dabei ca. 20–30° divergierend und 60–80° aszendierend, muss aber an die individuelle Anatomie angepasst werden.

Zur Vollständigkeit muss erwähnt werden, dass auch eine Technik zur kranial-kaudalen Verschraubung über 2 hohe laterale Zugänge an der Halswirbelsäule nach Du Toit [7] existiert, die aber im deutschsprachigem Raum nicht gebräuchlich ist.

Abb. 5
figure 5

Anteriore transartikuläre atlantoaxiale Verschraubung nach Lesoin. a a.p.-Ansicht, b seitlich

Typische Komplikationen

Eine Pseudarthrose ist aufgrund der schwierig zu erzielenden atlantoaxialen Spondylodese häufig. Bei Platzierung zu langer Schrauben können außerdem die okzipitoaxialen Gelenke in Mitleidenschaft gezogen werden, was zu schmerzhaften okzipitoaxialen Bewegungseinschränkungen (z. B. beim Nicken) führt. Ein ventrales Ausbrechen der Schraube und ein Einsinken der Schrauben bei Osteoporose ist möglich.

Tipps und Tricks

Die Spondylodese der lateralen atlantoaxialen Gelenke ist besonders über den ventralen Standardzugang zur Halswirbelsäule schwierig durchzuführen. Für die Entknorpelung der lateralen atlantoaxialen Gelenke kann dabei ein 90° angulierter Zahnarztbohrer mit Fräsaufsatz hilfreich sein. Alternativ können hohe bilaterale Zugänge oder der transorale Zugang zur Anwendung kommen, um eine sichere Spondylodese zu erzielen. Die Schraubentrajektorie sollte die dorsolaterale Ecke der Massa lateralis C1 zum Ziel haben, um eine möglichst lange Schraube platzieren zu können. Eine bikortikale Schraubenplatzierung muss aber vermieden werden, um das okzipitoatlantale Gelenk nicht zu verletzen. Da die exakte Lokalisation der Schraube in der Massa lateralis des Atlas im seitlichen Strahlengang häufig nur unzureichend möglich ist, kann bei diesem Operationsverfahren der intraoperative Einsatz einer 3D-Bildgebung zur Kontrolle der Schraubenposition hilfreich sein.

Häufige Probleme

Eine atlantoaxiale Spondylodese ist integraler Bestandteil der Operation. Wenn die Spondylodese nicht durchgeführt wird, kommt es mit großer Wahrscheinlichkeit zur Lockerung der Schrauben und/oder zum Implantatversagen. Auch die Kombination aus Densverschraubung und anteriorer atlantoaxialer Verschraubung zur internen Sicherung der Densverschraubung ist nur sinnvoll, wenn eine Spondylodese durchgeführt wird oder eine Implantatentfernung vorgesehen ist.

Vor- und Nachteile des Verfahrens

Die Schraubenplatzierung kann über einen gut bekannten Standardzugang erfolgen und ist einfach durchzuführen. Allerdings ist die Spondylodese schwierig zu erzielen, daher sind Pseudarthrosen mit Implantatkomplikationen häufig.

Posteriore transartikuläre Verschraubung

Technik

Die posteriore transartikuläre atlantoaxiale Verschraubung wurde erstmals von Magerl 1982 durchgeführt und 1987 (Abb. 6; [12]) publiziert. Zunächst wird eine geschlossene Reposition der atlantoaxialen Fehlstellung unter biplanarer Bildverstärkerkontrolle vorgenommen. Die Trajektorien, die zur Einbringung der Schrauben erforderlich sind, werden überprüft. Danach wird ein dorsaler Standardzugang zur oberen Halswirbelsäule durchgeführt. Die Schrauben werden anschließend über kleine Zusatzinzisionen perkutan über den Isthmus des Atlas transartikulär in die Massa lateralis des Axis eingebracht. Genaue anatomische Angaben zu den Schraubeneintrittspunkten finden sich bei Magerl [12]. Eine Spondylodese mit einem sog. „H-förmig reitenden“ autologen Beckenkammspann ist integraler Bestandteil der Operation. Die 3-Punkt-Abstützung erfolgt durch eine additive dorsale Drahtcerclage nach Gallie oder Brooks oder mit nicht resorbierbaren Fäden, die auch den H-förmigen Knochenspan fixiert.

Speziell bei jungen Patienten kann bei o. g. Indikationen die transartikuläre Verschraubung auch ohne additive Cerclage und Knochenspan durchgeführt werden. Dies ermöglicht nach Ausheilung der Verletzung eine Implantatentfernung und somit in ca. 50% der Fälle einen Erhalt der atlantoaxialen Beweglichkeit. In den wenigen Fällen, in denen keine Spondylodese erforderlich ist, ist auch eine reine perkutane Schraubenplatzierung möglich.

Abb. 6
figure 6

Posteriore transartikuläre atlantoaxiale Verschraubung nach Magerl. a Ansicht von a.p., b seitlich

Typische Komplikationen

Eine Verletzung der A. vertebralis ist die häufigste Komplikation der transartikulären atlantoaxialen Verschraubung nach Magerl und tritt bei bis zu 5% der Patienten auf. Die häufigsten Ursachen für die A.-vertebralis-Läsion ist eine falsche Bohrrichtung und eine sog. „High-riding-Variante“ der Arterie, die bei bis zu 10% der Patienten zu finden ist [13].

Tipps und Tricks

Nach Bohrung des 1. Schraubenlochs sollte der Bohrer in situ verbleiben. Andernfalls kann es bei der Bohrung des 2. Schraubenlochs zu einer Rotation zwischen Atlas und Axis kommen, die ein Wiederauffinden des 1. Bohrlochanteils im Atlas erschwert oder unmöglich macht.

Bei einer rotatorischen Fehlstellung kann die Magerl-Schraube die Massa lateralis des Atlas verfehlen. Daher ist die prä- und intraoperative Kontrolle der Rotation zwischen Atlas und Axis wichtig und muss ggf. über a.p.-Bildverstärker kontrolliert werden. Auch bei der „High-riding-Variante“ der Arterie ist eine Magerl-Verschraubung möglich. Dann muss aber die Schraube sehr steil platziert werden, im Isthmusbereich vor Kontakt zur A. vertebralis aus dem Axis dorsal austreten und im hinteren Anteil der Massa lateralis des Atlas wieder eintreten („In-out-in-Technik“ ). Bei dieser Technik der Schraubenplatzierung ist besonders darauf zu achten, dass das okzipitoatlantale Gelenk nicht verletzt wird.

Die Drahtcerclage kann auch durch nicht resorbierbare Schlingen ersetzt werden, die in der Regel einfacher zu handhaben sind. Bei den nicht seltenen Bogenschlussstörungen des Atlas kann die Einziehung einer Drahtcerclage unmöglich und die Anlagerung eines Knochenspans zwischen Atlas- und Axisring aufgrund der fehlenden Anheilungsfläche sinnlos werden. In diesen Fällen kann eine Spondylodese auch durch direktes Einbringen von autologem Knochen in den dorsalen Anteil der lateralen atlantoaxialen Gelenke erzielt werden.

Häufige Probleme

Eine genaue Evaluation des Verlaufs der A. vertebralis ist selbstverständlicher Bestandteil der präoperativen Planung. Eine unzureichende präoperative Reposition der Fehlstellung kann intraoperativ kaum kompensiert werden. Die Reposition der atlantoaxialen Fehlstellung muss daher zwingend vor der Operation erfolgen. Dies gilt besonders für die Rotation zwischen Atlas und Axis. Eine intraoperative Reposition ist sehr schwierig, da sie im Wesentlichen nur über die Drahtcerclage am Atlasring in translatorischer Richtung nach dorsal vorgenommen werden kann. Die korrekte Anfrischung speziell des hinteren Atlasbogens und die ausreichende Dimension des Knochenspans sind Voraussetzungen für eine sichere Spondylodese.

Vorteile des Verfahrens

Die atlantoaxiale Spondylodese nach Magerl erzielt über die 3-Punkt-Abstützung eine exzellente biomechanische Stabilität . Pseudarthrosen sind demzufolge sehr selten.

Nachteile des Verfahrens

Die Operationstechnik ist schwierig. Die Reposition der Fehlstellung muss präoperativ erfolgen. Der Verlauf der A. vertebralis macht die Schraubenplatzierung gelegentlich unmöglich. Die atlantoaxialen Gelenke werden durchbohrt und transfixiert, sodass nach einer Implantatentfernung Spontanfusionen oder atlantoaxiale Arthrosen möglich sind. Individuelle anatomische Gegebenheiten können trotz optimaler Lagerung eine Schraubenplatzierung unmöglich machen, da die erforderliche Schraubentrajektorie nicht zu erzielen ist.

Posteriore Schrauben-Stab-Stabilisierung

Technik

Die posteriore atlantoaxiale Schrauben-Platten-Fixation wurde erstmals von Goel 1994 [11] beschrieben und von Harms 2001 [13] zur winkelstabilen Schrauben-Stab-Fixierung weiterentwickelt (Abb. 7). Bei der Operation wird zunächst ein dorsaler Standardzugang zur Halswirbelsäule durchgeführt. Anschließend erfolgt die Schraubenplatzierung im Atlas wie für die Atlasosteosynthese beschrieben (s. oben). Die Bohrrichtung ist dabei ca. 0–10° konvergierend, muss aber an die individuelle Anatomie angepasst werden. Die Schraubenplatzierung im Axis entspricht der transpedikulären Judet-Verschraubung zur Isthmusosteosynthese (s. oben). Die Schraubenfixation erlaubt über die Längsverbindungsstange die intraoperative Reposition. Eine Spondylodese mit einem autologen Beckenkammspann ist integraler Bestandteil der Operation, wenn keine Implantatentfernung vorgesehen ist. Der Span wird über eine Cerclage oder einen Querverbinder fixiert.

Abb. 7
figure 7

Posteriore Schrauben-Stab-Stabilisierung nach Goel/Harms. a a.p.-Ansicht, b seitlich

Typische Komplikationen

Eine Verletzung der A. vertebralis ist die häufigste Komplikation der posterioren atlantoaxialen Schrauben-Stab-Stabilisierung. Die häufigsten Ursachen für die A.-vertebralis-Läsion sind auch bei diesem Operationsverfahren eine falsche Bohrrichtung und eine sog. „High-riding-Variante“ der Arterie. Auch eine Läsion der C2-Nervenwurzel kann vorkommen, diese bleibt aber klinisch meist irrelevant.

Tipps und Tricks

Die gezielte Wahl der Schraubenlänge erleichtert die intraoperative Reposition. Wenn z. B. eine Translation des Atlas nach ventral gewünscht wird, werden die Schraubenköpfe in C2 so platziert, dass sie tiefer (ventraler) zum Liegen kommen. Damit kann durch Einbringen der Längsverbindungsstange ein ventrales Verschieben des Atlas und damit eine Reposition erzielt werden. Bei ausgeprägten Bogenschlussstörungen des Atlas kann die Anlagerung eines Knochenspanes sinnlos werden. In diesen Fällen kann, in Analogie zur Operation nach Magerl, ein Spondylodese auch durch direktes Einbringen von autologen Knochen in den dorsalen Anteil des atlantoaxialen Gelenks erzielt werden. Sollte die transpedikuläre Verschraubung aufgrund anatomischer Gegebenheiten nicht möglich sein, können alternativ kurze Isthmusschrauben oder Laminaschrauben im 2. Halswirbelkörper eingesetzt werden (Abb. 8). Die oben genannten Tipps und Tricks zur Atlas- und Isthumusostesynthese gelten in Analogie auch für die posteriore Schrauben-Stab-Fixierung.

Abb. 8
figure 8

Alternative Schraubenplatzierungen in C2 als Istmusschraube links und Laminaschraube rechts. a Kraniokaudale Ansicht, b seitlicher Blick auf Isthmusschraube, c seitliche Ansicht auf Laminaschraube

Häufige Probleme

Eine detaillierte Evaluation des Verlaufs der A. vertebralis ist selbstverständlicher Bestandteil der präoperativen Planung und hilft Verletzungen zu vermeiden. Die korrekte Anfrischung speziell des hinteren Atlasbogens und die ausreichende Dimension des Knochenspans sind auch bei dieser Operationstechnik Voraussetzungen für eine sichere Spondylodese.

Vorteile des Verfahrens

Die Reposition der Fehlstellung kann intraoperativ erfolgen. Das Verfahren bietet daher ausgezeichnete dreidimensionale Repositionsmöglichkeiten. Die atlantoaxialen Gelenke werden bei korrekter Schraubenplatzierung nicht geschädigt, sodass das Verfahren auch zur temporären Stabilisierung gut geeignet ist. Die Schraubenplatzierung ist auch bei anatomischen Besonderheiten, die eine Magerl-Verschraubung verhindern (Unmöglichkeit, die erforderliche Schraubentrajektorie zu erzielen), regelhaft einsetzbar, besonders wenn die Varianten der Isthmus- und Laminaschrauben ebenfalls Berücksichtigung finden.

Nachteile des Verfahrens

Die Operationstechnik ist schwierig. Der Verlauf der A. vertebralis kann die pedikuläre Schraubenplatzierung im Axis unmöglich machen.

Okzipitoatlantoaxiale Spondylodeseverfahren

Indikation

Die Indikation zur okzipitoatlantoaxialen Spondylodese besteht bei okzipitozervikaler Dislokation . Sie kann auch bei stark dislozierten Atlasfrakturen vom Typ Gehweiler 4 [10] mit nach Reposition im Halo-Fixateur verbliebener Gelenkinkongruenz der okzipitoatlantalen und atlantoaxialen Gelenke bestehen. Auch bei der rotatorischen atlantoaxialen Instabilität mit ligamentärer Zerreißung der Ligg. alaria und bei axialer atlantoaxialer Instabilität ist eine okzipitoatlantoaxiale Spondylodese indiziert.

Die Indikation zur temporären okzipitoatlantoaxialen Stabilisierung kann bei stark dislozierten Okzipitalkondylenfrakturen (Typ 1–3 nach Anderson und Montesano; [2]) oder bei stark dislozierten Atlasfrakturen vom Typ Gehweiler 4 gegeben sein, bei denen eine Reposition mit dem Halo-Fixateur nicht zu halten ist.

Bei intraoperativen Problemen oder bei voroperierten Patienten kann die okzipitozervikale Fusion auch als sog. „salvage procedure“ eingesetzt werden.

Technik

Die okzipitozervikale Fixation wird überwiegend mit Schrauben-Stab-Systemen durchgeführt. Die Fixationstechniken mittels Drahtcerclagen sind nur noch von historischer Bedeutung. Die Fusionsstrecke bei posteriorer okzipitozervikaler Fusion sollte aufgrund der zu erwartenden erheblichen Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule besonders beim jungen Patienten maximal vom Okziput bis zum 2. Halswirbelkörper ziehen. Eine atlantoaxiale Fixation mittels bilateraler transartikulärer Schrauben nach Magerl als distalem Fixierungspunkt erzielt die größte Stabilität (Abb. 9 a). Alternativ kann eine pedikuläre Schraubenplatzierung in C2 in Kombination mit einer Massa-lateralis-Schraubenfixation in C1 vorgenommen werden (Abb. 9 b). Am Okziput sollte auf möglichst viele Fixierungspunkte wert gelegt werden. Empfehlenswert ist dabei sowohl eine bikortikale als auch eine möglichst mittige Fixation, da dort die Okzipitalschuppe die größte Dicke aufweist. Eine Spondylodese mit z. B. autologem Knochen ist anzuschließen, wenn keine temporäre Stabilisierung geplant ist.

Abb. 9
figure 9

Okzipitozervikale Fixation (C0–C2) mit distaler Fixierung in Magerl-Technik (a) oder Goel/Harms-Technik (b)

Typische Komplikationen

Die Entwicklung einer Pseudarthrose ist aufgrund der langen Spondylodesestrecke häufig. In Abhängigkeit vom Verfahren finden sich Pseudarthrosen bei 2–18% der Patienten [24]. Eine Verletzung des Sinus sphenoidalis ist selten, aber potenziell letal.

Tipps und Tricks

Bereits bei der Lagerung ist darauf zu achten, dass das Okziput korrekt auf der Halswirbelsäule steht. Vor der Fixation der okzipitalen Schrauben ist diese Position nochmals zu überprüfen, um Fehlstellungen zu vermeiden. Da bei okzipitoatlantoaxialer Stabilisierung eine lange Spondylodesestrecke zu überbrücken ist, sollte ein strukturiertes, bevorzugt autologes Transplantat eingesetzt werden.

Häufige Probleme

Okzipitale Fehlstellungen mit Abweichung des Blickwinkels nach kranial oder kaudal als Folge einer falschen Einstellungen des Okziputs auf der Halswirbelsäule sind typisch. Gelegentlich kommt es bei unzureichender Konturierung der Implantate auch zu Weichteilproblemen über dem Okziput.

CME-Fragebogen

Eine Atlasosteosynthese ist nur sinnvoll bei …

wenig dislozierter Atlasfraktur vom Typ Gehweiler IV.

Atlasfraktur vom Typ Gehweiler II.

stabiler Atlasfraktur vom Typ Gehweiler III.

instabiler Atlasfraktur vom Typ Gehweiler III mit interligamentärer Ruptur des Lig. transversum atlantis.

instabiler Atlasfraktur vom Typ Gehweiler III mit gering disloziertem knöchernem Ausriss des Lig. transversum atlantis.

Bei welchen Befundkonstellationen ist eine Densosteosynthese sinnvoll?

Bei von kranial/dorsal nach ventral/kaudal steil abfallendem Frakturverlauf.

Bei Densfraktur vom Typ Anderson III mit Osteoporose und kleinem kaudalem Fragment.

Bei horizontaler Densfraktur vom Typ Anderson II.

Bei Densfraktur vom Typ Anderson III mit starker Trümmerzone.

Bei veralteter Densfraktur (>6 Monate) mit assoziierter atlantoaxialer Instabilität.

Welche Aussage trifft nicht zu? Zur Verbesserung der Stabilität der Densosteosynthese bei Densfraktur Typ Anderson II können folgende „Tricks“ sinnvoll sein:

Transdiskaler Eintrittspunkt der Schrauben.

Additive Zementapplikation in der Densbasis.

Verwendung von 2 Schrauben.

Weit ventraler kortikaler Eintrittspunkt.

Verwendung von 2 unterschiedlich starken Schrauben.

Eine Isthmusverschraubung des 2. Halswirbelkörpers nach Judet …

wird von ventral durchgeführt.

wird mit Hilfe einer Stellschraube durchgeführt.

kann zur Verletzung der A. vertebralis führen.

wird mittels divergierender Schrauben vorgenommen.

führt zur antlantoaxialen Spondylodese.

Welche Aussage trifft nicht zu? Transorale Zugänge zur Halswirbelsäule …

können zur Stabilisierung einer instabilen Atlasfraktur eingesetzt werden.

können zur ventralen atlantoaxialen Plattenspondylodese eingesetzt werden.

erlauben die Densresektion.

sind häufig bei Verletzungen der Halswirbelsäule erforderlich.

finden in der Tumor- und Infektionschirurgie Anwendung.

Welche Aussage trifft nicht zu? Die atlantoaxiale Spondylodese nach Lesoin …

sollte mit einer atlantoaxialen Spondylodese durchgeführt werden, wenn keine Implantatentfernung geplant wird.

wird über einen dorsalen Zugang durchgeführt.

wird mittels divergierender Schrauben durchgeführt.

kann bei zu langer Schraubenlage zur schmerzhaften Bewegungseinschränkung des Okzipitoatlantalgelenks führen.

geht häufig mit Pseudarthrosen einher.

Welche Aussage trifft nicht zu? Die atlantoaxiale Spondylodese nach Magerl …

wird mittels posteriorer transartikulärer Schrauben durchgeführt.

beinhaltet die Anlagerung eines H-förmigen reitenden Knochenspans.

ist bei translatorischer atlantoaxialer Instabilität indiziert.

ist bei temporärer operativer atlantoaxialer Stabilisierung das Operationsverfahren der 1. Wahl.

kann auch bei „High-riding-Vertebralarterie“ in der „In-and-out-Technik“ durchgeführt werden.

Die posteriore Schrauben-Stab-Stabilisierung (Operation nach Goel/Harms) …

bedarf präoperativ der geschlossenen Reposition.

verletzt die lateralen atlantoaxialen Gelenke.

kann bei Bogenschlussstörung des Atlas nicht eingesetzt werden.

bedarf nicht der Schraubenplatzierung im Atlas.

kann zur Verletzung der A. vertebralis führen.

Welche Aussage trifft nicht zu? Die okzipitoatlantoaxiale Spondylodese ist indiziert bei …

stark dislozierter Atlasfraktur vom Typ Gehweiler IV, bei der nach Reposition im Halo-Fixateur eine erhebliche Gelenkinkongruenz der okzipitoatlantalen und atlantoaxialen Gelenke besteht.

bei rotatorischer Instabilität mit ligamentärer Zerreißung der Ligg. alaria.

bei axialer atlantoaxialer Instabilität.

bei translatorischer atlantoaxialer Instabilität.

selten bei stark dislozierter Okzipitalkondylenfraktur, deren primär gute Reposition im Halo-Fixateur nicht gehalten werden kann.

Die Indikation zur atlantoaxialen Spondylodese besteht bei …

stabiler atypischer Axiskorpusfraktur vom Typ Benzel I.

bei rotatorischer atlantoaxialer Instabilität.

bei stabiler Dens-axis-Fraktur vom Typ II nach Anderson und D’Alonso.

bei instabiler Atlasfraktur mit stark disloziertem knöchernem Ausriss des Lig. transversum atlantis.

bei okzipitozervikaler Instabilität.