Zusammenfassung
Die Semitendinosus-, Grazilis- sowie Patellarsehne werden beim vorderen Kreuzbandersatz üblicher Weise mit Fremdmaterialien fixiert. Dies geschieht teilweise entfernt vom anatomischen Ansatz. Neben den biomechanischen Fragen sind Knochendefekte bei Revisionen ein ernstes Problem.
Wir entwickelten deshalb eine biologische Befestigungsmethode mit Knochenzylindern am anatomischen Originalansatz. Zudem wird das Transplantat von distal nach proximal in 120° Flexion angespannt und die Anspannung in Streckung individuell selbst adaptiert.
Die Technik wird in der täglichen Routine eingesetzt. In einer prospektiven Studie wurden die Ergebnisse nach 10 Jahren mit der Patellarsehne und nach 4 Jahren mit der Hamstringsehne überprüft: Es wurden 124 Patienten mit Patellarsehne mit 9,6 Jahren Nachuntersuchungszeitraum und 147 Patienten mit Hamstringsehnen nach durchschnittlich 4,3 Jahren nachuntersucht. Für den IKDC-Score A/B wurden gute bis sehr gute Ergebnisse für die „bone-patellar tendon-bone“ (BPTB) in 87% und die Hamstringsehnen in 89% der Fälle ermittelt. Die Stabilität wurde in Lachman-Position mit dem Rolimeter im Seitenvergleich festgestellt und mit durchschnittlich 1,38±0,93 mm (BPTB) und 1,14±0,76 mm (Hamstringsehne) festgestellt. Der Tegner Activity Score reduzierte sich um −1,8 in beiden Gruppen.
Fazit: Die Methode ermöglicht eine reproduzierbare biologische Press-fit-Verankerung gelenknah am anatomischen Insertionspunkt, vermeidet Knochendefekte durch Wiederauffüllen der Implantationskanäle, ermöglicht eine frühe Rehabilitation und ist kostensparend.
Abstract
Hamstring and patella tendons are usually used for anterior cruciate ligament (ACL) reconstruction and fixed with foreign material, partially executed far from the original point of insertion. Besides the biomechanical questions bone defects are a severe problem in cases of revision.
We developed a biological method with diamond cutting instruments for graft fixation with bone dowels near the native insertion. The graft is tensioned and fixed in 120° knee flexion and is self-adapting in extension.
The technique has been used in a large number of cases during a prospective study with a follow-up of 10 years for patella tendon and 4 years for hamstring tendon grafts. In this investigation 124 patients with bone-patellar tendon-bone (BPTB) grafts showed an International Knee Documentation Committee (IKDC) score A/B in 87% after a mean follow-up of 9.6 years, a Lachman test (maximum side-to-side difference) of 1.38±0.93 mm and a negative pivot shift test in 91% of the cases. Of the 147 patients with hamstring tendon grafts 89% had an IKDC score A/B after a mean follow-up of 4.3 years, a Lachman test of 1.14±0.76 mm and no pivot shift in 90% of the cases. The Tegner activity score decreased by −1.8 in both groups.
Conclusion: This method allows a reliable biological press-fit fixation for every kind of graft near the original point of insertion, preventing bone defects, allowing early intensive rehabilitation and low costs.
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In der Chirurgie des vorderen Kreuzbandes (VKB) haben sich neben der Patellarsehne als Bone-tendon-bone- (BTB-)Transplantat die Semitendinosus- und Grazilissehne sowie die Quadrizepssehne etabliert. Verbreitete Befestigungen sind gelenkferne Aufhängung über Haltefäden (Endo Button, Suturedisk), gelenknahe oder gelenkferne Interferenzschrauben, extern angebrachte Metallkrampen („staples“) oder resorbierbare oder nichtresorbierbare Crosspins. Neben unterschiedlich hohen Kosten können im Revisionsfall erweiterte Implantationskanäle oder sekundär sich entwickelnde Knochendefekte durch Implantate die operative Versorgung erschweren.
Die fremdmaterialfreie Kreuzbandchirurgie wurde ab 1986 von Hertel und Wuschech mit der Patellarsehne geprägt
Um diese Probleme zu lösen, suchte unser Operationsteam in der Praxis und der ARTICO-Sportklinik nach einem fremdmaterialfreien Verfahren mit einer anatomisch korrekten, gelenknahen Fixation. Im Jahr 1995 entwickelten wir für die damals bei uns im Primäreinsatz genutzte Patellarsehne eine fremdmaterialfreie Press-fit-Verankerung. Die zu diesem Zeitpunkt propagierten Verfahren von Peter Hertel, Heinz Wuschech, Harald Boszotta und Andreas Halder, dann Hans Pässler und anderen lernten wir erst später kennen [2, 3, 10, 12, 23, 30]. Das machte uns frei in unserer eigenen Entwicklung. Mehrere biomechanische Studien verglichen im Tiermodell herkömmliche Fixationsmethoden mit der knöchernen Press-fit-Verankerung im Hinblick auf Auszugskräfte und Steifigkeit und fanden ähnliche oder gar bessere Ergebnisse bei der Press-fit-Verankerung [16, 17, 24, 26]. Die Press-fit-Verankerung begünstigt zudem das knöcherne Einwachsverhalten. Unsere Zielsetzung haben wir auf 10 Punkte zusammengefasst:
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gelenknahe anatomiegerechte Befestigung,
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Zweibündeladaptiert,
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kein störendes Fremdmaterial,
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biologische Heilungsunterstützung (Press-fit),
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einfache Verlaufskontrolle (z. B. MRT),
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einfache Revision,
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gute Primärstabilität,
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schnelle Rehabilitation,
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sichere Technik,
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kostengünstig.
Operationstechnik
Patellarsehne
Ab 1995 wurden mit der oszillierenden Säge Knochenkeile aus der distalen Patella und Tuberositas tibiae mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne gehoben. Darauf aufbauend wurde 1998 mit Diamanthohlschleifen ein standardisiertes Entnahme- und Press-fit-Verfahren in abgestuften Durchmessern der Knochendübel möglich [6].
Ein 9,5-mm-Knochenzylinder wird aus der distalen Patella mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne gehoben und in eine 11,5-mm-Diamanthohlschleife geschoben. Nachfolgend wird ein anhängender 11-mm-Knochenzylinder aus dem Tibiakopf gewonnen (Abb. 1 a, b). Die Implantationskanäle werden mit Kirschner-Drähten vorgelegt und mit Diamanthohlschleifen werden darüber die Implantationskanäle vorgebracht. Die Implantation erfolgt von distal nach proximal („bottom to top“, BTT). Der tibiale Zylinder wird 90° nach lateral rotiert und das proximale Transplantat sagittal ausgerichtet. Der tibiale Knochenzylinder wird gelenknah eingestößelt, während das Transplantat femoral eingezogen wird. Mit dem Knochenzylinder aus dem femoralen Kanal erfolgt jetzt in Knieflexion die gelenknahe Press-fit-Verankerung. Femoral resultiert eine halbkreisförmige Fläche von ca. 8,5 mm. Ein anteromediales (AM-) und ein posterolaterales (PL-)Bündel werden imitiert (Abb. 1 c). Das Kreuzband wird in ca.120° Beugung implantiert und angespannt (Abb. 2). Bei Streckung erzielt das Band selbstadaptierend seine Anspannung [5]. Der Knochendefekt über der Tuberositas tibiae wird mit dem verbleibenden Zylinder aufgefüllt. Die korrekte Lage und die Einheilung stellen sich im MRT-Bild dar (Abb. 3).
Quadrizepssehne
Analog wird bei Revisionseingriffen die Quadrizepssehne eingesetzt. Aus dem proximalen Patellapol wird mit der 11,5 mm Diamanthohlschleife ein Teilzylinder mit einem ca. 7 cm langen anhängenden Quadrizepssehnen- Drittel ausgeschliffen. Das gewonnene Sehnentransplantat wird analog zu oben von distal eingezogen. Der 11 mm Knochenteilzylinder wird press-fit gelenknah fixiert. In einem 9 mm Implantationskanal wird das femorale Ende mit dem Knochenzylinder aus dem Kanal gelenknah in Knieflexion press-fit verankert und selbstadaptierend in Streckung physiologisch angespannt.
Semitendinosus- und Grazilissehne
Seit 2003 verwenden wir standardisiert die Semitendinosus- und Grazilissehne (Hamstring) für den vorderen Kreuzbandersatz. Die Semitendinosussehne wird 3- oder 4-fach genommen (ggf. zuzüglich Grazilissehne). Am distalen Ende wird ein 11-mm-Knochenzylinder aus dem medialen Tibiakopf eingenäht (Abb. 4). Mit den mit der Fa. ARTICOmed für Diamanthohlschleifen entwickelten rohrgeführten Zielgeräten werden die Implantationskanäle in 8,5–9,5 mm Länge im Nassschleifverfahren angelegt und Knochenzylinder gewonnen. Der femorale Kanal wird bei 9:30 bzw. 2:30 Uhr über das anteromediale Portal angelegt. Analog zur Patellarsehne wird BTT implantiert und selbstadaptierend angespannt (Abb. 4).
Mit der Press-fit-Verdübelung wird femoral eine flächige Bündeladaptation geschaffen (Abb. 5 a). Heute werden gelenkgrößenabhängig Durchmesser von 8,5–11,5 mm benutzt (in seltenen Fällen bis 13 mm). Der tibiale Austritt kann ebenfalls durch Ausschleifen eines weiteren Teilzylinders in der sagittalen Ebene oval zur anatomieangepassten Insertionsbreite gestaltet werden (Abb. 5 b). Im MRT-Bild zeigt sich eine anatomiegerechte VKB-Rekonstruktion der Insertionspunkte (Abb. 6).
Nachbehandlung
Soweit keine weiteren Begleitverletzungen vorliegen, ist standardisiert die volle Streckung ab dem 1. Tag postoperativ erlaubt. Die Vollbelastung wird nach Ausbleiben eines blutigen Ergusses nach 5–8 Tagen erreicht. Die isometrische Muskelanspannung und Kokontraktion der ischiokruralen Muskulatur, meist begleitet von Elektromyostimulation (EMS), wird ab dem 1. Tag postoperativ eingesetzt.
Aufgrund der guten Primärstabilität hat sich die frühfunktionelle Nachbehandlung bewährt
Das propriozeptive Vibrationstraining zur Unterstützung der Quadrizepsfunktion und der Knochenmineralisierung erfolgt ab der 3. Woche postoperativ [8]. Als günstige Trainingsalternative propagieren wir auch den Aquasprint in knapp hüfthohem Wasser [7]. Eine Orthese wird für den Gebrauch außerhalb des Hauses für 6–8 Wochen empfohlen. Sportartspezifisches Training kann ab der 3. bis 4. Woche sukzessive eingeleitet werden. Kontaktsportarten sollen nicht vor Ablauf von 9 Monaten aufgenommen werden.
Material und Methode
In der Zeit von Februar bis August 2008 wurden Patienten mit Patellarsehnen- (Gruppe A) und Hamstringtransplantat (Gruppe B) prospektiv untersucht. Alle Patienten wurden nach dem IKDC- und Tegner Activity Score untersucht. Bei der klinischen Untersuchung wurden der Lachman-Test mit dem Rolimeter und der „pivot shift“ im Seitenvergleich geprüft. Außerdem wurden Röntgenaufnahmen unter Belastung zur Überprüfung der Progredienz der Arthrose durchgeführt.
Gruppe A
Von 189 Patienten, die zwischen 1998 und 1999 einen Kreuzbandersatz mit Patellarsehne in der oben beschriebenen Methode erhalten hatten, wurden 124 (66%) nachuntersucht. Es kam zu einer Lockerung des Knochenzylinders im Tibiakanal, die durch einen am 3. postoperativen Tag eingesetzten Kirschner-Draht nach Reposition mit stabilem Endergebnis fixiert worden war. Eine femorale Lockerung konnte durch einen zusätzlich eingebrachten Knochenzylinder sekundär stabilisiert werden. In 5 Fällen musste eine Streckhemmung durch Beseitigung eines Zyklops durchgeführt werden. Diese genannten Fälle gingen alle in die Nachuntersuchung mit ein. Ein Patient musste wegen einer 5 Jahre nach der operativen Versorgung erlittenen Tibiakopffraktur ausgeschlossen werden. Bei 6 Patienten kam es zwischen ein und 3 Jahren zu Rerupturen und konnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Als Komplikationen traten 3 postoperative Infekte innerhalb der ersten 3 Wochen auf, die erfolgreich behandelt werden konnten; 57 Patienten waren zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nicht zu erreichen oder konnten klinisch nicht nachuntersucht werden.
Das Alter der Patienten betrug zum Zeitpunkt der Operation durchschnittlich 40,2 (15–58 Jahre). Die Geschlechterverteilung war 73 männlich, 51 weiblich. Die mittlere Nachuntersuchungszeit lag bei 9,2 Jahren (Tab. 1). Vier Patienten hatten 2–5 Jahre zuvor eine Vorverletzung. Alle anderen Patienten hatten ihr Trauma in den letzten 12 Monaten, ohne operative Kreuzbandrekonstruktion. Bei 62 Patienten konnten vergleichende Röntgenaufnahmen ausgewertet werden (Tab. 1).
Gruppe B
In Gruppe B mit Hamstringtransplantat wurden 147 (65%) von 227 Patienten, die zwischen 2003 und 2004 operiert worden waren, nachuntersucht. Fünf Patienten mussten wegen Rerupturen innerhalb der ersten 2 Jahre und 4 Patienten wegen eines Infekts innerhalb der ersten 3 Wochen postoperativ ausgeschlossen werden. Lockerungen von Knochenzylindern und Sehnentransplantaten wurden nicht beobachtet. In 32 Fällen konnte im postoperativen Röntgenbild gesehen werden, dass der tibiale Knochenzylinder im mittleren bis distalen Drittel des Tibiakanals platziert blieb und nicht gelenknah unter dem Tibiaplateau lag. Dies hatte keine Auswirkung auf die spätere Stabilität. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung konnten 71 Patienten aufgrund unvollständiger Datenangaben oder nicht möglicher klinischer Untersuchung nicht in die Untersuchung aufgenommen werden.
Es wurden 86 männliche und 61 weibliche Patienten zum Zeitpunkt der Operation im Alter von 17–56 Jahren (durchschnittlich 36,8 Jahren) ausgewertet (Tab. 1).
Ergebnisse
Alle Patienten wurden durch den gleichen Operateur versorgt und wurden vor dem Eingriff informiert, dass sie in jährlichem Abstand nachuntersucht werden.
Gruppe A
Die meisten Verletzungen fanden mit 54 Fällen beim Fußballspielen statt. Meniskusläsionen wurden arthroskopisch zu 37% medial, 27% lateral und 17% medial und lateral diagnostiziert. In 12 Fällen wurde der mediale Meniskus genäht und in 5 anderen Fällen der laterale. Bei allen anderen Meniskusverletzungen mussten sparsame Resektionen durchgeführt werden. Knorpelschäden Grad 2–3 wurden in 15% der Fälle retropatellar, 19% im medialen Kompartiment und 15% im lateralen Kompartiment arthroskopisch diagnostiziert. Die weiteren Ergebnisse sind Tab. 1 zu entnehmen. In ihren ursprünglichen Sport kehrten 37 Patienten nicht mehr zurück.
Röntgenkontrollen konnten in 62 Fällen unter Belastung im Stehen mit unmittelbar postoperativen Aufnahmen verglichen werden. Patellofemoral konnten bei 27% der Patienten (n=17) osteophytäre Reaktionen der Patella als neu aufgetreten definiert werden. Eine Gelenkspaltverschmälerung wurde im medialen Kompartiment bei 24% (n=15) und im lateralen Kompartiment bei 5% (n=3) festgestellt. Leichte belastungsabhängige Instabilitäten wurden von 4 Patienten berichtet, die jedoch gut toleriert wurden. Die Notwendigkeit für eine operative Stabilisierung wurde von den Patienten ausgeschlossen.
Beschwerden beim Knien wurden in 24 Fällen (19%) angegeben. Diese wurden als erträglich beschrieben. Dagegen stand eine bedeutend höhere Zahl von 42%, die bei der klinischen Untersuchung eine verstärkte Krepitation retropatellar aufwiesen.
Gruppe B
Auch hier waren die meisten Kreuzbandverletzungen mit 62 Fällen beim Fußballspielen zu verzeichnen. Meniskusverletzungen wurden medial mit 36%, lateral mit 29% und medial plus lateral mit 18% verzeichnet. In 14 Fällen konnten die Menisci genäht werden (10 medial, 4 lateral).
Knorpelverletzungen Grad 2–3 wurden retropatellar in 17% der Fälle beschrieben, im medialen Kompartiment in 21% und lateralen in 12%. Die weiteren Ergebnisse sind Tab. 1 zu entnehmen. In ihre ursprüngliche Sportart kehrten 28 Patienten nicht mehr zurück, 37 Patienten reduzierten die Intensität ihrer ursprünglichen Sportart.
Bei den Röntgenkontrollaufnahmen konnten in den Belastungsaufnahmen keine Veränderungen der Gelenkspalten oder andere arthrotische Veränderungen festgestellt werden. Beschwerden beim Knien wurden nicht angegeben, wenngleich in 25 Fällen (17%) arthroskopisch eine Knorpelschädigung gefunden worden war. Klinisch zeigte sich in 32% der Fälle eine vermehrte Krepitation retropatellar.
Diskussion
Die Untersuchung zeigte nach 10 Jahren Patellarsehnen-BTB -und 4 Jahren Hamstring-Kreuzbandersatz in fremdmaterialfreier Fixation in der All-press-fit-Methode gute und reproduzierbare Ergebnisse. Alle Patienten haben subjektiv stabile Kniegelenke. Mehr als 45% kehrten zu ihren ursprünglichen Sportarten wie Fußball, Handball und Skifahren zurück. Alle Patienten erklärten, dass sie sich auch erneut der gleichen Operationstechnik unterziehen würden. Als Vorteile wurden die schnelle und unkomplizierte Nachbehandlung, die kurze Arbeitsunfähigkeitszeit und die biologische Befestigung genannt.
Im IKDC-Score erreichten wir in unserer Nachuntersuchung für Patellarsehne und Hamstring ähnlich gute Ergebnisse Grad A/B von bis zu 95%, wie andere Autoren zwischen 75 und 95% [1, 4, 11, 14, 15, 19, 23, 25].
In histologischen Untersuchungen konnte dargestellt werden, dass der Kreuzbandersatz eine sichere knöcherne Integration nach 4–6 Wochen postoperativ erreicht [29]. Die hohe Verankerungsqualität der Press-fit-Fixation konnte mit Knochendübeln [16, 17, 24, 26] und keramischen Dübeln [20] dargestellt werden. Diese Erkenntnis haben wir uns mit der frühfunktionellen Nachbehandlung zu Nutze gemacht und konnte in eigenen Untersuchungen bei Verwendung der Patellarsehne und Hamstring mit frühfunktioneller Nachbehandlung erneut belegt werden [6, 8].
Die Stabilität der Press-fit-Verankerung hängt von der Knochenqualität ab. Bei Patienten mit weichen Knochenverhältnissen reduzierten wir die Bewegung auf 0-30-90° mit einer Orthese für 3–4 Wochen bei Vollbelastung. Im weiteren Verlauf wurden keine Nachteile beobachtet. Alle Patienten in dieser Studie begannen in den ersten 5–10 Tagen nach dem Eingriff mit voller Belastung. Die Qualität der Press-fit-Verankerung in der Kombination mit einer frühfunktionellen Nachbehandlung unter Einbeziehung von propriozeptivem Vibrationstraining, EMS und Aquasprint wird von den Untersuchungsergebnissen dieser Studie untermauert.
Die Press-fit-Verankerung ermöglicht eine direkte Knochen-zu-Knochen-Heilung. Für Revisionen ergibt sich eine einfachere Situation, da Fremdmaterialien nicht entfernt werden müssen.
Eine anatomieanaloge Rekonstruktion der 2 Bündel ist mit einer breiten femoralen Insertion in einem Kanal möglich
Ziel beim vorderen Kreuzbandersatz ist es, anatomiegerecht gelenknah zu rekonstruieren [27, 28]. In der hier gezeigten fremdmaterialfreien Verankerung mit Knochendübeln wird femoral bei 9:30 bzw. 2:30 Uhr wie tibial gelenknah fixiert. Durch die Rekonstruktion einer Fläche (zwischen 8,5–13 mm) wird mit einer Einkanalfixation bündeladaptiert rekonstruiert. Nach Reruptur konnten wir ein der ursprünglichen Ansatzfläche analoges Reinserieren des Transplantats beobachten. Bei großen Gelenken und dickeren Sehnentransplantaten ist eine ovale Tunnelanlage tibial möglich. In wieweit damit Vorteile entstehen, müssen weitere Untersuchungen zeigen.
Insgesamt sind die klinischen Ergebnisse in 90–95% der Fälle nach IKDC und Lachman-Test gut und sehr gut
Kanalerweiterungen konnten in der Patellarsehnengruppe am Tibiakanal nicht festgestellt werden. Der Knochenzylinder aus der Tuberositas tibiae wurde meist bündig am Tibiaplateau eingebracht. Lediglich femoral zeigte sich in 7 Fällen eine leichte Erweiterung mit scharfer Begrenzung ohne Nachteile bzgl. der Stabilität. In der Hamstringgruppe lag in 32 Fällen der distale Knochenzylinder im mittleren Drittel des Tibiakanals. Eine Kanalerweiterung war zu erkennen. In 41 weiteren Fällen konnte eine Kanalerweiterung auch bei korrekter gelenknaher Fixierung definiert werden. In diesen Fällen stellte sich der zentrale 11-mm-Knochenzylinder ebenfalls atrophiert dar (Abb. 7). Femoral wurden in 54 Fällen eine leichte Erweiterung und eine deutliche Saumbildung erkannt. Klinisch hatten diese radiologischen Zeichen keinerlei Relevanz. Wir deuten die Kanalerweiterung und Atrophie des zentralen Knochenzylinders als einen Effekt des verminderten Kraftflusses („stress shielding“). Der Effekt tritt bevorzugt bei dicken Sehnentransplantaten auf. Hier wurde offensichtlich das Knochenfenster für die Knochen-Knochen Kontaktheilung verdeckt. Ein weiterer Grund ist, dass der Kraftfluss gelenknah eingeleitet wird und der weiter distal gelegene Bereich keine Kraftübertragung erfährt. Hier greift das Wolffsche Gesetz.
Die Progredienz der Arthrose im Verlauf nach vorderem Kreuzbandersatz wird bei allen Rekonstruktionstechniken berichtet. Gründe sind Meniskusresektion, Knorpelvorschädigungen, Achsabweichungen und ein individueller Faktor zur Arthrose. In der Hamstringgruppe konnten aufgrund des kurzen Verlaufs noch keine Aussagen gemacht werden. In der Patellarsehnengruppe sahen wir bei 25% der 62 röntgenologisch kontrollierten Patienten eine Progredienz der Arthrose, trotz stabilem Kreuzbandersatz. Hauptursache waren Meniskusresektionen, die besonders schwerwiegend am lateralen Kompartiment zur Darstellung kamen. Dies entspricht auch anderen Untersuchungsergebnissen [14, 15].
Im Femuropatellargelenk zeigte sich bei 42% der Patellarsehnen- und 32% in der Hamstringgruppe eine verstärkte Krepitation retropatellar. Wir sehen mehrere mögliche Ursachen dafür: Neben Insuffizienz der Koordinationsleistung des M. vastus medialis mit resultierender Dysbalance könnte eine zusätzliche ossäre/mikrovaskuläre Schädigung durch das Heben des Patellazylinders eine Ursache sein. Eine weitere Ursache ist das Flexions-Rotations-Trauma mit erheblichem Druck und Scherkräften retropatellar. Wir fanden primär retropatellar Knorpelverletzungen in der Patellarsehnengruppe in 15% und in der Hamstringgruppe in 17% der Fälle.
Fazit
Für die Praxis ergeben sich Kosteneinsparungen für Implantate und Revision. Durch die frühfunktionelle Nachbehandlung liegt der Wiedereintritt ins Erwerbsleben meist unter 6 Wochen mit volkswirtschaftlich weiterem Nutzen.
Der fremdmaterialfreie vordere Kreuzbandersatz in der All-press-fit-Methode hat sich seit 1995 mit Patellarsehne, Quadrizepssehne und Hamstring bewährt. Die Untersuchungen nach 10 Jahren bei Patellarsehnen-BTB- und 4 Jahren bei den Hamstringtransplantaten ergaben gute Ergebnisse. Die „bottom to top“ selbstadaptierende Transplantatanspannung hat ohne Einschränkung funktioniert. Das Instrumentarium mit rohrgeführten Zielgeräten für Diamanthohlschleifen ermöglicht ein präzises, reproduzierbares Arbeiten. Größere Durchmesser des femoralen Implantationskanals und die ovale Kanalanlage tibial ermöglichen eine anatomische „2-Bündel-ein-Kanal-Kreuzbandersatzplastik“ mit überschaubarem Aufwand.
Weitere Forschung ist notwendig, um die Grenzen der Technik auszuloten.
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Felmet, G. Fremdmaterialfreier Kreuzbandersatz mit Diamanthohlschleifen. Unfallchirurg 113, 621–628 (2010). https://doi.org/10.1007/s00113-010-1829-1
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