Zusammenfassung
Hintergrund
Trotz der Anwendung intramedullärer Kraftträger zur Stabilisierung von trochantären Frakturen ist die Komplikationsrate weiterhin hoch. Eine Hauptursache für belastende Reeingriffe ist das Durchschneiden des Kraftträgers durch die Spongiosa des Femurkopfes und der Kopfkalotte (cutting out) in 9–15% der Fälle. Dieses Phänomen ist eng verknüpft mit der erreichten Reposition der Frakturen, der technischen Durchführung der Operation mit optimaler Implantatlage und nicht zuletzt mit dem Widerstand der Kopfspongiosa gegen Deformierung durch die Kraftträger. Dieser ist beim Vorliegen einer schweren Osteoporose gering. Um der Komplikation „cutting out“ in diesen Fällen vorzubeugen, erscheint es sinnvoll, eine Grenze von individuellen osteoporoseassoziierten Merkmalen (z. B. Knochendichte) herauszuarbeiten, ab welcher Zusatzmaßnahmen oder eine andere Technik zur Vermeidung dieser Komplikation anzuwenden ist.
Methoden
Als 1. Schritt wurde ein biomechanischer Standardtest entwickelt, der realistische und voraussagbare Ergebnisse in Abhängigkeit von der Knochendichte liefern soll. Im 2. Schritt sollte ein Grenzwert für die noch tragfähige Knochendichte beim Einsatz der marktführenden Implantate zur Osteosynthese instabiler pertrochantärer Frakturen mittels QCT- (quantitative Computertomographie) und DEXA- (Double-Energy-X-Ray-Absorption) Messungen ermittelt werden.
Ergebnisse
Der entwickelte Test ist wirklichkeitsnah, mit seiner Durchführung werden typische Cutting-out-Phänomene an Kadaverknochen provoziert. An einem Frakturmodell Typ A2.3 der AO-Klassifikation stellten die Implantate DHS (dynamische Hüftschraube) mit TSP (Trochanterstabilisierungsplatte), PFN (proximaler Femurnagel) und TGN (Gammanagel 2. Generation) eine stabile Dauerbelastbarkeit bei einer Knochendichte von >0,6g/cm3 her. DEXA-Werte am Schenkelhals und pertrochantär korrelierten gut mit den für den Halt der Kraftträger entscheidenden QCT-Werten im Femurkopf (r=0,73). Bei 5 von 32 getesteten Osteosynthesen war ein „cutting out“ auffällig, 4-mal wenn die Knochendichte unter 0,6g/cm3 in der DEXA-Messung des proximalen Oberschenkels lag. In einem Fall war das Implantat fehlerhaft (zu kurz) eingebracht.
Schlussfolgerungen
Bei einer Knochendichte von >0,6g/cm3 (DEXA) waren die Standardimplantate geeignet, instabile pertrochantäre Frakturen dauerhaft bis zur knöchernen Ausheilung zu stabilisieren. Unter 0,6g/cm3 Knochendichte war in unseren noch zu geringen Versuchsfällen die konventionelle Technik nicht mehr Erfolg versprechend. Es bedarf weiterer Untersuchungen mit dem erarbeiteten Modell und osteoporotischen Kadaverfemora, um diesen Bereich noch stärker einzugrenzen und zu sichern. Eine Verstärkung der Femurkopfspongiosa durch eine Augmentation mit belastbaren Knochensubstituten oder ein anderes Design des zentralen Kraftträgers könnten eine ausreichende Belastbarkeit bei Patienten unter dieser Grenze herstellen und das Cutting-out-Phänomen reduzieren. Eine andere Alternative könnte die primäre Implantation einer Endoprothese darstellen.
Abstract
Background
Despite the use of intramedullary fixation devices for the stabilisation of intertrochanteric fractures, the rate of complications is still high. One of the main reasons for burdensome reinterventions in 9–15% of cases is the cutting out of the fixation device through both the spongious bone and the cortical bone at the apex of the femoral head. This phenomenon is strongly connected to the reduction of the fractures achieved, the technical performance of the operation with optimal implant positioning and the resistance of the trabecular bone in the femoral head against deformation by the fixation device. The latter is very low in cases of severe osteoporosis. To prevent the complication of cutting out, it seems sensible to find the limits of load-bearing capacity of individual osteoporosis-associated features (i.e. bone mineral density) at which special additional measures or other techniques for the treatment of these patients are desired.
Methods
In a first step a new biomechanical standard test for implants stabilizing unstable trochanteric fractures was developed, which would provide predictable results depending on bone mineral density. In a second step a cut-off limit was sought for the bone density in the proximal femur that would afford stable fixation as measured by QCT (quantitative computed tomography) and DEXA (dual-energy X-ray absorptiometry).
Results
The developed test is realistic; it can be used to study typical cutting out phenomena on cadaver femora. In an unstable fracture model (type A 2.3 of the AO classification), the implants DHS with TSP, PFN and TGN showed a stable long-term load-bearing capacity at a bone mineral density of >0.6 g/cm3. In 5 of 32 specimens a cutting out phenomenon could be demonstrated, in 4 cases if the bone mineral density of the proximal femur was below 0.6 g/cm3 as measured by DEXA, and in one case poor performance of the implant (short screw in the femoral head) was evident.
Conclusions
In cases of bone density of >0.6 g/cm3 in the proximal femur (DEXA), the standard implants for the fixation of unstable trochanteric fractures could guarantee fixation without cutting out. The critical value of sufficient bone density in our few cases seems to be around 0.6 g/cm3 as measured by DEXA. Further investigation is needed to define the limits of bone mineral density for a successful osteosynthesis. An appropriate augmentation of the trabecular bone of the femoral head or a new design of the central loading device could increase the load-bearing capacity and thus help to reduce the cutting out phenomenon. Another alternative could be the primary implantation of an endoprosthesis in the treatment of these patients.
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Mit zunehmend größerem Anteil der älteren Bevölkerung in unserer Gesellschaft steigt die Anzahl der Frakturen am proximalen Femur. Mit der Entwicklung grundsätzlich belastungsstabiler Implantate zur operativen Behandlung dieser Frakturen entstanden allerdings auch neue Probleme mit dem Halt der Implantate im osteoporotischen Knochen. Auffällig sind vermehrte Schraubenausrisse aus dem Femurkopf und ein schmerzhaftes Versagen der Osteosynthese. Diese Komplikation zieht eine erneute, in der Regel aufwendige und komplikationsträchtige Operation nach sich. Die Rate der Osteosyntheseversager liegt für Schenkelhalsfrakturen zwischen 5 und 35% und für pertrochantäre Frakturen auch bei neueren Untersuchungen zwischen 12 und 32%. Das Cutting-out-Phänomen ist in 9–15% die häufigste Ursache für ein Therapieversagen [1, 9, 16, 17, 27].
Trotz Anwendung intramedullärer Verfahren, Optimierung der Implantate und der Technik ist es nicht gelungen, dem „cutting out“, dem Durchschneiden des Kraftträgers durch die Spongiosa und die Kalotte des Oberschenkelkopfes, wirksam entgegen zu treten, auch wenn in mechanischen Studien an Kunstknochen Hinweise für günstigere Ergebnisse mit einer Doppelklinge als Kraftträger mitgeteilt wurden [13]. Eindeutige Unterschiede zwischen intra- und extramedullären Verfahren sind bis dato diesbezüglich nicht nachweisbar oder werden kontrovers mitgeteilt [23, 24]. Der Hauptgrund für das Versagen der Osteosynthese liegt nach Röntgenanalysen in einer inadäquaten Reposition der Frakturen und ungenügender Präzision der Ausführung der Osteosynthese [3, 22]. Eine weitere Ursache für das „cutting out“ von Schenkelhalskraftträgern, die nur beim Ausschluss der oben genannten Gründe herangezogen werden darf, ist die mangelnde Knochenqualität der zunehmend älteren Patienten [17]. Knochenqualität definiert sich über geometrische und strukturelle Parameter sowie über die Knochendichte. Die Messung der Knochendichte scheint die größte Vorhersagekraft zu besitzen, wenn man Grenzwerte für Erfolgschancen von Osteosynthesen herausarbeiten will [7].
Mit der zunehmenden Verfügbarkeit entsprechender Messvorrichtungen (DEXA-Geräte, QCT) ist es vorstellbar, dass in wenigen Jahren eine präoperative Erfassung dieses Parameters ebenso Standard werden wird wie z. B. die CT-Untersuchung von Wirbelkörper- oder Kalkaneusfrakturen, um die Operationsplanung und das Ergebnis zu optimieren.
Vor dem Einsatz neuer Implantate für die instabilen pertrochantären Frakturen erscheint es deshalb sinnvoll, die „golden standards“ der heutigen Implantate reproduzierbaren, physiologischen Belastungen zu unterziehen und die Haltbarkeit der Osteosynthesen unter Berücksichtigung der Knochendichte zu untersuchen. Damit könnten Grenzwerte für die Knochendichte ermittelt werden, die eine zuverlässige Osteosynthese zulassen. Die „region of interest“ (ROI) für die Knochendichtemessung sollte im Hinblick auf die Implantatverankerung im Gegensatz zur Osteoporosediagnostik mit der DEXA-Methode möglichst auf das Verankerungszentrum des Kraftträgers (also im Femurkopf) fokussiert werden.
Die Idealvorstellung ist, dass alle zukünftigen Implantate für die Indikation „instabile pertrochantäre Fraktur“ sich diesem Standardtest unterwerfen, damit eine Vergleichbarkeit mit den traditionellen Implantaten ebenso möglich ist, wie dies bei den Prothesendauerbelastungstests bereits lange üblich ist. Die Besonderheit dieses Tests bestünde allerdings in der Tatsache, dass der Verbund „Implantat – Knochen“ und nicht das Implantat alleine mechanisch getestet wird.
Ziel unserer Untersuchung war 1. die Erstellung eines evaluierten und reproduzierbaren mechanischen Tests zur Untersuchung der Dauerbelastbarkeit von Implantaten bei einer definierten instabilen pertrochantären Fraktur und 2. die Erarbeitung eines Grenzwertes der Knochendichte im Femurkopf, bei welchem eine Osteosynthese nicht mehr Erfolg versprechend ist, aufgrund des zu erwartenden „cutting out“ des Implantats. Einfache mechanische Tests mit immer unterschiedlichen Belastungsmodellen sind nicht hilfreich [13, 14, 26]. Sollten Grenzwerte für die Knochendichte in die Klinik übernommen werden, sind in vivo nahe Bedingungen notwendig. Finite-elemente-Modelle können zwar für den Individualfall erstellt werden, sind aber sehr zeitaufwendig und in der wünschenswerten Zeit bis zur schnellen operativen Versorgung nicht verfügbar.
Material und Methode
Für diese Studie wurden 32 unfixierte Leichenfemura verwendet. Sie wurden zuerst einer Röntgenaufnahme zum Ausschluss pathologischer Veränderungen unterzogen. Es folgte eine DEXA-Analyse unter Verwendung eines Plexiglasaufsatzes zur Simulation der Weichteile, um die Vergleichbarkeit mit klinischen Messwerten zu gewährleisten. Anschließend wurde eine QCT-Untersuchung zur exakten Ermittlung der Knochendichte in der Mitte des Femurkopfes durchgeführt (Mittelwert der jeweils inneren 50% von 7 Schnitten im Bereich des größten Kopfdurchmessers mit jeweils 1 mm Abstand).
Die Femura wurden anhand der im QCT ermittelten Knochendichte derart 4 Gruppen zu je 8 Knochen zugewiesen, dass für jede Gruppe ein Knochenpool möglichst identischer BMD-Verteilung (bone mineral density, Knochendichte) nach Mittelwert und Varianzen entstehen konnte. Die Gruppengröße von 8 war Vorraussetzung für statistisch signifikante Aussagen.
In 3 Gruppen wurden standardisierte Osteotomien zur Herstellung von instabilen A2.3-Frakturen ausgeführt. 3 Schnitte wurden wie folgt gesetzt (Abb. 1a, b):
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1.
Eintrittspunkt lateral, 1 cm unterhalb der Trochanter-major-Spitze (A), Austrittspunkt 0,5 cm unterhalb des kleinen Trochanters (B).
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2.
Eintrittspunkt 0,5 cm proximal des kleinen Trochanters (C), Austrittspunkt ist die Kreuzung des ersten Schnittes mit der Schaftmitte (D).
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3.
Eintrittspunkt oberhalb des ersten Eintrittspunktes, von der ersten Schnittebene aus 1 cm nach medial, was in etwa den Bereich der Trochanter-major-Spitze tangiert (E), Austrittspunkt (F) ist der Schnittpunkt zwischen dem 2. Schnitt und einer Linie von (E) nach (B).
In Gruppe 4 wurde ein Frakturmodell völlig ohne dorsomediale Abstützung und mit sehr geringer Abstützung im oberen Trochanterbereich erzeugt (Abb. 1c). Alle Sägeschnitte wurden zunächst nur im zentralen Bereich des Trochanterkomplexes ausgeführt, dann wurden Osteosynthesen gemäß der Herstellerangaben der verschiedenen Implantate vorgenommen und abschließend die Osteotomien nach proximal und distal vervollständigt. Dieses Vorgehen gewährleistete eine ideale Reposition. Anschließend wurden Röntgenaufnahmen zur Kontrolle der Lage der Implantate und zur Frakturdokumentation durchgeführt.
In den Gruppen 1–3 mit A2.3-Frakturmodell wurden je 8 der folgenden Implantate eingebracht:
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DHS mit Trochanterabstützplatte und Antirotationsschraube (Fa. Synthes, Oberdorf, Schweiz),
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PFN (Fa. Synthes),
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Trochanternagel (Trochanteric Gamma Nail TGN: 2. Generation Gamma-Nagel; Fa. Stryker Trauma AG, Selzach, Schweiz).
In der Gruppe 4 mit dem extremen Frakturmodell wurden 8 PFN (Fa. Synthes) eingebracht.
Die instrumentierten unfixierten Kadaverknochen wurden distal auf eine Länge von 40 cm gekürzt und auf den distalen 6 cm in eine Fixationsvorrichtung eingebettet. In einer Materialprüfmaschine (MTS Bionix 858, Schweiz) wurden die Präparate einer zyklischen Belastung unterzogen, welche die in vivo wirkende Belastung während der Standphase eines Gangzyklus simuliert, wie sie von Pauwels berechnet und von Bergmann et al. [5] mittels instrumentierter Hüftprothesen ermittelt wurden. Drei von außen auf den Femur wirkende Kräfte wurden hierzu berücksichtigt (Abb. 2):
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Kraft auf den Hüftkopf: Sie wirkt unter einem Winkel von 25° zur Femurschaftachse (9° physiologische Valgusstellung +16° physiologische Krafteinleitung in der a.-p.-Ebene).
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Kraft am Kniegelenk: Sie wirkt unter einem Winkel von 9° zur Femurschaftachse (vertikal in physiologischer Valgusstellung).
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Kraft am Trochanter major: Sie wirkt unter einem Winkel von 34° zur Femurschaftachse.
Die Richtung der Kraft am Trochanter major ergibt sich aus den Gleichgewichtsbedingungen des Femurs, den Forderungen an die Wirkungsrichtungen der Kräfte am Kniegelenk und am Hüftkopf sowie den Angriffspunkten der 3 Kräfte.
Durch die Berücksichtigung dieser 3 Kräfte ist der physiologische Belastungszustand des gesamten proximalen Femurs bezüglich der Fragestellung nach dem Durchschneideverhalten verschiedener Implantate nachgebildet. Eine Belastung des Femurkopfes mit 3fachem Körpergewicht führt zu einer Last im Kniegelenk von einfachem Körpergewicht. Weiterhin steht die resultierende Richtung der Kraft am Trochanter major in gutem Einklang mit der anatomischen Richtung der dort angreifenden Muskulatur.
Der Femurkopf lief in einer geschmierten Kugelschale, die senkrecht zur Richtung der Krafteinleitung frei gleiten konnte (freies Rotationszentrum), das distale Ende ist auf einem Kardangelenk gelagert, sodass keine Momente übertragen werden konnten (Abb. 3, 4).
Zur Reduktion der Biegebelastung im Schaft wurde eine Abspannung vom Trochanter major zur distalen Fixation angebracht. Sie übernimmt einen Teil der Funktion, die in vivo vom Tractus iliotibialis übernommen wird [5]. Die Abspannung wird im unbelasteten Zustand leicht vorgespannt und nimmt erst bei äußerer Belastung Spannung auf. Die Last wurde kraftgeregelt mit sinusförmigem Verlauf mit 1 Hz und einer Amplitude von 2000 N auf den Femurkopf aufgebracht. Es wurden Dauerversuche bis zum Versagen oder bis zum Erreichen einer maximalen Anzahl von 5000 Lastwechseln durchgeführt. Das Kriterium für das Versagen war die Penetration der Femurkopfkortikalis durch den Lastträger des Implantats. Während der Testungen wurden die aufgetauten, unfixierten Präparate mit in Ringer-Lösung getränkten Tüchern feucht gehalten. Die Tücher wurden zusätzlich locker mit Frischhaltefolie umwickelt.
Messtechnisch erfasst wurde die gesamte Systemverformung, die aufgebrachte Last auf den Femurkopf, die Kräfte in beiden Seilzügen (Miniaturkraftaufnehmer, Mod. 717: Typ EC 3kN DZ, Fa. Induk GmbH) sowie die dreidimensionalen (3D-)Bewegungen des Kopfes und des Schafts im Raum während der Belastungsphase (optische Bewebungsanalyse System mit 3 Kameras: ProReflex Motion Capture Unit 120, Qualisys Medical AB). Die Erfassung der simulierten Muskelkraft am Trochanter major erlaubt eine Kontrolle der berechneten Kräfteverhältnisse, die auf der Vorgabe der Lagerbedingungen, des Betrages der Kraft auf den Femurkopf sowie der Richtung der Kraft am Trochanter major basierten.
Nach Beendigung der zyklischen Belastung wurde eine weitere Röntgenaufnahme angefertigt und die lasttragenden Implantatkomponente im proximalen Fragment mit ihrer Umgebung analysiert. Ausgewertet wurden die Anzahl von Lastwechseln, die bis zum Versagen aufgebracht wurden und die Abkippung des Kopfes bezüglich der Schaftachse in der a.-p.-Ebene in Abhängigkeit der Belastungsdauer.
Ergebnisse
Bei der Testung aller 32 Femora kam es in 8 Fällen zu Implantatversagen: in 4 Fällen sahen wir ein klassisches „cutting out“, in einem Fall eine extreme Sinterung (gewertet als „cutting out“) und in 3 Fällen eine Femurschaftfraktur. Die „cutting outs“ traten nur bei den Präparaten auf, die die jeweils geringste Knochendichte der entsprechenden Gruppe aufwiesen, mit einer Ausnahme, bei welcher die Schenkelhalsschraube unkorrekter Weise zu kurz gewählt wurde. Die Schaftfrakturen traten 2-mal in der Gruppe 4 mit PFN und dem extrem instabilen Frakturmodell und einmal in der Gruppe 1 mit DHS und dem A2.3-Frakturmodell, jeweils unterhalb der experimentellen Fraktur und des Implantats auf.
Die Analyse der Röntgenbilder nach der Testung ergab, dass für alle Präparate, die bis 5000 Lastwechsel nicht versagt hatten, keine Anzeichen einer Lockerung des Lastträgers im Kopffragment zu erkennen war. Die Versagensmuster der Präparate stellen sich radiologisch sehr ähnlich im Vergleich zu klinischen Fällen dar (Abb. 5).
Rotationsverhalten während der Belastung: Zu einer nennenswerten Rotation des Kopf-Hals-Fragments kam es nur bei nicht ganz axialer Lage der zentralen Kraftträger und kurz vor dem „cutting out“ der Schrauben aus dem Femurkopf als Ausdruck der zunehmenden Instabilität.
Diskussion
Die Epidemiologie der westlichen Zivilisation bedingt eine ernorme Zuwachsrate an alten Menschen in der Bevölkerung und damit einhergehend der Prävalenz der Osteoporose. Unzweifelhaft ist die multimodale Prophylaxe der Osteoporose der wichtigste Faktor zur Vermeidung von osteoporoseassoziierten Fakturen, wobei derzeit in deren Umsetzung leider noch große Defizite bestehen und Managementprogramme erst entwickelt werden [21]. Für die Osteosynthesen am proximalen Femur scheinen sich in den konventionellen Techniken bezüglich der Osteosynthese der Frakturen bis zur Ausheilung biologische Grenzen aufzubauen. Die Komplikationsprophylaxe ist auf chirurgische Aspekte wie Technik und Implantate beschränkt. Eine präoperative Messmethode zur Erkennung voraussagbarer Komplikationen ist wünschenswert.
Die Rate für das „cutting out“ der Kraftträger im Schenkelhalskopfsegment wird von verschiedenen Autoren unterschiedlich hoch angegeben und ist auch im direkten Vergleich von PFN und Gammanagel nicht durchgängig zugunsten eines Implantats angegeben. Bei der Betrachtung der Ergebnisse sollten nur neuere Arbeiten Beachtung finden, da ältere sich noch auf die Nägel der 1. Generation (mit deren Fehlern) beziehen („Z-effect“, reversed „Z-effect“, „knife-effect“ beim PFN, Femurfrakturen beim Gammanagel). Herrera et al. [16] beschreiben in einer randomisierten klinischen Untersuchung eine höhere Cutting-out-Rate beim Gammanagel, während höhere Raten an sekundären Varusdislokationen für den PFN beschrieben werden. Nachvollziehbare Erklärungen für diese Phänomene gibt es nicht. Die Untersuchungen am PFN A sind bezüglich des „cutting out“ anhand des Belastungsmodells und der angewandten Methodik (Kunstknochen) nicht übertragbar und sind z. T. klinisch bereits widerlegt [26].
Die immer wieder diskutierte Rolle der Rotation des Schenkelhalskopffragments tritt unter Normalbedingungen bei ausreichender Knochendichte erst in der Endphase der Belastbarkeit, kurz vor dem Osteosyntheseversagen auf und ist eher als ein Epiphänomen anzusehen (3 Fälle >10°, 1 Fall <2°). Sie kann, wie Lenich et al. 2005 [18] untersucht haben, nur bei exzentrischer Lage des zentralen Kraftträgers eine Rolle spielen und ein „cutting out“ begünstigen (3 mm außerhalb der Achse). Alle Implantate ohne „cutting out“, also auch der nicht rotationsgesicherte TGN zeigten keine Hinweise auf nennenswerte Rotationsvorgänge unter Belastung.
Bei intramedullären Verfahren werden Komplikationsraten von bis zu 31,7% akzeptiert, eine Zahl, die für extramedulläre Verfahren inakzeptabel wäre, obwohl die Vorteile für die intramedullären Verfahren nur bei den A2- und A3-Frakturen vermutet werden können [17]. Brammar et al. [9] stellen beide Verfahren gerade für diese Frakturtypen auf eine Ebene und finden keine Unterschiede in den Ergebnissen. Die Diskussion wird also weitergehen.
In den vorliegenden Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die gängigen intra- und extramedullären Implantate in einem realitätsnahen Frakturmodell bei ausreichender Knochendichte volle Belastungsstabilität bis zur Frakturheilung gewährleisten. Nach Osteosynthese mit dem PFN konnte auch unter den speziellen Bedingungen einer Defektzone im Abstützungsbereich dorsomedial mit Rotationspunkt der Belastung oberhalb der Kreuzungsstelle Schenkelhalsachse/Schenkelhalsschraube bei ausreichender Knochendichte kein Cutting-out-Verhalten provoziert werden (extrem instabiles Frakturmodell). Sämtliche „cutting outs“ traten bei den Präparaten mit geringster Knochendichte und einmal bei einer zu kurz gewählten Schraube auf. In 2 Fällen mit dem extrem instabilen Frakturmodell waren auf Höhe des Schafts Fissuren auffällig, ein Phänomen, das anzeigt, dass dieses Frakturmodell für die Simulation einer Vollbelastung zu extrem gewählt war und eine instabilere Situation darstellt, als die klinische. Das A2.3-Frakturmodell ist das realitätsnähere Modell und sollte für solche Untersuchungen in Zukunft verwendet werden.
Die Werte der Knochendichte, die im Zentrum des Femurkopfes gemessen wurden, lagen für die Präparate mit „cutting out“ ohne technische Fehler bei 0,25 g/cm3 (entspricht etwa 120 mg/cm3 Hydroxylapatit). Leider waren in den 4 Gruppen mit jeweils 8 Präparaten nur 4 in diesem niedrigen Bereich und der Abstand zu den nicht versagenden Präparaten sehr groß (>0,34 g/cm3 bzw. >170 mg/cm3 Hydroxylapatit), sodass eine scharfe Grenze nach unseren Ergebnissen noch nicht oder nur vorsichtig formuliert werden kann. Erfahrungswerte aus der Literatur liegen bisher nicht vor.
Eine wesentliche Frage, die in diesem Zusammenhang gestellt werden muss ist, wo die Knochendichte gemessen werden soll, wenn sie die beste Voraussagekraft für ein Cutting-out-Verhalten haben soll. Es liegen zahlreiche Untersuchungen zu der besten Korrelation zwischen Knochendichte am proximalen Femur und Frakturentstehung am Schenkelhals vor, allerdings ohne eindeutige Aussage, in welcher Messregion die Korrelation am Größten ist (im Kopfzentrum, pertrochantär oder im Schenkelhals), [4, 12, 19, 20].
In einer Arbeit wurden auch die Zusammenhänge zwischen Knochendichte und Penetration einer Schenkelhalsschraube untersucht und eindeutige Zusammenhänge festgestellt, jedoch in einem unrealistischen Frakturmodell und unter Eingrenzung der besten Messregion [25].
In einer eigenen Untersuchung wurden Schenkelhalsfrakturen an Kadaverfemora standardisiert erzeugt und eine Korrelation zur extrakortikalen Knochendichte in verschiedenen ROI in 3D-QCT-Untersuchungen in der Längsachse des Schenkelhalses hergestellt. Die beste Korrelation ergab sich mit r=0,74 für die Knochendichte im Zentrum des Oberschenkelkopfes. Die Dichtewerte in dieser Region übertreffen diejenigen aller anderer ROI um ein Mehrfaches [7]. Diese Messregion zeigte auch für 4 angewandte Osteosynthesen am Schenkelhals bei instabilen Bruchverläufen die besten hochsignifikanten Korrelationswerte [6, 8].
Auch geometrische Maße wie Schenkelhalsdurchmesser oder Kollum-Diaphysen-Winkel haben Einfluss auf Frakturentstehung und -heilung. Von diesen Parametern stellte sich der Durchmesser des Schenkelhalses im a.-p.-Strahlengang vermessen, als der relevanteste Parameter mit der größten Korrelation zur Frakturentstehung dar: je größer der Durchmesser, desto größer die Bruchlast [7]. Durch die mathematische Verbindung der Parameter Knochendichte im Femurkopf und Schenkelhalsdurchmesser konnte nur eine unwesentliche Erhöhung des Korrelationsfaktors auf r=0,78 errechnet werden. Die Tatsache, dass durch Hinzunahme weiterer Parameter kaum eine Steigerung der Korrelation zu Bruchentstehung und -heilung möglich war, beweist, dass das Femurkopfzentrum eine sehr gut geeignete Messstelle für relevante BMD-Werte darstellt.
Der Schenkelhalsdurchmesser war neben der Knochendichte im Oberschenkelkopf auch der verlässlichste Parameter für ein Osteosyntheseversagen: je kleiner der Durchmesser, desto wahrscheinlicher das Versagen [7]. Aufgrund dieser Untersuchungen haben wir für die Messung der Knochendichte eine CT-Analyse im extrakortikalen Femurkopf vorgeschlagen [6].
Die standardisierten DEXA-Messungen haben eine sehr hohe Korrelation zur Knochendichte im Femurkopf und erscheinen damit vorhersagekräftig für die Voraussage eines „cutting out“ (Abb. 6). Yoshihashi et al. [28] haben auf den engen Zusammenhang zwischen DEXA-Messung am Schenkelhals und Osteoporose, besonders auch beim Mann, hingewiesen und empfehlen die Messung bei erhöhtem Risiko für osteoporoseassoziierte Frakturen. Wir können uns aufgrund unserer Ergebnisse diese Anregung nur unterstützen.
Dieser Empfehlung anscheinend widersprechende Ergebnisse von Heetveld et al. [15], die keinen Zusammenhang zwischen klinischer Frakturheilung und präoperativer DEXA-Messung bei Schenkelhalsosteosynthesen beobachten konnten, fordern eine weitere Vertiefung der Untersuchungen dieser Fragestellung, wobei die grundsätzlich möglichen Einflussfaktoren bei der biologisch getrennt zu betrachtenden Schenkelhalsfraktur (unterschiedliche Frakturtypen, Operationszeitpunkt, Reposition, exakte Implantatlage) ausgeschaltet werden müssen.
Wünschenswert wäre nach unseren Ergebnissen die präoperative Bestimmung an der Gegenseite vor dem Entscheid zur operativen Versorgung, um einem drohenden „cutting out“ vorzubeugen. Bei Werten von <0,6 g/cm3 in der DEXA-Mesung wäre eine Augmentation der Implantatverankerung im Femurkopf mit tragfähigem Knochenzement, einer Kalziumphosphatkeramik oder eine primäre prothetische Versorgung eine Behandlungsalternative.
Versuche, die Verankerung der Implantate durch Zementaugmentation zu verbessern, sind experimentell und klinisch Erfolg versprechend, hatten aber signifikant niedrigere Funktionswerte im Verlauf der Beobachtung und wurden verlassen [2, 10]. In der Zukunft sind neue Techniken der Zementaugmentation gezielt über der Tragfläche der Implantate sinnvoll, die keine funktionelle Beeinträchtigung der Hüftgelenkfunktion und der Knochenbruchheilung nach sich ziehen.
Eindeutige Vorteile intramedullärer Implantate gegenüber extramedullären Implantaten oder umgekehrt sind von den Untersuchungen bezüglich des „cutting out“ nicht abzuleiten und aus der Literatur trotz grundsätzlich höherer Belastbarkeit der intramedullären Verfahren nicht erkennbar. Auch gibt es in der Literatur keine eindeutigen Vorteile für ein bestimmtes Design eines intramedullären Kraftträgers [11, 24].
Die vorliegende Untersuchung legt eine Messzone der Knochendichte fest, für die noch keine Vergleichsmessungen, oder Standards existieren. Die hier gefundenen Grenzwerte für die Versagensprognose beruhen auf einer geringen Fallzahl und müssen anhand weiterer experimenteller oder klinischen Untersuchungen eingegrenzt werden.
Fazit für die Praxis
Unter physiologisch simulierten Lastbedingungen kam es bei allen verwendeten Implantaten am Modell einer instabilen A2.3-Fraktur nur am Kadaverknochen mit extrem niedriger Knochendichte im Bereich von 0,6 g/cm3 mit der DEXA-Methode entsprechend zu einem „cutting out“ des Schenkelhalskraftträgers, wenn die Osteosynthese korrekt und anatomisch reponiert ausgeführt wurde. Eine weitere Destabilisierung des Modells verändert diese Ergebnisse nicht, sondern führt zu Schaftfrakturen. Die auf dem Markt befindlichen Standardimplantate (extramedullär DHS und Trochanterstabilisierungsplatte, intramedullär PFN und TGN) erzeugen bei korrekter Reposition und Implantationstechnik eine sofortige volle Belastbarkeit bei instabilen proximalen Femurfrakturen vom Typ A2.3, es sei denn, die Knochendichte im Femurkopf des Präparats ist zu gering. Die DEXA-Messung am Schenkelhals ergibt in einer kleinen Serie sehr gute Vorhersagewerte für ein Implantatversagen und hat eine hohe Korrelation zur QCT-Messung am Femurkopf.
Es bedarf weiterer Untersuchungen mit dieser Fragestellung und standardisierter Messtechnik zur genaueren Festlegung des Cut-off-Wertes der Knochendichte, die eine Osteosynthese als nicht mehr Erfolg versprechend voraussagt, da die Zahl der von uns getesteten Präparate mit „cutting out“ relativ gering war und eine große Spanne zwischen Versagern und Nicht-Versagern bezüglich der Knochendichte vorgelegen hat (QCT gemessen: 0,26–0,34 g/cm3, DEXA<0,6 g/cm3).
Das gewählte Modell ist geeignet, zukünftige Implantate zu testen. Die erzielten Belastungen an Femur und Knie sind realitätsnah und die „cutting outs“ identisch mit den klinischen Röntgenbildern.
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Bonnaire, F., Weber, A., Bösl, O. et al. „Cutting out“ bei pertrochantären Frakturen – ein Problem der Osteoporose?. Unfallchirurg 110, 425–432 (2007). https://doi.org/10.1007/s00113-007-1248-0
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00113-007-1248-0