Eine seltene Form der Meniskusläsion sind Verletzungen im Bereich der Meniskusinsertion im Bereich des Tibiaplateaus. Basierend auf einer retrospektiven Studie wird die Häufigkeit mit 9,8% (26 von 164 Fällen) lateraler Avulsionsverletzungen und 3% (8 von 264 Fällen) medialer Avulsionsverletzungen im Hinterhornbereich angegeben [1]. Aufgrund der Lokalisation und der schweren Zugänglichkeit im Hinterhornbereich können diese Läsionen bei der arthroskopischen Operation leicht übersehen werden. Die klinischen Symptome sind unspezifisch, radiologische Kriterien für die MRT-Diagnostik fehlen. Häufig ergibt die Anamnese ein länger zurückliegendes Knieverdrehtrauma, mit therapieresistenten belastungsabhängigen Schmerzen im lateralen Kompartiment. Ein möglicher iatrogener Verletzungsmechanismus ist eine Verletzung des Hinterhorn aufgrund eines posterior angelegten tibialen Tunnels bei einer vorderen Kreuzband- (VKB-)Rekonstruktion.

Im Hinterhornbereich sind Avulsionsverletzungen der Insertion selbst arthroskopisch schwierig zu diagnostizieren, da das Meniskusgewebe nahezu unversehrt sein kann. Degenerative Knorpelschäden beim jungen Menschen bei intaktem Restmeniskus können jedoch als indirektes Zeichen einer solchen Läsion angesehen werden (Abb. 1). Selbst bei intaktem Restmeniskus können Avulsionsverletzungen im Bereich der Insertion negative Folgen für den hyalinen Gelenkknorpel haben. Ziel dieses Beitrags ist es, eine Technik zu transossären arthroskopischen Refixation des Außenmeniskushinterhorns vorzustellen.

Abb. 1a
figure 1

Knorpelschaden bei einem 26-jährigen Patienten 3 Jahre nach einem Knieverdrehtrauma. b Trotz MRT-Diagnostik wurde die Avulsionsverletzung im Bereich des Meniskushinterhorns übersehen

Operative Technik

Die Zugänge zum Gelenk müssen so gewählt werden, dass die Menisken problemlos erreicht werden können. Es sind insgesamt 3 vordere Zugänge notwendig (Abb. 2). Zur Inspektion des medialen und lateralen Kompartiments bietet sich der hohe anterolaterale Zugang an. Zusätzlich müssen 2 tiefe vordere Arbeitszugänge geschaffen werden. Diese Zugänge sind zum Einbringen des Zielgeräts und zum Fadenmanagement notwendig. Die Arbeitszugänge werden für im Übergangsbereich von Pars intermedia zum Vorderhorn mithilfe einer Nadel unter Sicht suprameniskal platziert. Liegt dieser Zugang zu hoch kann das Meniskushinterhorn nicht oder nur mit Schwierigkeiten erreicht werden.

Abb. 2
figure 2

Schematische Zeichnung der Zugänge. Zur Inspektion eignet sich ein hohes anterolaterales Portal (1). Die vorderen Zugänge lateral (2) und medial (3) werden unter Sicht angelegt, um den Fadentransfer im Hinterhorn zu gewährleisten

Es erfolgt zunächst die Tasthakenprobe zur Diagnostik. Ist die Entscheidung zur Refixation gefallen, erfolgt zunächst die Anfrischung des subchondralen Knochens mit einem 45° abgewinkelten Mikrofrakturierungsmeißel und die Anfrischung des Meniskushinterhorns. Dieses und die weiteren Schritte der Operation kann am besten mit dem Kniegelenk in der 4er-Position durchgeführt werden. Hierbei ist das laterale Hinterhorn leichter zugänglich. Dann wird über den medialen Zugang ein Kreuzbandzielgerät eingebracht (Abb. 3). Dieses wird so platziert, dass der Kirschner-Draht im Insertionsgebiet des Meniskus zu liegen kommt. Zum Einbringen des Kirschner-Drahtes muss am medialen Tibiakopf ähnlich wie bei der Kreuzbandersatzplastik ein ca. 2 cm langer Zugang angelegt werden. Nach Einbringen des Kirschner-Drahtes wird das Zielgerät entfernt und der Kirschner-Draht wird anschließend mit einem kanülierten Bohrer (Stärke 4,5 mm) überbohrt (Abb. 3). Durch das Aufbohren auf diese Größe wird ein Fadentransfer durch den tibialen Tunnel vereinfacht. Jetzt wird das Meniskushinterhorn mit einem kanülierten Nahtinstrument perforiert und mithilfe einer Fadenschlaufe der Nahtfaden (z. B. Polyester Stärke 2) durch den Meniskus geführt. Es empfiehlt sich 2 Nähte zu legen, um eine biomechanisch sichere Verankerung sicherzustellen.

Abb. 3a
figure 3

Einbringen des Zielgeräts, b Bohren des Kirschner-Drahtes, c überbohren mit einem 4,5-mm-Bohrer, d Penetration des Außenmeniskushinterhorns mit einem kanülierten Nahtinstrument zum Durchfädeln einer Fadenschlaufe, e Ausleiten der Nahtfäden aus dem tibialen Kanal, f Tasthakenprobe

Bei der Penetration des Meniskusgewebes mit dem Nahtinstrument sollte darauf geachtet werden, dass eine ausreichende Menge an Meniskusgewebe gegriffen wird, da es sonst zu einem Durchschneiden der Fäden durch das zu refixierende Meniskusgewebe beim Fadentransfer kommen kann. Beide Fäden werden über den anterolateralen Zugang ausgeleitet (Abb. 3). Dann wird über den tibialen Bohrkanal ein Kirschner-Draht mit Öse, in die eine Fadenschlaufe (z. B. Prolene 1) eingelegt wurde, in das Gelenk eingebracht. Die Nahtfäden werden nun durch die Fadenöse geleitet, indem sie mit einer Fasszange über den medialen Zugang ausgeleitet werden. Über die Fadenschlaufe werden die Nahtfäden anschließend über den tibialen Tunnel ausgeleitet, wo sie über einen femoralen Fixationsbutton (FlipTak, Karl Storz, Tuttlingen) verknotet werden. Zum Schluss erfolgt die intraartikuläre Stabilitätsprüfung mit dem Tasthaken (Abb. 3).

Nachbehandlung

In der Frühphase werden lokale antiphlogistische Maßnahmen (Kühlung, Hochlagerung) durchgeführt. Auf NSAR wird verzichtet, da diese Medikamente die knöcherne Einhelung stören können.

Da über die Stabilität der Refixation der Meniskusinsertion keine Angaben bestehen, erfolgt eine 6-wöchige Belastung mit 20 kg Teilkörpergewicht. Zusätzlich werden die Patienten mit einer beweglichen Knieorthese versorgt (0/0/60°).

Diskussion

Avulsionsverletzungen der Meniskusinsertionen sind seltene aber folgenschwere Verletzungen. Ihnen wurde in der Literatur bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Aufgrund der funktionellen Bedeutung der Meniskusinsertionen sehen wir bei Vorliegen solch einer Verletzung die Indikation zur Refixation. Bei der Verteilung des Gelenkdruckes spielen die Insertionen des Meniskus am Tibiaplateau eine wichtige Rolle [2]. Durch die Resultierende, die jeweils im rechten Winkel zur die femoralen und tibialen Meniskusoberfläche steht, entsteht eine radiäre Kraft, die den Meniskus nach außen schiebt (Abb. 4). Einer Verschiebung nach außen kann der Meniskus jedoch nicht nachgeben, da er im Bereich von Vorder- und Hinterhorn am Tibiaplateau fixiert ist. Auf diese Weise entstehen zirkuläre Ringspannungen, die über die Insertionszonen auf die Tibia übertragen werden [2]. Ist dieser Mechanismus z. B. im Falle einer Avulsionsverletzung gestört, so kann auch der Restmeniskus nur noch einen Teil seiner Funktionen wahrnehmen. Als Folge können hieraus degenerative Knorpelschäden entstehen [2, 3, 4]. Da der laterale Meniskus einen wesentlich größeren Anteil der tibialen Gelenkfläche bedeckt, manifestieren sich degenerative Gelenkschäden im lateralen Kompartiment nach Meniskusentfernung bereits nach wenigen Jahren [2, 3, 4]. Aus diesem Grunde sollte im Falle einer Avulsionsverletzung versucht werden, den Meniskus zu erhalten [5, 6, 7, 8].

Abb. 4
figure 4

Durch die Resultierende, die jeweils im rechten Winkel zur femoralen und tibialen Meniskusoberfläche steht, entsteht eine radiäre Kraft, die den Meniskus nach außen schiebt. Einer Verschiebung nach außen kann der Meniskus jedoch nicht nachgeben, da er im Bereich von Vorder- und Hinterhorn am Tibiaplateau fixiert ist. Auf diese Weise entstehen zirkuläre Ringspannungen, die über die Insertionszonen auf die Tibia übertragen werden

Im Schrifttum finden sich jedoch nur wenige Angaben zur Versorgung dieser Läsionen [1, 9, 10]. Die im vorliegenden Beitrag vorgestellte Technik erlaubt eine arthroskopische transossäre Fixierung von Avulsionsverletzungen des Meniskushinterhorns. In der Literatur ist eine Assoziation von Avulsionsverletzungen des Meniskus mit komplexen Knietraumen beschrieben [9, 10]. Eine mögliche Diagnose kann durch eine genaue Betrachtung der T2-gewichteten MRT-Sequenzen [4]. Hier soll ein Flüssigkeitssignal an der Unterfläche des Meniskushinterhorns als Zeichen einer Ablösung gelten („floating meniscus“) [10].

Theoretisch kann eine konservative Therapie einer Avulsionsverletzung zum Einheilen führen. Über eine Spontanheilung der Avulsionsverletzung der Meniskusinsertion gibt es in der Literatur keine Angaben. Deshalb kann über den Erfolg einer konservativen Therapie nur spekulative Angaben gemacht werden. Wir empfehlen diese Operation grundsätzlich bei Vorliegen einer Avulsionsverletzung durchzuführen, da die Funktion der Menisken in hohem Maße von ihrer Verankerung am Tibiaplateau abhängt.

Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg einer Meniskusnaht ist die Stabilität des Kniegelenks [4, 5, 7, 8]. Verschiedene Autoren konnten zeigen, dass die Rerupturraten bei instabilen Kniegelenken signifikant höher sind als bei stabilen Kniegelenken [4, 5, 7, 8]. Die besten Ergebnisse werden bei gleichzeitigem Ersatz des VKB beschrieben. Aus diesem Grunde sollten auch Avulsionsverletzungen bei Instabilität in Kombination mit einer Ersatzplastik des VKB durchgeführt werden [4, 5, 7, 8].

Fehler der Operationstechnik betreffen hauptsächlich die Zugangswege. Liegt der Zugang nicht unmittelbar über der Meniskusbasis kann besonders der Hinterhornbereich nur schwierig mit arthroskopischen Instrumenten erreicht werden. Weiterhin ist wichtig, dass die Zugänge dicht neben dem Lig. patella liegen. Zur Beurteilung von assoziierten Schäden und zur Visualisierung kann ein posteromedialer oder posterolateraler Zugang sehr hilfreich sein. Aus diesem Grunde sollte der Arbeitszugang vor der Inzision mit einer Kanüle getestet werden. Sollten subkutane Brücken bestehen bleiben, besteht die Gefahr, dass die Haut beim Knoten der Fäden eingezogen wird. Das Vorbohren des Kirschner-Drahtes sollte unter arthroskopischer Kontrolle in der 4er-Position geschehen. Wird der Kirschner-Draht zu weit oder nicht unter Sicht gebohrt kann er im Bereich der Fossa poplitea austreten und dort zu Gefäß- und Nervenverletzungen führen. Aus diesem Grunde sollte der Kirschner-Draht nicht die geringste Verbiegung aufweisen und unter Sicht der Kirschner-Draht bis zum Zielgerät vorsichtig vorgebohrt werden.

Eine mögliche Ursache für eine Avulsionsverletzung im Bereich des Außenmeniskushinterhorns ist eine iatrogene Verletzung bei der Anlage eines zu posterioren und zu lateralen tibialen Bohrkanals bei einer VKB-Plastik. Bei einer Einzelbündelrekonstruktion wird in der Literatur empfohlen den tibialen Kanal im posterioren Anteil der VKB-Insertion anzulegen [11].

Bei einem großen Transplantatdurchmesser kann es zu einer Verletzung des Meniskusgewebes kommen. Ebenso kann es bei einer Ruptur des VKB zu einer Avulsionsverletzung des Außenmeniskus kommen. Die Fasern des posterolateralen Bündels können bis zur Insertion des Außenmeniskus reichen [12]. Die Avulsionsverletzung kann jedoch auch ohne eine Ruptur des VKB auftreten. Bei einer Ruptur des VKB ist die Versorgung der Avulsionsruptur des Außenmeniskus erleichtert, da die Insertion des Außenmeniskus leichter zugänglich ist. Bei einer gleichzeitigen Versorgung des VKB mit Anlage von Bohrkanälen kann das Einheilen der Avulsionsverletzung aufgrund des Einstroms von Zytokinen in verbessert sein [13, 14].