Zusammenfassung
Fragestellung.
Beckenverletzungen können eine vitale Bedrohung darstellen, was sofortiges operatives Handeln erfordert. Eine Literaturübersicht soll hierzu aktuelle Empfehlungen gegenüberstellen.
Methodik.
Klinische Studien wurden über systematische Literatursuchen (Medline, Cochrane und Handsuchen) gesichtet und nach Klassifikation und Evidenzgüte (nach Oxforder Schema) zusammengetragen.
Ergebnisse.
Aus der Literaturübersicht lassen sich weitestgehend übereinstimmende Empfehlungen bezüglich der Dringlichkeit der operativen Versorgung und der Kreislaufstabilisierung bei komplexen Beckenverletzungen ableiten. In Diskussion ist die Art der Notfallstabilisierung (Fixateur externe oder Beckenzwinge), Art und Umfang der Röntgendiagnostik (Nativ und/oder nur CT) und die Art der Blutstillung (Tamponade oder Embolisation).
Schlussfolgerungen.
Das Schockraummanagement bei Beckenverletzungen beinhaltet in erster Linie die Therapie einer vitalen Bedrohung, die von einer komplexen Beckenverletzung ausgehen kann. Hierzu stehen verschiedene Methoden zur Auswahl, einheitlich ist das Prinzip der parallelen Kreislaufstabilisierung und mechanischen Stabilisierung des Beckenrings.
Abstract
Objective.
Injuries to the pelvis may occur as a life threatening situation which then requires immediate surgical treatment. A review of the literature represents the range of current recommendations.
Methods.
Clinical trials were systematically collected (Medline, Cochrane and hand searches) reviewed and classified into evidence levels (1 to 5 according to the Oxford system).
Results.
According to the literature there is a consent that immediate resuscitation and surgical intervention is essential in complex pelvic fractures. In contrast the way of emergency stabilization of the pelvis (fixateur externe or c-clamp) is still under discussion as well as the radiological diagnostic (x-ray or CT) and the way of bleeding control (tamponade or embolization).
Conclusion.
Emergency management of pelvic fractures means treatment of a life threatening injury in first place. Although there are different methods that can be used, they all follow the same principle of resuscitation and mechanical stabilization of the pelvis in parallel.
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Bei Verletzungen des Beckens ist es entscheidend, frühzeitig nach Einlieferung des Patienten in die Klinik zu erkennen, ob es sich um eine vital bedrohliche Verletzung handelt oder aber um eine einfache Fraktur, die elektiv operativ versorgt werden kann oder vielleicht sogar konservativ zu behandeln ist.
Das komplexe Beckentrauma ist selten. Nur bei 10% aller Beckenfrakturen liegt eine komplexe Beckenverletzung vor und nur knapp 3% aller Beckenfrakturen sind begleitet von einer vital bedrohlichen Blutung. Hingegen liegt die Letalität komplexer Beckenfrakturen bei 20% und steigt bei initialer Kreislaufinstabilität auf 33% (Abb. 1). In einer Post-mortem-Studie bei Verkehrstoten kam Adams [1] zu dem Schluss, dass die tatsächliche Letalität dieser schweren Beckenverletzungen wahrscheinlich noch höher liegt, da viele der am Unfallort Verstorbenen u. a. auch schwere Beckenfrakturen erlitten hatten. Um diese schweren Verletzungen nicht zu übersehen oder zu unterschätzen, ist es sinnvoll die Maßnahmen im Schockraum nach einem festen Ablaufschema vorzunehmen, in welchem die Untersuchung des Beckens einen festen Bestandteil darstellt.
Notwendige diagnostische und therapeutische Maßnahmen sind hinreichend beschrieben und unterliegen weiterhin der aktuellen Diskussion. Daher erscheint es erforderlich, für bestimmte Kernfragen eine systematische Literaturübersicht zu erarbeiten, um für die Behandlung eines im Schockraum eingelieferten Patienten mit fraglicher Beckenverletzung die Maßnahmen herauszuarbeiten, die derzeit den höchst möglichen bewiesenen positiven Effekt (Evidenzlevel) auf das Outcome des Patienten haben. Folgende wesentliche Kernfragen wurden zu diesem Zweck formuliert und im Rahmen einer Literaturübersicht bearbeitet:
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Was ist unter einer vital bedrohlichen Beckenverletzung zu verstehen, wann sollte eine solche Verletzung vermutet werden?
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Welche klinischen Untersuchungen und diagnostischen Maßnahmen sind zur Abklärung einer Beckenverletzung erforderlich?
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Wann ist von einer instabilen Beckenfraktur auszugehen?
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Welchen Stellenwert hat eine begleitende Kreislaufinstabilität?
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Wann ist eine Notfallstabilisierung bzw. -operation indiziert und wie ist diese durchzuführen?
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Wann ist eine Embolisation indiziert?
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Gibt es Besonderheiten beim Kind bzw. älteren Menschen?
Methodik
Zu den einzelnen Teilaspekten des Themas „Schockraummanagement der Beckenverletzungen“ erfolgten Literatursuchen in Medline und der Cochrane Library über zuvor festgelegte Schlagwörter (Tabelle 1), welche sich aus den Kernfragen ableiten ließen.
Die Suche wurde im Januar 2004 letztmalig aktualisiert und ergab in der Schnittmenge eine Gesamtanzahl von 1090 Treffern, die als Abstracts komplett durchgesehen wurden. Potenziell relevante Artikel wurden in Kopie beschafft. Hierbei wurden die Suchstrategien modifiziert, wenn bekannte Schlüsselarbeiten in der Suche nicht erfasst worden waren. Ergänzt wurde die Datenbankrecherche dann durch eine Handsuche in nicht datenbankindexierten Zeitschriften und Büchern. Ferner wurden die Literaturverzeichnisse aller potenziell relevanten Artikel durchgesehen. Als themenrelevant wurden 52 Publikationen ausgewählt, in dieser Arbeit werden 38 Publikationen zitiert.
Den inhaltlich relevanten Artikeln wurden entsprechend ihres Studiendesigns Evidenzlevel (EL) zugeordnet. Die Graduierung erfolgte nach Sackett et al. [39] separat für Studien zu Therapie- bzw. Diagnosefragen, bzw. nach dem Schema des Centre for Evidence-based Medicine in Oxford (http://www.cebm.net/levels_of_evidence.asp). Inhaltlich relevanten Artikeln wurde entsprechend ihres Studiendesigns ein Evidenzlevel zugeordnet. Das Projekt wurde teilweise von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt (Nr. NE385/5-3).
Ergebnisse
Initiale Beurteilung
Das kreislaufinstabile Polytrauma mit externer oder interner pelviner Massenblutung stellt eine akut lebensbedrohliche Situation dar. Eine Alternative zur sofortigen operativen Blutstillung sowie forcierter Blutsubstitution existiert nicht. Daher muss möglichst früh innerhalb der ersten Minuten nach Ankunft im Schockraum eine lebensbedrohliche Beckenverletzung ausgeschlossen werden.
Die Untersuchung des Beckens im Hinblick auf Stabilität und äußere Verletzungszeichen sowie die Inspektion des Abdomens durch eine Sonographie sind die Vorraussetzungen zur Diagnosestellung. Da ein Überrolltrauma in ca. 80% mit einer Beckenfraktur verbunden ist, sollten die näheren Umstände des Unfallereignisses in Erfahrung gebracht werden.
Folgende Definitionen für die schwerste Art der Beckenfraktur mit vitaler Bedrohung sind üblich:
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„In-extremis-Beckenverletzung“: externe pelvine Massenblutung wie z. B. bei traumatischer Hemipelvektomie oder „Crushverletzung“ nach schwerem Überrolltrauma (Abb. 2),
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Komplextrauma des Beckens bzw. Azetabulum: Becken- bzw. Azetabulumfrakturen, -luxationen mit zusätzlichen peripelvinen Verletzungen des Haut-Muskel-Mantels, des Urogenitalsystems, des Darms, der großen Gefäße und/oder der großen Nervenbahnen,
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Komplextrauma Becken (modifiziert nach Pohlemann): analog s. oben mit pelvinen Blutungen aus zerrissenen Beckenvenen inklusive venösem Plexus,
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traumatische Hemipelvektomie [27]: ein- oder beidseitiger Abriss des knöchernen Hemipelvis in Kombination mit der Zerreißung der großen intrapelvinen Nerven- und Gefäßbahnen,
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pelvin bedingte Kreislaufinstabilität (Bedeutung des initialen Blutverlust, z. B. >2000 ml nach Bone [6] bzw. >150 ml/min nach Trunkey [37].
Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass bei Eintreffen des Patienten in der Klinik initial eine akut lebensbedrohliche Beckenverletzung ausgeschlossen werden muss. Hierzu reicht meist eine kurze Inspektion des Beckens sowie eine Beurteilung der Kreislaufsituation aus. Angaben zum Unfallmechanismus können hilfreich sein.
Primäre Diagnostik bei Verdacht auf Beckenverletzungen
Klinische Untersuchung
Wenn der Patient nicht akut lebensdrohlich verletzt ist, kann die körperliche Untersuchung ausführlich durchgeführt werden. Sie besteht aus einer äußeren Inspektion und Palpation des Beckenbereichs von ventral und dorsal. Die Untersuchung umfasst die äußerliche Suche nach Prellmarken oder Hämatomen, die Prüfung der Beckenstabilität und die Inspektion der Orifizien mit vaginaler und rektaler Untersuchung. Allein die klinische Untersuchung vermag mit einer Spezifität von 99% und einer Sensitivität von 44% Beckenfrakturen zu identifizieren [23].
In der Entscheidungsfindung muss die Kreislaufsituation prioritäre Beachtung finden: Laut den Daten von Miller [20] lässt sich bei Nichtansprechen des Blutdrucks auf die Volumentherapie mit einer 30%igen Spezifität auf eine relevante intrapelvine Blutung schließen. Im Umkehrschluss lässt sich bei einem Blutdruck von über 90 mmHg mit hoher Sicherheit eine relevante Blutung ausschließen (negativer Vorhersagewert 100%).
Bildgebende Diagnostik
Die Röntgendiagnostik sollte mindestens aus einer a.p.-Aufnahme bestehen, die dann ggf. um Inlet-/Outlet- oder Schrägaufnahmen nach Judet ergänzt wird. Young [38] beschreibt, dass allein in der Becken-a.p.-Aufnahme 94% aller Beckenfrakturen richtig klassifiziert werden. Edeiken-Monroe [11] gab diese Trefferquote mit 88% für die Becken-a.p.-Aufnahme an. Petrisor [25] fand, dass die Judet-Aufnahmen meist keinen relevanten Informationsgewinn bringen.
Zum Vergleich der CT- und Röntgendiagnostik im Hinblick auf Beckenfrakturen liegen mehrere Studien vor. In einer retrospektiven Studie von Berg [4] ließen sich 66% aller Beckenfrakturen im a.p.-Röntgenbild erkennen, während diese Rate bei CT-Diagnostik mit axialen 10-mm-Schnitten bei 86% lag. Auch die Inlet-/Outlet-Aufnahmen erreichten nur eine Trefferquote von 56%. Auch die Studie von Harley [18] fand eine höhere Sensitivität der CT-Diagnostik v. a. im Erkennen von Frakturen des Sakrum und Azetabulum. Resnik et al. [29] beschrieb zwar auch, dass die einfache Röntgendiagnostik 9% der Frakturen übersieht, merkten aber an, dass diese nicht gesehenen Frakturen klinisch nicht relevant waren. Stewart [33] empfiehlt entgegen, dass bei ohnehin geplanter Computertomographie das Nativröntgen unterlassen werden sollte.
Auch zu den verschiedenen Modalitäten der CT-Diagnostik liegen eine Reihe von Studien vor, die den Schluss nahe legen, dass eine 3D-Rekonstruktion und insbesondere die multiplanare Rekonstruktion einen deutlichen Informationsgewinn bringen und die Vorstellung über das Verletzungsausmaß erleichtern [15].
Besonders vorteilhaft im Rahmen der modernen CT-Diagnostik ist die Möglichkeit der parallelen Gefäßdarstellung durch Kontrastmittel.
Durch eine spezielle Software ist anschließend die gleichzeitige Betrachtung von Knochen und Gefäßverlauf, ggf. auch in einem Bild möglich [15].
Die aktuelle Methodik der Multi-Slice-Technik der Computertomographie wird in nächster Zukunft auch die Diagnostik von Beckenfrakturen noch verbessern und beschleunigen. Über die Wertigkeit dieser Technik im Vergleich zu konventionellen Röntgenaufnahmen und der herkömmlichen CT-Diagnostik gibt es bisher jedoch noch keine validen Daten.
Naturgemäß kann das Nativröntgenbild bei der Diagnose von Blutungen aus den Beckengefäßen wenig helfen. Lediglich in den Fällen, in denen sich im Röntgen keine Fraktur nachweisen lässt, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit eine solche Blutung ausschließen. Einzelne Studien haben untersucht, inwieweit man über eine Klassifikation der Frakturen anhand der konventionellen Röntgendiagnostik auf Gefäßläsionen schließen kann. So fand Dalal [10] einen signifikant höheren Volumenbedarf v. a. bei schwersten anterioposterioren Beckenfrakturen, was sich aber auch über die intraabdominellen Verletzungen erklären ließe.
Daneben gibt es Zahlen zum Vergleich von CT und Angiographie in der Diagnostik relevanter Beckenblutungen: In der Studie von Pereira [24] zeigte sich für das dynamische helikale CT eine Treffsicherheit über 90% im Erkennen von pelvinen Blutungen, die der Embolisation bedurften. Analog berichtet auch Miller [20] über eine Sensitivität und Spezifität von 60% bzw. 92%.
Blackmore [5] schlug vor, ab einer Kontrastmittelexvasation im CT von 500 ml oder mehr auf eine intrapelvine Blutung zu schließen. Für diesen Zusammenhang ergab sich bei der Analyse von 759 Patienten eine hochsignifikante Assoziation mit einem RR von 4,8 (95%-KI 3,0–7,8). Bei einem Extravasat von über 500 ml liegt somit in fast der Hälfte der Fälle eine Blutung vor. Sofern aber weniger als 200 ml Extravasat sichtbar sind, kann man zu 95% davon ausgehen, dass keine Blutung vorliegt. Sheridan [30] berichtet, dass sich die Blutung auch im Nativ-CT abschätzen lässt, da eine Korrelation zwischen Hämatomabbildung und Blutung ab einer Größenausdehnung von mehr als 10 cm2 im CT besteht.
Klassifikation der Verletzungen
Anhand der bildgebenden Diagnostik sollten die Verletzungen des knöchernen Beckens klassifiziert werden. Eine genaue Klassifikation der Beckenfraktur ist die Grundlage für eine prioritätenorientierte Therapie [9]. Auch bei dem vital bedrohten Patienten sollte so bald als möglich diese Klassifikation vorgenommen werden. Hierbei ist die Klassifikation der Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese üblich, die nach Tile 3 Gruppen unterscheidet:
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Stabile A-Verletzungen mit osteoligamentärer Integrität des hinteren Beckenrings und intaktem Beckenboden; das Becken kann physiologischen Belastungen ohne Dislokation widerstehen.
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Rotationsinstabile B-Verletzungen mit partiell erhaltener Stabilität des hinteren Beckenrings.
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Translationsinstabile C-Verletzungen mit Unterbrechung aller posterioren osteoligamentären Strukturen und auch des Beckenbodens. Die Dislokationsrichtung (vertikal, posterior, Distraktion, zusätzliche Rotation) spielt eine untergeordnete Rolle. Der Beckenring ist somit anterior und posterior unterbrochen, die betroffene Beckenhälfte instabil.
Der Begriff komplexe Beckenfraktur gilt für alle knöchernen Verletzungen des Beckens mit einer gleichzeitig vorliegenden Verletzung von holoviszeralen Organen des Beckens oder Verletzungen von Nerven und Gefäßen oder der harnableitenden Harnwege.
Ferner ist es hilfreich, offene und geschlossene Beckenverletzungen zu unterscheiden. Als offen bezeichnet man eine Beckenverletzung in folgenden Situationen:
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primär offene Beckenfrakturen: definitionsgemäß direkte Verbindung zwischen dem Knochenbruch und der Haut bzw. Schleimhaut der Vagina oder des Anorektum,
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geschlossene Beckenfraktur mit einliegenden Tamponaden zur Blutstillung,
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geschlossene Beckenläsion mit dokumentierter Kontamination des Retroperitoneums aufgrund einer intraabdominellen Verletzung.
Dagegen sind Beckenfrakturen mit alleiniger Läsion von Harnblase oder Urethra nicht als offen zu bezeichnen aber als komplex.
Das Becken des Patienten muss klinisch untersucht werden. Die Untersuchung umfasst die äußerliche Suche nach Prellmarken oder Hämatomen, die Prüfung der Beckenstabilität und die Inspektion der Orifizien mit vaginaler und rektaler Untersuchung.
Ist aufgrund der klinischen Gesamtschau ein relevantes Beckentrauma (Fraktur oder Blutung) nicht sicher auszuschließen, so muss eine radiologische Diagnostik des Beckens durchgeführt werden, sofern nicht lebensbedrohliche Verletzungen anderer Körperregionen mit höherer Priorität zu behandeln sind.
Zur radiologischen Frakturdiagnostik sollte zunächst ein Nativröntgenbild in a.p. und ggf. in Spezialprojektionen durchgeführt werden. Eine Computertomographie kann anstatt des Nativröntgen durchgeführt werden, sollte aber in erster Linie zur Ergänzung des Nativröntgen und damit zur erweiterten Klassifizierung der Verletzung dienen. Sofern eine intrapelvine Blutung nicht auszuschließen ist, sollte die CT-Diagnostik mit Kontrastmittel erfolgen.
Nachweis einer instabilen Beckenfraktur
Eine Instabilität insbesondere des hinteren Beckenrings ist begleitet durch eine starke Blutungsneigung aus dem präsakralen Venenplexus. Der Nachweis einer Beckeninstabilität sollte eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Kreislaufsituation bewirken. Bei den Instabilitäten wird je nach Aufklappbarkeit der Beckenschaufel—nach innen oder nach außen—zwischen einer Innenrotations- und Außenrotationsinstabilität gesprochen. Bei einer translatorischen Instabilität kann diese in der Horizontalebene als kraniokaudale Instabilität vorliegen oder in sagittaler Richtung als anterior-posteriore Instabilität.
Neben der erhöhten Blutungsgefahr kann die Instabilität zu weiteren Komplikationen wie Thrombose und sekundären Nerven, Gefäß- und Organverletzungen führen. Die letzt genannten Verletzungen können bereits auch schon primär bestehen und müssen im Rahmen der Primärdiagnostik bei instabilen Beckenverletzungen ausgeschlossen werde. Die Instabilität des Beckens ist frühzeitig operativ zu versorgen, wobei dieses je nach Zustand des Patienten zunächst nur im Sinne einer Notfallmaßnahme erfolgen kann oder gleich definitiv, was häufig etwas zeitaufwändiger ist.
In der bildgebenden Diagnostik können Zeichen einer Beckeninstabilität identifiziert werden. Hierzu gehören z. B. eine Erweiterung der Symphyse oder der SI-Fugen. Ebenso sollte ein Versatz der Beckenschaufeln in horizontaler oder vertikaler Richtung als Instabilität gedeutet werden. Zu bedenken ist stets, das die Dislokation im Moment des Unfalls häufig noch drastischer gewesen ist, als im Moment der Diagnostik. So ist die Fraktur des Querfortsatzes des 5. Lendenwirbelkörpers auch als Instabilitätszeichen zu werten, wenn gleichzeitig eine Verletzung des Beckens vorliegt, jedoch in der Bilddiagnostik keine Verschiebung der Beckenschaufel zu erkennen ist.
Die Ausrichtung der Instabilität des Beckens ist wichtig für die Klassifikation. Besteht nur eine Rotationsinstabilität des Beckens über die vertikale Achse des hinteren Beckenrings handelt es sich um die Gruppe der B-Verletzungen. Besteht hingegen eine Translationsinstabilität in vertikaler oder horizontaler Richtung handelt es sich um eine Verletzung der Gruppe C.
Eine instabile Beckenfraktur kann angenommen werden, wenn bei der klinischen Untersuchung eine mehr als 3 cm breite Lücke im Bereich der Symphyse zu tasten ist. Eine Instabilität sollte angenommen werden, wenn sich die Beckenschaufeln bei Kompression in anterior-posteriorer oder in medio-lateraler Richtung bewegen. Bei sichtbarer Fehlstellung der Beckenschaufeln ggf. mit sichtbaren Fragmenten ist ebenfalls von einer Instabilität auszugehen.
Die bildgebende Diagnostik kann Hinweise auf eine Instabilität geben, ist jedoch allein nicht beweisend.
Begleitende Kreislaufinstabilität
Eine instabile Beckenfraktur führt häufig, je nach Grad der Dislokation des hinteren Beckenrings, zu einer starken Blutungsneigung. Wird eine instabile Beckenfraktur in Kombination mit einer Kreislaufinstabilität diagnostiziert, sollte die Beckenfraktur als mögliche Ursache der Kreislaufinstabilität in Betracht gezogen werden. Liegen bei einem Mehrfachverletzten keine weiteren Blutungsquellen vor, ist es umso wahrscheinlicher, dass die Kreislaufinstabilität durch die Instabilität der Beckenfraktur bedingt ist.
Eine Massentransfusion sollte initial begonnen werden. Jedoch ist zur nachhaltigen Blutstillung die Kompression der Blutungsquelle selbst erforderlich. Dies kann durch die Frakturreposition und die damit erreichte Kompression der überwiegend venösen Gefäße erreicht werden. Ein weiterer wesentlicher Schritt ist die chirurgische Blutstillung, diese muss sich unmittelbar anschließen, wenn eine Kreislaufinstabilität trotz der vorherigen Maßnahmen fortbesteht. Die Tamponade mit zusätzlicher Fixation des Beckenrings mit der Beckenzwinge erlaubt die effektive Kontrolle schwerer Blutungen bei polytraumatisierten Patienten mit Beckenringverletzungen [12]. Außer bei schweren Beckenüberrolltraumen kann aber auch die Notfallstabilisierung des Beckens in Kombination mit der Infusionstherapie eine anhaltende Kreislaufstabilisierung bewirken, sodass die Indikation zur chirurgischen Blutstillung neu abzuwägen ist.
Bei Vorliegen einer instabilen Beckenfraktur mit Kreislaufinstabilität muss begleitend zur Kreislaufstabilisierung durch Volumeninfusion und ggf. Bluttransfusion eine Notfallstabilisierung des Beckens erfolgen. Eine chirurgische Blutstillung sollte sich ggf. unmittelbar anschließen, kann aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich sein.
Entscheidung zur Notfallstabilisierung, -operation bei Massenblutung
Zur notfallmäßigen Stabilisierung des Beckens sind nur einfache und rasch anwendbare Verfahren geeignet. Das Umschlingen des Beckens mit einem Tuch ist im Hinblick auf die erreichte mechanische Stabilität dem ventralen Fixateur externe und der Beckenzwinge deutlich unterlegen. Die Beckenzwinge nach Ganz oder ein Fixateur externe unterscheiden sich hingegen in der erreichbaren mechanischen Stabilität in Abhängigkeit des Frakturtyps.
Die Frage, ob der ventrale Fixateur externe (supraazetabulär) oder die Beckenzwinge (Abb. 3) anzuwenden ist, wird weiter kontrovers diskutiert. Bei instabilen Beckenverletzungen des Typ C nach Tile ist die Beckenzwinge (Abb. 4) dem Fixateur externe vorzuziehen, wie biomechanische Untersuchungen nachwiesen [26]. Bei instabilen Beckenverletzungen des Typ B konnten keine nennenswerten Unterschiede zwischen Fixateur externe und Beckenzwinge gezeigt werden. Ebenso liegen bisher keine Untersuchungen zu der Frage vor, welche Methode der Notfallstabilisierung den besten Einfluss auf die Blutstillung hat.
Die Beckenzwinge kommt insgesamt seltener als der Fixateur zum Einsatz, da sie im Vergleich zum Fixateur externe bezüglich der Beckenstabilisierung präliminären Charakter besitzt und nicht ungefährlich in der Anwendung ist. Transiliakale Beckenfrakturen stellen eine Kontraindikation dar, weil die Pins bei Dislokation zu einer Organverletzung im kleinen Becken führen können. Andererseits ist bei dorsalen Instabilitäten durch einen Fixateur externe nicht immer eine zuverlässige Stabilisierung möglich. Siegmeth [31] postuliert, dass ein Fixateur externe bei Instabilitäten des vorderen Beckenrings ausreicht, dass jedoch eine Verletzung des hinteren Beckenrings auch notfallmäßig eine zusätzliche Kompression erfordert. Gleiches forderte auch Trafton [36] schon 10 Jahre zuvor.
Durch eine unmittelbare Reposition der Beckenfraktur im Sinne eines Schließens des Beckenrings verringert sich das intrapelvine Volumen und die Blutung kann verringert werden. Die Blutungen resultieren überwiegend aus dem präsakralen Venenplexus. Die Blutstillung selbst sollte daher chirurgisch vorgenommen werden, in erster Linie durch eine Austamponierung des kleinen Beckens (Ertel [12], prospektive Studie mit 20 Patienten; Abb. 5). Ebenfalls in einer prospektiven Studie mit 150 Patienten zeigte Cook [8] den Vorteil der raschen mechanischen Stabilisierung und anschließenden chirurgischen Blutstillung bzw. Tamponade. Zu ähnlichen Empfehlungen kam auch Pohlemann [28] auf Grund einer prospektiven Untersuchung mit 19 Patienten und Bosch [7] nach einer retrospektiven Analyse von 132 Patienten. Auch eine Embolisation kann in Erwägung gezogen werden, wobei diese in erster Linie bei arteriellen Blutungen effektiv ist.
Ist aufgrund der klinischen Einschätzung ein Komplextrauma des Beckens im Sinne einer „In-extremis-Situation“ wahrscheinlich (Komplextrauma mit Kreislaufinstabilität), muss unmittelbar—nach Möglichkeit noch im Schockraum—der Beckenring geschlossen werden. Die Notfallstabilisierung kann im einfachsten Fall durch Umschlingen des Beckens mit einem Tuch erfolgen. Eine minimal-operative Notfallstabilisierung sollte durch Anlage eines ventralen Fixateur externe (supraazetabulär) oder die Beckenzwinge vorgenommen werden. Die Kontraindikationen für die Anwendung der Beckenzwinge müssen beachtet werden. Der Verletzte sollte dann unverzüglich in den Operationssaal verbracht werden, um dort eine operative Blutstillung durchzuführen.
Beim Vorliegen mehrfacher Verletzungen müssen die Prioritäten der einzelnen Verletzungen abgewogen werden. Ist eine oder mehrere Verletzungen per se ebenfalls lebensbedrohlich wird zunächst nur die notfallmäßige Beckenstabilisierung vorgenommen.
Embolisation chirurgisch nicht beherrschbarer Blutungen
In der Regel führen die bereits zuvor genannten Maßnahmen zu einer suffizienten Blutstillung und damit Kreislaufstabilisierung. Nur 3–5% der kreislaufinstabilen Patienten mit Beckenverletzung bedürfen einer Embolisation bzw. profitieren davon [3, 14, 21].
Auch Agolini [2] schreibt, dass nur ein kleiner Prozentsatz von Patienten mit Beckenfrakturen eine Embolisation benötigen. Wenn angewandt, dann kann sie aber zu beinahe 100% effektiv sein. Das Alter des Patienten, Zeit der Embolisation und Ausmaß der initialen Kreislaufinstabilität beeinflussen die Überlebensrate, z. B. zeigte die 3 h nach Unfall durchgeführte Angiographie eine Mortalität von 75% gegenüber 14% bei weniger als 3 h nach Unfall.
Es sind jedoch nur arterielle Blutungen embolisierbar, und deren Anteil als Blutungsursache bei schweren Beckenverletzungen wird auf lediglich 10–20% der Fälle geschätzt. Die übrigen 80% der Blutungen sind venösen Ursprungs. Die begleitende Versorgung des Patienten oder auch Parallelversorgung während Embolisation sind eingeschränkt.
Panetta [22] postulierte eine frühe Embolisation bei eigener Zeitangabe von 1–5 1/2 h (Mittel: 2 1/2 h), sahen aber keine Korrelation der Durchführungszeit mit der Mortalität. Ergebnisberichte mit ca. 50% bei einer Durchführungszeit unter 6 h nach Unfall zeigen keine Vorteile der Embolisation [19].
Nach Euler [13] besitzen interventionell-radiologische Verfahren, wie Embolisation oder Ballonkatheterokklusion, erst Bedeutung in der späteren, postprimären Behandlungsphase und nicht während des Polytraumamanagements. Miller [20] hingegen sieht die Angiographie und Embolisation in ihrer Wertigkeit noch vor der mechanischen Stabilisierung. Die operative Stabilisierung stelle nur eine Verzögerung der effizienten Blutstillung dar und stelle darüber hinaus ein vermeidbares operatives Trauma für den Patienten dar [17].
Bei persistierender, chirurgisch oder durch Tamponade nicht beherrschbarer Blutung mit Kreislaufrelevanz kann in Einzelfällen die verzögerte Angiographie mit Versuch der Embolisation arterieller Blutungen indiziert sein. Die notfallmäßige Stabilisierung des Beckenrings sollte zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt sein.
Besonderheiten bei Kindern und alten Menschen
Eine schwere Beckenverletzung ist für ein Kind und auch für den alten Menschen noch eher vital bedrohlich als für einen Erwachsenen im mittleren Alter, welches umso mehr ein rasches Handeln erfordert. Die physiologischen Kompensationsmöglichkeiten der Kreislaufregulation und der Homöostase sind deutlich geringer. Der zeitliche Druck, unter dem Entscheidungen getroffen werden müssen, wächst.
Beim Kind liegt die Herausforderung allein schon in dem Erkennen der vitalen Bedrohung. Die Kreislaufdekompensation zeichnet sich beim Kind nicht ab, sondern kommt plötzlich, da die Physiologie des Kindes kaum Kompensationsmöglichkeiten bietet. Die Notfallstabilisierung des Beckens kann durch einfache ggf. manuelle beidseitige laterale Kompression erfolgen. Große Serien über kindliche Beckenfrakturen finden sich in der Literatur nicht. Es sind die Arbeiten von Torode [35], Silber [32] und Tarman [34] zu nennen, die alle berichten, dass sich die Behandlungsrichtlinien im Wesentlichen nicht von denen bei Erwachsenen unterscheiden. Berichte über die Verwendung einer Beckenzwinge beim Kind liegen nicht vor. Die Erfordernisse einer Infusionstherapie und chirurgischen Blutstillung gelten wie bei den Erwachsenen.
Bezüglich der bildgebenden Diagnostik hat die Kernspintomographie beim jungen wachsenden Skelett gegenüber der Computertomographie den Vorteil, auch noch nicht ossifizierte Strukturen darzustellen und somit auch hier eine multiplanare Darstellung einer Beckenverletzung zu ermöglichen. Nativröntgenaufnahmen haben im Vergleich zur Computertomographie in der Diagnostik der knöchernen Beckenstrukturen eine deutlich schwächere Aussagekraft und können nach Guillamondegui [16] dem CT nachgeordnet oder ganz unterlassen werden. Lediglich bei kreislaufinstabilen Patienten sei die konventionelle Beckenübersichtsaufnahme im Rahmen des Verletzungsscreenings noch sicher indiziert. Zu beachten ist weiter die Elastizität des kindlichen Beckens, welche zu einer kompletten Rückstellung des Beckenskeletts trotz schwerem Überrolltrauma führen kann. Bei 20% der kindlichen komplexen Beckenverletzungen findet sich ein normales Beckenskelett im Nativröntgen und in der Computertomographie.
Bei schweren Beckenverletzungen im Kindesalter und beim alten Menschen ist bezogen auf die Schockraumphase in gleicher Weise vorzugehen wie beim durchschnittlich alten Erwachsenen. Lediglich im Rahmen der bildgebenden Diagnostik kann beim wachsenden Skelett des Kindesalters statt einer Computertomographie eine Kernspintomographie angefertigt werden, wenn die Nativröntgendiagnostik zur Frakturklassifikation nicht ausreicht.
Diskussion
Im Rahmen der hier bearbeiteten Literaturübersicht ließen sich unter den angegebenen Schlagworten zunächst über 1000 Artikel identifizieren. Der überwiegende Teil der Literatur, der sich mit Beckenverletzungen befasst, konzentriert sich jedoch auf die Methoden der operativen definitiven Versorgung und mechanischen Stabilität. Nur knapp 5% der Artikel befassen sich mit dem initialen Management der Beckenverletzungen. Dieses entspricht gerade der Hälfte der Inzidenz, mit welcher die komplexe Beckenfraktur unter Beckenverletzungen insgesamt auftritt. Es liegt der Schluss nahe, dass die Versorgung unkomplizierter Beckenfrakturen keine Probleme beinhaltet und keiner Diskussion bedarf. Die Übergänge zwischen der einfachen und der komplizierten Beckenfraktur können jedoch fließend sein, insbesondere dann, wenn es sich um einen mehrfach verletzten Patienten handelt. Insofern sollte diese Literaturübersicht auch bei der Behandlung vermeintlich einfacher Beckenfrakturen Berücksichtigung finden.
Nicht berücksichtigt sind in dieser Übersicht, lokal unterschiedliche apparative Ausstattungen bzw. unterschiedliche Versorgungsstufen der Kliniken. Kompromisse bezüglich der dargestellten Behandlungsabläufe werden unvermeidbar sein, jedoch sollte das Prinzip der gleichzeitigen Kreislaufstabilisierung und der mechanischen Stabilisierung des Beckenrings beim komplexen Beckentrauma beachtet werden.
Insgesamt enttäuschend ist der bisher erreichte Evidenzgrad, mit welchem die unterschiedlichen Behandlungsschritte in der Literatur empfohlen werden. Dies gilt besonders für die Diskussion Embolisation vs. Tamponade. Zum Teil wird in den Studien von völlig unterschiedlichen Voraussetzungen ausgegangen, sodass die Ergebnisse häufig von vorne herein nicht vergleichbar sind.
Insgesamt enttäuscht der bisher erreichte Evidenzgrad der Empfehlungen für unterschiedliche Behandlungsschritte
Auf Grund der niedrigeren Inzidenz dieser schweren Verletzung ist es bisher jedoch nicht möglich, auf prospektiv randomisiert angelegte Patientenstudien zurück zugreifen, um die Evidenz für die Behandlungsempfehlungen auf ein höchstmögliches Niveau zu heben. Neben der Art der Blutstillung ist aktuell auch die Wahl der initial bildgebenden Diagnostik in die Diskussion gekommen. Die Fortschritte der Computertomographie, hier zu nennen ist insbesondere die Multi-Slice-Technik, und die enge Anbindung derselben an den Schockraum haben teilweise schon dazu geführt, dass auf eine konventionelle Beckenübersichtsaufnahme im Schockraum komplett verzichtet wird. Ein zunehmender Trend in diese Richtung ist angesichts der technischen Entwicklung in den nächsten Jahren zu erwarten.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die erfolgreiche Behandlung einer komplexen Beckenverletzung weiterhin in erster Linie auf der Erfahrung des behandelnden Chirurgen basiert und weniger auf wissenschaftlich untermauerte Evidenz. Der technische Fortschritt in diagnostischen als auch operativen Verfahren wird voraussichtlich die Diskussion um das beste Vorgehen ständig neu entfachen, noch bevor sich eine bestimmte Methode an einem großen Patientenkollektiv validieren lässt.
Fazit für die Praxis
Die vitale Bedrohung des Patienten durch eine Beckenverletzung muss klinisch diagnostiziert werden. Eine bildgebende Diagnostik ist erforderlich, darf jedoch die Therapie der vitalen Bedrohung nicht verzögern. Die Kreislaufstabilisierung stützt sich auf die Volumentherapie, die chirurgische Blutstillung und auf die mechanische Stabilisierung des Beckens, die einerseits zur Verkleinerung des intrapelvinen Raums führt und andererseits, je nach verwendeter Technik, auch zu einer Kompression der blutenden Gefäße führen kann. Die notfallmäßige operative Stabilisierung des Beckens kann im Bereich des vorderen Beckenrings durch einen Fixateur externe oder durch Kompression des hinteren Beckenrings mit einer Beckenzwinge erfolgen. Bezüglich der Blutstillung besteht eine anhaltende Diskussion zwischen 2 Verfahren. Im angloamerikanischen Schriftgut wird die Notfallembolisation favorisiert, während sich im deutschsprachigen Raum die Tamponade durchgesetzt hat. Die zunehmende Anwendung der notfallmäßigen Beckenstabilisierung in Kombination mit der chirurgischen Blutstillung hat zur Senkung der Letalität beigetragen.
Literatur
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Seekamp, A., Burkhardt, M. & Pohlemann, T. Schockraummanagement bei Verletzungen des Beckens. Unfallchirurg 107, 903–910 (2004). https://doi.org/10.1007/s00113-004-0831-x
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00113-004-0831-x