M. Niemann-Pick Typ C (NPC) ist eine seltene erbliche Stoffwechselerkrankung aus der Gruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten. Er manifestiert sich primär mit viszeralen Befunden. Der fortschreitende neurodegenerative Verlauf beginnt häufig Jahre, mitunter Jahrzehnte später und korreliert nicht direkt mit der viszeralen Ausprägung [6, 7, 12, 23].

Im Gegensatz zu vielen anderen lysosomalen Speicherkrankheiten liegt beim NPC keine Defizienz eines lysosomalen Enzyms vor. Die Störung der Digestion von Plasmamembranlipiden mit konsekutiver lysosomaler Speicherung wird vielmehr durch die Defizienz des NPC1- oder NPC2-Proteins verursacht. Bei etwa 95% der Patienten beruht dies auf Mutationen von NPC1 [5], welches das NPC1-Protein, ein großes membranständiges Glykoprotein des späten Endosomkomplexes, kodiert. Die restlichen Patienten weisen Mutationen in NPC2 auf [11], dessen Genprodukt NPC2, ein kleines lösliches lysosomales Protein, mit hoher Affinität Cholesterin bindet. NPC1 und NPC2 sind daran beteiligt, unverestertes Cholesterin aus den Endosomen zum Golgi-Apparat bzw. zur Plasmamembran zu transportieren. Eine Mutation von NPC1 oder NPC2 stört diese Ausschleusung aus den Endosomen und führt zu einer Speicherung von unverestertem Cholesterin sowie sekundär auch von Glykosphingo- und weiteren Lipiden [21, 23], die in den Zellen praktisch aller Gewebe nachgewiesen werden kann. Der genaue Pathomechanismus ist noch nicht bekannt. Zellschädigungen finden sich insbesondere in Leber, Milz und dem zentralen Nervensystem (ZNS; beginnend in den Purkinje-Zellen; [12]).

NPC ist eine panethnisch auftretende Erkrankung mit autosomal-rezessiver Vererbung. Angaben zur Prävalenz schwanken zwischen 0,35 und 2,2 Erkrankungen auf 100.000 Neugeborene. Für Frankreich wurde auf Basis der zwischen 2000 und 2009 diagnostizierten Fälle eine Häufigkeit von 0,82/100.000, bzw. unter Einbeziehung der abgebrochenen Schwangerschaften 0,96/100.000, berechnet [23]. Angesichts potenziell zu berücksichtigender Probleme bei der Diagnosestellung wird die wahre Prävalenz wahrscheinlich unterschätzt. In Deutschland sind bisher etwa 60 Familien mit betroffenen lebenden Angehörigen bekannt; weitere Daten zur Prävalenz liegen nicht vor.

NPC ist eine kontinuierlich fortschreitende neurodegenerative Erkrankung. Mit der Substratreduktionstherapie steht nun erstmals eine Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung, die in einer klinischen Studie nach mindestens 1 Jahr Therapie bei 72% der Patienten zu einer Stabilisierung bzw. einer Verlangsamung der Progredienz der neurologischen Symptomatik führte [14, 25], also den natürlichen Krankheitsverlauf modifizieren kann. Für NPC-Patienten könnten somit eine frühe Diagnosestellung und ein frühzeitiger Therapiebeginn eine bessere Prognose bedeuten.

Eine internationale Expertengruppe entwickelte nach einem Treffen im Januar 2009 ein Konsensuspapier zur Diagnostik und Therapie des NPC [24]. Die hier dargestellten Empfehlungen basieren auf mehreren Konsensustreffen einer Gruppe deutschsprachiger Stoffwechselexperten, Neurologen/Neuropädiater, Psychiater und Genetiker.

Klinisches Bild

Das heterogene klinische Bild des NPC umfasst allgemeine, neurologische, psychiatrische und hepatische Symptome. Im frühen Kindesalter fallen eine zentrale Hypotonie, eine verzögerte motorische Entwicklung und unbeholfene Motorik auf. Im späteren Kindesalter sind abnehmende Schulleistungen und eine allgemeine Unbeholfenheit typisch. Auch eine Organomegalie mit ausladendem Abdomen kann ins Auge fallen.

Die bei 87 Patienten mit NPC1-Mutationen beobachteten häufigsten Gesundheits- und Entwicklungsstörungen sind in Abb. 1 dargestellt [6], die charakteristischen Befunde nach Manifestationsalter in Tab. 1.

Abb. 1
figure 1

Häufige (Probleme bei > 10% der erfassten Patienten) Gesundheits- und Entwicklungsstörungen bei NPC1-Mutationen

Tab. 1 Charakteristische klinische Befunde und Prognose nach Manifestationsalter des NPC. (Adaptiert nach [24])

Im Neugeborenenalter ist eine cholestatische Hepatopathie typisch. Mitunter kommt es zu einem neonatalen Leberversagen (Abb. 2). Eine (Hepato-)Splenomegalie ist diagnostisch hilfreich, findet sich jedoch bei jedem 6. Patienten nicht und ist im Krankheitsverlauf oft rückläufig.

Abb. 2
figure 2

Patient mit viszeralem Verlauf der NPC nach Lebertransplantation. (Mit freundl. Genehmigung von A.M. Das, Hannover)

Bei frühem Beginn der neurologischen Symptomatik findet sich im 2. Lebenshalbjahr ein Stillstand der psychomotorischen Entwicklung, im weiteren Verlauf verliert das Kind erworbene Fähigkeiten.

Ein wichtiges neurologisches Symptom des NPC sind Augenbewegungsstörungen im Sinne einer Fehlfunktion von Sakkaden, den unwillkürlichen, sehr schnellen Blickfolgebewegungen der Augen, um einen Gegenstand neu zu fixieren. Im Säuglingsalter spielen sie meist keine Rolle; später sind sie typischerweise ein führendes Symptom, werden aber oft nicht wahrgenommen. Im späteren Kindesalter liegt meist bereits eine vertikale supranukleäre Blickparese (Abb. 3) vor [6]. Die willkürlichen Augenfolgebewegungen bleiben erhalten [10, 20]. Später können auch horizontale Sakkadenstörungen auftreten. Das Ausmaß der ophthalmologischen Störungen korreliert im Mittel mit anderen neurologischen Parametern des Krankheitsschweregrads [1].

Abb. 3
figure 3

Vertikale Blickparese. (Mit freundl. Genehmigung von E. Mengel, Mainz)

Zu den Manifestationen der neurodegenerativen Störung im späteren Kindesalter zählt eine Ataxie, die sich in motorischer Unsicherheit und Unbeholfenheit, Stürzen und skandierender Sprache äußert. Kataplektische oder epileptische Anfälle sind selten Erstsymptome, sie entwickeln sich häufig im Verlauf. Ein Verlust von kognitiven Fähigkeiten einschließlich der rezeptiven Sprache führt zu Schulproblemen [6]. Zudem kommen Verhaltensänderungen mit Impulskontroll-, Konzentrationsstörungen und Ängsten vor. Bei Krankheitsbeginn im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter stehen dagegen eher Psychosen und kognitive Defizite bis hin zur Demenz im Vordergrund [19].

Diagnostik und Diagnosesicherung

NPC zählt nicht zu den Zielerkrankungen des Neugeborenenscreenings. Ausgangspunkt ist daher üblicherweise eine klinische Verdachtsdiagnose, die bei Patienten mit einer Kombination aus Splenomegalie, Ataxie und vertikaler supranukleärer Blickparese naheliegt. Da sich das Erscheinungsbild des NPC in der Frühphase chamäleonartig verändern kann, wird mitunter eine lange Vorgeschichte mit Fehldiagnosen und medizinischen Irrwegen durchlaufen. Lange bevor das klassische Krankheitsbild zur Diagnose führt, können zahlreiche pädiatrische Subspezialitäten mit der Erkrankung konfrontiert sein, wie die folgende recht typische Kasuistik zeigt:

Kasuistik

Neonatologie

Es bestehen ein fetaler Aszites und eine cholestatische Hepatopathie. Eine Gallengangsatresie wird ausgeschlossen.

Hepatologie

In den Folgemonaten wird der Säugling durch den pädiatrischen Hepatologen betreut. Bioptisch wird eine unspezifische Riesenzellhepatitis gesehen.

Kinderarzt

Bei den U-Untersuchungen im Kleinkindesalter fällt eine leichte motorische Entwicklungsverzögerung (Laufenlernen mit 20 Monaten) auf.

Psychiatrie

Das Kind wird mehrfach beim Kinderpsychiater wegen Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitäts-Symptomatik sowie Verdacht auf Autismus im Vorschulalter vorgestellt.

Epileptologie

Die Erstvorstellung beim Epileptologen erfolgt im Alter von 7 Jahren. Bei der Manifestation einer komplex-fokalen Epilepsie fallen gleichzeitig auch gelastische Kataplexien auf, die anamnestisch seit mehr als 12 Monaten bestehen.

Diagnose

Erst im Alter von 8 Jahren fügt ein neu hinzugezogener Kinderarzt die vielfältigen Symptome zu einer Verdachtsdiagnose NPC zusammen.

Diagnostisches Vorgehen

Folgende Überlegungen können bei der Diagnosestellung hilfreich sein [24]:

Anamnestisch ist nach

  • einem neonatalen cholestatischen Ikterus,

  • Anzeichen für Splenomegalie (evtl. Splenektomie?) und

  • dem ersten Auftreten neurologischer Symptome (zentrale Hypotonie, Ataxie, Kataplexie bzw. Epilepsie) zu fragen.

Bei der klinischen Untersuchung muss auf die charakteristischen Symptome des NPC geachtet werden (Tab. 1). Bedeutsam sind die Störungen der Okulomotorik im Sinne einer supranukleären Blickparese. Die Fehlfunktion der Sakkaden lässt sich anhand einer Bestimmung ihrer Initiation, Amplitude und Geschwindigkeit quantifizieren. Eine vertikale supranukleäre Blickparese deutet auf NPC; eine horizontale Blickparese kann später dazu kommen. Eine primär horizontale Störung weist dagegen auf M. Gaucher hin. Umfassende neurologische Tests sollten durch Hörtests und eine psychiatrische bzw. psychometrische Evaluierung ergänzt werden.

Bei einer isolierten Hepatospleno- oder Splenomegalie müssen biochemisch M. Gaucher und M. Niemann-Pick Typ A/B ausgeschlossen werden.

Im Falle einer Knochenmarkpunktion lassen sich im Ausstrich häufig seeblaue Histiozyten und/oder Schaumzellen nachweisen. Elektronenmikroskopische Untersuchungen an einer Haut- oder Leberbiopsie zeigen für NPC pathognomonische zytoplasmatische Einschlüsse ([3], Abb. 4), sodass bei einer Leberpunktion zur Abklärung einer Cholestase auch an Material hierfür gedacht werden sollte.

Abb. 4
figure 4

Polymorphe zytoplasmatische Einschlüsse. (Mit freundl. Genehmigung von M. Rohrbach, Zürich)

Die Bestimmung der Plasmachitotriosidaseaktivität ist im Kindesalter zum Screening auf NPC brauchbar, die Sensitivität und Spezifität sind aber eingeschränkt [17]. Zur biochemischen Sicherung der Diagnose eines NPC dient der in spezialisierten Laboratorien durchgeführte Filipintest. Bei diesem wird eine Fibroblastenkultur mit Filipin angefärbt, wodurch sich fluoreszenzmikroskopisch die mit unverestertem Cholesterin gefüllten perinukleären Vesikel der NPC-Zellen nachweisen lassen (Abb. 5). Bei etwa 20% der Betroffenen zeigt sich ein sog. varianter biochemischer Phänotyp mit nur moderat erhöhter lysosomaler Cholesterineinlagerung, was die Diagnosestellung erschwert [23].

Abb. 5
figure 5

Filipintest zum Nachweis freien Cholesterins in primären humanen Hautfibroblastenkulturen einer gesunden Kontrolle (links) und zweier Patienten mit NPC (Balken: 20 µm). (Abbildung aus [22], mit freundl. Genehmigung von H. Runz, Heidelberg)

Eine Mutationsanalyse von NPC1 bzw. NPC2 ist zur Bestätigung der Diagnose sinnvoll. Der positive Mutationsnachweis beim Indexpatienten ist darüber hinaus für die Identifizierung von heterozygoten Merkmalsträgern sowie die Pränataldiagnostik essenziell.

Einen Algorithmus empfohlener Labordiagnostik zeigt Abb. 6.

Abb. 6
figure 6

Labordiagnostischer Algorithmus zur Diagnose des NPC, LDL „low density lipoprotein“, abei Sphingomyelinasemangel (inklusive Typ A mit spätem Krankheitsbeginn) evtl. unklares Filipinbild mit normaler Kinetik der LDL-induzierten Cholesterylesterbildung; nach unauffälligen genetischen Untersuchungen des NPC1- und NPC2-Gens unklare Filipinbefunde meist nicht als NPC einzustufen, bfalsch-positiv bei I-Zell-Krankheit (Mukolipidose II), allerdings ganz anderes klinisches Bild, cbei Heterozygoten evtl. Filipinbefunde und Kinetik der LDL-induzierten Cholesterylesterbildung vergleichbar dem varianten Typ, dNPC1 p.P1007A oder verschiedene Missense-Mutationen in Codon 992 in vielen Ländern häufigste Mutationen beim varianten Typ. (Nach [24])

Behandlung

Als Substratreduktionstherapie beschreibt man einen Ansatz zur Behandlung von lysosomalen Speicherkrankheiten durch Verminderung der Synthese der nur eingeschränkt abbaubaren Speichersubstanz. Bei einer Erkrankung mit vorwiegend zentraler Beteiligung wie NPC muss gewährleistet sein, dass der Wirkstoff die Blut-Hirn-Schranke überschreiten kann.

Miglustat

Miglustat ist ein kleiner Aminozucker, der oral verabreicht werden kann und die Blut-Hirn-Schranke überwindet. Er bewirkt eine reversible Hemmung der Glykosylzeramidsynthase, welche den ersten Schritt in der Biosynthese von Glykosphingolipiden katalysiert [4]. Miglustat wurde daher zur Substratreduktionstherapie bei lysosomalen Speichererkrankungen auf der Basis von Glykosylzeramid bzw. den daraus gebildeten Glykosphingolipiden untersucht und verzögerte bei Mäusen und Katzen mit Mutationen des NPC1-Gens das Auftreten der neurologischen Symptomatik. Dies ging bei Mäusen mit einem um 20% verlängerten Überleben einher [26].

In einer randomisierten klinischen Studie erhielten 29 jugendliche oder erwachsene NPC-Patienten mit neurologischer Symptomatik über 12 Monate 3-mal 200 mg Miglustat täglich oder eine symptomatische Standardbehandlung [13]. Primärer Endpunkt als Ausdruck der Krankheitsprogression war die Veränderung der Geschwindigkeit horizontaler sakkadischer Augenbewegungen (HSEM) nach 12 Monaten. (Dieser Parameter der sich erst später entwickelnden horizontalen Blickstörung wurde gewählt, da NPC-Patienten bei der Diagnosestellung meist bereits eine ausgeprägte vertikale Blicklähmung aufweisen.) Weitere 12 Patienten zwischen 4 und 11 Jahren wurden – ohne Kontrollgruppe – mit einer der Körperoberfläche angepassten Dosierung von Miglustat behandelt. Alle Studienteilnehmer wurden in einer nichtkontrollierten Verlängerungsphase mit Miglustat weiterbehandelt.

Miglustat verbesserte im Vergleich zur Kontrollgruppe die HSEM-Geschwindigkeit. Bei Ausschluss von Patienten unter Benzodiazepinen, für die ein Einfluss auf Blickbewegungen bekannt ist [16], war dieser Unterschied signifikant. Eine Verbesserung der HSEM-Geschwindigkeit unter Miglustat wurde auch für Kinder dokumentiert. Bei den Jugendlichen und Erwachsenen ergaben sich zudem ein verbessertes Schluckvermögen, eine stabile Hörschärfe sowie eine langsamere Verschlechterung des Mobilitätsindexes. Mit der Verlängerungsphase [14, 25] ließ sich bei 72% der für mindestens ein Jahr mit Miglustat behandelten Patienten eine Stabilisierung des Krankheitsverlaufs nachweisen.

In einer retrospektiven Studie wurden in 25 Behandlungszentren weitere 66 Patienten unter Therapie mit Miglustat durchschnittlich 1,5 Jahre beobachtet [15]. Auch hier zeigten sich anhand des NPC-Handicap-Scores [8] eine Stabilisierung und teilweise Verbesserung des Krankheitsbildes. In dieser Studie wurde über 14 Patienten aus 3 deutschen Zentren berichtet; darüber hinaus sind aus Deutschland bisher keine klinischen Ergebnisse publiziert. Anzumerken ist auch, dass in dieser Beobachtungsstudie Patienten ab einem Alter von 0,6 Jahren behandelt wurden; für Kinder  <4 Jahren liegen ansonsten bisher keine Daten zu Miglustat vor.

Die häufigsten Nebenwirkungen unter Miglustat waren leichte bis mittelschwere Diarrhö, Flatulenz, Gewichtsverlust und abdominale Schmerzen, wobei insbesondere Erstere im weiteren Therapieverlauf abnahmen [13]. Gastrointestinale Probleme waren bei Kindern eher selten [13], langfristig waren die Sicherheit und Verträglichkeit von Miglustat bei Kindern vergleichbar mit der bei Jugendlichen und Erwachsenen [14].

Im Januar 2009 wurde Miglustat (Zavesca®) zur Behandlung progressiver neurologischer Manifestationen bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit NPC zugelassen und ist heute in Europa wie in den USA die einzige zugelassene Therapieoption für diese Indikation.

Empfehlungen zur Behandlung mit Miglustat

Die Therapie mit Miglustat sollte – in Kooperation mit dem Kinder- oder Hausarzt – in spezialisierten Zentren erfolgen. Für erwachsene und jugendliche Patienten gilt eine Dosierungsempfehlung von 200 mg Miglustat 3-mal täglich, bei Kindern unter 12 Jahren eine der Körperoberfläche angepasste Dosierung. Nach Erfahrungen der Universitätskinderklinik in Mainz hat es sich bewährt, die Dosis langsam zu steigern und 10–12 mg/kgKG (KG: Körpergewicht) und Tag anzustreben. Unter Beachtung der zusätzlichen Kosten für das Umverpacken kann es angezeigt sein, die Tagesdosis aufzuteilen, sodass beispielsweise eine Tagesdosis von 100 mg in 3 Einzeldosen zu 33 mg verabreicht wird.

Miglustat zeigt hauptsächlich gastrointestinale Nebenwirkungen, die im Allgemeinen mit üblichen symptomatischen Maßnahmen (z. B. Loperamid bei Diarrhö) und/oder einer Umstellung auf eine disaccharidarme Ernährung zu beherrschen sind. (Zu beachten sind unwissentliche Diätfehler, z. B. wenn eine zuckerfreie Spezialnahrung mit Stärke angedickt wird.) Bei einigen Patienten kann eine zeitweise Therapieunterbrechung angezeigt sein.

Miglustat kann v. a. bei frühzeitigem Behandlungsbeginn den neurologischen Verlauf günstig beeinflussen und stabilisieren. Im Gespräch mit den Patienten, Eltern und Familien sollten die Erwartungen an die Behandlung realistisch eingeschätzt werden, um keine überzogenen Hoffnungen zu wecken. Bei fortgeschrittener Erkrankung ist kaum ein therapeutischer Gewinn zu erwarten. Wie bei anderen Speichererkrankungen auch sind die rechtzeitige Diagnosestellung und Therapieeinleitung entscheidend für den Behandlungserfolg.

Transplantationen als Therapieoption

Ein akutes Leberversagen im Neugeboren-/Säuglingsalter kann prinzipiell durch Lebertransplantation behandelt werden. Sie ist jedoch beim NPC als systemischer Erkrankung kritisch zu hinterfragen, weil sie den neurodegenerativen Verlauf der Erkrankung nicht beeinflussen kann. Ein Dilemma ergibt sich mitunter dadurch, dass für die Stellung der Transplantationsindikation nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht, in dem die Diagnostik auf eine NPC-Erkrankung nicht abgeschlossen werden kann.

Die hämatologische Stammzellentransplantation (HSCT) ist bei NPC1-Defekt keine therapeutische Option, allerdings bei NPC2-Defekt denkbar und in Einzelfällen bereits durchgeführt worden [2].

Supportive Behandlung

Die supportive Therapie der neurologischen Symptomatik kann trizyklische Antidepressiva oder ZNS-Stimulanzien gegen Kataplexie, Anticholinergika bei Dystonie/Tremor, Antikonvulsiva bei epileptischen Anfällen sowie Melatonin zur Behandlung der Schlafstörungen umfassen [24]. Bezüglich der Spastik können Physiotherapie, im Spätstadium auch Botulinumtoxin hilfreich sein. Ergotherapie hilft, die funktionelle Rehabilitation unter Miglustattherapie zu verbessern. Bei Patienten mit schwerwiegenden Schluckstörungen wird nicht selten eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) notwendig.

Verlaufskontrolle

Der Krankheitsverlauf unter Miglustat sollte regelmäßig standardisiert dokumentiert werden. Dafür werden die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen empfohlen, die bei einer Eingangsuntersuchung und sodann alle 6 bis 12 Monate durchgeführt werden sollten [24]. Über eine Fortsetzung der Therapie der neurologischen Symptome mit Miglustat sollte nach mindestens einem Jahr Behandlung entschieden werden.

  • Eine vollständige körperliche Untersuchung (bei Kindern mit Bestimmung von Größe und Kopfumfang) und die Bestimmung des NPC-Handicap-Scores [8] ist alle 6 Monate angezeigt.

  • Im Abstand von 6 bis 12 Monaten sollten Krampfanfälle hinsichtlich Art, Schweregrad und Häufigkeit erfasst und ggf. Videoaufnahmen zur Dokumentation der Funktionsstörungen angefertigt werden.

  • Ebenfalls alle 6 bis 12 Monate sollten eine neuropsychiatrische und augenärztliche Untersuchung mit Quantifizierung der Sakkadengeschwindigkeit erfolgen und das Hörvermögen bewertet werden.

  • Zur Bestimmung des Schweregrads der Ataxie kann der validierte SARA-Score (SARA: „scale for the assessment and rating of ataxia“) eingesetzt werden [18].

  • Für die frühen Phasen der Erkrankung geeignet sind der „pegboard“-Test zur Bewertung der Finger- und Handmotorik, bei dem Stifte mit einer runden und einer angeschrägten Seite möglichst rasch in ein Brett mit 25 entsprechend geformten Löchern gesteckt werden müssen, und ein Test zur Wortflüssigkeit, bei dem innerhalb 1 min möglichst viele Tierarten aufzuzählen sind. Mit diesem simplen Test kann die kognitive Flexibilität quantifiziert werden [9].

Bei jugendlichen und erwachsenen Patienten sind erste Erfahrungen mit der kranialen Magnetresonanztomographie oder Protonenresonanzspektroskopie publiziert [6]. Diese Untersuchungstechniken müssen in spezialisierten Zentren weiter evaluiert werden und gehören noch nicht zur Routine der Verlaufskontrolle.

Ausblick

Seit 1997 besteht in Deutschland die Niemann-Pick-Selbsthilfegruppe e. V., die Forschungsprojekte unterstützt, weltweit Kontakte zu Wissenschaftlern pflegt, Informationen für Betroffene und behandelnde Ärzte beschafft und nicht zuletzt den Betroffenen einen Erfahrungsaustausch ermöglicht.

Eine am Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Heidelberg geführte Datenbank soll Aussagen darüber ermöglichen, wie Veränderungen auf genetischer und zellulärer Ebene mit dem sehr heterogenen klinischen Bild des NPC korrelieren. Seit September 2009 wird zudem EU-weit ein NPC-Patientenregister geführt, um das Wissen über den Krankheitsverlauf bei unterschiedlichen Behandlungsformen zu erweitern. In Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur wurde es von Actelion, dem Hersteller von Miglustat, initiiert. Es wird von international anerkannten Experten wissenschaftlich betreut und soll dazu beitragen, die Diagnosestellung des NPC zu erleichtern und betroffenen Patienten so früh wie möglich eine gezielte Behandlung zum Eindämmen der normalerweise rasch progressiven Erkrankung zu ermöglichen.

Fazit für die Praxis

  • Eine frühzeitige Diagnosestellung der lysosomalen Speicherkrankheit M. Niemann-Pick Typ C ist von essenzieller Bedeutung, weil heute eine spezifische Substratreduktionstherapie verfügbar ist.

  • Die Behandlung mit Miglustat kann zur Stabilisierung bzw. verlangsamten Verschlechterung der neurologischen Symptomatik führen, sodass eine rechtzeitige Therapie möglicherweise die Erkrankungsprognose verbessern kann.

  • Da sich M. Niemann-Pick Typ C klinisch oft im Kindesalter manifestiert, ist der aufmerksame Blick des Pädiaters entscheidend.