Einheitliche Empfehlungen – Grundlage für die Kommunikation

Der Grundstein für das Netzwerk Junge Familie wurde in einem Initialworkshop im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 08.12.2008 gelegt. An dieser Veranstaltung nahmen 55 Vertreter von Institutionen und Multiplikatoren aus dem Umfeld „Schwangerschaft, Stillzeit, Geburt, junge Familie“ teil. Dort wurde als vordringliche Aufgabe für das Netzwerk formuliert, sich auf einheitliche Botschaften zu verständigen, die von allen Netzwerkpartnern getragen werden und die Basis für eine effektive Kommunikation bilden. Derzeit erhalten junge Familien Empfehlungen verschiedener Fachgesellschaften, die sich teilweise inhaltlich oder in der Formulierung unterscheiden und die sowohl Verbraucher/-innen als auch Multiplikatoren/-innen verunsichern. Eine Einigung auf gemeinsame Aussagen, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und die von den verschiedenen Fachgesellschaften und Berufsgruppen genutzt und in die Öffentlichkeit getragen werden können, steigert die Akzeptanz bei jungen Familien und Multiplikatoren/-innen solcher Empfehlungen und erhöht die Chance der Umsetzung.

Von der Recherche zu Kernaussagen

Im Mai 2009 erfolgte eine Recherche der Empfehlungen relevanter Fachorganisationen und Institutionen, die Aussagen zu Ernährung und Gesundheit für Schwangere, Stillende und Kinder im ersten Lebensjahr machen. Dazu gehören u. a.:

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)

  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)

  • Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE)

  • Nationale Stillkommission am Bundesinstitut für Risikobewertung (NSK)

  • Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

  • World Health Organisation (WHO)

  • Europäische Union (EU) bzw. Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – European Food Safety Authority (EFSA)

  • Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF)

  • Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG)

  • Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde bzw. Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK)

  • Deutscher Hebammenverband e.V. (DHV)

  • Berufsverband der Laktationsberaterinnen

  • verschiedene andere Organisationen

Als Quellen dienten Broschüren in der jeweiligen aktuellen, derzeit erhältlichen Ausgabe [22, 23, 24, 35], sonstige Veröffentlichungen entweder in gedruckter Form oder auf der Homepage der jeweiligen Organisationen/Institutionen und damit Informationsquellen, die für den Verbraucher erhältlich und leicht zugänglich sind. Ergänzend wurden wissenschaftliche Publikationen wie die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr [6], die S3-Leitlinien zur Allergieprävention [8] bzw. Fluoridierungsmaßnahmen [16] sowie Fachpublikationen für Multiplikatoren/-innen wie die DGE-Beratungsstandards [11] gesichtet.

Ein Vergleich der bestehenden Handlungsempfehlungen ergab, dass die Empfehlungen der verschiedenen Organisationen in vielen Bereichen übereinstimmen. In einigen Punkten, wie z. B. zur ausschließlichen Stilldauer, zur Fluoridsupplementierung oder zu Fisch in der Beikost, finden junge Familien jedoch unterschiedliche Handlungsempfehlungen vor.

Die Ergebnisse der Recherche wurden mit den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats des Netzwerks diskutiert. Diesem gehören Wissenschaftler/-innen verschiedenster Fachrichtungen und Institutionen an (s. oben). Gemeinsam formulierten sie im Expertenkonsensus einheitliche Kernaussagen (Handlungsempfehlungen), die auf der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage aufbauen und gleichzeitig die Umsetzbarkeit in den Alltag der Verbraucher/-innen berücksichtigen. Für die verschiedenen Medien und Kommunikationswege des Netzwerks werden diese Handlungsempfehlungen anschließend in anwendungsorientierte, alltagsbezogene Botschaften für junge Familien umformuliert und sprachlich an die Bedürfnisse der Zielgruppe adaptiert. In der Schulung der Multiplikatoren/-innen werden sie durch Hintergrundinformationen ergänzt. Die vom Wissenschaftlichen Beirat gemeinsam formulierten Kernaussagen (Handlungsempfehlungen) sind damit Basis für alle Kommunikationsmedien und -maßnahmen des Netzwerks.

Unmissverständliche Zeitangaben

Wenn es um Empfehlungen zur Ernährung im 1. Lebensjahr geht, sind unmissverständliche Zeitangaben wichtig, damit die Empfehlungen vom Verbraucher richtig umgesetzt werden. So können Angaben wie „mit 4 Monaten“ z. B. als „im 4. Lebensmonat“ missverstanden werden, obwohl damit „ab dem 5. Monat“ gemeint ist. Angaben wie „etwa im Alter von 9 Monaten“ sind unkonkret und werfen erneute Fragen auf. Deshalb fordern die Experten/-innen unmissverständliche Zeitangaben, formuliert nach dem Schema „mit Beginn des/ab dem xx. Monats“.

Handlungsempfehlungen im Überblick

I. Kernaussagen zum Stillen

Allgemeine Empfehlungen

Stillen: das Beste für Mutter und Kind

  • Die Zusammensetzung der Muttermilch ist an die kindlichen Bedürfnisse angepasst, und die Milch liefert dem Baby die für Wachstum und gesunde Entwicklung wichtigen Nährstoffe.

  • Muttermilch ist hygienisch einwandfrei und richtig temperiert. Sie ist praktisch, weil immer verfügbar, und kostet nichts.

  • Stillen kann das Risiko für Durchfall, Mittelohrentzündung und späteres Übergewicht beim Kind senken.

  • Stillen wirkt sich positiv auf die Gesundheit der Mutter aus. (Stillen kann die Uterusrückbildung nach der Geburt fördern und zur Risikominderung für Brust- und Eierstockkrebs beitragen.)

  • Stillen kann zur Förderung der emotionalen Bindung zwischen Mutter und Kind beitragen.

Die beste Form der Ernährung für gesunde Säuglinge in den ersten Lebensmonaten ist das ausschließliche Stillen.

Auch Teilstillen ist wertvoll.

Eltern sollten sich zur Praxis des Stillens beraten lassen.

Empfehlungen zum Stillbeginn

Müttern sollte unmittelbar nach der Geburt Hautkontakt mit ihrem Baby ermöglicht werden. Das erste Anlegen an der Brust sollte, wenn möglich, innerhalb der ersten 2 h nach der Geburt erfolgen.

Empfehlungen zur Stilldauer

Im 1. Lebenshalbjahr sollten Säuglinge gestillt werden, mindestens bis zum Beginn des 5. Monats ausschließlich. Das gilt auch für Kinder mit erhöhtem Allergierisiko.

Auch nach Einführung der Beikost – spätestens mit Beginn des 2. Lebenshalbjahres – sollten Säuglinge weiter gestillt werden. Die Stilldauer insgesamt bestimmen Mutter und Kind.

Empfehlungen zur Stillintensität

Stillhäufigkeit nach Bedarf des Kindes: Zeitpunkt und Dauer bestimmt das Kind

In den ersten Lebenswochen wird die Mehrzahl der Kinder 10- bis 12-mal in 24 h angelegt.

In besonderen Situationen kann es notwendig sein, das Kind zu einer Stillmahlzeit zu wecken.

I. Kernaussagen zum Stillen – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Stillen – das Beste für Mutter und Kind

Für DGE, DGKJ und FKE sowie für die Nationale Stillkommission [33], die WHO und die EU [21] ist Muttermilch die beste/optimale bzw. natürliche Ernährungsform für den Säugling. Die Experten/-innen des Wissenschaftlichen Beirats sind sich einig, dass Stillen uneingeschränkt zu fördern und jedes Stillen nützlich und hilfreich ist. Auch Teilstillen hat positive Effekte und reduziert z. B. Durchfallerkrankungen [25].

Stillen ist mit einem geringeren Risiko für SIDS („sudden infant death syndrome“, plötzlicher Kindstod) verbunden. In der Schulung der Multiplikatoren/-innen soll dieser Aspekt aufgegriffen werden.

In dieser Schulung kann auch auf die Thematik „Schadstoffsituation in der Muttermilch“ (nicht nur Belastungen durch die Umwelt, sondern auch durch das Rauchen) eingegangen werden. In der Verbraucherkommunikation sollte das Thema Schadstoffe nicht in den Vordergrund gestellt werden, denn die Schadstoffsituation in Deutschland stellt keine relevante Entscheidungsgrundlage für das Stillen oder die Stilldauer dar [10].

Gute Bedingungen fürs Stillen schaffen

Stillen ist ein Lernprozess von Mutter und Kind. Weil Unsicherheiten dazu führen können, dass Schwierigkeiten auftreten und das Stillen (zu früh) abgebrochen wird, sollten sich Mütter – am besten schon in der Schwangerschaft – über das Stillen informieren und beraten lassen. Informationen und Beratung bieten Frauen- und Kinderärzte/-ärztinnen, Hebammen und Stillberater/-innen.

Früher Hautkontakt von Mutter und Kind reduziert in Industrieländern das Schreien, es fördert die Mutter-Kind-Interaktion und das Stillen [29]. Auch ein frühes Anlegen und ein zeitiger Stillbeginn sind für ein erfolgreiches Stillen von großer Bedeutung. Die WHO-Empfehlung, innerhalb 1 h nach der Geburt mit dem Stillen zu beginnen [38], ist in der Praxis jedoch nicht immer umsetzbar, so die Experten/-innen. In Schulungen von Multiplikatoren/-innen sollte dieser Aspekt erläutert werden.

Dauer des ausschließlichen Stillens

Zur Frage der empfehlenswerten Dauer des ausschließlichen Stillens sprechen sich DGE, DGKJ und FKE für eine Dauer von 4–6 Monaten (bis zum Beginn des 5. bzw. des 7. Monats) aus. In der Bewertung des Wissenschaftlichen Beirates ist diese Empfehlung wissenschaftlich gut begründet. Die S3-Leitlinie Allergieprävention [8] 2009 empfiehlt das ausschließliche Stillen über 4 Monate, für eine Empfehlung zu längerem ausschließlichen Stillen fehlen gesicherte Daten. Eine Verzögerung der Beikosteinführung über den Beginn des 5. Lebensmonats hinaus kann aus Sicht der Allergieprävention nicht empfohlen werden (Empfehlungsklasse A). Die ESPGHAN (European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition) empfiehlt eine Beikosteinführung nicht vor der 17. Woche und nicht später als nach der 26. Woche und unterstützt damit ebenfalls die Empfehlung zum ausschließlichen Stillen für die Dauer von 4–6 Monaten [19].

WHO und UNICEF (United Nations International Children’s Emergency Fund) empfehlen für Populationen weltweit, 6 Monate ausschließlich und nach der Einführung von Beikost bis mindestens bis zum Alter von 2 Jahren weiter zu stillen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den in Populationen armer Länder besonders wichtigen Schutz vor Infektionserkrankungen durch das Stillen [36]. Dabei weist die Expertengruppe der WHO jedoch auch darauf hin, dass für Subgruppen durch eine Beikosteinführung erst mit dem Beginn des 7. Lebensmonats das Risiko einer Unterversorgung entstehen kann [39].

Im Hinblick auf europäische Säuglinge wird in der wissenschaftlichen Stellungnahme der EFSA [18] eine Beikosteinführung zwischen dem Beginn des 5. und dem Beginn des 7. Monats empfohlen. Neben den Gesichtspunkten der Nährstoffversorgung berücksichtigte die EFSA dabei auch die verfügbaren Daten zum Zusammenhang zwischen der Beikosteinführung und späteren Krankheitsrisiken, insbesondere dem Risiko für Zöliakie und für Diabetes mellitus Typ 1. Die schrittweise Einführung von Gluten zwischen dem Beginn des 5. und dem Beginn des 7. Lebensmonats, vorzugsweise wenn noch gestillt wird, wurde mit einem geringeren Risiko für diese Erkrankungen verbunden.

Eine Metaanalyse von 6 Fall-Kontroll-Studien zeigte ein um die Hälfte vermindertes Risiko für Zöliakie, wenn Gluten mit der Beikost eingeführt wird, so lange noch gestillt wird [2]. Neuere Daten aus Bayern ergaben, dass im 6. Monat nur noch 52% der Kinder gestillt werden [34]. Würde eine Einführung der Beikost erst ab Beginn des 7. Monats empfohlen, müssten demzufolge knapp die Hälfte der bayerischen Säuglinge die Zeit bis zum empfohlenen Beikoststart mit Säuglingsmilchnahrung „überbrücken“. Die oben angeführte risikomindernde Maßnahme würde diese Kinder nicht erreichen.

Die Stillempfehlung „4–6 Monate ausschließlich“ trägt der individuell unterschiedlichen Entwicklung der Kinder Rechnung und ist wissenschaftlich belegt. Die Expertengruppe plädiert dafür, diese Aspekte in der Schulung von Multiplikatoren/-innen aufzugreifen.

Stillhäufigkeit

Die Fachgesellschaften DGE und DGKJ sowie das FKE und die Nationale Stillkommission [32], die Vertreter der verschiedenen relevanten Verbände und Organisationen stimmen in der Empfehlung „nach Bedarf stillen“ überein. Um die Milchbildung anzuregen und das Kind ausreichend zu versorgen, ist eine gewisse Stillhäufigkeit notwendig. Die Experten/-innen halten jedoch eine konkrete Angabe dazu, wie häufig innerhalb von 24 h gestillt/angelegt werden sollte („xx-mal Stillen in 24 h“), für nicht sinnvoll (z. B. wegen individueller Unterschiede). In besonderen Situationen muss das Baby zum Stillen geweckt werden, z. B. bei geringer Gewichtszunahme, Trinkschwäche oder Gelbfärbung (Hyperbilirubinämie). Die Experten/-innen empfehlen den Aspekt Stillhäufigkeit in der Schulung von Multiplikatoren/-innen detailliert aufzugreifen.

II. Kernaussagen zur Säuglingsmilchnahrung

Empfehlungen zur Auswahl von Säuglingsmilchnahrungen

Wenn nicht oder nicht voll gestillt wird, soll das Baby eine industriell hergestellte Säuglingsmilchnahrung erhalten.

Säuglingsanfangsnahrungen („Pre“- oder „1“-Nahrungen) sind zur Fütterung von Geburt an und für das gesamte 1. Lebensjahr geeignet. Sie können nach Bedarf des Kindes gefüttert werden.

Wenn Folgenahrung („2“-, „3“-Nahrung) verwendet wird, soll sie frühestens mit Beginn der Beikostfütterung eingeführt werden.

Zur Wirkung von Probiotika (Milchsäure bildende Bakterien) und Präbiotika (nicht verdauliche Kohlenhydrate), die gesundheitsfördernde Effekte auf das Kind ausüben sollen, liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. Vorteile der Zugabe von Pro- und Präbiotika zu Säuglingsnahrungen sind derzeit nicht zweifelsfrei.

Die Säuglingsmilchnahrung soll nicht aus Milch oder anderen Rohstoffen selbst hergestellt werden.

Spezialnahrungen für Säuglinge sollen nur nach Rücksprache mit dem Kinder- und Jugendarzt gefüttert werden.

Empfehlungen zur Auswahl von Säuglingsmilchnahrung bei Allergierisiko

Nicht oder nicht voll gestillte Säuglinge, deren Eltern oder Geschwister von einer Allergie betroffen sind, sollten im ersten Lebenshalbjahr eine HA-Säuglingsnahrung (HA: hypoallergene Nahrung) erhalten (mindestens bis zum Beginn des 5. Monats).

Säuglingsnahrungen auf der Basis von Sojaeiweiß, Ziegen-, Stuten- oder einer anderen Tiermilch sind nicht zur Allergievorbeugung geeignet.

Empfehlungen zur Zubereitung der Säuglingsmilchnahrung

Säuglingsmilchnahrung sollte immer frisch vor der Mahlzeit zubereitet werden.

Zubereitete, aber nicht getrunkene Säuglingsmilchnahrung sollte verworfen und nicht für die nächste Mahlzeit aufbewahrt und aufgewärmt werden.

Zur Zubereitung von Säuglingsmilchnahrung aus Pulver sollte frisches Trinkwasser (Leitungswasser) verwendet werden, dazu das Wasser vorher ablaufen lassen, bis kaltes Wasser aus der Leitung fließt.

  • Von der Verwendung von Wasserfiltern wird abgeraten.

  • Das Wasser sollte für die Zubereitung der Säuglingsmilch auf 30–40°C erwärmt werden.

Kein Trinkwasser aus Bleileitungen verwenden. Trinkwasser aus Hausbrunnen sollte nur nach Prüfung der Wasserqualität verwendet werden. (Bei Hausleitungen aus Blei oder bei ungeprüften Hausbrunnen soll abgepacktes Wasser verwendet werden, das „für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet“ ist.)

Empfehlungen zu Flaschen und Saugern

Flaschen und Sauger sollten nach jeder Mahlzeit gründlich gespült und sorgfältig gereinigt werden.

Gummisauger sollten gelegentlich ausgekocht werden (bei Silikonsaugern nicht erforderlich).

II. Kernaussagen zur Säuglingsmilchnahrung – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Unterschiede beachten

Wenn die Mutter nicht stillen kann oder möchte, bekommt der Säugling industriell hergestellte Fertigmilch. Die Unterscheidung von Säuglingsanfangs- und Folgenahrung wird in den Handlungsempfehlungen deutlich. Die Fachgesellschaften DGE und DGKJ sowie das FKE stimmen in ihren Empfehlungen überein. Sowohl DGE als auch FKE betonen aber ausdrücklich, dass Folgenahrung nicht notwendig ist. Auch nach der EG-Richtlinie 2006/141/EG [20] ist die Verwendung von Folgenahrung an die Beikost gekoppelt. Gemäß Artikel 13 (1) b dieser Richtlinie vom 22.12.2006 über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung muss die Etikettierung bei Folgenahrung die Angabe enthalten

„dass sich das Erzeugnis nur für die besondere Ernährung von Säuglingen ab einem Alter von mindestens sechs Monaten eignet und nur Teil einer Mischkost sein soll, dass es nicht als Ersatz für die Muttermilch während der ersten sechs Lebensmonate verwendet werden soll.“

Darüber hinaus führt die Richtlinie aus,

„dass die Entscheidung, mit der Verwendung von Beikost zu beginnen, einschließlich des ausnahmsweisen Beginns bereits in den ersten sechs Monaten, nur auf den Rat unabhängiger Fachleute auf dem Gebiet der Medizin, der Ernährung oder der Arzneimittel bzw. anderer für Säuglings- und Kinderpflege zuständiger Personen und unter Berücksichtigung der Wachstums- und Entwicklungsbedürfnisse des einzelnen Säuglings getroffen werden soll“ [20].

Folgenahrung kann somit – zusammen mit Beikost – unter den genannten Bedingungen früher gegeben werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist eine verbindliche Vorgabe von „6 Monaten“ – also nicht vor Beginn des 7. Monats – nicht erforderlich, so die Experten/-innen. Aufgrund der EFSA-Bewertung zum geeigneten Einführungszeitpunkt der Beikost [18] erwarten sie eine Harmonisierung der gesetzlichen Regelungen. Die Aussagen zu Pro- und Präbiotika in den Kernaussagen gelten sowohl im Hinblick auf Allergie- als auch auf Infektionsprophylaxe. Die Empfehlungen von DGE, DGKJ und FKE stimmen überein.

Unter Spezialnahrung ist z. B. Spezialnahrung bei Spuckneigung oder Spezialnahrung mit Sojaeiweiß zu verstehen. Sie nur nach Rücksprache mit dem Kinderarzt zu verwenden, ist unter den Fachgesellschaften (DGE, DGKJ [14]) und dem FKE Konsens.

Fertig kaufen, nicht selbst herstellen

Dies wird von den Fachgesellschaften DGE und DGKJ sowie dem FKE empfohlen. Gründe sind die hohe renale Molenlast einer mit Kuhmilch selbst hergestellten Säuglingsmilch, ein unausgewogener Nährstoffgehalt und ein erhöhtes Risiko von Magen-Darm-Infektionen. Die Säuglinge gedeihen mit einer selbst hergestellten Milchnahrung nicht so gut, so die Experten/-innen. Die Empfehlung, die Säuglingsmilchnahrung nicht selbst herzustellen, gilt für alle Milcharten (Kuh-, Ziegen-, Schafs-, Stutenmilch) sowie für andere Rohstoffe, wie Mandeln oder Soja.

Säuglingsmilchnahrung bei erhöhtem Allergierisiko

Hat das Kind ein erhöhtes Allergierisiko (bei mindestens einem Elternteil, Schwester oder Bruder liegt eine Allergie vor) und wird es nicht gestillt, wird HA-Nahrung empfohlen. Hierin sind sich die Fachgesellschaften einig [23]. Die Empfehlungen werden durch die S3-Leitlinie Allergieprävention [8] 2009 gestützt. Der Schutzeffekt der HA-Nahrung wird jedoch häufig überschätzt, so die Experten/-innen. Die GINI-Studie (GINI: German Infant Nutritional Intervention Study) zeigte, dass die Wirkungsgröße bei 10% liegt [3]. Deshalb müssen Eltern darauf hingewiesen werden, dass andere vorbeugende Maßnahmen berücksichtigt werden müssen, die weitaus bedeutender sind (s. unten). Vorteile der Zugabe von Pro- und Präbiotika zu Säuglingsnahrungen im Hinblick auf die Allergievorbeugung sind nicht gesichert.

Mit Einführung der Beikost kann auf eine „normale“ Säuglingsmilchnahrung umgestellt werden.

Zubereitung der Säuglingsmilchnahrung

Die Eignung von Trinkwasser (Leitungswasser) in Deutschland zur Zubereitung von Säuglingsnahrung ist Konsens der relevanten Fachgesellschaften sowie des BfR und des UBA (Umweltbundesamt). Ausnahmen sind klar benannt. Das Wasser sollte immer selbst erwärmt und nicht warm aus der Leitung entnommen werden. Vor allem Boiler sind hygienisch problematisch. Von Wasserfiltern rät die DGKJ explizit ab [13]. Das BfR und das UBA weisen außerdem darauf hin, in Regionen, in denen Urangehalte deutlich über 10 µg/l bzw. 15 µg/l (WHO-Richtwert) gemessen wurden, die Säuglingsnahrung vorsorglich mit abgepackten Wässern zuzubereiten, die für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet sind [5].

Hygienische Aspekte

Das hygienische Hauptrisiko liegt in der Vermehrung gesundheitsgefährdender Bakterien, wie Escherichia coli und Salmonellen. Es wird entscheidend von den Standzeiten der zubereiteten Milchnahrung beeinflusst. Deshalb sollen Milchnahrungsreste entsorgt und nicht wieder aufgewärmt werden. Dies ist die entscheidende hygienische Vorsichtsmaßnahme. Ein Auskochen bzw. Sterilisieren der Flaschen und Sauger bringen keinen weiteren Vorteil. Dies stellen alle Fachorganisationen fest (DGE, DGKJ, FKE). Gummisauger werden im Gegensatz zu Silikonsaugern porös. Deshalb sollten sie aus Sicht der Experten/-innen hin und wieder ausgekocht werden.

III. Kernaussagen zur Beikost

Empfehlungen zur Beikosteinführung

Beikost sollte frühestens mit Beginn des 5., spätestens mit Beginn des 7. Monats eingeführt werden.

Auch nach der Einführung der Beikost sollte weiter gestillt werden.

Empfehlungen zu Abfolge und Auswahl der Beikost

Die Beikostgabe sollte dem Schema des Ernährungsplans des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) folgen. Abwechslung durch Variation der verwendeten Beikostzutaten ist erwünscht (verschiedene Gemüse- und Obstarten; kleine Mengen Nudeln bzw. andere Getreideprodukte, vorzugsweise aus Weizen, im Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei; gelegentlich auch fettreicher Fisch anstelle von Fleisch).

Der Ernährungsplan gilt auch für Kinder mit erhöhtem Allergierisiko. Die Meidung oder spätere Einführung von häufiger Allergie auslösenden Lebensmitteln bietet keinen Schutz vor Allergien.

Beikost für den Säugling kann selbst gekocht oder fertig gekauft werden – beides hat Vorteile.

Bei der Auswahl der Fertigprodukte sind folgende Kriterien hilfreich:

  • Produkte mit Lebensmittelzutaten, die den anerkannten Rezepten der Selbstzubereitung entsprechen, sind zu bevorzugen.

  • Zusätze von Salz oder Aromen oder ein starker Süßgeschmack sind unerwünscht.

Empfehlungen zu Milch und Milchprodukten in der Beikost

Trinkmilch (Kuhmilch) sollte im 1. Lebensjahr nur in kleinen Mengen (zur Zubereitung eines Milch-Getreide-Breies) gegeben werden.

  • Zum Trinken sollte sie erst gegen Ende des 1. Lebensjahres und nur im Rahmen der Brotmahlzeiten aus Becher oder Tasse gegeben werden.

  • Wenn Kuhmilch verwendet wird, soll sie nicht als Roh- oder Vorzugsmilch gegeben werden.

III. Kernaussagen zur Beikost – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Empfehlungen zur Beikosteinführung

Die Empfehlungen der Fachgesellschaften (DGE, DGKJ), des FKE und der Nationalen Stillkommission stimmen überein. In der wissenschaftlichen Stellungnahme der EFSA [18] wird ausgeführt, dass die Beikosteinführung zwischen 4 und 6 Lebensmonaten (zwischen dem Beginn des 5. und dem Beginn des 7. Monats) sicher ist und kein gesundheitliches Risiko darstellt. Die Experten/-innen des Wissenschaftlichen Beirats weisen ausdrücklich auf die Bedeutung des Weiterstillens/Teilstillens nach der Beikosteinführung hin. Letztere bedeutet nicht das Ende des Stillens.

Die Empfehlung zum Zeitpunkt der Beikosteinführung gilt für gestillte Säuglinge sowie für jene, die mit Säuglingsanfangsnahrung gefüttert werden, gleichermaßen. Die Empfehlung der WHO weicht als Konsequenz der empfohlenen 6-monatigen Stilldauer von jener der Fachgesellschaften ab. Nach WHO sollte die Beikost erst mit Beginn des 7. Monats starten [41].

Ab wann ein Säugling Beikost benötigt und reif dafür ist, kann individuell unterschiedlich sein. Darauf weisen die DGE, FKE und die Nationale Stillkommission hin. Deshalb sollte die persönliche Entwicklung beachtet werden. Hier spielen die Essfähigkeit (vom Löffel essen können), das Interesse für neue Lebensmittel, das Verlangen danach sowie die motorisch-geistige Entwicklung eine Rolle. Diese Aspekte sollen in der Schulung der Multiplikatoren/-innen vertieft werden.

Abfolge und Auswahl der Breie

DGE und DGKJ unterstützen den Ernährungsplan des FKE (www.fke-do.de). Er fließt in die Schulung der Multiplikatoren/-innen ein. Die Experten/-innen empfehlen eine Variation der Zutaten im Rahmen der einzelnen Breie. Die Einführung von Gluten – solange noch gestillt wird – ist mit einem um 50% gesenkten Zöliakierisiko verbunden [2]. Deshalb sollten mit Beginn der Beikostfütterung auch kleine Mengen glutenhaltiges Getreide eingeführt werden.

Für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restriktion gibt es keine Belege. Sie kann, so die S3-Leitlinie Prävention [8], nicht empfohlen werden (Empfehlungsklasse B). Möglicherweise können sich eine Meidung oder spätere Einführung von häufiger Allergie auslösenden Lebensmitteln sogar nachteilig auf eine Toleranzentwicklung auswirken. Es gibt Hinweise, dass Fischverzehr im ersten Lebensjahr einen schützenden Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen hat (S3-Leitlinie, Empfehlungsklasse B). Fettreiche Fische wie Lachs oder Makrele liefern die langkettigen ω3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure). Deshalb kann die Fleischzutat im Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei gelegentlich durch (fettreichen) Fisch ausgetauscht werden.

Selbst kochen oder fertig kaufen

Die Fachgesellschaften (DGE und DGKJ) sowie das FKE konstatieren, dass sowohl das Selbstkochen als auch die Verwendung industrieller Beikostprodukte Vor- und Nachteile haben. Eine eindeutige Empfehlung für oder gegen das eine oder andere Verfahren geben sie nicht. Beide sind gleichwertige Alternativen. Sowohl mit selbst zubereiteten als auch mit fertig zu kaufenden Breien kann man den Säugling gut mit allen Nährstoffen, die er braucht, versorgen. Die industriell hergestellte Beikost erfüllt hohe gesetzliche Anforderungen, sie spart Zeit und Arbeit. Vorteile der Selbstzubereitung sind: Auf Salz und Zucker kann verzichtet werden. (Die entsprechend der Rezepte des FKE selbst hergestellten Breie schmecken Babys auch ohne Zucker und Salz gut.) Die Eltern können über Auswahl und Anzahl der Zutaten selbst entscheiden. Zudem können sie für eine größere geschmackliche Vielfalt sorgen als mit Fertigprodukten. So kann sich das Baby an eine breitere Palette von Geschmack und Textur gewöhnen. Studien ergaben, dass eine frühe Vielfalt in der Ernährung die Akzeptanz für neue Lebensmittel fördern kann [27, 28]. Deshalb sollten Eltern ermutigt werden, auch selbst zu kochen. Die Vor- und Nachteile der beiden Verfahren sollten in der Schulung der Multiplikatoren/-innen kommuniziert werden. Die Zubereitung sollte am besten immer frisch erfolgen, so die Experten/-innen. Das Einfrieren des Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Breis ist möglich.

Was die Auswahl von Fertigprodukten betrifft, schließen sich die Experten/-innen den Empfehlungen des FKE an. Folgende Tipps für die Auswahl werden gegeben:

  1. 1.

    nur wenige Lebenmittelzutaten (in etwa wie in den Rezepten für die Selbstzubereitung),

  2. 2.

    möglichst wenig Zucker oder andere Süßungsmittel und

  3. 3.

    Salz und Aromen sind überflüssig.

Fleisch sollte 5-mal/Woche als Zutat im Brei enthalten sein, da der Fleischgehalt in industriellen Gläschenbreien in der Regel niedrig ist.

Von Trinkbreien, Trinkmahlzeiten u. ä. ist aus Sicht von DGE, DGKJ [15] und FKE abzuraten.

Milch und Milchprodukte in der Beikost

Alle Fachgesellschaften [12] sprechen sich gegen eine zu frühe Einführung von Kuhmilch als Getränk aus. Säuglinge sollten die Milch v. a. als Muttermilch bzw. Säuglingsmilchnahrung trinken. Kuhmilch als Trinkmilch sollte erst gegen Ende des 1. Lebensjahres gegeben werden, so formulieren es die deutschen Fachgesellschaften, nach WHO-Veröffentlichungen kann Kuhmilch als Getränk vom 9.–12. Monat nach und nach eingeführt werden [40].

Milch und Milchprodukte haben im Rahmen der Beikost ihren Platz (z. B. im Milch-Getreide-Brei, der gegen Ende des 1. Lebensjahrs in die Brotmahlzeit plus Milch aus der Tasse übergehen kann), so die Experten/-innen. Von weiteren milchprodukthaltigen Zwischenmahlzeiten (Quark, Joghurt, Milchpudding usw.) raten sie, genauso wie die Fachgesellschaften, ab.

IV. Kernaussagen zu Getränken (ergänzende Flüssigkeitszufuhr)

Empfehlungen

Erst wenn der dritte Beikostbrei (Getreide-Obst-Brei) eingeführt ist, braucht das Baby zusätzliche Flüssigkeit. Das Getränk sollte bevorzugt aus Becher oder Tasse gegeben werden.

Säuglinge sollten zur Beikost bevorzugt kalorienfreie Getränke erhalten.

Das beste Getränk fürs Baby zusätzlich zur Milchernährung ist Trinkwasser (Leitungswasser). Es muss nicht abgekocht werden, sondern so lange ablaufen, bis kaltes Wasser aus der Leitung fließt. Alternativ können auch ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees angeboten werden.

Es soll kein Trinkwasser aus Bleileitungen verwendet werden. Wasser aus Hausbrunnen sollte nur nach Prüfung der Eignung verwendet werden.

Dauernuckeln und die „Flasche zum Einschlafen“ sind unbedingt zu vermeiden, da hierdurch ein stark erhöhtes Risiko für eine gestörte Zahngesundheit ausgelöst wird. Getränke können aus Becher oder Tasse angeboten werden.

IV. Kernaussagen zur ergänzenden Flüssigkeitszufuhr – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Die Empfehlungen der Fachgesellschaft DGKJ und des FKE stimmen überein: Ein voll gestilltes oder mit Säuglingsmilchnahrung ernährtes Kind braucht keine zusätzlichen Getränke. Erst mit 3 Breien am Tag sind zusätzliche Flüssigkeitsgaben erforderlich. Ausnahmen können Fieber, Durchfall usw. sein, die eine frühere Gabe von Flüssigkeit erforderlich machen.

Die Fachgesellschaften DGE und DGKJ sowie das FKE und die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde raten dringend vom „Dauergebrauch“ der Flasche ab [7]. Ein ständiges Umspülen der Zähne mit Milch, Tee usw. schädigt die Zähne.

V. Kernaussagen zu Nährstoffsupplementen im 1. Lebensjahr

Empfehlungen

Jeder Säugling braucht Vitamin K, Vitamin D und Fluorid.

  • Vitamin K: 3 × 2 mg Vitamin K als Tropfen bei den Vorsorgeuntersuchungen U1, U2 und U3

  • Vitamin D: ab der 2. Lebenswoche 400–500 IE/Tag

  • Fluorid: in der Regel 0,25 mg/Tag

V. Kernaussagen zu Nährstoffsupplementen im 1. Lebensjahr – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Die Empfehlungen der Fachgesellschaften (DGE, DGKJ) und des FKE stimmen bei Vitamin D und K überein. DGE, DGKJ und FKE empfehlen eine systemische Fluoridierung. Während jedoch das FKE und die DGE bei Fertigmilchgabe zu keiner zusätzlichen Gabe von Fluorid ab einem Fluoridtrinkwassergehalt über 0,3 mg raten, weist die DGKJ auf reduzierte Fluoriddosierungen bei 0,7 mg Fluorid/l Trinkwasser hin. Deshalb sollte die Dosis des Supplements ggf. in Absprache mit dem Kinder- und Jugendarzt angepasst werden. Nach Meinung der DGKJ sollte eine topische Fluoridanwendung mit fluoridierter Zahnpasta bei kleinen Kindern unterbleiben, so lange diese die Präparate nicht absolut zuverlässig ausspucken. Die Forderung der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) nach einer topischen Fluoridanwendung ab dem Durchbruch des ersten Milchzahnes wird nicht unterstützt (Leitlinie zu Fluoridierungsmaßnahmen der DGZMK wird derzeit überarbeitet) [35].

VI. Kernaussagen zur Ernährung der stillenden Mutter

Empfehlungen zum Essen

Stillende Frauen sollten abwechslungsreich, ausgewogen und regelmäßig essen.

Stillende Frauen sollten keine Reduktionsdiäten durchführen (nicht durch Kalorienrestriktion gezielt abnehmen).

Diätetische Einschränkungen für die Mutter in der Stillzeit haben keinen erkennbaren Nutzen für eine Allergieprävention beim Kind und werden nicht empfohlen, zumal sie das Risiko einer unzureichenden Nährstoffversorgung bergen.

Stillende Frauen sollten nach Möglichkeit 2-mal wöchentlich Seefisch verzehren, davon mindestens 1-mal wöchentlich fettreichen Fisch (z. B. Hering, Makrele, Lachs, Sardine).

Empfehlung zum Trinken

Stillende Frauen sollten reichlich und regelmäßig trinken (z. B. 1 Glas Wasser zu jeder Stillmahlzeit).

VI. Kernaussagen zur Ernährung der stillenden Mutter – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Empfehlungen zur Ernährung

Das FKE gibt Anhaltswerte für Lebensmittelmengen. In den Beratungsstandards der DGE [11] werden Stillenden qualitative Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl gegeben. Für „abwechslungsreich und ausgewogen essen“ plädieren DGKJ, Nationale Stillkommission und WHO [37]. Aus Sicht der Experten/-innen sind Grammangaben wenig hilfreich. Die Ernährungsempfehlungen sollen über die aid-Ernährungspyramide [1] oder den DGE-Ernährungskreis [9] kommuniziert und die benötigten Lebensmittelzulagen anhand von Portionsbeispielen verdeutlicht werden. Das FKE hält die zugrunde liegenden Anhaltswerte für Lebensmittelmengen (Grammangaben) vor, woraus dann praxisnahe Portionszahlen usw. für die Kommunikation abgeleitet werden können. Dies wird in der Schulung der Multiplikatoren/-innen vermittelt.

Ein mäßiger Gewichtsverlust und ein Abbau von Fettgewebe während der Stillzeit sind normal, das Abnehmen sollte jedoch nicht forciert werden. DGE und FKE empfehlen, so viel zu essen, dass das Gewicht gehalten oder nur langsam abgenommen wird. Wird zu stark abgenommen, leidet die Milchbildung. Die Experten/-innen plädieren dafür, diesen Aspekt in der Schulung der Multiplikatoren/-innen besonders zu berücksichtigen. Ein konkreter Wert für einen akzeptablen Gewichtsverlust kann nicht gegeben werden. Ein Hinweis auf eine zu starke Gewichtsabnahme ist die Unterschreitung des Gewichts, das die Mutter vor der Schwangerschaft hatte.

Für einen vorbeugenden Verzicht von bestimmten Lebensmitteln zum Zwecke der Allergievorbeugung gibt es keine Belege (Empfehlungsklasse A, S3-Leittlinie Allergieprävention [8]). Der Speisezettel sollte deshalb nicht unnötig eingeschränkt werden (DGKJ, FKE, WHO [5]). Dies könnte die ausreichende Nährstoffversorgung der Mutter gefährden.

Fisch in der Ernährung der Stillenden scheint protektive Effekte auf die Entwicklung von atopischen Erkrankungen beim Kind zu haben [26] (S3-Leitlinie Allergieprävention [8], Empfehlungsklasse B). Fettreiche Seefische enthalten die langkettigen ω3-Fettsäuren DHA und EPA in größeren Mengen. Ein bevorzugter Verzehr großer Raubfische, wie Thunfisch oder Schwertfisch, kann aufgrund einer höheren Schadstoffbelastung nach aktuellen Stellungnahmen nicht empfohlen werden [4, 17].

Empfehlungen zum Trinken

Die D-A-CH-Referenzwerte 2008 geben als Richtwert für die Wasserzufuhr durch Getränke 1710 ml an. Meist werden jedoch keine konkreten Trinkmengen empfohlen. Die Nationale Stillkommission und das FKE weisen darauf hin, zu jedem Stillen ein Glas Flüssigkeit bereitzustellen/zu trinken.

Eine spezifische Wirkung von so genannten Milchbildungstees ist nicht nachgewiesen. Der Aspekt „milchfördernde Lebensmittel“ und ihr möglicher „Placeboeffekt“ (im Hinblick auf ausreichendes Trinken) sollen in der Fortbildung der Multiplikatoren/-innen thematisiert werden.

VII. Kernaussagen zu Genussmitteln in der Stillzeit

Stillende sollen Alkohol meiden.

  • Allenfalls bei besonderen Anlässen ist ein kleines Glas Wein, Bier oder Sekt tolerierbar.

Stillende sollen auf das Rauchen verzichten, insbesondere

  • keinesfalls im Beisein des Kindes rauchen (weder Eltern noch andere Personen).

  • keinesfalls in der Wohnung oder in Räumen rauchen, in denen sich das Kind aufhält.

VII. Kernaussagen zu Genussmitteln in der Stillzeit – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Aussagen zu alkoholischen Getränken

Alkohol geht in die Milch über. Im Hinblick auf die Zurückhaltung bei Alkohol stimmen die Empfehlungen der Fachgesellschaften DGE und DGKJ sowie des FKE und der WHO [12] weitgehend überein. Eine für die stillende Mutter und ihren Säugling sichere obere Grenze der Alkoholzufuhr ist aber nicht ableitbar. Daher soll auf alkoholische Getränke verzichtet werden. Entgegen der landläufigen Meinung regen diese die Milchbildung nicht an, sondern verringern sie möglicherweise sogar. [30]

Aussagen zum Rauchen

Die Fachgesellschaften DGE und DGKJ sowie das FKE und die Nationale Stillkommission [31] empfehlen, möglichst nicht zu rauchen. Nikotin geht in die Muttermilch über, zudem reduziert Rauchen die Milchmenge. Die Empfehlung, das Stillen aufzugeben, wenn geraucht wird, wurde Anfang der 1990er Jahren verworfen, so die Experten. Wenn wirklich nicht auf das Rauchen verzichtet werden kann, sollten stillende Mütter nicht vor, sondern nach der Stillmahlzeit rauchen und insgesamt das Rauchen zumindest einschränken, denn jede Zigarette weniger ist gut fürs Kind. Diese Aspekte sollen in der Schulung der Multiplikatoren/-innen aufgegriffen werden.

VIII. Kernaussagen zu Medikamenten und Nährstoffsupplementen in der Stillzeit

Empfehlung zum Thema „Medikamente“

Medikamente sollen während der Stillzeit nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden.

Empfehlung zu Supplementen für die stillende Frau

Während der Stillzeit sollten zusätzlich zur Verwendung von Jodsalz (mit Jod angereichertem Kochsalz) Jodtabletten (100 μg Jod/Tag) eingenommen werden.

VIII. Kernaussagen zu Medikamenten und Nährstoffsupplementen in der Stillzeit – Hintergründe der Recherche und der Expertengespräche

Die Empfehlung, Medikamente nur nach Rücksprache mit dem Arzt einzunehmen, betrifft sowohl verschreibungspflichtige als auch nicht verschreibungspflichtige Medikamente.

Die Jodsupplementierung wird von den Fachgesellschaften allgemein befürwortet. Die Experten/-innen sprechen sich dafür aus, sich am unteren Wert der DGE-/FKE-Empfehlung 100(–150) µg zu orientieren. Diese Dosierung ist erhältlich und aufgrund der nunmehr höheren Jodidzufuhr durch Lebensmittel gerechtfertigt. Die Einnahme mehrerer jodhaltiger Supplemente ist zu vermeiden. Vor dem Verzehr getrockneter Algenpräparate wird aufgrund des möglicherweise sehr hohen Jodgehalts gewarnt.

IX. Kernaussagen zur Allergieprävention beim Kind, die nicht die Ernährung und das Rauchen betreffen

Eltern allergiegefährdeter Säuglinge sollten für eine allergen- und schadstoffarme Umgebung sorgen:

  • keine Katzen oder andere felltragende Haustiere anschaffen,

  • Schimmel und feuchte Stellen an den Wänden vermeiden,

  • Lacke und Farben, die lösungsmittelarm sind, verwenden,

  • bei Wohnungen an stark befahrenen Straßen nur zu verkehrsarmen Zeiten mehrmals kurz am Tag lüften (nicht dauerlüften).

Auch allergiegefährdete Kinder sollten nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission geimpft werden.

IX. Kernaussagen zur Allergieprävention beim Kind, die nicht die Ernährung und das Rauchen betreffen – Hintergründe der Empfehlungen

Grundlage dieser Empfehlungen ist die S3-Leitlinie zur Allergieprävention der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) in Zusammenarbeit mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie (GPA) [8]. Als allergiegefährdet gelten Kinder, deren Eltern und/oder Geschwister allergisch erkrankt sind.