Eine international akzeptierte neurologische Untersuchung für Kinder der ersten beiden Lebensjahre existiert bisher nicht. Auf Anfrage der Schriftleitung wird eine neurologische Basisuntersuchung für Kinder in diesem Alter vorgestellt, die in Praxis und Klinik eingesetzt werden kann. Eine reduzierte Zahl der Items sowie eine an die Vorsorgeuntersuchungen U2–U7 angeglichene, irritationsmindernde und zeitökonomisch orientierte Strukturierung ermöglichen valide neurologische Befunde und Handlungskonsequenzen.

Neurologische Untersuchungen in den ersten beiden Lebensjahren

Neurologische Untersuchungen der ersten Lebensjahre

Vorschläge zu neurologischen Untersuchungen in den ersten Lebensjahren wurden, mit unterschiedlichsten theoretischen Ansätzen, im deutschen, englischen und französischen Sprachbereich immer wieder publiziert (u. a. [2, 5, 8, 9, 14, 20, 21, 22]). Keine dieser Untersuchungen hat bisher eine allgemeine Akzeptanz gefunden.

Funktionelle und topische neurologische Untersuchung

Eine neurologische Untersuchung der ersten beiden Lebensjahre kann nur eine funktionell orientierte Neurologie sein, da deren Befunde noch nicht topisch präzisen Hirnarealen zugeordnet werden können (Ausnahmen: zentrale Fehlbildungen, Tumoren, Meningomyelozelen, traumatische Geburtskomplikationen wie Plexusparesen oder Ausfälle bestimmter Hirnnerven). Das Zentralnervensystem durchläuft in den ersten beiden Lebensjahren rasch wechselnde Phasen einer strukturellen und funktionalen neuronalen Umorganisation [3, 4, 13, 23].

Angeborene, bei Geburt und in den nachfolgenden Wochen abrufbare motorische Fähigkeiten verschwinden im Laufe des ersten Lebenshalbjahres wieder. Ab etwa dem 3. Lebensmonat werden stetig neue Fähigkeiten erworben. Den sich entwickelnden Fertigkeiten gehen sensomotorische Lernprozesse voraus. Sie initiieren die Organisation weiterer neuronaler Netzwerke, die adaptiv lernend auf Umweltanforderungen reagieren und die entstehenden Fertigkeiten perfektionieren [12]. Erst damit strukturiert sich allmählich die endgültige topische Organisation des Kortex. Das Gehirn verfügt zudem ab Geburt über unterschiedliche äquilibrierende Systeme, die das Überleben sichern und steuern. Zentrale äquilibrierende Systeme sind: Die Kontrolle des Verhaltenszustandes, die Erregbarkeitsschwelle des ZNS, die Stabilisierung der Symmetrie von Haltung und Bewegung, die Kontrolle eines mittleren Muskeltonus, die Ökonomisierung motorischer Aktivitäten und die Sicherstellung einer kontinuierlichen Entwicklung von Motorik, Sprache, Kognition und die der sozialen und emotionalen Kompetenzen.

Störungen der äquilibrierenden Funktionen des ZNS werden daher zu Auffälligkeiten in den beeinträchtigten Systemen führen. Sie lassen sich nachweisen und dokumentieren. Es liegt in der Natur äquilibrierender Systeme, dass sie auch durch Irritationen, Stress oder bei gewöhnlichen Erkrankungen in ihren Funktionen beeinträchtigt werden und damit neurologische Befunde verändern oder auslösen.

Neurologische Basisuntersuchung

Forderungen an eine Basisuntersuchung

Im Verlauf der letzten Jahren wurde zunehmend nach einer zuverlässigen neurologischen Basisuntersuchung für Kinder in den ersten beiden Lebensjahren gefragt, die in Klinik und Praxis durchgeführt werden kann, also entwicklungspädiatrischen Kriterien genügt. Eine neurologische Basisuntersuchung sollte folgende, in der Praxis häufige Fragen beantworten können:

  • Ist ein individuelles Kind neurologisch auffällig?

  • Welche zentralen Systeme sind von den Störungen betroffen?

  • Welche Konsequenzen ergeben sich aus den neurologischen Befunden?

Die Basisversion vermag eine vollständige neurologische Untersuchung nicht zu ersetzen. Sie ist aber gut geeignet, neurologische Auffälligkeiten zu suchen und zu finden. Allen in der Pädiatrie Tätigen, die Kinder in den ersten beiden Lebensjahre routinemäßig neurologisch beurteilen, soll damit eine praxisrelevante Untersuchung in die Hand gegeben werden, die ihnen die Sicherheit bietet, Kinder mit einem neurologischen Entwicklungsrisiko zu identifizieren. Um der angestrebten Praxisrelevanz zu genügen, konnte als Zweitautorin eine Ärztin mit langjähriger praktischer Erfahrung in der Entwicklungsneurologie und in der Frühförderung gewonnen werden, was u. a. der Systematik der Untersuchung und dem Konzept der Untersuchungsbögen zugutegekommen ist.

Explizit praxisrelevante Untersuchungsstrategien fordern bestimmte Voraussetzungen. Sie sind in der Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1 Konditionen einer neurologischen Basisuntersuchung der ersten beiden Lebensjahre

Möglichkeiten und Grenzen einer Basisuntersuchung

Eine neurologische Basisuntersuchung hat nicht die primäre Aufgabe, nach prädiktiv validen neurologischen Befunden nur für „Zerebralparesen“ zu suchen, sondern nach allen neurologischen Auffälligkeiten in einem bestimmen Alter [6], seien es myogene, neurodegenerative, neuromuskuläre oder neurometabolische Erkrankungen oder klar definierte Zerebralparesen [18, 19]. Sie muss also, bezogen auf gleichaltrige unauffällige Kinder, „altersvalide“ sein. Neurologische Untersuchungen in diesem frühen Alter sollten daher folgende Qualitäten besitzen:

  • sicheres Erfassen aller wesentlichen neurologischen, altersrelevanten Auffälligkeiten,

  • Reduzierung der irritationsauslösenden Items,

  • irritationsmindernder Verlauf der Untersuchung [5] und

  • Ökonomie der Untersuchungsabläufe.

Hinzuzufügen ist, dass die neurologischen Befunde einer Basisuntersuchung in der Regel keine Diagnosen im Sinne des ICD-10 erlauben. Sie festzulegen, ist Aufgabe entwicklungsneurologischer oder neuropädiatrischer Zentren.

Strukturierung der Basisuntersuchung

Die Strukturierung der hier vorgestellten neurologischen Basisuntersuchung folgt dem Konzept der neurologischen Untersuchungen der Abteilung Entwicklungsneurologie und Neuropädiatrie der Universitäts-Kinderklinik Tübingen [18, 19], die im Prinzip die neurologische Untersuchung des Neugeborenen von Prechtl [22] für die ersten beiden Lebensjahre weiterführt. Da die Tübinger Abteilung in enger Kooperation mit der Abteilung Neonatologie der Klinik über eine dreißigjährige Erfahrungen mit Nachuntersuchungen von Kindern mit neurologischen Auffälligkeiten z. T. bis in das Schulalter hinein verfügt [1, 10, 11, 15, 16, 17], kann durchaus von einer Validierung der neurologischen Untersuchungen gesprochen werden. Ausgewählt wurden Items, die ein Kind, bei angemessener Untersuchungstechnik, nicht irritieren und die sich gut zu flüssig ineinander übergehende Abläufen kombinieren lassen. Sie sind in der Tab. 2 zusammengestellt.

Tab. 2 Neurologische Items der Basisuntersuchung

Die Reihenfolge der Auflistung folgt dem Untersuchungsverlauf in dieser Altersgruppe. Sie kann aber ohne Einbußen an Information oder Qualität geändert werden, je nach dem Verhalten eines zu untersuchenden Kindes und entsprechend der unten beschriebenen irritationsmindernden und zeitökonomischen Techniken.

Ein entscheidender Schritt für die Praxisrelevanz der Basisuntersuchung war die Idee, 6 neurologische Untersuchungen parallel zu den Altersgruppen der Vorsorgeuntersuchungen U2–U7 einzuführen, mit einem etwas erweiterten Zeitfenster. Das Verhalten und die Entwicklung der Kinder im Alter der Vorsorgeuntersuchungen sind Kinderärztinnen und Kinderärzten in der Praxis gut bekannt. Sie werden daher auch rasch über eine aus der täglichen Erfahrung bezogene „Kontrollgruppe“ neurologisch unauffälliger Kinder verfügen können (altersbezogene Validität).

Die Untersuchungen sind auch für zu früh geborene Kinder geeignet, etwa ab der 38. Woche.

Die Befunde müssen nach dem Gestationsalter korrigiert werden, oft bis zum Ende des 2. Lebensjahres, manchmal auch noch ein oder zwei Jahre länger.

Essenzielle Elemente der Basisuntersuchung

Verhaltenszustände

Erstmals hat Prechtl [22] auf die qualitätssichernde Bedeutung der Verhaltenszustände bei neurologischen Untersuchungen von Neugeborenen und Kindern im ersten Lebensjahr hingewiesen und sie definiert (Tab. 3).

Tab. 3 Verhaltenszustände nach Prechtl [22]

Für valide neurologische Untersuchungen sind nur die Zustände 1 und 2 geeignet. Die Stabilisierung eines optimalen Verhaltenszustandes ist in sich schon eine hohe, aktive Leistung des zentralen Nervensystems. Die Zustände 7–9 stellen als solche bereits pathologische neurologische Befunde dar. Die Untersuchung schreiender Kinder produziert falsch-positive, die dösiger und schlafender Kinder falsch-negative Befunde. Daraus folgt: Alles ist zu tun, um die Verhaltenszustände 1 und 2 während der ganzen Untersuchung stabil zu halten.

Irritationsmindernde, situationsangepasste Untersuchung

Ein rasches, hektisches Ausziehen, die sofortige Rückenlage auf dem Untersuchungs- tisch und ein direkter Blickkontakt mit dem Kind sollten vermieden werden (Gefahr der Verhaltensirritation). Kinder im Altersbereich der U2–U5 werden sich meist liegend oder sitzend auf dem Schoß der Mutter, der Bindungsperson, sicher fühlen. Kinder, die sich schon frei bewegen, werden versuchen, den Raum oder vorhandenes Spielzeug zu erkunden, andere ziehen es jedoch vor, auf dem Schoß oder in der Nähe der Bindungsperson zu bleiben. Die Untersuchung beginnt bereits während eines Gesprächs mit der Mutter über die Entwicklung ihres Kindes. Dabei zieht sie das Kind vorsichtig aus. Schon jetzt können der Verhaltenszustand, Haltung und Spontanbeweglichkeit, deren Symmetrie, die Mimik, evtl. Nahrungsaufnahme, spontane Augenbewegungen oder Artikulation erfragt, beobachtet und protokolliert werden. Kinder im Alter der U2–U4 und wenig irritierbare Kinder lassen sich anschließend auf einem Untersuchungstisch (warme Unterlage) in Rückenlage weiter untersuchen. Danach wird das Kind durch die untersuchende Person in die Bauchlage gedreht. Jetzt lassen sich prüfen: Muskeltonus passiv und aktiv, Kopfheben von der Unterlage, Kopfdrehen, Abstützen des Oberkörpers mit den Armen, Galant-Reflex, Hochheben (um den Thorax mit beiden Händen gehalten) zur Prüfung der schwebenden Bauchlage, falls noch nicht bereits geschehen.

Sehr irritierbare Kinder können auf dem Schoß der Mutter liegen oder sitzen bleiben. Die meisten der eben genannten Items sind mit Vorsicht auch so zu untersuchen, selbst die Moro-Reaktion (s. unten) und das Hochziehen zum halben oder ganzen Sitzen. Oft gelingt auch dann noch eine Untersuchung, wenn ein sehr irritiertes Kind mit dem Rücken zur untersuchenden Person auf dem Schoß der Mutter sitzt und mit ihr den Blickkontakt hält. Vom Rücken her lassen sich Haltung und Bewegung sicher beurteilen. Die Hände der untersuchenden Person können dann von hinten in die Achselhöhlen des Kindes geschoben werden, womit der Muskeltonus des Schultergürtels und der Arme gut zu prüfen ist. Von hinten, ohne Blickkontakt zum Kind, lassen sich außerdem prüfen: Patellarsehnenreflexe, Galantreflexe, Symmetrie der Haltung und Bewegung, die schwebende und gekippte schwebende Bauchlage. Wenn nicht, müssen Kinder bis zum Alter von 6 Monaten (etwa U4) auf dem Untersuchungstisch getestet werden. Dann aber erst zum Abschluss der Untersuchung!

Die Basisuntersuchung achtet also auf Bedingungen, mit denen ein optimaler Verhaltensstatus über den ganzen Verlauf der Untersuchung stabil gehalten werden kann. Das eröffnet die Chance, die einzelnen Items dann zu untersuchen, wenn es die Situation und das Kind gerade zulassen, was auch die zeitliche Ökonomie verbessert.

Ökonomie der Untersuchungsabläufe

Eine Reduzierung des zeitlichen Aufwandes einer neurologischen Untersuchung in diesem Alter gelingt durch ein Ökonomisieren der Untersuchungsabläufe. Einzelne Untersuchungen können, wenn das Verhalten des Kindes dazu Gelegenheit bietet, zu ineinandergreifenden, flüssig und schnell durchzuführenden Itemgruppen kombiniert werden.

Dazu zwei Beispiele: Die Kombination von Handgreifreflexe/Beugetonus der Arme/Moro-Reaktion: In Rückenlage wird zuerst der Handgreifreflex geprüft: Beide Zeigefinger der untersuchenden Person liegen in den Handflächen des Kindes. Das Kind schließt kräftig Hände und Finger. Vorsichtig wird das Kind mit dem Rücken und dem Kopf von der Unterlage abgehoben, dies aber nur um einige Millimeter, was eine aktive Beugung der Ellbogengelenke auslöst. Die Stärke der beiden Handgreifreflexe und der aktive Beugetonus der Arme des Kindes lassen sich dabei gut beurteilen. Schon alleine mit dem plötzlichen Herausziehen der Zeigefinger aus den Handflächen lässt sich eine Moro-Reaktion prompt auslösen, ohne das Kind zu irritieren oder seinen Verhaltenszustand nachhaltig zu verändern. Die Moro-Reaktion kann damit störungsfrei in jedes Stadium des Untersuchungsverlaufs eingebaut werden.

Die Kombination der Untersuchung mit schwebender und gekippter schwebender Bauchlage: Wie bereits beschrieben, sitzt ein Kind mit dem Rücken zu der untersuchenden Person auf dem Schoß der Mutter. Alle in dieser Stellung möglichen Untersuchungen hat das Kind zugelassen, immer im Blickkontakt zu seiner Mutter. Das Kind wird nun von hinten um den Thorax gefasst und zur schwebenden und gekippten schwebenden Bauchlage hochgehoben. Ehe sich das Kind dessen versieht, und damit ohne nachhaltige Irritation, ist es schon wieder auf dem Schoß seiner Bindungsperson gelandet. Irritationsmindernde und ineinandergreifende Abläufe der Untersuchung sichern valide neurologische Befunde bei deutlich reduzierter Untersuchungszeit.

Strukturierung der Untersuchungsbögen

Die 6 altersorientierten neurologischen Untersuchungsbögen können aus Platzgründen nicht vorgestellt werden. Dies wird an anderer Stelle geschehen [19]. Am Untersuchungsbogen zur U5 sollen jedoch beispielhaft der Ablauf einer neurologischen Untersuchung und die Dokumentation der Ergebnisse beschrieben werden (Tab. 4). Die Strukturierung der Untersuchungsbögen folgt der Anordnung der Items in Tab. 2. Mit dem Untersuchungsbogen lassen sich unauffällige Befunde (linker Block) und auffällige Befunde (rechter Block) getrennt protokollieren. Die zutreffenden Items müssen nur unterstrichen oder umzirkelt werden. Anhand dessen lässt sich dann direkt ablesen, in welchen zentralen Systemen Auffälligkeiten bestehen und in welcher Ausprägung.

Tab. 4 Dokumentation der neurologischen Untersuchung. 6.–8. Lebensmonat (U5)

Häufige Kombinationen neurologischer Symptome

Transitorische neurologische Symptome

Transitorische neurologische Symptome (TNS) sind auffällige neurologische Befunde, die bis Ende des ersten Lebensjahres, spätestens bis zum 15. Lebensmonat, nicht mehr nachweisbar sind (etwa bei 95%) oder in einen pathologischen Verlauf einmünden (bei etwa 5% der Kinder). Ausnahmen davon sind benigne muskuläre Hypotonien, die bis in das 4. Lebensjahr die motorische Entwicklung beeinträchtigen können [17]. Transitorische Befunde lassen sich als Übergangsphänomene von einer globalen, fetalen Motorik hin zu einer differenzierten, isolierten, pyramidal gesteuerten Präzisionsmotorik verstehen. Dazu ist eine weitgehende Umorganisation, aber auch Neuinstallation neuronaler motorischer Netzwerke notwendig, die u. a. auch den Schichtaufbau des motorischen Kortex verändern [3, 4, 13, 23].

Weitere Kombinationen

Konstante Asymmetrien

Sie sind häufig mit anderen neurologischen Auffälligkeiten kombiniert. Sie haben jedoch oft auch transitorische Qualitäten [16]. Therapieresistente Asymmetrien der Kopf- und Körperhaltung können durch erworbene oder angeborene Fehlstellungen in Bereich der Halswirbelsäule bedingt sein. Eine manualtherapeutische Diagnostik und Intervention sollte dann kritisch erwogen werden [7].

Muskuläre Hypertonie und Übererregbarkeit (Hyperexzitabilität)

Diese Kombination ist als transitorischer Befund häufig. Kommen gesteigerte Eigenreflexe, eine mangelhafte Rumpfkontrolle und eine positive Babinski-Reaktion hinzu, ist an eine spastische Zerebralparese zu denken.

Muskuläre Hypotonie und motorische Hypoaktivität

Entscheidend ist, ob gleichzeitig eine Muskelschwäche besteht. Wenn ja, hat eine neuropädiatrische Diagnostik Vorrang. Nicht so selten ist diese Kombination transitorisch und in der Familie bekannt, mit guter Prognose. Hinter dieser Kombination können sich aber auch Myopathien verstecken oder Störungen der kognitiven Entwicklung.

Muskuläre Hypotonie und Hyperexzitabilität

Die Kombination ist häufig bei Frühgeborenen bis gegen Ende des ersten Lebensjahres, manchmal auch wesentlich länger. Sie kann aber auch eine Vorstufe spastischer und/oder dyskinetischer Zerebralparesen sein oder Vorläufersymptomatik einer Störung der kognitiven Entwicklung.

Ataxien, Dsykinesien

Ataktische Bewegungsstörungen werden im ersten Lebensjahr vor allem bei Kindern mit einem fetalen Alkohol- oder Angelman-Syndrom gesehen. Dyskinetische Bewegungsstörungen [18] sind häufig neurologische Anteile einer spastischen Zerebralparese nach hypoxisch-ischämischen Basalganglien- und Thalamusschädigungen [15]. Bei seltenen Befunden wie Tremor oder Dystonie hat immer eine neuropädiatrische Diagnostik Vorrang.

Diagnostische und therapeutische Konsequenzen

Primäre Aufgabe neurologischer Basisuntersuchungen ist es nicht, neurologische Diagnosen im Sinne des ICD-10 zu stellen. Aus den neurologischen Befunden lassen sich jedoch ärztliche und therapeutische Konsequenzen ableiten:

  • Welche neuronalen, äquilibrierenden Systeme sind betroffen?

  • Sind weitere neurologische Kontrollen notwendig?

  • Ist eine gezielte neuropädiatrische Diagnostik notwendig? Muss sie vielleicht aus genetischen Gründen forciert werden?

  • Welche medizinischen Therapien oder Frühfördermaßnahmen sind bei den vorliegenden neurologischen Befunden notwendig und angemessen?

Fazit

Neurologische Basisuntersuchungen für Kinder in den ersten beiden Lebensjahren werden vorgestellt. Ihre Strukturierung richtet sich nach den Bedingungen und Vorgaben in pädiatrischen Praxen und Kliniken: Anlehnung an die Vorsorgeuntersuchungen (U2–U7), Reduzierung der Items nach irritationsmindernden Kriterien und sicheres Erfassen altersrelevanter neurologischer Auffälligkeiten. Irritationsminderung und Ökonomisierung erleichtern nicht nur eine praxisrelevante Untersuchung, sie sichern auch die Verlässlichkeit und die Validität der erhobenen neurologischen Befunde. Die Basisversion kann eine vollständige neurologische Untersuchung nicht ersetzen. Sie gibt jedoch klare Hinweise, welche zentralen Systeme betroffen und welche Konsequenzen aus den Befunden zu ziehen sind.