Schwere Verletzungen von Säuglingen und Kleinkindern stellen eine besondere Herausforderung für die behandelnden Ärzte dar, da es nicht nur um die Therapie der akuten körperlichen Schäden, sondern immer auch um eine Bewertung ihrer Verursachung geht. Zahlreiche Studien belegten, dass die meisten schweren Verletzungen in dieser Altersklasse auf vorsätzliche Anwendung körperlicher Gewalt zurückgeführt werden können [1]. Da Kindesmisshandlungen nicht selten wiederholt begangen werden und zu schweren, bleibenden Schäden führen, ist ihre rechtzeitige Erkennung dringend geboten. Andererseits wird der Tatbestand von den Verantwortlichen fast nie zugegeben, und die Hemmschwelle der behandelnden Ärzte vor einer Einschaltung der Behörden ist naturgemäß hoch.

Obwohl schwere Traumafolgen im 1. Lebensjahr fast immer auf eine Misshandlung oder Verletzung der Fürsorgepflicht zurückgehen, ist eine zweifelsfreie und rechtswirksame Erkennung eines nicht akzidentellen Tathergangs nur gegeben, wenn sich Hinweise auf eine andauernde oder wiederholte Gewaltanwendung ergeben. Da die Umstände der kindlichen Verletzung von den Eltern meist nicht zutreffend berichtet werden, hat sich ein Bewertungsverfahren etabliert, das zunächst von Duhaime et al. [2] vorgeschlagen wurde (Abb. 5). Hierbei ist das Fehlen einer plausiblen Erklärung für die kindlichen Verletzungen das entscheidende Kriterium zur Erkennung einer Kindesmisshandlung.

Der Bildgebung kommt neben der klinischen Untersuchung eine besondere diagnostische Bedeutung zu. Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Nachweis von Frakturen in unterschiedlichen Stadien der Heilung, einem klassischen Zeichen wiederholter Traumen [3].

Besonders schwere Auswirkungen auf das weitere Leben der Patienten haben die nicht akzidentellen Verletzungen des Gehirns. Neben den auch bei älteren Kindern und Erwachsenen vorkommenden direkt traumatischen Hirnläsionen wie Kontusionen und traumatischen Blutungen findet man im 1. Lebensjahr eine sehr charakteristische Läsionsform, die bei älteren Patienten fast nie beobachtet wird. Heftiges Schütteln eines Kleinkindes, meist bis es durch Eintritt der Bewusstlosigkeit verstummt, verursacht keine äußeren Verletzungen, führt jedoch zu schweren intrakraniellen Läsionen. Typische Folgen der Schüttelverletzung sind subdurale Hämatome und Hirnparenchymläsionen [2]. Prognose bestimmend sind in der Regel die Schädigungen des Gehirns [4]. Meist bestehen bilaterale, kortikale und subkortikale Schäden des Hirnparenchyms unter Aussparung der Stammganglien. Ihre Ätiologie ist letztlich ungeklärt, jedoch weisen sie in der bildgebenden Diagnostik und im zeitlichen Verlauf die typischen Symptome einer Ischämie oder Hypoxie auf.

Grund für die Eltern, ihr Kind ärztlich vorzustellen, ist die persistierende Vigilanzstörung. Die klinische Aufnahmeuntersuchung zeigt in typischen Fällen eines Schütteltraumas retinale Blutungen [5]. Zeichen vorausgegangener Misshandlungen werden häufig entdeckt, da Kindesmisshandlungen in der Regel wiederholt begangen werden. Äußere Zeichen einer Gewaltanwendung können aber auch völlig fehlen [6]. In diesen Fällen bleibt der Grund der Bewusstlosigkeit unklar, wenn nicht dem Verdacht auf ein Schütteltrauma gezielt unter Einschluss der Bildgebung nachgegangen wird.

Die Letalität der Schüttelverletzung wird mit 10–40% angegeben. Überlebende haben meist schwere persistierende neurologische Defizite, typischerweise kognitive Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, Paresen, Sehstörungen und Krampfanfälle.

Besser als Ultraschall und CT ist die Magnetresonanztomographie (MRT) geeignet [79], alle typischen Zeichen eines Schütteltraumas zu dokumentieren sowie auch schon zu einem frühen Zeitpunkt eine prognostische Abschätzung zu ermöglichen [8]. Eine entscheidende Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten haben dabei die diffusionsgewichteten Sequenzen erbracht, die eine zuverlässige Erkennung eines zytotoxischen Ödems ermöglichen, wie es in der Frühphase einer Ischämie auftritt, aber auch nach einem Schütteltrauma berichtet wird.

Im Folgenden werden die charakteristischen Befunde bei 4 Patienten mit Schütteltrauma berichtet, wobei insbesondere auf den Stellenwert der diffusionsgewichteten MRT zur Diagnosesicherung und Prognoseabschätzung eingegangen wird.

Fallberichte

Patient 1 — Klinische Befunde und Anamnese

Der 4 1/2 Monate alte Junge sei aus dem Arm des Bruders gefallen und mit dem Hinterkopf auf dem Boden aufgeschlagen. Der hinzugezogene Kinderarzt fand das Kind apathisch vor und veranlasste den sofortigen Hubschraubertransport in die Kinder- und Jugendklinik Tübingen. Bei der Aufnahme war das Kind bereits intubiert und beatmet. Es bewegte alle Extremitäten seitengleich spontan, die Pupillen waren eng mit seitengleicher Lichtreaktion. Auffällig waren petechiale Einblutungen am rechten Unterschenkel. Es fand sich eine Thrombozytopenie von 6000 µl−1. Nach der Gabe von Polyglobin bzw. Fortecortin (bei Verdacht auf idiopathische Thrombozytopenie) und von Thrombozytenkonzentraten normalisierte sich die Blutplättchenzahl.

Im CCT fand sich eine Subarachnoidalblutung. In der am Folgetag durchgeführten Schädel-MRT zeigte sich eine ausgedehnte bilaterale ischämische Hirnschädigung mit Diffusionsstörung (Abb. 1a,b). Sie äußerte sich in der T2-gewichteten axialen Sequenz in ausgedehnten hyperintensen Signalabweichungen von Rinde und Marklager bilateral frontal und rechts parietal. Das Hirngewebe dazwischen war rechts nicht nachweisbar betroffen, links bestand eine Hyperintensität des Marklagers parietookzipital ohne Beteiligung der Rinde (Abb. 1a). In der diffusionsgewichteten Sequenz waren ausgedehnte Areale mit verminderter Diffusion in großen Abschnitten der rechten Hemisphäre, auch dem in der T2-gewichteten Sequenz nicht erkennbar betroffenen Areal zu sehen. Links beschränkten sich die Veränderungen auf den rostralen Abschnitt der Hemisphäre, der suspekte Bereich links parietookzipital war nicht betroffen (Abb. 1b).

Abb. 1
figure 1

Patient 1, a T2-gewichtete axiale Sequenz: hyperintense Signalabweichungen von Rinde und Marklager bilateral frontal und rechts parietal, links Hyperintensität des Marklagers parietookzipital ohne Beteiligung der Rinde, b diffusionsgewichtete Sequenz: ausgedehnte Areale mit verminderter Diffusion (hell), c T2-gewichtete axiale Sequenz nach 10 Wochen: ausgedehnte Nekrosen von Rinde und Marklager in Arealen mit vorausgegangener Diffusionsstörung, starke Hirnvolumenminderung mit Ausbildung subduraler Flüssigkeitskollektionen, d T2-gewichtete koronare Sequenz: ausgedehnte kortikale und subkortikale Nekrosen, subdurale Flüssigkeitskollektionen, links subdurales Hämatom (Pfeil), weitere Erläuterungen s. Text

Man ging zunächst davon aus, dass die Hirnschädigung durch im Rahmen der Subarachnoidalblutung aufgetretene Vasospasmen verursacht worden war, obwohl Gefäßstenosen nicht nachgewiesen werden konnten. Trotz Hirnödemprophylaxe kam es zu einer deutlichen Hirndrucksteigerung, weshalb 4 Tage nach der Aufnahme eine Entlastungskraniotomie erforderlich war. Außerdem musste der bereits weitgehend nekrotische rechte Temporallappen entfernt werden. Neurologisch zeigte sich bei dem beatmeten Patienten eine zunehmende Hemispastik rechts bei fehlender Spontanmotorik links. Die Extubation erfolgte nach 2 Wochen. Die Ursache der Thrombozytopenie konnte letztlich nicht geklärt werden.

Im Verlauf kam es zu einer deutlichen Retardierung der Gesamtentwicklung mit linksbetonter spastischer Tetraparese mit dyskinetischer Komponente, Mikrozephalie und zerebralem Anfallsleiden (Abb. 1c,d). Diese äußerte sich in der T2-gewichteten axialen Sequenz 10 Wochen nach der Erstvorstellung in ausgedehnten Nekrosen von Rinde und Marklager in den Arealen mit vorausgegangener Diffusionsstörung. Durch die starke Hirnvolumenminderung war es zu subduralen Flüssigkeitskollektionen gekommen (Abb. 1c). Die T2-gewichtete koronare Sequenz zeigte ausgedehnte kortikale und subkortikale Nekrosen. Weder Stammganglien noch Strukturen der hinteren Schädelgrube waren betroffen. Deutlich erkennbar waren die subduralen Flüssigkeitskollektionen. Links bestand ein subdurales Hämatom (Abb. 1d).

Der Fall muss nach dem Schema von Duhaime et al. [2] (Abb. 5) wegen der Diskrepanz zwischen Anamnese und typischem MRT-Befund sowie der zusätzlichen Verletzungen am Unterschenkel als wahrscheinliches Schütteltrauma eingestuft werden.

Patient 2 — Klinische Befunde und Anamnese

Die Vorgeschichte des 4 Wochen alten Kindes war bis zum Vorabend der Aufnahme unauffällig. Der Junge habe sich heiß angefühlt, sein Verhalten sei aber unauffällig gewesen. Am Morgen des Aufnahmetags sei er berührungsempfindlich gewesen und habe schrill geschrieen. Intermittierend seien seine Augen starr und der Muskeltonus schlaff gewesen. Beim Stillen am Nachmittag habe das Kind kurzzeitig die Augen nach oben gedreht. Während einer Autofahrt sei ein generalisierter tonisch-klonischer Anfall aufgetreten, daraufhin sei sofort in das örtliche Krankenhaus gefahren worden. Die Anfallsunterbrechung erfolgte mit Phenobarbital nach etwa 20 min. Laborchemisch wurden eine Erhöhung von Ammoniak und Laktat sowie eine Hyperglykämie von 300 mg/dl nachgewiesen. Bei dopplersonographisch vermutetem Hirnödem wurde zunächst auf eine Lumbalpunktion verzichtet. Eine antibiotische und antivirale Therapie wurde eingeleitet.

Nachfolgend wurde das Kind zur weiteren Abklärung der persistierenden Laktatazidose in unsere Klinik verlegt. Beim Eintreffen auf der Intensivstation wurde der ateminsuffiziente Säugling intubiert und über insgesamt 7 Tage beatmet. In der Lumbalpunktion fand sich blutiger Liquor. Es bestand kein Hinweis auf ein entzündliches Geschehen. Die ausführliche Stoffwechseldiagnostik erbrachte kein pathologisches Resultat. Beidseits wurden flächige präretinale Blutungen nachgewiesen.

Das MRT erbrachte den Nachweis von bilateralen zerebralen Ischämien mit noch frischer Diffusionsstörung: In der T2-gewichteten axialen Sequenz war der unreife Zustand des gegenüber der Rinde überwiegend hyperintensen Marklagers erkennbar. Nur im Bereich der Pyramidenbahnen war das Signal durch die beginnende Myelinisierung vermindert. Die Rinde war am Zentralsulcus ebenfalls dunkler als in den angrenzenden Arealen. Eindeutig pathologisch in dieser Schicht war das Rindensignal rechts parietal. Hier war die normale Hypointensität gegenüber dem Marklager aufgehoben, was ein Frühzeichen einer Ischämie bei unreifem Marklager ist (Abb. 2a). Die diffusionsgewichtete Sequenz in axialer Schichtführung zeigte ausgedehnte Areale mit eingeschränkter Diffusion. Diese gingen weit über die pathologischen Veränderungen in den T2-gewichteten Sequenzen hinaus (Abb. 2b). Die T1-gewichtete Sequenz in axialer Orientierung zeigte ein altersentsprechendes Signalverhalten im größten Teil des Gehirns. Das Marklager war hypointens gegenüber der Rinde. Lediglich in der Zentralregion war eine Hyperintensität der weißen Substanz infolge der beginnenden Myelinisierung nachweisbar. Hingegen fanden sich schmale subdurale Hämatome, die okziptial auch in den Interhemisphärenspalt reichten (Abb. 2c). Die T1-gewichtete koronare Aufnahme zeigte ein Einstrahlen derselben in den Interhemisphärenspalt — ein wichtigen Hinweis auf ein Schütteltrauma. Der Sinus sagittalis superior war nicht betroffen (Abb. 2d).

Abb. 2
figure 2

Patient 2, a T2-gewichtete axiale Sequenz: eindeutig pathologisches Rindensignal rechts parietal mit Aufhebung der normalen Hypointensität (Pfeil), b diffusionsgewichtete Sequenz in axialer Schichtführung: ausgedehnte Areale mit eingeschränkter Diffusion, c T1-gewichtete Sequenz in axialer Orientierung: schmale subdurale, okzipital auch in Interhemisphärenspalt reichende Hämatome (Pfeil), d T1-gewichtete koronare Aufnahme: flache, hyperintense subdurale Hämatome mit Einstrahlen in den Interhemisphärenspalt, Sinus sagittalis superior nicht betroffen (weiße Pfeile), e CT-Verlaufskontrolle nach 11 Tagen: in Höhe des Centrum semiovale demarkierter rechtsparietaler Parenchymdefekt mit hämorrhagischem Randsaum, mäßige Atrophie, f auf Höhe der Stammganglien bilaterale okzipitale Rindenläsionen mit hämorrhagischer Imbibierung, Stammganglien und Thalamie nicht erkennbar geschädigt

Im weiteren Verlauf kam es zu neurologischen Auffälligkeiten mit reduzierter Spontanmotorik, muskulärer Hypertonie, Apathie und fehlender Kontaktaufnahme. Das CT nach 11 Tagen zeigte auf Höhe des Centrum semiovale einen jetzt demarkierten rechtsparietalen Parenchymdefekt mit hämorrhagischem Randsaum sowie kortikale Hämorrhagien als Residuen einer ischämischen Schädigung (Abb. 2e). Auf Höhe der Stammganglien waren bilaterale okzipitale Rindenläsionen mit hämorrhagischer Imbibierung zusehen. Trotz der deutlichen Atrophie waren die Stammganglien und die Thalamie anders als bei vielen anderen hypoxischen Läsionen nicht erkennbar geschädigt (Abb. 2f). Es erfolgte die Rückverlegung in die einweisende Klinik.

Mit den Eltern wurde mehrfach über den dringenden Verdacht auf ein Schütteltrauma gesprochen. Die Angaben des Vaters zum Ereignishergang waren widersprüchlich. Er konnte sich nicht daran erinnern, das Kind geschüttelt zu haben. Aufgrund des hochgradigen klinischen und bildmorphologischen Verdachts auf ein Schütteltrauma wurden das Jugendamt und die Kriminalpolizei informiert, da es sich nach Duhaime et al. [2] in diesem Fall um eine wahrscheinliche Kindesmisshandlung handelte (Abb. 5). Eine gerichtsmedizinische Untersuchung wurde eingeleitet.

Patient 3 — Klinische Befunde und Anamnese

Der 6 Monate alte Säugling wurde intubiert von einer Notärztin in das aufnehmende Krankenhaus gebracht. Das Kind war bereits 2 Wochen zuvor wegen ähnlicher, jedoch weniger ausgeprägter Symptome in der Klink gewesen. Die Mutter hatte den Krankenwagen verständigt, da das Kind nach einem „Fieberkrampf“ nicht mehr geatmet habe. Vorher habe sie den Jungen gebadet, der danach stark geschrien und spontan aufgehört hätte, zu atmen. Die Notärztin fand 6 min nach der Alarmierung die Mutter mit dem leblosen Kind im Arm auf der Straße vor. Der Junge war zyanotisch, bradykard und zeigte eine Schnappatmung. Nach einer sofortigen Herzdruckmassage wurde das Kind intubiert und in die Klink gebracht.

Dort bestanden ein blasses Hautkolorit, ein Blutdruck von 100/66 mmHg bei einer Herzfrequenz von 130 min−1 und eine Temperatur von 34,6°C. Der Muskeltonus war schlaff und die Pupillen sehr eng. Es bestanden bilaterale intraokulare Blutungen, aber keine äußeren Traumafolgen. Die Blutgasanalyse zeigte

  • pH=7,625

  • pCO2=34,3 mmHg

  • O2 =78,1 mmHg

  • BE=−10–7 mmol/l

Sonst waren die Befunde altersentsprechend, allerdings ließen sich Benzodiazepine im Urin nachweisen. Im EEG bestand eine schwere, persistierende Allgemeinveränderung.

Im CT 16 h nach der Aufnahme fand sich eine bilaterale hemisphärische Hirnschwellung, okzipital betont (Abb. 3d). Das Rindenband war nicht vom hypodensen Marklager abgrenzbar. Stammganglien und Strukturen der hinteren Schädelgrube waren nicht betroffen. Diese Veränderungen waren in einer MRT-Untersuchung, die 14 Tage vorher angefertigt worden war, noch nicht sichtbar gewesen (Abb. 3a–c). Damals erschien das Gehirn in der axialen T2-gewichteten Sequenz altersentsprechend unreif. Das Marklager imponierte bei noch fehlender Myelinisierung unreif und durch den hohen Wassergehalt hell. Bilateral waren subdurale Hygrome, jedoch keine Hirnparenchymläsionen erkennbar (Abb. 3a). In der diffusionsgewichteten Sequenz in axialer Orientierung waren keine pathologischen Veränderungen erkennbar (Abb. 3b — das höhere Signal okzipital ist Folge einer Feldinhomogenität). Die T1-gewichtete Sequenz in axialer Orientierung nach Gabe von Kontrastmittel zeigte ebenfalls die subduralen Hygrome sowie eine leichte leptomeningeale Hyperämie.

Abb. 3
figure 3

Patient 3, a axiale T2-gewichtete Sequenz: altersentsprechender, unreifer Zustand des Gehirns, Marklager hell, subdurale Hygrome bilateral (Pfeile), keine Hirnparenchymläsionen, b diffusionsgewichtete Sequenz in axialer Orientierung: keine pathologische Veränderungen, höheres Signal okzipital ist Folge einer Feldinhomogenität, c T1-gewichtete Sequenz in axialer Orientierung nach Gabe von Kontrastmittel: subdurale Hygrome, leichte leptomeningeale Hyperämie, d kontrastmittelangehobene CT 14 Tage später: ausgedehnte bilaterale hypodense Läsionen, e axiale T1-gewichtete Sequenz nach weiteren 14 Tagen: ausgedehnte Kolliquationsnekrosen in beiden Hemisphären, subdurale Hygrome, f diffusionsgewichtete Sequenz: dunkel erleichterte Diffusion in flüssigkeitsgefüllten Nekrosen

Eine Verlaufsuntersuchung nach weiteren 2 Wochen mittels MRT ergab in der axialen T1-gewichteten Sequenz ausgedehnte Kolliquatoinsnekrosen in beiden Hemisphären und zunehmende subdurale Hygrome durch die starke Atrophie. Die äußeren Anteile der Rinde waren ausgespart (Abb. 3e). Die diffusionsgewichtete Sequenz wies eine erleichterte Diffusion in den flüssigkeitsgefüllten Nekrosen dunkel nach. Areale mit verminderter Diffusion im Sinne akuter Ischämien fanden sich nicht mehr (Abb. 3e,f).

Wegen der wiederholten, durch die Anamnese nicht erklärten Ereignisse und der Befunde der Bildgebung wurde der Fall als wahrscheinliche Kindesmisshandlung gegestuft (Abb. 5). Das Fehlen äußerer Verletzungen, die retinalen Blutungen und die Befunde der Bildgebung wiesen auf einen Schüttelmechanismus hin. Es wurden entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet.

Patient 4 — Klinische Befunde und Anamnese

Der 3 Monate alte bewusstlose Säugling wurde von der Mutter mit dem Stadtbus in die Klinik gebracht. Sie gab an, dass er in den frühen Morgenstunden aus niedriger Höhe auf den Boden gestürzt sei und in der Folge über 4 h hinweg immer wieder mit beiden Armen und Beinen „gezuckt“ habe. In den Tagen zuvor habe er unter einem Infekt der oberen Luftwege gelitten und weniger getrunken als sonst. Dem aufnehmenden Arzt fielen zunächst eine große, vorgewölbte Fontanelle und ein blasses Hautkolorit auf. Während der Untersuchung trat ein sekundär generalisierter tonisch-klonischer Krampfanfall auf, welcher nach Gabe von Diazepam und Phenobarbital sistierte.

Diagnostisch wurden eine Schädelsonographie (leichte Ventrikelasymmetrie, erweiterter Interhemisphärenspalt), eine Lumbalpunktion (unauffällig) und eine Magnetresonanztomographie des Schädels durchgeführt. Letztere wurde zunächst als unauffällig befundet. Tatsächlich bestanden jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt deutliche Zeichen einer zerebralen Schädigung mit bilateral fehlender Abgrenzbarkeit der Hirnrinde (Abb. 4a,b). Diffusionsgewichtete Sequenzen wurden nicht durchgeführt. Aufgrund anhaltender Krampfaktivität wurde der Junge zur Weiterbetreuung in eine nahe gelegene Klinik verlegt.

Abb. 4
figure 4

Patient 4, a T2-gewichtete Sequenz: auf Höhe des Centrum semiovale rechts parietal und links frontal Zeichen einer lokalisierten Infarzierung mit Verlust der Rindenzeichnung (Pfeile) und Hyperintensität des Marklagers, b T2-gewichtete Aufnahme: auf Höhe der Stammganglien bilaterale Läsionen am Ausgang der Sylvischen Fissur, Stammganglien und Thalami mit normalem Signal, ohne Zeichen einer hypoxischen Schädigung, Rindenband rechts parietal ausgelöscht, deutliche bilaterale subdurale Hygrome, c T2-gewichtete Verlaufskontrolle nach 3 Wochen: massive Atrophie des gesamten Gehirns und massive Zunahme der subduralen Hygrome, Pfeil deutlich erkennbarer kortikaler Defekt, d auf Niveau der Stammganglien gut demarkierte kortikale und subkortikale Läsionen, Stammganglien ohne Zeichen einer hypoxischen Schädigung, e diffusionsgewichtete Sequenz ohne Auffälligkeit, f T1-gewichtete Sequenz: ausgedehnte hyperintense Rindengebiete in beiden Hemisphären, Veränderungen auf rechter Seite deutlich ausgeprägter

Dort wurden neben der medikamentösen antiepileptischen Therapie im Verlauf weitere Untersuchungen durchgeführt. In der Schädelsonographie wurden echoreiche Areale in beiden Hemisphären gefunden. In der MRT des Schädels zeigten sich in der T2-gewichteten Verlaufskontrolle nach 3 Wochen eine massive Atrophie des gesamten Gehirns und eine massive Zunahme der subduralen Hygrome. Im insgesamt etwas stärker myelinisierten Marklager stellten sich die parietalen Läsionen jetzt deutlich hyperintens und volumengemindert dar. Deutlich war auch der kortikale Defekt zu erkennen, dessen Frühzeichen bereits in der initialen Untersuchung sichtbar waren (Abb. 4c). Auch auf dem Niveau der Stammganglien waren die kortikalen und subkortikalen Läsionen zu diesem Zeitpunkt gut demarkiert. Die Stammganglien zeigten keine Zeichen einer hypoxischen Schädigung (Abb. 4c,). Diese Befunde wurde zunächst als Folge einer Hypoxie bei prolongierten zerebralen Anfällen interpretiert. Nach 14-tägigem Aufenthalt wurde der Patient in kreislaufstabilem Zustand mit noch leicht ausgeprägter, rechtsbetonter Hypotonie nach Hause entlassen. Für 1 Woche später war die Aufnahme in eine Rehabilitationsklinik geplant.

Vorher wurde der Säugling jedoch von der Mutter wegen einer Gastroenteritis in einer 3. Klinik vorgestellt. Dort fiel neben einer Hemiparese links ein frisches, sichelförmiges Hämatom am rechten Oberarm auf. Aufgrund der Vorgeschichte sowie einer gespannten Fontanelle wurde eine erneute MRT des Schädels vorgenommen. Die diffusionsgewichtete Sequenz zeigte jetzt keine Auffälligkeit. Die als sicher anzunehmende Diffusionsstörung in den infarzierten Hirnabschnitten hatte sich vollständig zurückgebildet. Da zum initialen Untersuchungszeitpunkt keine diffusionsgewichte Sequenz aufgenommen worden war, fehlt allerdings ein Vergleich (Abb. 4e). Die T1-gewichtete Sequenz wies ausgedehnte hyperintense Rindengebiete in beiden Hemisphären nach, wobei die Veränderungen auf der rechten Seite deutlich ausgeprägter waren. Diese Läsionen, deren Ursache vermutlich eine kortikale hämorrhagische Nekrose war, sind als Zeichen einer globalen hypoxischen kortikalen Schädigung anzusehen, die die Stammganglien ausspart. Sie waren in den T2-gewichteten Sequenzen nicht sichtbar (Abb. 4f).

Zudem fand sich eine Fraktur der 9. Rippe mit Kallusbildung. Im Gespräch räumten die Mutter und ihr Lebensgefährte ein, den Jungen einige Male „kurz und leicht geschüttelt“ zu haben. Er wurde zur externen Dränage der subduralen Hämatome in unsere Klinik verlegt. Wegen der Einstufung als wahrscheinliche Kindesmisshandlung nach Duhaime et al. [2] (Abb. 5) wurde das Jugendamt informiert.

Abb 5
figure 5

Schemazeichnung nach Duhaime et al. [1] zur Diagnose der nicht akzidentellen Kopfverletzung

Diskussion

Das zerebrale Schütteltrauma ist die häufigste Ursache einer schweren Hirnverletzung bei Kindern im 1. Lebensjahr [1, 8]. Im Gegensatz zu lokalisierten Hirnparenchymschäden ist eine unfallbedingte Entstehung kaum möglich, sodass in der Regel von einer elterlichen Gewaltanwendung ausgegangen werden muss [3]. Die Erkennung des Läsionsmusters hat daher auch eine erhebliche juristische Bedeutung, zumal eine verlässliche Anamnese aus verständlichen Gründen fehlt.

Zur Beurteilung von intrakraniellen Traumafolgen werden überwiegend CT und MRT eingesetzt. Die CT ist die bevorzugte Untersuchungsmethode in der Akutphase, da sie schnell verfügbar ist und akute intrakranielle Blutungen aller Lokalisationen zuverlässig nachweist. Zudem lassen sich auch knöcherne Traumafolgen darstellen. Nachteil gegenüber der MRT ist aber der schlechtere Weichteilkontrast, gerade auch kalottennah. Subdurale Hämatome der Konvexität, ein wichtiges Zeichen einer nicht akzidentellen Verletzung, sind oft nur magnetresonanztomographisch fassbar.

Da im 1. Lebensjahr die Myelinisierung des Gehirns noch unvollständig ist, sind fokale oder diffuse Parenchymläsionen durch den hohen Wassergehalt des Marklagers schwerer erkennbar als zu einem späteren Zeitpunkt [10]. Computertomographisches Korrelat einer schweren Hirnschädigung vielerlei Ursache ist meist eine generalisierte Hirnschwellung („big black brain“) [8]. Die MRT ermöglicht demgegenüber auch eine weitere Differenzierung diffuser und multifokaler Hirnparenchymläsionen. Damit liefert sie auch Hinweise zur Unterscheidung von hypoxischen und traumatischen Veränderungen anhand der Verteilung der Läsionen und ihres zeitlichen Verlaufs.

Nekrosen der Stammganglien, ein charakteristisches Zeichen einer Hypoxie im subakuten und chronischen Stadium, sind bei einem Schütteltrauma ebensowenig nachweisbar wie eine Schädigung der Strukturen der hinteren Schädelgrube.

Während bei einer globalen Hypoxie in der Initialphase häufig keine sicheren pathologischen Veränderungen in der MRT erkennbar werden [11], sind bei einem Schütteltrauma charakteristische Läsionen parietookzipital bereits kurze Zeit danach sichtbar.

Erste Veränderungen sind nach den Beobachtungen von Suh et al. [8] Diffusionsstörungen, die schon in den ersten 2 Tagen nachweisbar sind. Allerdings fehlen bisher sequenzielle Untersuchungen, die genauen Aufschluss über den Zeitverlauf der Diffusionsstörungen geben, zumal die Ermittlung des genauen Traumazeitpunkts oft unmöglich ist. Der Zeitpunkt des erstmöglichen Nachweises einer Diffusionsstörung bleibt damit ebenso unklar wie ihre Dauer. Die Rückbildung von Diffusionsstörungen bei Patienten mit unreifem Marklager scheint aber schneller aufzutreten als in späteren Lebensabschnitten [10], was auch für die forensische Ermittlung des Tatzeitpunkts wichtig sein kann. Die diffusionsgewichtete MRT erlaubt nicht nur die zeitliche Klassifikation der Hirnveränderungen, sondern hat auch eine besonders hohe Sensitivität für ihren Nachweis [10] im unreifen Gehirn.

Der weitere zeitliche Verlauf der Hirnveränderungen bei Patienten mit Schütteltrauma entspricht einem ischämischen Infarkt. Die diffusionsgestörten Areale werden im Zuge einer Kolliquationsnekrose abgeräumt, und es resultieren liquorhaltige Parenchymdefekte. Die Veränderungen können bis zu einer multizystischen Enzephalomalazie fortschreiten [12].

Scherverletzungen der weißen Hirnsubstanz, die auch im reifen Gehirn häufig dem computertomographischen Nachweis entgehen [8], lassen sich ebenfalls nur magnetresonanztomographisch darstellen. Obwohl auch bei zerebralen Scherverletzungen eine lokalisierte Diffusionsstörung nachgewiesen werden konnte [13], ist die Entstehung der ausgedehnten ischämischen Infarkte nach einem Schütteltrauma letztlich nicht geklärt [7].

Die meist ausgedehnten ischämischen Hirngewebenekrosen sind für die Patienten Prognose bestimmend und erklären die persistierenden Defizite. In einer Arbeit von Suh et al. [8] über 20 Patienten mit sicherer oder wahrscheinlicher Schüttelverletzung hatten alle 16 Säuglinge mit sicherem Schütteltrauma Läsionen in der diffusionsgewichteten MRT. Dabei war die Ausdehnung bei 13 Kindern in der DW-MRT ausgedehnter als in den konventionellen Sequenzen. In dieser Arbeit war die Prognose stark vom Alter der Kinder zum Zeitpunkt der initialen Präsentation abhängig. Fast alle Patienten unter 5 Monaten (90%) behielten schwere kognitive oder motorische Defizite. Kein Kind wurde ohne solche entlassen. Bei den älteren Patienten war der Anteil der schwer geschädigten Kinder wesentlich geringer, und es kam auch ein Fall ohne persistierendes Defizit vor. Es bleibt aber letztlich unklar, ob die besonders schweren Schädigungen bei kleinen Kindern eine höhere Vulnerabilität des unreifen Gehirns anzeigen oder ob größere Kinder aufgrund des höheren Gewichts nicht so starken Kräften ausgesetzt wurden. Die Ergebnisse anderer Studien belegen die hohe Anzahl von Patienten mit gravierenden persistierenden Ausfällen [12].

Trotz der charakteristischen Befunde wird die Diagnose eines Schütteltraumas auch heute in zahlreichen Fällen nicht oder nicht rechtzeitig gestellt. Die in der vorliegenden Arbeit präsentierten Patienten wurden teilweise im Rahmen der konsiliarischen Begutachtung unklarer Fälle neurodegenerativer Erkrankungen in unserer Klinik vorgestellt. Die bildgebende Diagnostik schloss zwar teilweise mehrere MRT-Untersuchungen ein, jedoch wurden diffusionsgewichtete Sequenzen in der Initialphase nicht durchgeführt, obwohl dies technisch durchaus möglich gewesen wäre. Auf die Anfertigung von Diffusionssequenzen wird häufig bei der Untersuchung kleiner Kinder verzichtet, obwohl die Ursache der klinischen Symptome völlig unklar ist und wegen des hohen Wassergehalts des zerebralen Marklagers die Sensitivität der konventionellen MRT-Sequenzen wesentlich schlechter ist als in späteren Lebensabschnitten. Die Durchführung einer diffusionsgewichteten Sequenz, die fast nie länger als 60 s dauert, sollte daher bei der Untersuchung von Säuglingen nicht fehlen. Dies gilt umso mehr, wenn sich klinisch eine retinale Blutung findet, nach den verfügbaren Studien eine fast obligate Begleitverletzung eines klinisch relevanten Schütteltraumas [1]. In Institutionen, in denen die Anfertigung von diffusionsgewichteten Sequenzen nicht zum normalen Untersuchungsablauf bei Kindern im 1. Lebensjahr gehört, sollten diese beim Nachweis subduraler Hämatome unbedingt angefertigt werden, v. a. wenn die Hämatome an der Falx lokalisiert sind [2].

Fazit für die Praxis

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Patienten mit zerebralem Schütteltrauma anhand klinischer und bildgebender Befunde sicher erkannt werden können. Die für diese Aufgabe am besten geeignete Methode ist die zerebrale MRT mit diffusionsgewichteten Sequenzen, die eine hohe Sensitivität für traumabedingte Hirnläsionen auch bei sehr kleinen Kinder hat.

Interessenkonflikt

Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen.