Die von dem Londoner Arzt James Parkinson 1817 erstbeschriebene und später nach ihm benannte Parkinson-Krankheit (PK; Synonym: idiopathisches Parkinson-Syndrom) ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, von der bis zu 3 % der Bevölkerung ab dem 65. Lebensjahr betroffen sind [25]. Weltweit waren im Jahr 2016 etwa 6,1 Mio. Menschen an der PK erkrankt, davon etwa 400.000 in Deutschland [7, 12]. Bis 2030 soll sich nach Schätzungen die Zahl der Parkinson-Kranken verdoppeln. Die PK ist die neurologische Erkrankung mit dem weltweit schnellsten Anstieg der Patientenzahlen, weshalb auch von einer „Parkinson-Pandemie“ gesprochen wurde [7]. Mit zunehmender Kenntnis über die Heterogenität der klinischen Krankheitsverläufe und der individuellen Ausprägung motorischer und nichtmotorischer Symptome, die unter anderem von Alter, Geschlecht, Umwelteinflüssen und genetischen Konstellationen abhängen können, ist das Bild der PK heute einem erheblichen Wandel unterworfen [3].

Das Bild der Parkinson-Krankheit ist heute einem erheblichen Wandel unterworfen

Für die Behandlung der PK stehen hocheffektive Therapien zur Verfügung, die sich medikamentös auf einen striatalen Dopaminersatz fokussieren und durch innovative Verfahren, wie insbesondere die tiefe Hirnstimulation (THS) und hochspezifische aktivierende Therapien, ergänzt werden. Obwohl weiterhin nicht kurativ behandelbar, ist die PK erstes und bis heute eindrücklichstes Beispiel für eine effektiv therapierbare neurodegenerative Erkrankung mit lang anhaltender stabiler Symptomkontrolle und Lebensqualität [25].

Neuropathologisch ist die PK durch Ablagerungen von α‑Synuklein in multiplen Hirnregionen gekennzeichnet und gehört somit zur Gruppe der sogenannten Synukleinopathien. Von der klassischen PK abzugrenzen sind die atypischen Parkinson-Syndrome, die ebenfalls durch einen neurodegenerativen Prozess gekennzeichnet sind, sich aber neuropathologisch und in ihrem klinischen Verlauf wie auch in den Behandlungsoptionen unterscheiden [6]. Aufgrund der komplexen Symptomkonstellation aus motorischen und nichtmotorischen Symptomen sowie des langjährigen Verlaufs gilt die PK als neurologische Modellkrankheit für die Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen im Bereich chronischer Erkrankungen; mit diesen Strukturen sollen bestehende Hürden in Gesundheitssystemen überwunden werden [5].

Verschiedene klinische Neuerungen der letzten Jahre sind im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Neurologie mit Innerer Medizin und Geriatrie besonders relevant. Neue Diagnosekriterien zielen darauf ab, eine frühere und spezifische Diagnose zu ermöglichen, und berücksichtigen jetzt auch nichtmotorische Symptome [26]. Hier kommt im ambulanten Sektor der Kooperation mit Hausärzten bzw. Internisten eine wichtige Rolle zu. Der Gastrointestinaltrakt spielt für das Verständnis der Pathophysiologie der PK, aber auch hinsichtlich zahlreicher motorischer und nichtmotorischer klinischer Symptome eine herausragende Rolle. Die Kooperation mit Gastroenterologen wird deshalb weiter an Bedeutung gewinnen [34]. Es stehen zunehmend und für eine wachsende Zahl von PK-Patienten invasivere Therapien zur Verfügung, die den Gastrointestinaltrakt umgehen, so etwa die intestinale Levodopa-Infusion oder inhalatives Levodopa. Die technische Weiterentwicklung der THS ist rasant. Die ambulanten Versorgungsstrukturen der Zukunft müssen diesem Umstand verstärkt Rechnung tragen, um eine flächendeckende Versorgung gewährleisten zu können [6]. In der Geriatrie ist ein spezifisches Wissen zur PK von großer klinischer Bedeutung [2]. Die Neurogeriatrie ist ein noch junger medizinischer Bereich, der geriatrische Patienten mit führend neurologisch bedingten Funktionseinbußen im Blick hat [14]. Zuletzt werden in Parkinson-Netzwerken neue Formen der Versorgung den klinischen Alltag verändern [33].

Diese Aspekte werden im vorliegenden Beitrag diskutiert. Es handelt sich nicht um einen vollständigen Überblick, sondern eine Auswahl von Themen, die im oben genannten Kontext relevant und beispielhaft für die Entwicklungen der letzten zehn Jahre sind.

Neudefinitionen und Diagnostik

Parkinson-Krankheit.

In den vergangenen zehn Jahren ist es zu einer Neudefinition der Parkinson-Syndrome gekommen [30]. Im Jahr 2015 wurden von der International Parkinson and Movement Disorder Society (MDS) neue Diagnosekriterien für die PK publiziert [26]. Das Vorliegen einer Bradykinese mit typischem Dekrement – das heißt einer Abnahme von Amplitude und Geschwindigkeit der Bewegung während der Untersuchung, insbesondere beim Finger-Tapping – in Kombination mit Rigor und/oder Tremor erlaubt die klinische Diagnosestellung. Die posturale Instabilität (Gleichgewichtsstörung im Pull-Test) wird im Unterschied zu den älteren Diagnosekriterien nicht mehr als motorisches Kardinalsymptom zur Diagnostik herangezogen. Eine frühe posturale Instabilität weist dagegen eher auf ein atypisches Parkinson-Syndrom und hier insbesondere eine progressive supranukleäre Paralyse (PSP) hin. Darüber hinaus werden erstmalig nichtmotorische Symptome in die Diagnostik der PK einbezogen. Die Riechstörung gehört zu den 4 supportiven Kriterien, von denen 2 vorliegen müssen. Das Fehlen typischer nichtmotorischer Symptome (Schlafstörungen, Hyposmie, autonome Symptome, psychiatrische Symptome) innerhalb von 5 Jahren nach Diagnosestellung spricht gegen das Vorliegen einer PK und wird deshalb als „red flag“ gewertet. Im Jahr 2015 wurden außerdem erstmals Forschungskriterien für die prodromale PK definiert, die potenziell eine frühe Diagnostik ermöglichen, auch wenn die klassischen motorischen Symptome noch nicht bestehen [4]. Zu den nichtmotorischen Symptomen, die hier relevant sind, zählen

  • Rapid-eye-movement(REM)-Schlaf-Verhaltensstörung,

  • Tagesschläfrigkeit,

  • Hyposmie,

  • Obstipation,

  • Depression,

  • urogenitale Symptome und

  • symptomatische Hypotonie.

Progressive supranukleäre Paralyse.

Im Jahr 2017 wurden neue Diagnosekriterien für die PSP vorgestellt [13]. Bei der PSP handelt es sich im Gegensatz zur PK neuropathologisch um eine Tauopathie. Die neuen Diagnosekriterien unterscheiden mittlerweile zehn verschiedene klinische Phänotypen. Die klassische PSP wird jetzt als PSP vom Richardson-Typ bezeichnet und ist in nur einem Viertel der Fälle anzutreffen. Unter Einbeziehung der anderen Phänotypen ist die PSP wesentlich häufiger als früher angenommen und das zweithäufigste neurodegenerative Parkinson-Syndrom. Die klinischen PSP-Syndrome sind in Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1 Klinische PSP-Syndrome

Multisystematrophie.

Für die Multisystematrophie (MSA) wurden 2022 ebenfalls neue Diagnosekriterien veröffentlicht [35]. Dieses atypische Parkinson-Syndrom gehört wie die PK zu den α‑Synukleinopathien. Klinisch stehen autonome Symptome (Blasenstörung und orthostatische Dysregulation) in Verbindung mit einem unzureichend auf Levodopa ansprechenden Parkinson-Syndrom und/oder einem zerebellären Syndrom im Vordergrund. Die neuen Diagnosekriterien unterscheiden je nach vorliegenden Symptomen und Magnetresonanztomographie(MRT)-Befunden eine klinisch etablierte von einer klinisch wahrscheinlichen MSA. Außerdem wurde erstmalig das Konzept einer möglichen prodromalen MSA zur Frühdiagnose integriert. Hierfür werden wiederum nichtmotorische Symptome herangezogen, nämlich eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung, eine orthostatische Hypotonie sowie urogenitale Dysfunktionen. Insgesamt ist die Neudefinition der Parkinson-Syndrome damit durch eine weitere klinische Differenzierung unter Einbeziehung nichtmotorischer Symptome sowie durch den Versuch der möglichst frühen Diagnosestellung charakterisiert.

Aufgrund der Symptomvielfalt hat auch der Internist eine bedeutsame Funktion bei der Früherkennung

Aufgrund der Symptomvielfalt und insbesondere auch aufgrund der vielen nichtmotorischen und vor allem internistischen Symptome, die mittlerweile in der Diagnostik und Differenzialdiagnostik eine Rolle spielen, kommt bei der Früherkennung nicht mehr nur dem Orthopäden („Schulter-Arm-Syndrom“), sondern auch dem Hausarzt bzw. Internisten eine bedeutsame Funktion zu, wenn es darum geht, bei Verdacht eine zeitnahe neurologische Diagnostik zu initiieren.

Gastrointestinaltrakt

Die multiplen Interaktionen des Gastrointestinaltrakts mit der PK sind in den letzten 20 Jahren nicht nur als pathophysiologische Zusammenhänge, sondern zunehmend auch im klinischen Alltag von Neurologen relevant geworden [34]. Während die Obstipation als ein prämotorisches Frühsymptom und die Gastroparese als relevanter Faktor für motorische Wirkfluktuationen bereits seit Längerem fest etabliert sind, wurde zuletzt auch die Bedeutung des weiter proximal gelegenen Gastrointestinaltrakts erkannt. Sowohl die oropharyngeale als auch die ösophageale Motilität sind früh im Krankheitsverlauf oder sogar schon in der prodromalen Krankheitsphase beeinträchtigt [34]. Ablagerungen von α‑Synuklein finden sich in der Mukosa des gesamten Gastrointestinaltrakts. Die höchsten Mengen weist der obere Gastrointestinaltrakt auf, insbesondere der distale Ösophagus [10]. Weil die oropharyngeale und proximale ösophageale Motorik von der Bewegung quergestreifter Muskulatur abhängen, treten hier Symptome auf, die den bekannten motorischen PK-Symptomen oft ähneln oder mit diesen verwandt sind. In prodromalen und frühen Krankheitsphasen besteht eine hypotensive Motilitätsstörung des Ösophagus (Abb. 1), in späten Krankheitsstadien können bei einigen Patienten mit PK diffuse ösophageale Spasmen und multiple Kontraktionen auftreten. Ösophageale Symptome, die bei der PK auftreten können und von Betroffenen beklagt werden, sind Übelkeit, Aufstoßen, Globusgefühl, Reflux und frühzeitiges Sättigungsgefühl. Zur Diagnostik dient insbesondere die High-resolution-Manometrie (HRM), gegebenenfalls in Kombination mit einer Videofluoroskopie des Schluckens („videofluoroscopic swallowing study“ [VFSS]). Zur Interpretation PK-spezifischer Motilitätsstörungen ist eine gemeinsame Befundinterpretation mit entsprechend spezialisierten Gastroenterologen sinnvoll [31].

Abb. 1
figure 1

Fehlende ösophageale Peristaltik (hypo- bis amotiler Ösophagus) in der High-resolution-Manometrie (HRM) bei einem 65-jährigen Patienten mit Parkinson-Krankheit im Hoehn- und Yahr-Stadium IV

In der pharyngealen Phase des Schluckens ist der typische und früh im Krankheitsverlauf auftretende Befund eine Bradykinese mit Residuen festerer Nahrungskonsistenzen in den Valleculae. Weil in den meisten Fällen auch eine pharyngeale Hyposensibilität besteht, wird diese Störung von Betroffenen und Ärzten oft nicht adäquat wahrgenommen. Hier dient die flexible endoskopische Evaluation des Schluckakts (FEES) als Goldstandard der Diagnostik. Diese Untersuchungstechnik ist in Deutschland mittlerweile auch innerhalb der Neurologie fest etabliert [8]. Wenn die pharyngeale Bradykinese auch zu einer Medikationsdysphagie mit Wirkstoffresiduen im Pharynx führt (Abb. 2), können hierdurch ab den mittleren Krankheitsstadien der PK auch motorische Wirkfluktuationen, wie das Delayed-on-Phänomen oder ein „dose failure“, begünstigt werden [11].

Abb. 2
figure 2

Medikationsdysphagie: 68-jährige Patientin mit Parkinson-Krankheit und dem typischen Befund einer ineffektiven Tablettenclearance im Pharynx, klinisch resultiert hieraus ein Delayed-on-Phänomen (erheblich verzögerter Wirkeintritt einzelner Levodopa-Einnahmen)

Durch stille Aspirationen kommt es in fortgeschrittenen Parkinson-Stadien zu Aspirationspneumonien

Ähnlich wie beim Gehen kann es auch bei der oropharyngealen Motorik zu Freezing-Phänomenen kommen:

  • Akinese bei der Schluckinitiierung

  • Festination des Schluckens

  • „Trembling in place“ beim Schlucken

Dadurch verschlechtern sich die Schluckeffektivität und Schlucksicherheit [20]. Sogenannte Dual-task-Situationen, also parallel zum Schlucken durchgeführte motorische oder kognitive Aufgaben, führen zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung von Schluckeffektivität und Schlucksicherheit [21]. Durch stille Aspirationen kommt es in fortgeschrittenen Stadien der PK zu Aspirationspneumonien, die die häufigste Todesursache darstellen. Auch die bereits oben beschriebenen ösophagealen Spasmen können durch einen retrograden Bolusfluss zurück in den Larynx zu Aspirationen führen [32].

Insgesamt besteht damit auf allen Ebenen des Gastrointestinaltrakts eine hochkomplexe Interaktion mit der PK, die in den letzten Jahren immer besser verstanden wurde und klinische Relevanz hat. In multidisziplinären PK-Versorgerteams kommt deshalb auch der Zusammenarbeit mit Neurogastroenterologen eine wachsende klinische Bedeutung zu.

Neue Therapieoptionen

Medikamentöse Ansätze

Im Zentrum der medikamentösen Behandlung einer PK steht weiterhin der striatale Dopaminersatz, durch den insbesondere eine stabile Kontrolle motorischer Symptome erzielt werden kann. Hierfür existieren im Wesentlichen vier pharmakologische Wirkprinzipien:

  • Levodopa: wird präsynaptisch striatal in Dopamin umgewandelt

  • Dopaminagonisten: binden an die postsynaptischen striatalen Dopaminrezeptoren

  • Monoaminoxidase-B(MAO-B)-Hemmer: hemmen den zentralen Dopaminabbau

  • Catechol-O-Methyltransferase(COMT)-Hemmer: hemmen den peripheren Dopaminabbau (nur in Kombination mit Levodopa)

Seit den Jahren 2015 und 2016 sind mit Safinamid (MAO-B-Hemmer und Glutamatmodulator) und Opicapon (COMT-Hemmer) zwei neue orale Präparate zur Behandlung motorischer Fluktuationen verfügbar, die potenziell auch bei älteren Patienten mit PK eingesetzt werden können. Aufgrund der günstigen Wirkungs-Nebenwirkungs-Bilanz ist der striatale Dopaminersatz in diesem Patientenkollektiv Levodopa-zentriert. [2]. Ältere Patienten mit PK haben oft einen langen Krankheitsverlauf hinter sich und befinden sich im Spätstadium der Erkrankung. Der Late-onset-Subtyp der PK und die Parkinson-Demenz zeigen spezielle klinische Ausprägungen und sind mit einer rascheren Krankheitsprogression assoziiert [2]. Deshalb gibt es einige grundsätzliche geriatrische Besonderheiten in der Therapie der PK: Differenzialdiagnostisch zu erwägende und insbesondere sekundäre (symptomatische) Parkinson-Syndrome, vor allem medikamentös induzierte und vaskuläre Parkinson-Syndrome, kommen öfter vor. Motorische und nichtmotorische Spätkomplikationen verkomplizieren oft den Verlauf. Allerdings ist das Auftreten von motorischen Fluktuationen und Dyskinesien bei über 70-jährigen PK-Patienten mit einer verringerten Mortalität assoziiert [18]. Unter den nichtmotorischen Symptomen spielen Schlafstörungen, neurourologische Symptome und die orthostatische Dysregulation eine klinisch relevante Rolle. Mithilfe des multidimensionalen geriatrischen Assessments werden die krankheitsbedingten Fähigkeitsstörungen nach dem Modell der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) erfasst. In der Therapie treten Dopaminagonisten aufgrund des Nebenwirkungsprofils (neuropsychiatrische Symptome) in den Hintergrund, Anticholinergika sollten grundsätzlich vermieden werden. Retardpräparate von Levodopa sowie Kapseln können nicht über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) verabreicht werden. Bei oraler Karenz bzw. nichtoralen Folgetherapien ist eine Wirkstoffapplikation insbesondere transdermal (Rotigotin-Pflaster) und als intestinale Levodopa-Infusion möglich. Kurzfristig kann Levodopa auch rektal gegeben werden.

Therapiestrategien, die den Gastrointestinaltrakt umgehen, kommt eine wachsende Bedeutung zu

Bei einer Subgruppe von Patienten mit PK kommt es im Verlauf trotz initial guten Ansprechens zu einem progredienten Wirkverlust von Levodopa. Neuere Studien legen den Verdacht nahe, dass hierfür bakterielle Dopa-Decarboxylasen mitverantwortlich sind, die durch „bacterial overgrowth“ und chronische Obstipation im Darm der Patienten mit PK vermehrt vorhanden sind [6]. Aufgrund der bereits diskutierten vielfältigen Funktionsstörungen des Gastrointestinaltrakts kommt neben oralen Wirkstoffen auch Therapiestrategien eine wachsende Bedeutung zu, die den Gastrointestinaltrakt umgehen. Während die intestinale Levodopa-Infusion als Pumpentherapie (Duodopa mit Wirkstoffen Levodopa und Carbidopa) bereits seit 2006 zugelassen ist, wurde im Jahr 2021 in Deutschland die Kombination von Levodopa mit dem COMT-Hemmer Entacapon ebenfalls als intestinale Infusionstherapie verfügbar (Lecigon-Pumpe mit Wirkstoffen Levodopa, Entacapon und Carbidopa). Sowohl für die nasogastrale Testphase über eine nasojejunale Sonde wie auch für die definitive Anlage der PEG/PEJ-Sonde (PEJ perkutane endoskopische Jejunostomie) ist die Kooperation mit PK-geschulten Gastroenterologen klinisch relevant [24]. Seit 2022 ist das erste inhalative Levodopa-Präparat verfügbar, das im Falle einer beginnenden Off-Phase zur Erzielung eines schnellen Wirkeintritts unter Umgehung der Magen-Darm-Passage eingesetzt werden kann [22].

Behandlung gastrointestinaler Symptome

Die weiter oben beschriebenen Symptome des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts erfordern ein multidisziplinäres PK-spezifisches Therapiemanagement. Je nach vorherrschenden Symptomen kommen neben Neurologen hier Logopäden, Ernährungsmediziner, Parkinson Nurses, Gastroenterologen und Geriater zum Einsatz, idealerweise als multidisziplinäres Team. Die logopädische Schlucktherapie hat mittlerweile symptomspezifische Therapiemethoden zur Verfügung. Aufgrund der Komplexität wurden sogenannte Quickcards entwickelt, die eine symptomspezifische Verschreibung, ähnlich wie bei der Pharmakotherapie, durch den ambulanten Neurologen ermöglichen [16]. Beispielsweise führt das „expiratory muscle strength training“ (EMST) bei Patienten mit PK und pharyngealer Bradykinese zu einer verbesserten Schluckeffizienz. Bei den PK-bedingten ösophagealen Spasmen kann gastroenterologisch eine endoskopische Botulinumtoxininjektion indiziert sein.

Tiefe Hirnstimulation

Die THS ist eine seit vielen Jahren fest etablierte Option zur Behandlung von Tremor und motorischen Fluktuationen bei der PK. Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre ist durch zahlreiche technische Innovationen geprägt [19]. Segmentierte Elektroden ermöglichen nicht mehr nur eine konventionelle omnidirektionale, sondern auch eine gerichtete, direktionale Stimulation im Zielgebiet. Die im Brust- oder Bauchbereich implantierten Impulsgeber sind immer kleiner geworden und auch als wiederaufladbare Modelle mit längerer Laufzeit verfügbar. Neue Stimulationsmethoden, wie Interleaving-Stimulation, Stimulation mit kurzer Impulsbreite oder Niedrigfrequenzstimulation, verbreitern potenziell das therapeutische Fenster. Neue Software ermöglicht einen Abgleich der gewählten Stimulation mit der individuellen MRT-Anatomie des Patienten im Zielgebiet. Die adaptive THS mit sogenannten Closed-loop-Systemen soll zukünftig eine individualisierte, bedarfsgerechte Stimulation im Zielgebiet ermöglichen. Anders als in der Kardiologie, in der Herzschrittmacherkontrollen vielerorts ambulant in Facharztpraxen stattfinden, erfolgt die Verlaufskontrolle bei der PK oft in spezialisierten Zentren von Kliniken, die auch sämtliche technischen Neuerungen zeitnah verfügbar haben. Zukünftig wird es für eine breite Versorgung mit der THS entscheidend sein, gerade in ländlichen Regionen auch wohnortnah eine adäquate Kontrolle und gegebenenfalls Modifikation der Stimulationsparameter zu ermöglichen. Hier kann zukünftig auch der Telemedizin inklusive Telemetrie (Programmierung trotz räumlicher Entfernung) eine wichtige Rolle zukommen [19].

Neurokognitive Störungen und Parkinson-Demenz

Neurokognitive Symptome tragen bei der PK erheblich zur Krankheitslast für Betroffene und Angehörige bei und verringern die Lebensqualität. Es wird ein PK-bedingtes „mild cognitive impairment“ (PD-MCI) von der Parkinson-Demenz (PD-D) unterschieden. Beim PD-MCI sind die Aktivitäten des täglichen Lebens weitgehend erhalten. Im Vergleich zu altersgleichen Kohorten sind Prävalenz und Inzidenz neurokognitiver Störungen bei Patienten mit PK erhöht [29].

Bereits zum Diagnosezeitpunkt weisen 10–20 % aller Patienten mit PK ein PD-MCI auf. Insgesamt leidet mehr als ein Viertel aller Patienten mit PK an einem PD-MCI und hat ein erhöhtes Risiko, im Verlauf eine manifeste Demenz zu entwickeln. Die Prävalenz der PD‑D liegt bei etwa 30 % [1]. Es wurden zahlreiche Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz identifiziert, die stärkste Assoziation besteht mit dem Auftreten von Halluzinationen, höherem Lebensalter und schwerer motorischer Beeinträchtigung. Genetische Risikofaktoren sind unter anderem heterozygote Mutationen im Glukozerebrosidase-Gen (GBA) oder Multiplikationen im α‑Synuklein-Gen (SNCA). Außerdem sind subkortikale hyperintense MRT-Läsionen sowie ein erniedrigtes β‑Amyloid im Liquor mit neurokognitiven Symptomen assoziiert [23].

Die neurokognitiven Symptome bei Patienten mit PK variieren, am häufigsten sind aber Störungen der Exekutiv- und Aufmerksamkeitsfunktionen, der visuell-räumlichen Funktionen sowie der Gedächtnisfunktionen. Die Movement Disorders Society Task Force hat klinische Diagnosekriterien für PD-MCI und PD‑D publiziert [9]. Das neuropsychologische Störungsprofil der PD‑D kann zusammengefasst werden als dysexekutives Syndrom mit ausgeprägter Störung von Exekutiv- und Aufmerksamkeitsfunktionen bzw. der Visuokonstruktion und mit moderater Störung von Gedächtnisfunktionen sowie Verhaltenssymptomen wie Apathie und Psychose, insbesondere Halluzinationen. Darüber hinaus kommt es im Verlauf der PD‑D zu autonomen Symptomen und einer Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die PD‑D hat auch unmittelbaren Einfluss auf die PK-Behandlung allgemein, weil beispielsweise eine THS als Therapieoption nicht mehr in Betracht kommt [29].

Neuropathologisch ist die PD‑D durch verschiedene Merkmale charakterisiert, die in variabler Ausprägung vorhanden sind: Degeneration subkortikaler Kerngebiete mit cholinergen, dopaminergen, serotonergen und noradrenergen Defiziten sowie kortikaler Zellverlust mit Lewy-Körper- und Alzheimer-Pathologie. Das cholinerge Defizit ist am ausgeprägtesten infolge eines cholinergen Zellverlusts im Nucleus basalis Meynert sowie in pedunculopontinen Kernen. Die kortikale Aktivität der Acetylcholinesterase ist stärker reduziert als bei der Alzheimer-Demenz. Ein erniedrigtes β‑Amyloid sowie ein erhöhtes Tau-Protein im Liquor sind bei der PD‑D mit einer weiteren kognitiven Verschlechterung im Verlauf assoziiert [29].

Die kortikale Aktivität der Acetylcholinesterase ist stärker reduziert als bei der Alzheimer-Demenz

Zugelassen zur Therapie der PD‑D ist der orale Cholinesteraseinhibitor Rivastigmin. Es ist auch zur transdermalen Applikation verfügbar, für die aber keine formale Zulassung besteht. Rivastigmin führt den Ergebnissen einer großen randomisierten, placebokontrollierten Studie folgend zu einer Verbesserung von Kognition und Verhaltenssymptomen sowie zu einer langsameren Abnahme von Aktivitäten des täglichen Lebens. Patienten mit Halluzinationen haben ein besseres Ansprechen als Patienten ohne Halluzinationen. Unter Donepezil 10 mg waren in einer Post-hoc-Analyse einer randomisierten, placebokontrollierten Studie positive Effekte auf kognitive Parameter nachweisbar, bei einer Dosis von 5 mg dagegen nicht. In Metaanalysen wurde eine Effektstärke der Cholinesterasehemmung von etwa 15 % ermittelt. Rivastigmin und Donepezil haben einen besseren Effekt auf die Kognition von Patienten mit PK als auf die Kognition von Patienten mit Alzheimer-Erkrankung und verringern Apathie und Halluzinationen [15]. Der N‑Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptor-Antagonist Memantin hat keine sicheren Effekte auf Kognition und Verhalten von Patienten mit PD‑D. Nichtmedikamentöse Therapiestrategien zur Verbesserung der Kognition bei Patienten mit PK umfassen neurokognitives Training und Physiotherapie [29].

Parkinson-Netzwerke und neue Versorgungskonzepte

Um den komplexen Versorgungsbedürfnissen von Patienten mit PK gerecht werden zu können und die spezifischen Therapien den individuellen Krankheitsverläufen angepasst zum richtigen Zeitpunkt initiieren zu können, erfolgt das Management der PK zunehmend in Netzwerkstrukturen. Die PK gilt deshalb international als Modellkrankheit für die Entwicklung einer integrierten, interdisziplinären Versorgung chronisch-neurologischer Erkrankungen [28]. Das ParkinsonNet in den Niederlanden nimmt eine Vorreiterrolle ein und ist dort mittlerweile flächendeckend verfügbar. Der Fokus dieses Netzwerks liegt darauf, aktivierende Therapien durch spezifisch geschulte Therapeuten (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden) evidenzbasiert und individuell einzusetzen. Dadurch konnten das Outcome von Patienten mit PK verbessert und gleichzeitig die Kosten im Gesundheitssystem gesenkt werden [36].

In Deutschland wird der Aufbau regionaler und überregionaler Parkinson-Netzwerke von der Arbeitsgruppe „Netzwerke und digitale Versorgung“ der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen begleitet [27]. Mittlerweile existieren in Deutschland zahlreiche regionale Parkinson-Netzwerke, die nach dem Bottom-up-Prinzip gegründet wurden [33]. Das Parkinsonnetz Münsterland+ (PNM+) besteht seit 2017 und vernetzt Versorger ambulanter und stationärer Fachdisziplinen (beispielsweise Neurologen, Geriater, Hausärzte, Therapeuten, Rehabilitationszentren, Parkinson Nurses, Apotheken und Sanitätshäuser) sowie Selbsthilfegruppen und Angehörigenvertreter. Die Kommunikation zwischen den Partnern erfolgt über ein Onlineportal. Quartalsweise finden zudem multidisziplinäre Plenumstreffen statt. Ein relevantes und im Netzwerk selbst entwickeltes Kommunikationsinstrument sind sogenannte Quickcards zu unterschiedlichen Behandlungsbereichen, unter anderem zu Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Schlafstörungen oder Hilfsmitteln [16]. Auf den Quickcards werden leitliniengerechte, evidenzbasierte Empfehlungen in Bezug auf Diagnostik und Therapie zur Verfügung gestellt, um darüber die sektorenübergreifende Kommunikation zu stimulieren und zu optimieren. Durch ihren Einsatz im Praxisalltag wird die Zusammenarbeit der einzelnen Behandler intensiviert und die Verordnung nichtmedikamentöser Therapien spezifischer gestaltet. In dem vom Gemeinsamen Bundesausschuss geförderten Innovationsfondsprojekt ParkinsonAKTIV wird dieser Ansatz in eine Online-Parkinson-Therapieplattform überführt. In einer sozialen Netzwerkanalyse konnte für das PNM+ bereits gezeigt werden, dass durch die Netzwerkstruktur die Kommunikation zwischen den Versorgern auch über die Sektorengrenzen in Deutschland hinweg ein vergleichbares Niveau wie in den Niederlanden in den ersten Jahren nach dem Start von ParkinsonNet erreicht hat [17]. Im Jahr 2022 hat sich nach dem Vorbild des westfälischen PNM+ in der Nachbarregion Südwestniedersachsen das Parkinsonnetz Osnabrück+ (PNO+) gebildet.

Innerhalb von überregionalen Parkinson-Netzwerken können dann auch spezialisierte Institutionen zielgerichteter arbeiten. Solche Institutionen bilden allerdings nie das Zentrum eines Netzwerks, sondern unterstützen die Kommunikation gewissermaßen „vom Rand aus“. Beispielhaft soll das an der Region Münster-Osnabrück verdeutlicht werden. Das Universitätsklinikum Münster verfügt innerhalb der Neurologie über einen Spezialbereich für PK und andere Bewegungsstörungen. Im Zusammenschluss mit einem großen Akutkrankenhaus, dem Klinikum Osnabrück, wurde das Parkinson-Zentrum Münster-Osnabrück (PaMOS) gebildet. Hierüber werden verschiedene Leistungen für das Netzwerk zur Verfügung gestellt, so etwa

  • eine spezielle Differenzialdiagnostik von Parkinson-Syndromen inklusive differenzialdiagnostischer molekulargenetischer Diagnostik,

  • Operationen zur THS in Zusammenarbeit mit der Neurochirurgie,

  • eine spezielle Diagnostik und Therapie gastrointestinaler Symptome der PK oder

  • eine neurogeriatrische Versorgung von Parkinson-Syndromen.

Am Klinikum Osnabrück ist dazu in Kooperation mit der Geriatrie das Zentrum für Parkinson-Syndrome und andere Bewegungsstörungen (ZPSB) etabliert worden. Es verfügt über eine multiprofessionelle „Parkinson-Unit“, auf der sowohl Akutbehandlungen als auch Komplexbehandlungen erfolgen können. Das Zentrum ist gekennzeichnet durch einen gemeinsamen Stationsbereich, werktägliche Kurzbesprechungen im gesamten ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Team und wöchentliche gemeinsame multiprofessionelle Visiten, während derer ein gemeinsames symptomspezifisches Assessment durch alle für den individuellen Fall relevanten Berufsgruppen erfolgt.

Im Zentrum der Parkinson-Netzwerke stehen aber nicht hochspezialisierte Versorger, sondern Betroffene und Angehörige, deren Selbstmanagement durch die Netzwerkstruktur gefördert wird. Zum ambulanten Kernteam gehören der niedergelassene, idealerweise auf PK spezialisierte Neurologe sowie speziell geschulte Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden. Außerdem ist in dem Idealmodell auch eine ambulante Parkinson Nurse verfügbar. Darum gruppieren sich dann die weiteren relevanten Versorger, deren Kommunikation durch standardisierte, digitale Technologien unterstützt wird (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Länderübergreifendes Parkinson-Netzwerk in der Region Münster-Osnabrück. (Mit freundl. Genehmigung © Parkinsonnetz Münsterland+, alle Rechte vorbehalten)

Fazit für die Praxis

  • Das Vorliegen einer Bradykinese mit typischem Dekrement in Kombination mit Rigor und/oder Tremor erlaubt die klinische Diagnosestellung der Parkinson-Krankheit (PK).

  • In prodromalen und frühen Krankheitsphasen der PK besteht eine hypotensive Motilitätsstörung des Ösophagus, in späten Krankheitsstadien können bei einigen Patienten mit PK diffuse ösophageale Spasmen und multiple Kontraktionen auftreten. Zur Diagnostik kommt die High-resolution-Manometrie zum Einsatz.

  • Wenn die pharyngeale Bradykinese zu einer Medikationsdysphagie mit Wirkstoffresiduen im Pharynx führt, können hierdurch ab den mittleren Krankheitsstadien der PK auch motorische Wirkfluktuationen begünstigt werden. Zur Diagnostik dient die flexible endoskopische Evaluation des Schluckakts.

  • Die multiplen Symptome des Gastrointestinaltrakts sowie die neurokognitiven Symptome erfordern ein multidisziplinäres PK-spezifisches Therapiemanagement. Je nach vorherrschenden Symptomen kommen neben Neurologen hier Logopäden, Ernährungsmediziner, Parkinson Nurses, Gastroenterologen, Neuropsychologen, Psychiater und Geriater zum Einsatz, idealerweise als multidisziplinäres Team.

  • In Deutschland wird der Aufbau regionaler und überregionaler Parkinson-Netzwerke von der Arbeitsgruppe „Netzwerke und digitale Versorgung“ der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen begleitet.