Neuroendokrine Neoplasien (NEN) des Verdauungstrakts sind eine seltene und bezüglich ihrer Biologie, Klinik und Prognose heterogene Gruppe von Tumorerkrankungen, deren Inzidenz zunimmt. Dies stellt hohe Anforderungen an die Diagnostik und Therapie. Als Grundlage dienen die standardisierte morphologische WHO-Klassifizierung dieser Tumoren, das proliferationsbasierte Grading und die lokalisationsbezogene TNM-Klassifikation. Zusammen mit relevanten klinischen Charakteristika sowie einer rationalen biochemischen und bildgebenden Diagnostik sind sie von wesentlicher Bedeutung für die Abschätzung der Prognose und Festlegung des optimalen therapeutischen Vorgehens.

Klassifikation und Prognose

Vom Karzinoid zur neuroendokrinen Neoplasie

Der Begriff der neuroendokrinen Neoplasie steht für eine heterogene Gruppe von Tumoren, die von Zellen des diffusen neuroendokrinen Systems ausgehen. Zudem weisen sie sie eine neuroendokrine Differenzierung auf, die immunhistochemisch durch den Nachweis der neurosekretorischen Marker Synaptophysin und ggf. Chromogranin A (CgA) gekennzeichnet ist. Neben den NEN des gastroenteropankreatischen (GEP) Systems, die mit etwa 60% den größten Anteil der NEN im engeren Sinne ausmachen, gehören zu dieser Gruppe auch [1, 2]:

  • neuroendokrine Tumoren der Lunge (und damit prinzipiell auch das kleinzellige Bronchialkarzinom),

  • Phäochromozytome,

  • Paragangliome,

  • Neuroblastome,

  • medulläre Schilddrüsenkarzinome und

  • Merkel-Zellkarzinome der Haut.

Die Heterogenität der zahlreichen, unterschiedlichen neuroendokrinen Tumorentitäten schlägt sich in einer enormen Vielfalt an Bezeichnungen nieder, die erst durch die Einführung der WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2000 erheblich standardisiert wurden. So wurde der Begriff des Karzinoids erstmals zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts durch Oberndorfer als langsam wachsender, vermeintlich eher benigner karzinom ähnlicher Tumor des Dünndarms geprägt. Auch wenn dieser Begriff noch heute v. a. im angloamerikanischen Sprachraum für hoch differenzierte, meist nichtpankreatische neuroendokrine Tumoren gebräuchlich ist, sorgt er aufgrund der Heterogenität der hierunter zusammengefassten Tumorentitäten und der Verwechslungsmöglichkeit mit dem klinischen Krankheitsbild des Karzinoidsyndroms eher für Verwirrung; daher sollte er zugunsten der aktuellen WHO-Klassifikation nicht gebraucht werden.

Der Begriff des Karzinoids sollte zugunsten der WHO-Klassifikation nicht mehr verwendet werden

Inspiriert durch die Vorstellung einer gemeinsamen embryonalen Herkunft von der Neuralleiste und die Fähigkeit zur Produktion von Hormonen dieser sog. Amin-precursor-uptake-and-decaboxylation(APUD)-Zellen wurden die hoch differenzierten neuroendokrinen Tumoren auch als Apudome bezeichnet. Von Williams und Sandler stammt die Einteilung bezüglich der embryonalen Herkunft dieser Tumoren, die zwischen Foregut- (Lunge, Pankreas, Magen, Duodenum, oberes Jejunum), Midgut- (hinteres Jejunum, Ileum, Apendix, Zökum) und Hindgut-Tumoren (Kolon, Rektum) unterscheidet. Die Zunahme an wissenschaftlichen Erkenntnissen führte jedoch dazu, dass heute zwischen einer großen Anzahl morphologisch und biologisch gut definierter Tumorentitäten differenziert werden kann. Daher reichen der Begriff des Karzinoids oder Inselzelltumors sowie die Einteilung nach der embryonalen Herkunft nicht mehr aus, um diese heterogene Tumorgruppe zu klassifizieren.

WHO-Klassifikation 2010

In der WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2000 wurde aufgrund der histologischen Differenzierung und der proliferativen Aktivität noch zwischen hoch differenzierten benignen oder fraglich benignen neuroendokrinen Tumoren und hoch differenzierten niedrig malignen neuroendokrinen Karzinomen unterschieden. Dagegen geht die neue WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2010 davon aus, dass alle NEN potenziell maligne sind und sich lediglich hinsichtlich ihrer Wahrscheinlichkeit zu metastasieren unterscheiden (Abb. 1; [1, 2]).

Nach der WHO-Klassifikation 2010 sind alle neuroendokrinen Tumoren potenziell maligne

Unter dem Begriff neuroendokriner Tumor wird jetzt die Gruppe der als maligne einzustufenden gut bis mäßig differenzierten NEN zusammengefasst und anhand des proliferationsbasierten Gradings weiter in G1- und G2-Tumoren unterteilt. Der Begriff neuroendokrines Karzinom (NEC) wird nur noch für die niedrig differenzierten, rasch proliferativen (G3) klein- oder großzelligen Tumoren verwendet. Neben der histologischen Differenzierung berücksichtigt die WHO-Klassifikation weitere Charakteristika wie die endokrinologische Aktivität bzw. Expression von Hormonen oder einen möglichen hereditären Hintergrund (Abb. 1). Diese Kriterien sind in den entsprechenden Unterkapiteln zu den jeweiligen Tumorentitäten dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Strukturiertes Vorgehen bei der Diagnostik und Klassifikation der NEN. a Ki-67/MIB-1-Antikörper, Anteil positiver Zellen (%) von 500–1000 Tumorzellen in Hot-spot-Arealen; b 10 HPF entsprechen 2 mm2, mindestens 40 Felder (Gebiete mit höchster mitotischer Dichte). AC Atypisches Karzinoid der Lunge; GI-NEN NEN des Dünndarms; HPF „high power field“; LCNEC „large-cell neuroendocrine cancer“; NEC neuroendokrines Karzinom; NEN neuroendokrine Neoplasie; NET neuroendokriner Tumor; P-NEN pankreatische NEN; PP pankreatisches Polypeptid; SCNEC „small-cell neuroendocrine cancer“; TC typisches Karzinoid der Lunge; TTF-1 thyreoidaler Transkriptionsfaktor 1; VMAT-1 vesikulärer Monoamintransporter 1

Proliferationsbasiertes Grading

Das sowohl für die Klassifikation als auch für die Prognoseabschätzung und Therapiefestlegung relevante Gradingsystem für GEP-NEN orientiert sich an der proliferativen Aktivität des Tumors und wird immunhistochemisch durch Bestimmung des Ki-67/MIB-1-Index ermittelt (Abb. 1). Alternativ können Mitosen ausgezählt werden; der Bestimmung des Ki-67-Index ist jedoch der Vorzug zu geben. Das von der European Neuroendocrine Tumor Society (ENETS) vorgeschlagene System wurde von der WHO und der Union for International Cancer Control (UICC) übernommen und unterscheidet 3 Gruppen: G1 (Ki-67-Wert ≤2%) und G2 (Ki-67-Wert: 3–20%) für hoch differenzierte, niedrig und mäßig proliferative NET sowie G3 (Ki-67-Wert >20%) für niedrig differenzierte, hoch proliferative NEC [3, 4]. Die proliferative Aktivität spielt zusammen mit klinischen Befunden eine wesentliche Rolle bei der Festlegung des therapeutischen und diagnostischen Vorgehens. Die prognostische Relevanz, die in mehreren Studien belegt werden konnte, erlaubt eine gute Korrelation des Gradingsystems mit der mittleren Überlebensdauer. So zeigen pankreatische NEN in Abhängigkeit vom G1-, G2- und G3- Status ein 5-Jahresüberleben von 90%, 63% und 12% [5, 6].

TNM-Stadieneinteilung und Staging

Ein mittlerweile validiertes TNM-Klassifikationssystem sämtlicher GEP-NEN existiert seit 2006 bzw. seit 2007 [3, 4]. Es ermöglicht die korrekte Stadieneinteilung dieser Tumorentität und erlaubt eine weitere Spezifizierung der Prognose [7, 8]. Die im Jahr 2009 erschienene 7. Auflage der UICC-TNM-Klassifikation, die zuletzt auch validiert wurde [9], ist in weiten Teilen deckungsgleich mit der ENETS-Klassifikation. Abweichungen finden sich bei den pankreatischen NEN und der Appendix sowie bei den gering differenzierten NEC. Für diese Tumorentitäten sollte eine parallele Angabe beider Klassifikationen erfolgen (Tab. 1).

Tab. 1 TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung von GEP-NEN nach der ENETS-Klassifikation von 2006/2007. (Adaptiert nach [6, 7])

Epidemiologie und Prognose

GEP-NEN sind seltene Tumoren mit einer Inzidenz von etwa 5/100.000 Einwohnern bei einer geschätzten Prävalenz von 35/100.000 Einwohner. Dabei machen NEN lediglich 5% aller Neoplasien des Gastrointestinaltrakts (GIT) aus. Über die letzten 30 Jahre lässt sich ein stetiger Anstieg der Inzidenz beobachten, der sicherlich nur zu einem Teil mit den verbesserten diagnostischen Möglichkeiten erklärt werden kann. Die Zunahme der Inzidenz ist für alle Stadien und Tumorlokalisationen nachweisbar. Der deutlichste Zuwachs zeigt sich bei den lokalisierten Tumoren und bei einer Lokalisation des Primärtumors in [1, 10, 11]:

  • Lunge,

  • Rektum,

  • Magen und

  • Dünndarm.

Neuroendokrine Tumoren entstehen mit gleicher Häufigkeit in allen erwachsenen Altersgruppen. Der Häufigkeitsgipfel der sporadischen neuroendokrinen Tumoren liegt zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Bei nichtsporadischen, mit einer multiplen endokrinen Neoplasie von Typ 1 (MEN-1) assoziierten Tumoren liegt das mediane Alter mit 49 Jahren etwas niedriger. Es zeigt sich ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis. Bezüglich der ethnischen Verteilung finden sich NEN des Rektums häufiger bei schwarzen Patienten und Asiaten, neuroendokrine Tumoren der Lunge häufiger bei Kaukasiern [10].

Neben dem Stadium der Erkrankung sind insbesondere der Differenzierungsgrad des Tumors, das Alter bei Diagnosestellung sowie die Primärtumorlokalisation wesentliche prognostische Faktoren. Auch wenn die Prognose der häufig als relativ gutartig charakterisierten GEP-NEN insgesamt eher günstig ist, liegt die kumulative 5-Jahresüberlebensrate lediglich bei 45–70%. Sie zeigt damit eine weite prognostische Spannweite, die eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Tumorentitäten nötig macht. Bei Diagnosestellung im metastasierten Stadium liegt das mediane Überleben bei Patienten mit gut differenzierten NEN bei 33 Monaten, bei schlecht differenzierten NEC beträgt es lediglich 5 Monate [10]. Metastasierte NEN des Dünndarms zeigen mit einem medianen Überleben von 56 Monaten eine günstigere Prognose als NEN des Pankreas, bei denen das mediane Überleben 24 Monate beträgt, oder NEN des Kolons (ohne Rektum), die mit einem medianen Überleben von nur 5 Monaten eine sehr schlechte Prognose aufweisen [10].

Klinik und Diagnose

Hereditärer Hintergrund

Eine genetische Prädisposition zur Entwicklung von NEN des Pankreas und des Duodenums findet sich bei der MEN-1. Hierbei handelt es sich um eine autosomal, dominant vererbte Erkrankung, die über entsprechende genetische Veränderungen zu einer biallelischen Inaktivierung des MEN-1-Tumorsuppressorgens (Menin-Gen) führt. Neben einem primären Hyperparathyreoidismus und hormonell aktiven oder inaktiven Hypophysenvorderlappenadenomen finden sich v. a. NEN des Pankreas (und des Duodenums). Etwa 25% aller Gastrinome und 8% aller Insulinome entstehen auf dem Boden einer MEN-1, weshalb in diesen Fällen – insbesondere bei Patienten unter 45 Jahren – an ein entsprechendes hereditäres Tumorsyndrom gedacht werden sollte. Darüber hinaus finden sich in der Regel hormonell inaktive neuroendokrine Tumoren des Pankreas auch im Rahmen des Von-Hippel-Lindau-Syndroms.

Wachstumsverhalten

Abgesehen von den seltenen und rasch wachsenden niedrig differenzierten NEC zeigen die gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren meist ein langsames Wachstum mit längeren Phasen des Tumorstillstands. So lag in den zuletzt publizierten placebokontrollierten Studien das mediane progressionsfreie Überleben bei metastasierten und nicht mehr kurativ operablen NET des Dünndarms bei 6–14 Monaten, bei fortgeschrittenen und innerhalb von 1 Jahr progredienten, gut differenzierten NET des Pankreas betrug es 5–6 Monate. Dies führt nicht selten zu Problemen bei der Therapieentscheidung und verdeutlicht die Notwendigkeit einer exakten Klassifikation und klinischen Diagnostik von GEP-NEN. Der Primärtumor ist oft klein, klinische Symptome fehlen zu Beginn häufig oder sind unspezifisch. In der Folge werden sie meist erst dann klinisch apparent, wenn der Tumor eine kritische Größe erreicht hat bzw. wenn Metastasen aufgetreten sind. Die meisten NEN werden im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, sodass eine kurative chirurgische Therapie meist nicht mehr möglich ist. Fast 30% aller NEN des GIT zeigen bei Diagnosestellung bereits Fernmetastasen, in knapp 25% der Fälle liegt zumindest ein bereits regional fortgeschrittenes Tumorleiden vor [10].

Hormonelle Aktivität und Organlokalisation

Das Beschwerdebild, das durch NEN des GIT verursacht wird, ist in erster Linie abhängig vom primären Ursprungsort des Tumors und der Funktionalität. Etwa 30–40% aller GEP-NEN sind hormonell aktiv und können ein spezifisches, klinisch nachweisbares Beschwerdebild verursachen, was zu einer früheren Diagnosestellung führen kann. Je nach Art der freigesetzten Peptidhormone lassen sich unterschiedliche klinische Syndrome nachweisen. Der alleinige immunhistochemische Nachweis einer Hormonsynthese im Tumor ist dabei nicht ausreichend für die Diagnosestellung eines funktionell aktiven neuroendokrinen Tumors. Eine Übersicht über die wichtigsten Hormonsyndrome und ihre biochemische Diagnostik bietet Tab. 2.

Tab. 2 Klinik und Diagnostik hormonell aktiver neuroendokriner Neoplasien des Gastrointestinaltrakts

Neuroendokrine Neoplasien des Magens

Die klinisch in der Regel asymptomatischen NEN des Magens machen aufgrund der verbesserten endoskopischen Diagnostik mit 8–10% den größten Anteil aller GEP-NEN aus. Nach ihrer Genese werden sie in 4 Typen unterteilt (Tab. 3). In den meisten Fällen nehmen sie ihren Ausgang von den enterochromaffinähnlichen Zellen des Magens. Histologisch ist der Nachweis des vesikulären Monoamintransporters 2 (VMAT2) für NEN des Magens charakteristisch. Pathogenetisch spielt beim häufigsten Typ, dem meist multiplen Typ 1, die Hypergastrinämie aufgrund der chronisch atrophischen Gastritis (CAG) die wesentliche Rolle. Neben der histologischen Abklärung der NEN des Magens nach den o. g. Kriterien sowie der endosonographischen Diagnostik zur Beurteilung der Infiltrationstiefe (bei Tumorgrößen ≥1 cm) sollte daher eine Biopsieentnahme (mindestens 4) aus dem Fundus- bzw. Korpusbereich zur histologischen Sicherung der Verdachtsdiagnose einer CAG erfolgen. Daneben erlaubt lediglich der Nachweis der begleitenden Anazidität des Magensafts die Unterscheidung vom MEN-1-assoziierten Typ 2, da bei beiden Formen teilweise exzessive Erhöhungen des Serumgastrinspiegels zu beobachten sind. NEN des Magens vom Typ 3 kommen in der Regel singulär vor und sind bei Diagnosestellung meist bereits größer (>2 cm). Neben dem damit verbundenen Risiko einer größeren Infiltrationstiefe findet sich meist auch eine höhere proliferative Aktivität, was das häufigere Vorliegen von Metastasen bereits bei Diagnosestellung erklärt. Der seltene Typ 4 der NEN des Magens entspricht einem niedrig differenzierten, hoch proliferativen NEC des Magens. Diese sind bei Erstdiagnose häufig lokal fortgeschritten, zeigen exulzerierendes Wachstum und weisen in >50% der Fälle bereits Fernmetastasen auf [12].

Tab. 3 Einteilung und klinische Charakteristika neuroendokriner Neoplasien des Magens. (Adaptiert nach [12])

Neuroendokrine Neoplasien des Pankreas

Die häufigsten klinischen Hormonsyndrome, die von NEN des Pankreas ausgehen, sind die hyperinsulinämische Hypoglykämie beim Insulinom sowie rezidivierende peptische Ulzera, eine sekretorische Diarrhö und Maldigestion im Rahmen des Zollinger-Ellison-Syndroms beim Gastrinom. Klinische Hormonsyndrome im Sinne einer Sekretion von vasoaktivem intestinalem Polypeptid (VIP) oder Glukagon sind auch in großen Zentren eine Rarität. Vom klinisch apparenten Hormonsyndrom zu unterscheiden sind die häufig lediglich immunhistochemisch nachweisbaren Sekretionsprodukte neuroendokriner Zellen. Da hier keine nennenswerte Hormonsekretion erfolgt, werden diese Tumoren nicht als hormonell aktive NET bezeichnet.

Insulinom

Insulinproduzierende NEN finden sich praktisch ausschließlich im Pankreas. Pathognomonisch ist die hyperinsulinämische Hypoglykämie mit der klinisch charakteristischen Whipple-Trias, bestehend aus:

  • dem laborchemischen Nachweis einer Hypoglykämie (Glukosekonzentration <45 mg/dl),

  • den klinischen Symptomen der sympathikotonen Gegenregulation bzw. der Neuroglukopenie (Heißhunger, Tachykardie, Schwitzen, Gereiztheit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Gedächtnisstörungen, Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma, zerebrale Krampfanfälle) und

  • der Besserung der Beschwerden nach Glukosezufuhr.

In etwa 80% der Fälle kommen die meist benignen Insulinome solitär vor. Selten findet sich jedoch auch ein multiples Auftreten, meist im Rahmen einer MEN-1 oder der sehr seltenen Insulinomatose [13]. Eine weitere seltene Ursache der hyperinsulinämischen Hypoglykämie stellt die adulte Nesidioblastose dar, die häufig auch als „non-insulinoma pancreatogenic hypoglycemia syndrome“ (NIPHS) bezeichnet wird. In diesem Fall sind eine diffuse β-Zellhypertrophie und Inselhyperplasie mit konsekutiv vermehrter Inselzellmasse histologisch nachweisbar [14, 15]. Generell kann sich die (Differenzial-)Diagnose der hyperinsulinämischen Hypoglykämie schwierig gestalten, sodass Patienten bei entsprechendem Verdacht für die weitere Diagnostik an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden sollten.

Standard in der Diagnostik des Insulinoms ist der 72-h-Fastentest.

Diagnostisch erfolgt während des Fastens in regelmäßigen Abständen die Kontrolle der Blutglukosekonzentration sowie der klinischen Beschwerdesymptomatik. Bei Blutzuckerwerten >50 mg/dl genügt die kapillare Bestimmung mithilfe eines Blutzuckermessgeräts, bei Werten <50 mg/dl muss die nasschemische Bestimmung aus einer venösen Blutprobe (Fluoridplasma) erfolgen. Parallel erfolgt die Bestimmung der Insulinkonzentration. Eine Insulinkonzentration >6 µU/ml bei einer Blutglukosekonzentration <45 mg/dl erfasst >90% der Patienten mit Insulinom und weist eine diagnostische Sensitivität und Spezifität von etwa 95% auf. Bei 90% der Patienten zeigt sich die Hypoglykämie innerhalb der ersten 48 h. Da die Diagnosestellung bei alleiniger Bestimmung von Blutglukose und Insulin nicht selten schwierig bleibt, wird neben Insulin die parallele Bestimmung weiterer Parameter, z. B. der C-Peptid-, Proinsulin- und β-Hydroxybutyratwerte, empfohlen. Bei einer Blutglukosekonzentration <45 mg/dl weisen ein C-Peptidspiegel >0,6 ng/ml und ein Proinsulinspiegel >5 pmol/l eine Sensitivität von 100% auf, die Spezifität liegt bei 60% bzw. 78%. Eine zusätzlich gemessene β-Hydroxybutyratkonzentration <2,7 mmol/l am Ende des Fastentests verbessert die Sensitivität und Spezifität auf 100% [16]. Liegt ein positiver Fastentest vor, ist die toxikologische Analyse von Urin- und Serumproben, die während des Tests gesammelt werden, zum Ausschluss einer faktitiellen Hypoglykämie obligat.

Erst nach biochemischer Sicherung der Diagnose sollte die bildgebende Lokalisationsdiagnostik erfolgen. Den Goldstandard stellt die Endosonographie des Pankreas dar, da die meist kleinen Tumoren nicht selten der bildgebenden Diagnostik mit CT, MRT oder funktioneller Szintigraphie entgehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen GEP-NEN exprimieren Insulinome häufig keine Somatostatinrezeptoren. Scheitert trotz ausführlicher Diagnostik der Nachweis in der Bildgebung, kann zur Lokalisation der intraarterielle Kalziumstimulationstest in Betracht gezogen werden [17].

Gastrinom

Gastrinproduzierende NEN haben ihren Ursprung v. a. im Duodenum und Pankreas, können jedoch auch gelegentlich in anderen Lokalisationen wie dem Magen, Jejunum oder den Gallenwegen vorkommen. Ein Anteil von >80% der Gastrinome findet sich im Gastrinomdreieck, das vom Duodenum, Pankreaskopf und Ligamentum hepatoduodenale gebildet wird. Die vermehrte Gastrinsekretion führt im Rahmen des Zollinger-Ellison-Syndroms durch die konsekutive gastrale Hyperazidität zu rezidivierenden peptischen Ulzera und einer Refluxösophagitis. Aufgrund der Inaktivierung pankreatischer Verdauungsenzyme durch die Magensäure treten nicht selten auch Diarrhöen und eine Malabsorption auf.

Bei der Mehrzahl der Gastrinome (60%) liegt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits eine Metastasierung vor.

Dies trifft v. a. auf die duodenalen Gastrinome zu, die trotz des häufig kleinen Primärtumors (<1 cm) bereits Metastasen in den regionalen Lymphknoten aufweisen können, während die pankreatischen Gastrinome früher eine hämatogene Lebermetastasierung entwickeln.

Eine wesentliche Besonderheit gastrinproduzierender NEN ist ihre gehäufte Assoziation mit einer MEN-1. Insbesondere bei jungen Patienten <45 Jahren mit Gastrinomen muss das mögliche Vorliegen einer MEN-1 bedacht werden. MEN-1-assoziierte Gastrinome sind gehäuft multipel und finden sich oft im Duodenum, während die sporadischen Gastrinome meist solitär im Pankreas lokalisiert sind.

Die Prävalenz eines Gastrinoms beträgt bei Patienten mit Ulzerationen etwa 0,1% [16]. Daher sollte eine entsprechende Diagnostik lediglich erwogen werden, falls rezidivierende und therapierefraktäre Ulzera vorliegen oder weitere klinische Verdachtsmomente wie begleitende Diarrhöen oder eine Faltenhypertrophie des Magens bestehen (Abb. 2). Die Diagnose wird bei Nachweis erhöhter Gastrinspiegel im Plasma gestellt. Um reaktiv erhöhte Gastrinspiegel im Rahmen einer chronisch atrophischen Autoimmungastritis auszuschließen, ist jedoch zusätzlich der Nachweis einer gastralen Hyperazidität (pH<2,5) zu fordern. Ein Nüchterngastrinspiegel >1000 pg/ml mit begleitender Hyperazidität (pH<2,5) lässt mit großer Wahrscheinlichkeit die Diagnose eines Gastrinoms zu. Die basalen Gastrinwerte zeigen häufig breite Schwankungen und werden insbesondere durch eine Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) beeinflusst. Auch bei Patienten mit idiopathischer Ulkuskrankheit oder gastroösophagealer Refluxerkrankung finden sich nicht selten deutlich erhöhte Serumspiegel, wobei 5-fach erhöhte Werte, insbesondere unter PPI-Therapie, keine Seltenheit darstellen [18]. Die Gastrinbestimmung sollte daher nüchtern und ohne PPI-Einnahme erfolgen. Bei Patienten, die unter PPI-Therapie stehen, sollte diese mindestens 1 Woche vor der Gastrinbestimmung ausgesetzt werden. Ist dies aufgrund der klinischen Beschwerdesymptomatik nicht tolerabel, sollten überbrückend hoch dosiert H2-Blocker und topische Antazida eingesetzt werden. Falls möglich sollte die Gabe von H2-Blockern jedoch ebenfalls 24–48 h vor der Gastrinbestimmung unterbrochen werden.

Gastrin sollte nicht unter Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren bestimmt werden

Da sich auch bei Gastrinompatienten insbesondere bei kleineren Läsionen teilweise nur grenzwertig erhöhte Gastrinspiegel zeigen (<1000 pg/ml), kann in diesen Fällen ergänzend der Sekretintest durchgeführt werden (Tab. 2). Ein Anstieg der basalen Gastrinkonzentration nach Sekretinstimulation um >200 pg/ml (≥124 pg/ml) weist mit einer Sensitivität von 85% und Spezifität von 100% (94% und 100%) auf ein Gastrinom hin [19].

Abb. 2
figure 2

Endoskopische Diagnostik bei GEP-NEN. a NET des Magens vom Typ 1 bei chronisch atrophischer Gastritis (G1); b NET des terminalen Ileums (klinisch mit Lebermetastasen und Karzinoidsyndrom, G2); c NET des Rektums (G1). Radiologische Diagnostik bei GEP-NEN. d Hypervaskularisierter NET des Pankreas (früharterielle Phase, klinisch Insulinom, G1); e nicht hypervaskularisierter NET des Pankreas [früharterielle Phase, klinisch Gastrinom mit Zollinger-Ellison-Syndrom und Faltenhyperplasie des Magens (Pfeil), G2]; f Lebermetastasen eines NET des Pankreas (G2). GEP Gastroenteropankreatisches System; NEN neuroendokrine Neoplasie; NET neuroendokriner Tumor

Glukagonom

Glukagonsezernierende NEN des Pankreas sind selten. Meist werden die Tumoren im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, da die charakteristischen klinischen Symptome des Erythema necrolyticum migrans zusammen mit einem gestörten Glukosestoffwechsel eine deutliche Glukagonsekretion mit hoher Tumorlast erfordern. Die charakteristischen Hauteffloreszenzen beginnen meist in Form von kleinen erythematösen, juckenden Läsionen, die sich ausbreiten und zentrale Erosionen bilden. Nicht selten findet sich bei akuten Exazerbationen eine bakterielle Superinfektion (Abb. 3). Neben einem allgemein katabolen Stoffwechsel mit Gewichtsverlust haben Patienten mit Glukagonom ein erhöhtes Thromboembolierisiko. Zur Diagnose wird die Bestimmung der Nüchternglukagonspiegel herangezogen, wobei die Plasmaspiegel starken Schwankungen unterworfen sind und keine gute Korrelation mit der klinischen Symptomatik zeigen.

Abb. 3
figure 3

Erythema necrolyticum migrans mit begleitender tiefer Beinvenenthrombose des Unterschenkels und bakterieller Superinfektion bei glukagonproduzierendem neuroendokrinem Tumor des Pankreas (G2 nach WHO 2010)

Vipom, Somatostatinom und seltene funktionell aktive neuroendokrine Neoplasien

NEN des Pankreas, die VIP sezernieren, manifestieren sich klinisch durch eine starke sekretorische Diarrhö. Neben den nicht selten exzessiven wässrigen Diarrhöen finden sich konsekutiv eine Hypokaliämie sowie eine Hypochlorhydrie und Azidose. Daher werden synonym häufig die Begriffe WDHA-Syndrom (wässrige Diarrhöen, Hypokaliämie, Achlorhydrie) und Verner-Morrison-Syndrom – nach den Erstbeschreibern – gebraucht. Zur Diagnose wird die Bestimmung der VIP-Konzentration im Plasma herangezogen.

Somatostatinsezernierende NEN kommen in erster Linie im Duodenum – meist papillennah – und im Pankreas vor. Prinzipiell kann die Somatostatinproduktion zu Glukosestoffwechselstörungen, Diarrhö, Steatorrhö und Gallensteinen führen; diese Symptome werden unter dem Begriff des Somatostatinomsyndroms zusammengefasst. Die Existenz und insbesondere die klinische Relevanz dieses Syndroms wird jedoch in Frage gestellt [20].

In Bezug auf die klinische Symptomatik und Diagnostik seltener Hormonsyndrome bei NEN sei auf den Beitrag „Ektope Hormonsekretion bei neuroendokrinen Tumoren“ von C. Hubold u. G. Brabant verwiesen, der ebenfalls in dieser Ausgabe erscheint.

Neuroendokrine Neoplasien des Jejunums oder Ileums

Funktionell aktive NEN des Jejunums und Ileums sind klinisch häufig durch ein Karzinoidsyndrom gekennzeichnet. Diese Tumoren besitzen die Fähigkeit zur Produktion vasoaktiver Substanzen, insbesondere von Serotonin. Der Serotoninspiegel im Plasma korreliert mit seinem Hauptmetaboliten, der 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES), die als diagnostischer Marker im 24-h-Sammelurin bestimmt werden kann. Da die Bestimmung des Serotonins im Plasma methodisch anspruchsvoll ist und starken Schwankungen unterliegt, sollte der 5-HIES-Bestimmung im angesäuerten 24-h-Sammelurin der Vorzug gegeben werden. Das letztgenannte Verfahren weist eine hohe Sensitivität (75%) und Spezifität auf (100%), eine mögliche Beeinflussung durch verschiedene Nahrungsmittel und Medikamente muss jedoch beachtet werden (Tab. 2).

Charakteristisch für das Karzinoidsyndrom sind sekretorische Diarrhö und Flushsymptomatik

Die biogenen Amine werden normalerweise in der Leber metabolisiert, sodass erst bei einer relevanten hepatischen Metastasierung intaktes Serotonin in die Zirkulation gelangt und so zu der typischen systemischen Symptomatik führt. Klassisch beinhaltet das Karzinoidsyndrom eine Flushsymptomatik, die anfallsweise auftritt, und eine sekretorische Diarrhö. Ein Anteil von 65–85% der Patienten zeigt den typischen hellroten Flush, der Sekunden bis Minuten anhält und daraufhin in eine livide bläuliche Färbung übergeht (Abb. 4). Der Flush tritt hauptsächlich im Gesichts- und Dekolletébereich auf und wird häufig von einem Hitzegefühl aber auch von subjektiven Symptomen wie Angst oder Panik begleitet. Systemische Auswirkungen der Vasodilatation können eine Hypotonie und Tachykardie sein. Selten findet sich eine intermittierende Bronchokonstriktion mit Dyspnoe.

Die erhöhte Serotoninkonzentration im Plasma steigert die gastrointestinale Sekretion und Motilität, zudem führt sie zu einer gesteigerten Fibroblastenproliferation mit peritonealer und kardialer Fibrose. Eine sekretorische Diarrhö findet sich bei etwa 75% der Patienten. Der klinische Ausprägungsgrad kann dabei individuell stark variieren und zeigt keine gute Korrelation zu den 5-HIES-Spiegeln im Sammelurin. Ist das Karzinoidsyndrom ausgeprägt, kann die kardiale Fibrose zu einer sekundären rechtskardialen Endokardfibrose mit konsekutiver Trikuspidal- und seltener auch Pulmonalinsuffizienz führen, die meist im späten Verlauf auftritt und dann oft limitierend für die Prognose der Patienten ist. Häufig findet sich auch eine ausgeprägte mesenteriale Fibrose als desmoplastische Reaktion, die dann auch bei klinisch funktionell inaktiven NET des Dünndarms zu uncharakteristischen abdominellen Beschwerden führen kann (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Patient mit funktionell aktivem neuroendokrinem Tumor des Ileums und klinischem Karzinoidsyndrom. a Anfallsweise auftretende Flushsymptomatik; b desmoplastische Reaktion des Mesenteriums. c Operationspräparat (NET G1 des Dünndarms nach WHO 2010) mit mesenterialer Lymphknotenmetastase und prästenotischer Dilatation des Dünndarms

Nichtfunktionelle neuroendokrine Neoplasien des gastroenteropankreatischen Systems

Klinisch sind die meisten GEP-NEN hormonell inaktiv, sie können durch mechanische Probleme oder über gastrointestinale Blutungen symptomatisch werden. Darüber hinaus können funktionell inaktive Tumoren des Darms durch eine Tumorobstruktion oder bei desmoplastischer Reaktion durch lokale Beschwerden auffällig werden (Abb. 4). Häufig wird die Diagnose nur als Zufallsbefund bei der Appendektomie, der Routineendoskopie oder im Rahmen des Nachweises von Lebermetastasen gestellt. Da nur selten eine spezifische Beschwerdesymptomatik vorliegt, werden die hormonell inaktiven NEN oft erst in einem bereits fortgeschrittenen Tumorstadium bei der Abklärung von unspezifischen Symptomen wie abdominellen Schmerzen, Gewichtsverlust oder einem tastbaren Tumor entdeckt.

Unspezifische biochemische Marker

Neben den spezifischen hormonellen Markern bei funktionell aktiven Tumoren ist CgA der wichtigste neuroendokrine Tumormarker; bei der Mehrzahl der GEP-NEN wird er in erhöhter Konzentration im Serum gefunden. CgA ist ein saures Glykoprotein, das in den sekretorischen Vesikeln der meisten neuroendokrinen Zellen vorkommt. Es besitzt für alle NEN des GIT eine Sensitivität von 50–90% und eine Spezifität von 83–99%. Die Höhe des CgA-Spiegels korreliert in der Regel gut mit der Tumormasse der GEP-NEN, ist jedoch auch abhängig vom Differenzierungsgrad und der Lokalisation des Primärtumors. Darüber hinaus hängen die Werte vom verwendeten Testsystem ab, sodass CgA-Spiegel, die mit unterschiedlichen Assays bestimmt wurden, nicht direkt vergleichbar sind. Am häufigsten finden sich auffällige Serumspiegel bei NEN des Dünndarms. Hier sind hohe CgA-Spiegel ein unabhängiger Prädiktor für die Mortalität. Als Verlaufsparameter korreliert CgA mit dem klinischen Verlauf und dem Auftreten einer Tumorprogression. Problematisch ist jedoch der Einsatz von CgA als Suchparameter bei Verdacht auf eine GEP-NEN, da auch viele andere Faktoren wie:

  • die Einnahme von PPI,

  • eine chronisch atrophische Gastritis,

  • chronische Durchfallerkrankungen (unabhängig von der Ätiologie),

  • eine Schwangerschaft oder

  • eine eingeschränkte Nierenfunktion

zu teilweise sehr hohen Spiegeln führen können. So ergibt sich aus der Betrachtung der CgA-Werte sehr oft eine unnötige Diagnostik.

Neben der spezifischen hormonellen Diagnostik ist Chromogranin A der wichtigste Tumormarker

Die neuronenspezifische Enolase (NSE) besitzt für GEP-NEN nur eine geringe Sensitivität und Spezifität, weshalb sie in diesem Zusammenhang keinen großen Stellenwert als Tumormarker besitzt. Erhöhte Werte finden sich insbesondere bei gering differenzierten NEC [19].

Bildgebende Diagnostik

Die bildgebende Diagnostik von GEP-NEN spielt insbesondere bei der Lokalisation des Primärtumors und der Bestimmung der Tumorausdehnung eine zentrale Rolle. In erster Linie sind diesbezüglich die endoskopischen Verfahren zu nennen, da sie neben der bildgebenden Lokalisation auch die Möglichkeit einer Biopsieentnahme bieten und damit diagnostisch von Bedeutung sind (Abb. 2). Die Endosonographie hat einen hohen diagnostischen Stellenwert bei der Beurteilung von NEN des Magens, Duodenums, Pankreas und Rektums. Hinsichtlich der Lokalisationsdiagnostik von pankreatischen NEN weist sie die höchste Sensitivität aller Lokalisationsverfahren auf. Bei den häufig zufällig im Rahmen der Routineendoskopie entdeckten NEN des Magens und Duodenums sowie des Rektums kommt der Endosonographie eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Infiltrationstiefe zu, die wesentlich für die Festlegung des weiteren therapeutischen Vorgehens ist. Zudem lassen sich die regionalen Lymphknoten beurteilen.

Durch die technische Weiterentwicklung und Erstellung spezieller Untersuchungsprotokolle konnte in den letzten Jahren die Sensitivität der CT und MRT in der Lokalisationsdiagnostik deutlich verbessert werden. Dies gilt v. a. auch in Bezug auf pankreatische NET. In aktuellen Studien liegt die Sensitivität der Mehrzeilen-CT für pankreatische NEN bei 65–80%, der Wert der Hochfeld-MRT liegt bei 75–100%. Insbesondere kleinere Läsionen scheinen mithilfe der MRT besser detektierbar zu sein als im CT [21]. Den höchsten diagnostischen Stellenwert für die Detektion der Primärlokalisation von GEP-NEN hat die funktionelle bildgebende Diagnostik mittels Somatostatinrezeptorszintigraphie oder -PET ([22]; s. auch Beitrag „Neuroendokrine Tumoren des gastroenteropankreatischen Systems. Nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie“ von A.R. Haug u. P. Bartenstein).

Fazit für die Praxis

  • Neuroendokrine Neoplasien des gastroenteropankreatischen Systems (GEP-NEN) sind eine seltene und sowohl in Bezug auf ihr biologisches Verhalten als auch die Prognose heterogene Gruppe von Tumorerkrankungen.

  • GEP-NEN können ubiquitär im gesamten Gastrointestinaltrakt auftreten und besitzen die Fähigkeit zur Hormonproduktion.

  • Die Grundlage für Diagnostik und Therapie bilden die WHO-Klassifizierung von 2010, das proliferationsbasierte Grading und die lokalisationsbezogene TNM-Klassifikation.

  • Das Beschwerdebild, das durch GEP-NEN verursacht wird, ist meist unspezifisch und abhängig vom primären Ursprungsort des Tumors sowie der Funktionalität.

  • Nur etwa 30–40% der GEP-NEN weisen eine distinkte Hormonproduktion mit charakteristischer Klinik auf.

  • Neben der biochemischen Diagnostik spezieller Hormonsyndrome ist Chromogranin A der relevanteste unspezifische Marker für die Verlaufskontrolle.

  • Der funktionellen nuklearmedizinischen Diagnostik mithilfe der Somatostatinrezeptorszintigraphie bzw. Positronenemissionstomographie kommt eine entscheidende Rolle bei der Lokalisation des Primärtumors und der Selektion von Patienten für eine Peptidradiorezeptortherapie zu.