Prognostische und prädiktive Biomarker spielen eine zunehmende Rolle bei der Wahl einer personalisierten Therapie von Tumorpatienten. Prädiktive Biomarker könnten bei der Wahl eines wirksamen Therapieregimes helfen. Patienten mit einer günstigen Prognose könnten von einer deeskalierten Therapie mit geringen Nebenwirkungen profitieren. DNA-Methylierung ist ein epigenetischer Mechanismus, der eine fundamentale Rolle bei der Tumorentstehung und Zelldifferenzierung spielt und daher eine vielversprechende Quelle für prognostische und prädiktive Biomarker darstellt.

Plattenepithelkarzinome des Kopf- und Halsbereichs stellen einige der wenigen Tumoren dar, bei denen mit der p16-Proteinexpression bereits ein prognostischer Biomarker den Weg in die Klinik gefunden hat. Grundsätzlich versteht sich unter einem prognostischen Biomarker ein Biomarker, der therapieunabhängig eine Voraussage über den Krankheitsverlauf zulässt. Nach der 8th Edition der Union Internationale Contre le Cancer (UICC) und des American Joint Committee on Cancer (AJCC) erfolgt nun eine separate Klassifizierung des mit Hochrisiko-Human-Papilloma-Virus (HPV) assoziierten Oropharynxkarzinoms, da HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome mit einer signifikant besseren Prognose im Vergleich zu noxenassoziierten Tumoren verbunden sind. Eine positive immunhistochemische Expression des zyklinabhängigen Kinaseinhibitors p16 dient hier als Surrogat-Biomarker für einen HPV-assoziierten Tumor. Die Herabstufung des Stadiums HPV-positiver Oropharynxkarzinome mit den entsprechenden therapeutischen Konsequenzen wird weiter kontrovers diskutiert. Zudem ist die Studienlage noch nicht ausreichend, um zu zeigen, dass eine deeskalierte Behandlung HPV-positiver Tumoren zu dem gleichen Outcome nur mit geringeren Nebenwirkungen führt. Des Weiteren findet sich ein positiver p16-Status bei 10–20 % der Tumoren, die HPV-RNA/DNA-negativ und daher nicht HPV-assoziiert sind [3]. Für Patienten mit diesen falsch-positiven Tumoren stellt eine Herabstufung des Tumorstadiums und entsprechend eine deeskalierte Therapie ein potenzielles Risiko dar.

In verschiedenen Studien wird die Möglichkeit der Therapiedeeskalation seitens der Operationstechnik (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT01898494), einer Reduktion der Bestrahlung (NCT01084083) und der medikamentösen Therapie getestet [17]. Die Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) konnte erstmalig in einer Phase-II-Studie zeigen, dass eine Reduktion der Bestrahlung bei HPV-positiven Tumoren sinnvoll ist [16]. Auf der anderen Seite zeigte eine Phase-III-Studie, dass die Anwendung von Cetuximab anstelle von Cisplatin bei Niedrigrisikopatienten nicht zu der erwünschten Reduktion der Toxizität, jedoch zu einer verminderten Tumorkontrolle führte und daher kein geeigneter Weg zu sein scheint [17]. Ein momentan getesteter Ansatz der Deeskalation ist die Anwendung einer Immuntherapie in Kombination mit Strahlentherapie für Patienten mit HNSCC (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03715946). Die unterschiedlichen und auch negativen Ergebnisse einer Therapiedeeskalation in bisherigen Studien zeigen, dass neben prognostischen Biomarkern besonders prädiktive Biomarker von klinischem Interesse sind [26]. Prädiktive Biomarker sind Biomarker, die in Abhängigkeit von der gewählten Therapie eine Aussage über den voraussichtlichen Krankheitsverlauf und ein Ansprechen auf diese Therapie ermöglichen. In Angesicht einer steigenden Zahl medikamentöser Therapieoptionen bei HNSCC haben solche Biomarker eine steigende klinische Relevanz.

Neben der Frage nach einer möglichen Deeskalation der Therapie bei Niedrigrisikopatienten stellt sich auch die Frage der Wahl der geeigneten Therapie auch bei Hochrisikopatienten, die mit kurativer Intention behandelt werden. Zurzeit befinden sich verschiedenen Therapieregime sowohl in der adjuvanten als auch in der neoadjuvanten Situation in der klinischen Testung (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03522584, NCT03765918). Insbesondere eine Immuntherapie könnte hier eine vielversprechende Option darstellen. Biomarker, die vor Therapiestart eine Aussage über die Prognose ermöglichen, könnten geeignet sein, um Patienten zu identifizieren, die von einer neoadjuvanten Therapie profitieren. Dazu könnten prognostische Biomarker geeignet sein, um im Anschluss nach der Tumorresektion die Wahl einer adjuvanten Therapie zu optimieren. In beiden Fällen sind Biomarker von großer Wertigkeit, die zum einen die Prognosestellung, zum anderen aber auch die Vorhersage des Ansprechens auf eine medikamentöse Therapie ermöglichen. Bei Patienten in der rekurrenten/metastasierten Situation könnten zukünftig vor allem prädiktive Biomarker für die Steuerung der palliativen medikamentösen Tumortherapie von Relevanz sein.

DNA-Methylierung

Eine Infektion mit Hochrisiko-HPV-Stämmen ist kausal in die Pathogenese verschiedener maligner Erkrankungen involviert. Die durch das Virusgenom kodierten Onkoproteine interagieren mit den zellulären epigenetischen Prozessen und können das Epigenom sowohl der Wirtszelle als auch des Virus selbst verändern und sich so vor der Immunabwehr schützen und die eigene virale Replikation fördern [18]. Unter den epigenetischen Mechanismen spielt die DNA-Methylierung eine bedeutende Rolle. Die Methylierung des Cytosins am 5’-Kohlenstoffatom im Cytosin-Phosphat-Guanosin(CpG)-Dinukleotidkontext ist vererbbar und mit der transkriptionellen Aktivität eines Gens assoziiert [12]. Neben der Beteiligung an pathologischen Prozessen, wie beispielsweise der Karzinogenese, liegt die Relevanz der DNA-Methylierung auch in physiologischen Prozessen, insbesondere der Inaktivierung des X‑Chromosoms, der Zelldifferenzierung, genetischer Prägung und bei der Gewährleistung der genomischen Stabilität. Die Differenzierung, Reifung, Aktivierung und Erschöpfung hämatopoetischer Linien geht ebenfalls mit einer signifikanten Änderung des Methylierungsmusters einher [7, 25]. Entsprechend der direkten Interaktion der viralen Onkoproteine mit dem Epigenom der Wirtszelle überrascht es nicht, dass virusassoziierte Tumoren ein bestimmtes Methylierungsmuster aufweisen, welches sie von den Tumoren anderer Ätiologie unterscheidet. In einer Studie konnten 5 Gruppen von HNSCC anhand jeweils bestimmter Methylierungsmuster identifiziert werden: ein HPV-positiver, 2 mit dem Rauchen assoziierte sowie 2 atypische Subtypen [4].

Das DNA-Methylierungsmuster ist mit bekannten prognostischen und prädiktiven Faktoren assoziiert

Das DNA-Methylierungsmuster ist mit dem Zelltyp im Allgemeinen, der Differenzierung von Tumorzellen und der Infiltration von Immunzellen assoziiert. Demnach gibt das Methylierungsmuster eines heterogenen Tumors Aufschluss über den Differenzierungsgrad von Tumoren sowie über das Tumormikromilieu, insbesondere den Anteil infiltrierender Leukozyten, deren Differenzierung und Erschöpfungsgrad. Dies sind bekannte Parameter, die mit der Prognose und dem Ansprechen auf medikamentöse Therapien, insbesondere Immuntherapien, einhergehen. Entsprechend ist die DNA-Methylierung eine vielversprechende Quelle für prognostische und prädiktive Biomarker. Die in diesem Artikel behandelten DNA-Methylierungsmarker sind zur Übersicht in Tab. 1 aufgelistet.

Tab. 1 Übersichtstabelle über Kandidaten prognostischer und prädiktiver DNA-Methylierungsbiomarker für HNSCC

Analytik der DNA-Methylierung

Das DNA-Methylierungsmuster genomischer DNA ist eine chemisch und biologisch stabile Modifikation, die sich robust in verschiedenen klinisch relevanten Analyten, beispielsweise im Blutplasma, Aspiraten, zytologischen Proben, Urin und in Resektionsgeweben und Biopsien, insbesondere in formalinfixierten und paraffineingebetteten Geweben, messen lässt [13].

Die DNA-Methylierung lässt sich robust in klinisch relevantem Probenmaterial bestimmen

In der Regel erfolgt für die DNA-Methylierungsanalytik zunächst eine Konversion der DNA mit Bisulfit, bei der alle Cytosine zu Uracil desaminiert werden, während methylierte Cytosine unverändert bleiben. Da Uracil im Vergleich zu Cytosin nicht mit Guanosin, sondern mit Adenosin hybridisiert, lässt sich die DNA-Methylierung im Anschluss an die Bisulfit-Konversion einfach mittels etablierter DNA-Hybridisierungs‑, Amplifikations- und Sequenzierungstechniken quantitativ und sensitiv bestimmen.

Blutbasierte prognostische DNA-Methylierungsbiomarker

Tumoren geben bedingt durch Apoptose und Nekrose sowie durch eine aktive Sezernierung kontinuierlich DNA in die Blutbahn ab. Diese zellfreie zirkulierende Tumor-DNA stellt zwar nur einen Bruchteil der zellfreien zirkulierenden DNA im Blut dar, welche überwiegend von apoptotischen peripheren Blutleukozyten stammt, lässt sich aber anhand tumorspezifischer Eigenschaften qualitativ und quantitativ analysieren. Neben tumorspezifischen Mutationen sind hierfür besonders tumorspezifische DNA-Methylierungsmarker geeignet. Da die Menge zellfreier freizirkulierender DNA mit der Ausdehnung und der Aktivität der Tumoren korreliert, lässt sich darüber die Prognose der Erkrankung bestimmen. Aberrante Methylierung der Gene SHOX2 und SEPT9 ist eine Eigenschaft vieler verschiedener maligner Erkrankungen [28] und lässt sich im Blutplasma dieser Patienten nachweisen und korreliert mit dem Tumorstadium und der Prognose [2, 5, 14, 15]. In einer prospektiven Studie konnten Schröck et al. zeigen, dass die quantitative Analyse der SHOX2- und SEPT9-Methylierung im Plasma kurativ behandelter HNSCC-Patienten vor Tumorresektion oder primärer Radiochemotherapie eine Klassifizierung des Nodalstatus (N) und des Tumorstatus (T) ermöglicht und mit der Prognose der Patienten korreliert [24]. Dieser diagnostische Test könnte helfen, Patienten zu identifizieren, die von einer neoadjuvanten oder einer intensivierten adjuvanten Therapie profitieren könnten. Dieser klinische Nutzen muss jedoch vorab in klinischen Studien zunächst noch belegt werden.

Gewebebasierte prognostische Methylierungsbiomarker

In der Literatur ist eine Vielzahl prognostischer Biomarker im Gewebe für HNSCC beschrieben. In vielen Fällen wurde hierbei nicht die Unabhängigkeit der prognostischen Wertigkeit vom HPV-Status bestimmt, sodass davon auszugehen ist, dass es sich bei diesen DNA-Methylierungsbiomarkern oft um Surrogat-Biomarker für eine HPV-Ätiologie handelt, die keine zusätzliche prognostische Information liefert. Die Methylierung des für p16 kodierenden Gens CDKN2A selbst ist beispielsweise prognostisch für ein kürzeres Gesamt- und rückfallfreies Überleben bei HNSCC-Patienten [30].

Die Methylierung von PITX2 ist ein validierter prognostischer Biomarker

Die Methylierung des Homeobox-Transkriptionsfaktor „paired like homeodomain 2“ (PITX2) ist ein für verschiedene Tumoren, beispielsweise für Mammakarzinome und Prostatakarzinome, validierter Biomarker [1, 20]. Für HNSCC konnte der prognostische Wert ebenfalls gezeigt werden [21]. Während bei Adenokarzinomen der Mamma und der Prostata eine hohe Methylierung mit einer ungünstigen Prognose assoziiert ist, weisen Patienten mit hypermethyliertem HNSCC einen besseren Verlauf auf; ein Befund, der bisher nicht näher untersucht wurde. Die PITX2-Methylierung liefert eine unabhängige und zusätzliche prognostische Information zum HPV-Status des Tumors. Allerdings ist der prognostische Nutzen weiterer Biomarker neben p16 zurzeit klinisch nicht relevant, da zunächst gezeigt werden müsste, dass Patienten entsprechend der Prognose von einer Deeskalation oder Eskalation der Therapie tatsächlich profitieren würden. Interessant könnten klinisch prognostische Biomarker werden, wenn sie mit der Expression eines Gens assoziiert sind, welches selbst Ziel einer gerichteten Therapie ist.

Gewebebasierte prädiktive Methylierungsbiomarker

Mit Cetuximab ist in Deutschland seit 2008 ein gegen EGFR gerichteter monoklonaler Antikörper für die Erstlinientherapie bei Patienten mit rezidivierenden oder metastasierten HNSCC zugelassen. Ein prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf Cetuximab wäre für die Therapieentscheidung wünschenswert, um das geeignete Patientenkollektiv besser auswählen zu können. Für das kolorektale Karzinom konnte bereits gezeigt werden, dass die Methylierung des EGFR-Genlokus ein potenziell prädiktiver Biomarker sein könnte [23]. Studien für HNSCC liegen noch nicht vor.

Neben der zielgerichteten Therapie mit Cetuximab hat vor allem die Immuntherapie mit gegen den Immuncheckpoint PD‑1 gerichteten monoklonalen Antikörpern das therapeutische Spektrum für die Behandlung von HNSCC maßgeblich verändert. Neben der zugelassenen Anwendung in der rezidivierenden/metastasierten Situation steht auch ein neo- und adjuvanter Einsatz zur Diskussion und befindet sich in klinischer Testung. Die Suche nach prädiktiven Biomarkern für eine Anti-PD-1-Immuntherapie ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung. Insbesondere für den Einsatz als Adjuvanz und Neoadjuvanz wären prognostische und prädiktive Biomarker interessant, anhand derer die Patienten identifiziert werden können, die zum einen aufgrund der ungünstigen Prognose eine eskalierte Therapie, beispielsweise mit Immuncheckpointinhibitoren, erhalten sollten, zum anderen dann voraussichtlich auch auf diese Immuntherapie ansprechen.

Die Methylierung des für PD‑1 kodierenden Gens ist ein starker prognostischer Biomarker

Die Methylierung des für PD‑1 kodierenden Gens PDCD1 selbst ist ein starker prognostischer Biomarker für Gliome, [19] Adenokarzinome der Prostata und auch für HNSCC [8, 9, 19]. Eine epigenetische Regulierung konnte ebenfalls für die Liganden von PD‑1, PD-L1 und PD-L2, nachgewiesen werden [6, 10]. Darüber hinaus ist die Methylierung weiterer als Ziel von Immuntherapien relevanter Immuncheckpoint-Gene, wie CTLA4, CD28, CD80, CD86, ICOS, IDO1 und ADORA2A, mit der transkriptionellen Genaktivität, dem Tumormikromilieu und der Prognose der Patienten assoziiert [22, 27,28,29]. Ein Nachweis der Eignung der PD‑1-, PD-L1- oder PD-L2-Methylierung als prädiktiver Biomarker für eine Anti-PD-1-Behandlung liegt noch nicht vor. Für das Melanom konnte jedoch bereits gezeigt werden, dass die Methylierung von Immuncheckpoint-Genen ein vielversprechender prädiktiver Biomarkerkandidat ist [11].

Fazit für die Praxis

  • DNA-Methylierung verschiedener Gene scheint ein vielversprechender Kandidat als prognostischer und prädiktiver Biomarker zu sein, jedoch ist ein Nutzen für Patienten mit HNSCC noch nicht nachgewiesen und daher die klinische Anwendung noch nicht empfehlenswert.

  • Die DNA-Methylierung von Genen, wie PITX2, SHOX2 und SEPT9, ist ein leistungsstarker prognostischer Biomarker im Gewebe und im Plasma. Für eine klinische Anwendung fehlen jedoch auch hier Studien, die einen Patientennutzen einer biomarkergesteuerten Wahl der Therapie zeigen.

  • Die DNA-Methylierung von Immuncheckpoint-Genen, wie beispielsweise PD‑1, PD-L1 und CTLA4, ist mit der Expression dieser Immuncheckpoints korreliert. Eine Testung als prädiktiver Biomarker für Immuntherapien im Rahmen klinischer Studien wird empfohlen.