Das TNM-System existiert seit 1950 und ist Grundlage der Therapieentscheidung in der Kopf-Hals-Onkologie. Die Identifikation neuer Prognosefaktoren macht die Adaptation der TNM-Klassifikation notwendig, deren 8. Ausgabe die durch Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) verursachten Oropharynxtumoren, wie auch andere Faktoren, integriert.

Der Ruf nach einer Integration des HPV-Status in das bestehende TNM-System für Kopf-Hals-Karzinome wurde in den letzten Jahren lauter, nachdem zahlreiche Studien die hohe Prognoserelevanz der viralen Infektion bei Oropharynxneoplasmen belegt hatten [2]. Von verschiedenen Arbeitsgruppen konnte in großen Kohorten gezeigt werden, dass die bisher gültige TNM-Klassifikation für diesen bestimmten Subtyp der Mundrachentumoren nicht mehr adäquat ist [14]. Es wurde von den Autoren eine Anpassung der Stadien gemäß AJCC/UICC (American Joint Committee on Cancer/Union for International Cancer Control) unter Beibehaltung der bisher gültigen T‑ und N‑Stadien vorgeschlagen. Diesem Ruf ist das AJCC nun in der 8. Auflage des Cancer Staging Manual nachgekommen und hat die Forderung sogar noch übertroffen, in dem auch die einzelnen TNM-Kategorien angepasst wurden. Neben der grundlegenden Veränderung des Kapitels über oropharyngeale Malignome wurden die Kapitel über Karzinome der Mundhöhle und über Hauttumoren im Kopf-Hals-Bereich überarbeitet [1]. Außerdem wurde in der neuen Ausgabe der extranodalen Tumorausbreitung von Lymphknotenmetastasen als „Prognostikator“ Aufmerksamkeit geschenkt und diese in die N‑Stadien integriert [21]. Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen vorgestellt.

p16-Nachweis bei Oropharynxtumoren

HPV-vermittelte Tumoren zeichnen sich u. a. durch eine hohe p16-Expression aus. Dies gilt als zuverlässiger Surrogatmarker für eine HPV-vermittelte Karzinogenese [12, 17, 19, 23]. Nur eine starke nukleäre Färbung führt zu einer Einstufung als p16-positiv; bei schwacher Färbung ist ein zusätzlicher direkter HPV-Nachweis erforderlich [10]. Vom AJCC wird eine Testung aller neu diagnostizierten Oropharynxtumoren auf p16 empfohlen. Ein direkter HPV-Nachweis (HPV-DNA-Nachweis, HPV-in-situ-Hybridisierung) wurde aufgrund der gewünschten universellen/ubiquitären Anwendbarkeit des Staging-Systems als nicht sinnvoll erachtet. Dies ist bei eingeschränkter Spezifität des p16-Nachweises durchaus kritisch zu betrachten. In einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse wurde eine mediane Spezifität von 87,3 % und eine mediane Sensitivität von 95,4 % für einen HPV-Nachweis anhand der p16-Expression über 28 Studien bestimmt [16]. Damit laufen HPV-negative Patienten Gefahr, falsch (positiv) eingestuft zu werden. Es sollte daher, wenn möglich, ein weiterer Nachweis mittels HPV-DNA-Nachweis oder HPV-in-situ-Hybridisierung erbracht werden und nur Tumoren mit einem doppelt positiven Nachweis als HPV-vermittelt erachtet werden [20].

Bei negativem Nachweis werden die Tumoren anhand des Kapitels „p16-negative Oro- und Hypopharynxkarzinome“ eingeteilt. Hier hat sich im Vergleich zur 7. Ausgabe des Cancer Staging Manual wenig verändert. Neu ist, dass es kein T0 mehr gibt, sondern bei fehlendem Nachweis eines Primarius TX kategorisiert wird. Die N‑Kategorien wurden, wie für alle Kopf-Hals-Tumoren gültig und weiter unten beschrieben, überarbeitet.

Für p16-positive Oropharynxtumoren gilt eine komplett revidierte Einteilung (Tab. 1). Die klinische Klassifikation begründet sich auf einer großen Analyse von etwa 2000 HPV-vermittelten Oropharynxkarzinomen [25]. Für diese Entität findet sich für solche ohne Nachweis eines Primarius eine T0-Kategorie, im Gegensatz zu TX bei den p16-negativen. T1–T3 unterscheiden sich nicht von HPV-negativen Tumoren, T4 wird jedoch nicht weiter unterteilt, sondern fasst alle lokal fortgeschrittenen Tumoren zusammen. Beim Lymphknotenstatus gibt es eine Unterscheidung zwischen klinischem und pathologischem N (Tab. 2 und 3). Bei einer ansonsten herausgearbeiteten prognostischen Rolle des extranodalen Wachstums muss dies bei den HPV-vermittelten Malignomen nicht berücksichtigt werden. Viel wichtiger scheint die Anzahl befallener Lymphknoten zu sein [29]. Ebenso haben große Lymphknotenmetastasen keinen negativen prognostischen Einfluss, und so gibt es fortan für die pathologische N‑Klassifikation lediglich N0–N2, wobei N1 für weniger und N2 für mehr als 4 befallene Lymphknoten steht. Klinisch werden die Lymphknoten weiterhin anhand ihrer Größe und Halsseite eingeteilt. Weitere Neuerungen gibt es bei der Einteilung in die prognostischen Gruppen (Tab. 4). Waren bislang alle Tumoren ab T3 im Stadium III, so führen erst mehr als 4 Lymphknoten zu dieser Kategorie. Stadium IV kann von p16-positiven Tumoren nur durch das Vorliegen von Fernmetastasen erreicht werden [1]. Die eigentliche Therapiekonsequenz ergibt sich aber erst nach Abschluss der derzeit laufenden prospektiven Studien, beispielsweise zu Deeskalation der Strahlen- und Chemotherapie, Induktionschemotherapie, Upfront-Chirurgie und Vakzinierung [22].

Tab. 1 Definition der T‑Kategorie p16-positiver Oropharynxkarzinomea
Tab. 2 Definition der klinischen N‑Kategorie p16-positiver Oropharynxkarzinome
Tab. 3 Definition der pathologischen N-Kategorie p16-positiver Oropharynxkarzinome
Tab. 4 Vergleich der Stadiengruppen p16-negativer und p16-positiver Tumoren

Kapselüberschreitendes Wachstum als wichtiger Parameter

Schon seit vielen Jahren wird das kapselüberschreitende Wachstum von Lymphknotenmetastasen aufgrund seiner prognostischen Relevanz bei der Therapieplanung berücksichtigt [3, 11, 13]. In zahlreichen Studien konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Vorliegen von kapselüberschreitendem Wachstum und der Entwicklung von Fernmetastasen nachgewiesen werden, wobei das Risiko unabhängig von dem Ausmaß der extrakapsulären Ausbreitung zu sein scheint [11]. Es gilt – wie eine Non-in-sano-Resektion – als „major risk factor“ für die adjuvante Therapieplanung. In großen randomisierten Studien wurde daher die Empfehlung ausgesprochen, dass Patienten mit solchen Lymphknotenmetastasen eine adjuvante Radiochemotherapie erhalten sollten [3]. Dies gilt jedoch nicht, wie dargestellt, für p16-positive Oropharynxkarzinome, da kein signifikanter Überlebensnachteil für Patienten mit kapselüberschreitenden Lymphknotenmetastasen und kein Benefit einer adjuvanten Radiochemotherapie beobachtet werden konnte [30].

Auf der Grundlage dieser Daten wurde nun das extrakapsuläre Wachstum von Lymphknotenmetastasen direkt in die N‑Klassifikation aufgenommen. Die Nomenklatur wurde aus Harmonisierungsgründen auf den Begriff der „extranodal extension“, kurz „ENE“, festgelegt, und es wird zwischen klinischer und pathologischer Beurteilung unterschieden [1]. Für das pathologische Staging liegt die Auswertung auf der Hand, da das Wachstumsmuster der Lymphknotenmetastasen mikroskopisch beurteilt werden kann. Neben der Größe und betroffenen Seite der Lymphknotenmetastasen entscheidet nun auch ENE über die Einteilung. Neu ist, dass sich im Stadium N2a auch Metastasen kleiner als 3 cm, aber mit ENE+ finden. Ebenfalls verändert wurde das Stadium N3, welches in a und b aufgeteilt wurde. Unter N3a fallen die klassischen N3-Metastasen über 6 cm. Metastasen mit einem Durchmesser über 3 cm und ENE+ werden als N3b klassifiziert.

Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung der extrakapsulären Ausbreitung in der klinischen bzw. radiologischen Untersuchung von suspekten Lymphknoten, und so liegt es nahe, dass die N‑Klassifikation nicht mehr universell gültig sein kann. Bei eingeschränkter Sensitivität und Spezifität radiologischer Methoden hinsichtlich der Feststellung von ENE+-Lymphknoten wird explizit vor einer hierauf basierenden Therapieplanung gewarnt [8]. Es besteht kein Unterschied zwischen einer Magnetresonanz- oder Computertomographie [18]. Daher wird von der AJCC gefordert, dass nur das Vorliegen eindeutiger Kriterien zur Diagnose des kapselüberschreitenden Wachstums führen darf. Dies sind – neben einer radiologisch bestätigten Infiltration großer Gefäße, von Muskeln und von Fettgewebe – die klinisch feststellbare Affektion der darüber liegenden Haut sowie Hirnnervenausfälle. Zu beachten ist, dass ein radiologischer Verdacht allein nicht ausreicht, um suspekte Lymphknoten klinisch als ENE+ zu klassifizieren. Konkret wurde die klinische N‑Klassifikation lediglich um eine Aufteilung von cN3 in „a“ und „b“ erweitert, wobei unter „a“ weiterhin Metastasen größer als 6 cm fallen. Als cN3b werden Lymphknoten jeder Größe mit einem klinisch eindeutigen Hinweis auf ein extranodales Wachstum eingestuft [1].

Invasionstiefe bei Mundhöhlenkarzinomen

Bislang wurden Karzinome der Mundhöhle und inneren Lippen ausschließlich anhand ihres größten Durchmessers klassifiziert. Dies wurde bereits 2014 in einer Metanalyse kritisiert [9]. Hier wurde ein signifikanter Überlebensvorteil für kleine Tumoren (T1) mit einer Infiltrationstiefe von unter 5 mm beschrieben. Die Eindringtiefe wird von der Basalmembran benachbarter, gesunder Schleimhaut bis zum tiefsten Punkt des Tumors gemessen [26]. Vom AJCC wurde der Vorschlag, die Infiltrationstiefe einzubeziehen, umgesetzt, und so finden sich in T1 nur Tumoren kleiner als 2 cm und mit einer Eindringtiefe von max. 5 mm. Für T2 werden bereits Tumoren bis 2 cm und mit einer Invasion zwischen 5 und 10 mm berücksichtigt, und Tumoren mit einer Größe über 4 cm oder Eindringtiefe von über 10 mm finden sich in T3 wieder. Interessanterweise entfällt die Infiltration der äußeren Zungenmuskulatur als Merkmal für einen T4a-Tumor, da dies durch die Invasionstiefe präziser beschrieben werden kann [1]. Somit werden ebensolche Tumoren als T3 klassifiziert.

Auch für die Mundhöhlenkarzinome wird die extranodale Ausbreitung im Lymphknoten-Staging berücksichtigt, welches oben vorgestellt wurde.

Eigenes Kapitel über Hauttumoren im Kopf-Hals-Bereich

Völlig neu ist ein eigenes Kapitel über nichtmelanotische Hauttumoren speziell für den Kopf-Hals-Bereich. Wenngleich der Fokus auf den Plattenepithel- und Basalzellkarzinomen liegt, können auch andere epitheliale Neoplasien danach eingeteilt werden. Ausgeschlossen wurden lediglich Merkel-Zell-Karzinome und Melanome, deren spezieller Biologie jeweils ein eigenes Kapitel gerecht wird.

Da diese Tumoren klassischerweise an sonnenlichtexponierten Körperstellen auftreten [27], wurden all diese inklusive des äußeren Lippenrots als Primärlokalisation miteinbezogen. Tumoren bis 2 cm Durchmesser werden als T1 klassifiziert. Tumoren zwischen 2 und 4 cm werden als T2 klassifiziert, da Patienten mit Tumoren ab dieser Größe ein deutlich höheres Risiko aufweisen, lokale Lymphknotenmetastasen zu entwickeln und an dem Tumor zu sterben [28]. Wenn der Tumor größer als 4 cm ist oder ein „High-Risk-Merkmal“ aufweist, wird er in T3 eingestuft. Als „High-Risk-Merkmale“ gelten eine Invasionstiefe über 6 mm, ein perineurales Wachstum oder eine (minimale) Knochenarrosion [1]. Es konnte gezeigt werden, dass das Risiko für Lymphknotenmetastasen und Lokalrezidive ab einer Invasionstiefe von über 6 mm um ein 6‑Faches erhöht ist [4]. Ebenso spricht eine Ausbreitung des Tumors über das subkutane Fettgewebe für eine schlechtere Prognose [15, 28]. Daher wurde vom AJCC eine Tiefenausbreitung von über 6 mm, gemessen ab an das Stratum granulosum angrenzender gesunder Haut, oder ein Überschreiten des subkutanen Fettgewebes als Faktor in die T‑Klassifikation aufgenommen. Der zweite Risikofaktor ist eine perineurale Ausbreitung des Tumors. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass das Risiko für ein schlechteres Outcome dadurch deutlich erhöht wird [5], allerdings nur ab einer Nervengröße von mindestens 0,1 mm [6]. Zudem können Tumoren bereits vor der Aufarbeitung durch die Pathologie als T3 klassifiziert werden, wenn klinisch oder radiologisch eine Ausbreitung in größere, benannte Nerven vorliegt, jedoch ohne dass die Schädelbasis erreicht wird. Erst durch eine Infiltration Letzterer und einen Befall knöcherner Strukturen geht ein Tumor in T4 ein. Die Lymphknoten werden nach dem dezidierten System der anderen Kopf-Hals-Tumoren klassifiziert, denn auch bei den Hauttumoren spielt das extranoduläre Wachstum eine wichtige prognostische Rolle. Zu bemerken ist, dass ein ausgedehnter, metastatischer Befall der Gl. parotis bei gleichzeitig vorliegenden Halslymphknotenmetastasen die Prognose deutlich verschlechtert. Dies konnte bereits in einzelnen Studien gezeigt werden [7, 24], reichte aber noch nicht zu einer Abänderung der N‑Klassifikation in der aktuellen Ausgabe.

Fazit für die Praxis

  • Bei der Erstdiagnose eines plattenepithelialen Oropharynxkarzinoms ist die immunhistochemische Bestimmung des p16-Status gefordert.

  • Wenngleich ein direkter HPV-(DNA-)Nachweis präziser ist, bleibt dieser nicht verpflichtend.

  • Die T‑ und N‑Klassifikation p16-positiver Oropharynxkarzinome unterscheidet sich deutlich von derjenigen p16-negativer.

  • Das extrakapsuläre Wachstum (ENE, „extranodal extension“) ist ein wichtiger prognostischer Faktor und wird in die N‑Klassifikation direkt einbezogen.

  • Die Invasionstiefe des Primarius fließt bei Karzinomen der Mundhöhle in die T‑Klassifikation ein und beeinflusst diese wesentlich.

  • Hochrisikotumoren der Haut werden durch eine Invasionstiefe von über 6 mm oder ein perineurales Wachstum charakterisiert.