Optische Diagnoseverfahren könnten die Frühdiagnostik von bösartigen Veränderungen im oberen Luft-Speise-Weg grundlegend erleichtern und verbessern. Dieser Entwicklung stehen jedoch Probleme unterschiedlicher Art entgegen, die es zunächst zu meistern gilt. Der vorliegende Beitrag führt die wichtigsten Hürden sowie sinnvolle Ansätze zu deren Überwindung auf.

Hintergrund

Wie bereits in den übrigen Beiträgen dieser Sonderausgabe dargestellt, besteht derzeit ein erhebliches diagnostisches Defizit bei der Frühdiagnostik von Präkanzerosen und minimalinvasiven Tumoren des oberen Luft-Speise-Wegs. Um diesem Manko zu entgegnen, halten in den vergangenen Jahren zunehmend auch neuartige, nichtinvasive, optische Diagnoseverfahren Einzug in die Klinik zur Frühdiagnostik prämaligner und maligner Veränderungen dieser anatomischen Region. Dabei lassen sich horizontale Diagnoseverfahren von vertikalen Diagnoseverfahren abgrenzen.

Horizontale Verfahren wie das „narrow band imaging“ (NBI; Fa. Olympus GmbH), die softwarebasierte, kontrastverstärkte Endoskopie im SPECTRA A/B-Modus des SPIES-Systems (Storz Professional Image Enhancement System; Fa. Karl Storz GmbH, Tuttlingen) sowie die Fluoreszenzendoskopie (FE) eignen sich dabei als Screeningverfahren, da hiermit große Schleimhautbereiche mit hoher Sensitivität, aber teilweise bescheidener Spezifität hinsichtlich des Vorliegens von Pathologien überprüft werden können, die der normalen Inspektion selbst mit wachsamem Auge z. T. verborgen bleiben.

Vertikale Verfahren, wie die konfokale Laser-Scanning-Endomikroskopie („confocal laser scanning endomicroscopy“; CLE) sowie die optische Kohärenztomographie (OCT) ermöglichen es, einen Blick unter die Oberfläche zu werfen, um Pathologien genauer zu klassifizieren sowie hinsichtlich der Tiefenausdehnung zu beurteilen.

Die Eindringtiefe zeigt eine umgekehrte Korrelation zur Auflösung

Einschränkungen erfahren diese Methoden durch die geringe optische Eindringtiefe von Licht in Gewebe, die eine Beurteilung von rein auf optischen Prinzipien beruhenden Methoden auf wenige Millimeter in die Tiefe beschränkt. Prinzipiell zeigt die Eindringtiefe der unterschiedlichen Verfahren eine umgekehrte Korrelation zur Auflösung. Beispielsweise erreicht man mit der CLE eine Auflösung im Submikrometerbereich, was eine Beurteilung auf subzellulärer Ebene möglich macht; die Eindringtiefe liegt jedoch nur bei maximal 200 µm. Dagegen erlaubt die OCT eine Beurteilung bis in etwa 2 mm Tiefe, die Auflösung erreicht jedoch kaum den subzellulären Bereich.

Schwierigkeiten

Prinzipiell ist der obere Luft-Speise-Weg für den Einsatz optischer Diagnoseverfahren gut geeignet. Das liegt an der im Normalfall relativ regelhaften Schleimhautauskleidung mit günstigen optischen Eigenschaften (beispielsweise im Vergleich zur äußeren Haut mit ihrer stark lichtstreuenden Keratinschicht) sowie an der guten Zugänglichkeit, beispielsweise im Vergleich zum Gastrointestinal- oder Tracheobronchialtrakt. Trotzdem stehen derzeit teilweise grundsätzliche, sowohl konzeptionelle als auch methodische Probleme einer weiteren Verbreitung des Einsatzes derselben im Weg, zu deren Überwindung die vorliegende Übersicht verschiedene Impulse sowie Anregungen liefern möchte.

Konzeptionelle Probleme

Obwohl in kleineren Studien einzelner Zentren verschiedene Vorteile bei Verwendung von neuen, optischen Diagnoseverfahren im Vergleich zur Routinediagnostik herausgearbeitet wurden (s. auch die Beiträge zur FE, zum NBI und zur OCT), fehlt in diesem Zusammenhang jedoch die harte Evidenz anhand von großen, multizentrischen, kontrollierten und randomisierten Studien. Während beispielsweise in einer Cochrane-Analyse zu „Screening-Programmen für eine frühzeitige Detektion und Vermeidung von Krebs der Mundhöhle“ eine vorsichtige Empfehlung zum visuellen Screening der Mundhöhle von Hochrisikogruppen in der Bevölkerung abgegeben wird, wurde zeitgleich eine bisher „fehlende Evidenz zur Unterstützung von ergänzenden Methoden wie … der Fluoreszenzbildgebung als Screening-Instrument zur Reduktion der Mortalität von Mundhöhlenkrebs“ beklagt [1]. Dies hat mitunter zur Folge, dass sich die angewandten optischen Verfahren in Deutschland zwar mittels OPS-Code verschlüsseln lassen (DIMDI OPS Version 2015, [2]: 1-620.2 – Diagnostische Tracheobronchoskopie mit Autofluoreszenzlicht; 1-999.1 – Fluoreszenzgestützte diagnostische Verfahren; 3-300.2 – Optische Kohärenztomographie Haut; 3.301.2 – Konfokale Mikroskopie Haut), dies jedoch in der Regel keinen positiven Einfluss auf die Fallschwere des jeweiligen Kasus oder die gesetzliche Ambulanzpauschale hat. Die Anschaffung und der Betrieb von Gerätschaften zur optischen Diagnostik sind somit für Häuser außerhalb der Supramaximalversorgung sowie für Niedergelassene derzeit nur schwerlich wirtschaftlich vermittelbar, falls nicht der finanzielle Mehraufwand beispielsweise als „individuelle Gesundheitsleistung“ direkt auf die Patienten verlagert wird.

Methodische Probleme

Prinzipiell ergeben sich von methodischer Seite mehrere Probleme, von denen nur einige an dieser Stelle angesprochen werden.

Durch Verwendung einzelner Verfahren kann in der Regel entweder ein Screening des oberen Aerodigestivtrakts (OADT) oder eine exaktere Gewebediagnose (Art und Ausdehnung der Veränderung), nicht aber beides gemeinsam erreicht werden.

Die umgekehrte Korrelation von Eindringtiefe und Auflösung bei den vertikalen Diagnoseverfahren verhindert, dass bei Verwendung eines einzelnen Verfahrens zeitgleich eine zuverlässige Artdiagnostik einer Veränderung und eine exakte Bestimmung der dreidimensionalen Ausdehnung erfolgen können. So ist beispielsweise mittels CLE eine Differenzierung von hochgradigen epithelialen Dysplasien sowie (mikro)invasiven Plattenepithelkarzinomen nicht möglich, da eine stromale Invasion der Läsion (als Differenzierungskriterium) aufgrund der geringen Eindringtiefe der Methode nicht beurteilt werden kann.

Fehlende Invasivität ist nicht gleichzusetzen mit ambulanter Durchführbarkeit

Die bereits erwähnte, fehlende Invasivität optischer Diagnoseverfahren ist bedauerlicherweise nicht gleichzusetzen mit einer ambulanten Durchführbarkeit. So ist beispielsweise die OCT prinzipiell geeignet, nichtinvasive von invasiven Veränderungen des Kehlkopfinneren zu differenzieren und deren Ausdehnungen dreidimensional zu vermessen, falls diese eine Tiefenausdehnung von 2 mm nicht überschreiten. Allerdings sind derzeit kommerziell erhältliche Systeme auf die Anwendung im Rahmen einer Mikro- oder Stützlaryngoskopie beschränkt, sodass der Nutzen eine deutliche Einschränkung erfährt.

Die Beurteilung der Befunde erfordert – abhängig von dem verwendeten Verfahren – einiges an Spezialwissen und Erfahrung, wobei die Lernkurve methodenabhängig eine unterschiedliche Steigung aufweist. Insbesondere bereitet die Interpretation konfokaler In-vivo-Mikroskopiebilder oder -bildsequenzen häufig Schwierigkeiten, da es dem „normalen“ Kopf-Hals-Chirurgen an dem erforderlichen histologischen Fachwissen mangelt, bei Verwendung des einzigen zugelassenen Markers (Fluoreszein) keine Anfärbung der Intrazellulärräume stattfindet und die zu begutachtenden Schnittbilder horizontal (en face) und nicht vertikal zur Oberfläche ausgerichtet sind.

Lösungen

Einzig durch Überwindung der angesprochenen Probleme ist eine weitreichende Verbreitung optischer Diagnoseverfahren zur Tumorfrühdiagnostik im oberen Luft-Speise-Weg über das jetzige Maß hinaus denkbar.

Konzeptionelle Lösungsansätze

Von konzeptioneller Seite sind entsprechend große, multizentrische, kontrollierte und randomisierte Studien zu fordern. Hier sind sowohl Hersteller von entsprechender Medizintechnik als auch Forscherverbünde gefragt, um mit gemeinsamen Kräften eine multinationale Studienfinanzierung unter Einschluss internationaler Drittmittelgeber erreichen zu können. Nur so wird es letztendlich möglich sein, die sinnvollsten Methoden und Indikationen herauszufiltern und auf nationaler und internationaler Ebene eine adäquate Kostenerstattung bei der Anwendung optischer Diagnoseverfahren zu erreichen.

Um diesem Ziel näher zu kommen, wurde z. B. im Jahr 2009 die international agierende Interessengemeinschaft „Head & Neck Optical Diagnostics (and Intervention) Society“ gegründet, die beispielsweise auf jährlich stattfindenden Fachkongressen Kliniker, Wissenschaftler und Vertreter der Wirtschaft über die neuesten und vielversprechendsten Techniken informiert und die Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen in dem genannten Sinne beflügelt. Bei Interesse sind nähere Informationen auf der Webseite der Interessengemeinschaft (www.hnods.org) zu finden.

Methodische Lösungsansätze

Von methodischer Seite erscheint eine Weiterentwicklung bestehender Verfahren, der kombinierte Einsatz verschiedener, bewährter Methoden sowie ggf. auch die Erprobung und Implementierung neuartiger Verfahren vielversprechend.

Softwarealgorithmen könnten die Klassifikation der Befunde erleichtern

Die Weiterentwicklung bereits bestehender Verfahren zielt hierbei vornehmlich darauf ab, dass die bestehenden technischen Möglichkeiten der jeweiligen Methode besser ausgenutzt und zugänglich gemacht werden können. Zudem soll die Auswertung bzw. Interpretation der Befunde erleichtert werden. Als Beispiel sei hier die OCT genannt, bei der die bisher auf dem medizinischen Markt (außer der Ophthalmologie) verfügbaren Gerätschaften noch relativ weit unter den technischen Möglichkeiten des Verfahrens in Bezug auf Auflösung und Signal-Rausch-Verhalten (insbesondere jenseits von 600–1000 µm in die Tiefe) stehen. Zudem ist die OCT zumindest im unteren Rachen sowie Kehlkopf mit derzeitig zugelassenen Gerätschaften nicht ambulant durchführbar, was nicht der Methodik an sich, sondern fehlenden technischen Entwicklungen geschuldet ist. Es existieren zwar interessante Ansätze zur Integration der OCT in starre oder flexible Pharyngolaryngoskope [3], diese haben aber bisher nicht zur Entwicklung klinisch zugelassener Gerätschaften geführt. Ein hierbei entstehendes, nicht zu vernachlässigendes Problem ist dabei das Auftreten von stärkeren Bewegungsartefakten sowie erheblichen Differenzen in den Distanzen zwischen Laryngoskop und Stimmlippenebene, das sowohl durch den Untersuchten als auch den Untersucher hervorgerufen wird. Allerdings sind auch hier Ansätze publiziert worden, durch die derartige Probleme eingedämmt werden können [4]. Last but not least ist schließlich die Interpretation der Befunde – insbesondere bei der zu erwartenden Zunahme der „Bilderflut“ durch den Einsatz ultraschnell arbeitender OCT-Systeme (3‑D-Stacks, ...) – oft mühselig und zeitraubend. Hier könnten automatisierte, computergestützte Softwarealgorithmen die Klassifikation der Befunde in unterschiedliche Gruppen erleichtern, wie bereits am Tiermodell erfolgreich erprobt [5].

Abgesehen von technischen Weiterentwicklungen mag auch eine Kombination unterschiedlicher Verfahren zu einer Überwindung verschiedener methodischer Probleme führen. Inwieweit die für diesen Fall zu erwartende Erhöhung der Kosten sowie der zeitliche Mehraufwand für die einzelnen Untersuchungen gerechtfertigt wären, bleibt jedoch dahingestellt. An dieser Stelle sollen beispielhaft 4 Kombinationsverfahren vorgestellt und diskutiert werden, die die Autoren als potenziell zukunftsweisend ansehen.

„Trimodal imaging“

Verschiedene wissenschaftliche Publikationen aus dem Bereich des Gastrointestinaltrakts lassen vermuten, dass sich durch eine Kombination von hochauflösender (HD-)Endoskopie (oder in näherer Zukunft auch 4-K-Endoskopie, d. h. Endoskopie mit 4-facher HD-Auflösung), NBI und FE die Aussagekraft hinsichtlich der Detektion von Pathologien sowie deren Ausdehnung verbessern lässt. Da sowohl die NBI als auch die FE Informationen über die Gewebeoberfläche liefern, erscheint eine derartige Beobachtung durchaus nachvollziehbar. Diese Information basieren jedoch auf komplett unterschiedlichen Quellen: Bei der FE beruhen sie auf der Veränderung von Fluorophordichte und Verteilung im Gewebe, beim NBI auf Veränderungen der oberflächlichen Gefäßzeichnung.

Für den oberen Aerodigestivtrakt liegen hier bisher nur wenige Daten vor. Jedoch beschreibt eine Arbeitsgruppe aus Australien, dass eine Kombination der beiden Screeningverfahren (NBI und FE) auch in diesem Bereich positiv im Vergleich zu den Einzelverfahren ist [6]. Größere Studien müssen diese Vermutung noch bestätigen oder widerlegen.

Kompaktendoskopie

Die von Arens begrifflich geprägte Kompaktendoskopie kombiniert jeweils ein horizontales Verfahren (NBI, SPIES-Endoskopie, FE) mit der Kontaktendoskopie. Hierdurch können größere Schleimhautareale gescreent und sodann auffällig gewordene Bereiche noch näher untersucht werden. Die Kontaktendoskopie ist hierbei behilflich, „die Ausprägung und Struktur der vertikalen Gefäßveränderungen (Gefäßschleifen), die Anzeichen eines epithelialen Wachstumsstimulus sind“, besser einschätzen und somit die Ausdehnung von tumorösen und dysplastischen Arealen leichter beurteilen zu können [7]. Da die Untersuchung in Kontakt mit der Schleimhaut sowie nach Anfärbung derselben (in der Regel Methylenblau) erfolgen muss, ist hier eine Untersuchung in ambulantem Setting jedoch weitgehend ausgeschlossen. Studien an kleineren Patientengruppen mit Pathologien des Kehlkopfs haben bereits vielversprechende Ergebnisse für die Differenzierung von benignen und (prä)malignen Befunden sowohl für die Kombination mit der Autofluoreszenzendoskopie [8] als auch mit der NBI/SPIES-Endoskopie [9] gezeigt. Auch hier sind noch weitere, multizentrische Untersuchungen erforderlich, um den Stellenwert genauer abschätzen zu können.

Kombination aus NBI und High-Speed-Videolaryngoskopie

Obgleich sie ungerechtfertigterweise oft nicht den optischen Diagnoseverfahren zugerechnet wird, hat die ambulant durchführbare High-Speed-Videolaryngoskopie (HSV) in der Laryngologie in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Das beruht zum einen darauf, dass die zeitlich hochauflösende Darstellung der Schwingungsdynamik der Stimmlippen möglich ist, zum anderen aber v. a. auf der Möglichkeit der mehrdimensionalen, quantitativen Auswertung durch bildverarbeitende Methoden [10].

Die Analyse der Schwingungseigenschaften ermöglicht Aussagen zur Dignität

Neben rein funktionellen Störungen zeigen nämlich neuere Arbeiten, dass die Analyse der Schwingungseigenschaften auch Aussagen zur Dignität einer Läsion liefern können. So war in einer neuen Pilotstudie zu nicht-, prä- und frühmalignen Läsionen eine 100 %ige Sensitivität und Spezifität bei der Unterscheidung von prämalignen Läsionen und T1-Stimmlippenkarzinomen erreichbar [11]. Die Unterscheidung basiert auf dem Vergleich der Schwingungseigenschaften beider Stimmlippen hinsichtlich der Symmetrie der Schwingungsform in ventral-dorsaler sowie mediolateraler Ausrichtung sowie der Schwingungsphasenasymmetrie. Bei graduell stärkerer Ausprägung der Schwingungsformasymmetrie hinsichtlich maligner Läsionen zeigt die Phasenasymmetrie einen gegenläufigen Effekt beim Vergleich prämaligner und maligner Veränderungen: Bei Malignomen schwingt die betroffene Stimmlippe zuerst zur Mittellinie, bei prämalignen Veränderungen erst danach.

Ein Beispiel für diese Beobachtung findet sich in Abb. 1. Hier sind die Ergebnisse der HSV kymographisch aufgetragen, was eine übersichtliche Darstellung der Schwingungsabläufe ermöglicht. Erkennbar ist hier, dass die rechte, gesunde Stimmlippe im Fall der benignen Hyperkeratose früher und im Fall des malignen Plattenepithelkarzinoms später als die Gegenseite die Mittellinie erreicht. Beispielhaft ist dies auf jeweils einem Schwingungszyklus durch eine grüne (gesunde, rechte Stimmlippe erreicht die Mittellinie) und eine rote Linie (erkrankte, linke Stimmlippe erreicht die Mittellinie) markiert.

Folglich könnte durch eine Kombination dieser Methode mit der NBI, mit der zwar hochsensitiv Pathologien sowie deren oberflächliche Ausdehnung detektiert, nicht jedoch prämaligne von infiltrativen Prozessen unterschieden werden können, zur einer vollständigen Beurteilung flacher Läsionen des Endolarynx in ambulantem Setting sinnvoll sein. Eine derartige Kombination wird derzeit im Rahmen einer Pilotstudie an der HNO-Klinik des Klinikums der Universität München untersucht. Erste Ergebnisse sind hier vielversprechend.

Kombination aus OCT und konfokaler In-vivo-Mikroskopie

Wie von Volgger bereits in dem Beitrag zur OCT in derselben Ausgabe ausgeführt, ist die Methode zwar zur Differenzierung von nichtinvasiven und invasiven Läsionen der Schleimhäute geeignet. Aufgrund der begrenzten Auflösung fällt jedoch eine weitere Subklassifizierung nichtinvasiver Veränderungen schwer. Somit können beispielsweise benigne epitheliale Hyperplasien derzeit mittels OCT nicht sicher von präkanzerösen Dysplasien unterschieden werden, und ein solches Ziel erscheint auch unter Ausnutzung sämtlicher technischer Möglichkeiten in der Zukunft fraglich. Als sinnvoll könnte sich in diesem Zusammenhang der kombinierte Einsatz mit einem konfokalen In-vivo-Mikroskopie-Verfahren erweisen, beispielsweise der CLE. Denn diese Verfahren könnten sich optimal ergänzen (Abb. 2).

In einer ersten Pilotstudie konnten 59 % (16/27) der mittels OCT als nichtinvasive Stimmlippenläsion mit Epithelschichtverdickung definierten Befunde durch den Einsatz der CLE prospektiv korrekt einer der 3 Gruppen „epitheliale Hyperplasie“, „geringgradige Dysplasie“ und „mittel- bis hochgradige Dysplasie“ zugeteilt werden, wobei die Befunde in Bezug auf die Schwere der Veränderung eher überschätzt wurden [12]. Da in diesem Zusammenhang 2 unterschiedliche Gerätschaften zum Einsatz kamen, ist dieses Verfahren für den Routineeinsatz wohl zu kostspielig und zeitaufwendig. Allerdings gibt es bereits Bestrebungen, OCT und konfokale In-vivo-Mikroskopie in eine Gerätschaft zu integrieren, was die Wirtschaftlichkeit sowie die teilweise problematische, räumliche Korrelation der unterschiedlichen Befundergebnisse verbessern dürfte [13].

Abb. 1
figure 1

Beispielhafte Darstellung a einer reinen Hyperkeratose sowie b eines T1b-Plattenepithelkarzinoms des Endolarynx mittels flexibler Endoskopie (oben) und High-Speed-Videolaryngoskopie (unten). Erreichen der Mittellinie durch rechte, gesunde Stimmlippe (oben im Kymogramm, grüne Linie) bei benigner Hyperkeratose früher und bei malignem Plattenepithelkarzinom später als die Gegenseite (linke, erkrankte Stimmlippe, rote Linie). Erläuterung s. Text

Abb. 2
figure 2

Kombinierte Verwendung von OCT und CLE zur nichtinvasiven Differenzierung von flachen Schleimhautläsionen des oberen Luft-Speise-Wegs am Beispiel a,c,d,g,h einer benignen Hyperplasie mit Hyperkeratose sowie b,e,f,i,j einer hochgradigen Dysplasie der jeweils rechten Stimmlippe. a,b Beispielhafte Ausschnitte der Stützlaryngoskopie . c–f OCT: d,f jeweils erhaltene Schichtung mit Verdickung der Epithelschicht im Bereich der Läsion im Vergleich zum c,e Normalgewebe. g–j CLE: h hyperplastische Läsion mit im Mittel nur leicht vergrößerten, und weiterhin regelhaft verteilten Zellen und Interzellularräumen; j dysplastische Läsion mit vergleichsweise deutlich vergrößerten Zellen mit irregulären Formen und Interzellularräumen

Ausblick

Als Ausblick seien nun noch beispielhaft 2 vielversprechende, neuartige Ansätze angesprochen:

  • Fluoreszenzlebenszeitmessung

  • nichtlineare, kohärente Imagingverfahren.

Wie im Rahmen der Arbeit zur Fluoreszenzbildgebung (Kraft et al.) in derselben Ausgabe herausgestellt wird, erlaubt die bildgebende Darstellung der Fluoreszenzintensitäten von im Gewebe befindlichen Autofluorophoren keine zuverlässige Differenzierung von (prä)kanzerösen Läsionen sowie gutartigen Geschwülsten und entzündlichen Veränderungen. Vornehmlich ist hierfür als Grund anzuführen, dass Fluoreszenzintensitäten immer eine unspezifische „Mischinformation“ aus unterschiedlichen Fluorophoren enthalten, da sich die breiten Anregungsbanden derselben weit überlappen. Die meist im Nanosekundenbereich liegenden, sog. Fluoreszenzlebensdauern (d. h. die mittlere Zeit, die ein Fluorophor in angeregtem Zustand verbringt, bevor es ein Photon abgibt und in den energetischen Grundzustand zurückkehrt) wären dabei für die separierte Darstellung von einzelnen, potenziell tumorspezifischen Fluorophoren deutlich besser geeignet als die Intensitäten, da sie sich oft um ganze Größenordnungen unterscheiden. Jedoch ist die bildhafte Darstellung der Fluoreszenzlebensdauern (FLI: „fluorescence lifetime imaging“) technisch deutlich aufwendiger, sodass eine In-vivo-Anwendung in nur endoskopisch zugänglichen Körperregionen bisher praktisch nicht möglich war.

Aufgrund des technischen Fortschritts sowie der damit einhergehenden Möglichkeiten zur Miniaturisierung ist dieses Ziel jedoch nicht mehr fern. Beispielsweise ist bereits heute eine im Prinzip endoskopfähige FLI-Kamera (pco.flim, Fa. PCO AG, Kelheim) verfügbar, für die zwar noch keine medizinische Zulassung vorhanden ist, mit der jedoch bereits vielversprechende Untersuchungen an Gewebeproben durchgeführt wurden (Abb. 3, [14]). Während die Fluoreszenzintensitäten rein visuell keine großen Unterschiede aufweisen, liegt die mittlere Fluoreszenzlebensdauer in der in Abb. 3 dargestellten Tumorprobe (1–1,5 ns) deutlich unter der des Normalgewebes (1,5–2 ns).

Neben der bildgebenden Fluoreszenzlebenszeitmessung bietet auch die Gruppe der sog. nichtlinearen, kohärenten Imaging-Verfahren wie „second“ und „third harmonic generation“ (SHG/THG), „coherent anti-Stokes Raman scattering“ (CARS) sowie „Multiphotonfluoreszenz“ und „sum-frequency generation“ (SFG) interessante Möglichkeiten. So eignen sie sich beispielsweise hervorragend zur differenzierten, hoch ortsaufgelösten Darstellung der Extrazellulärmatrix sowie der molekularen Zusammensetzung von Gewebe, die im Rahmen der Tumorgenese spezifische Veränderungen erfahren. Die Abb. 4 zeigt die Fähigkeiten der SHG/THG in Kombination an einem Ex-vivo-Präparat im Vergleich zu einem HE(Hämatoxilin-Eosin)-gefärbten Schnitt. Nachdem die Komplexität der hierfür notwendigen, apparativen Aufbauten sowie teilweise die im Verhältnis sehr lange Zeit zur Erfassung der Daten eine In-vivo-Anwendung am Menschen bislang weitgehend ausschloss, mehren sich doch die Hinweise anhand steigender wissenschaftlicher Publikationen zu dieser Thematik in Fachjournalen, dass eine relativ leicht durchzuführende Anwendung am Menschen nur noch eine Frage der Zeit sein dürfte.

Für externe, dermatologische Anwendungen existiert bereits ein klinisch zugelassenes und CE-zertifiziertes Gerät der Fa. JenLab (MPTflex & MPTflex CARS, Fa. JenLab GmbH, Jena), welches eine kombinierte Anwendung unterschiedlicher linearer (z. B. Autofluoreszenz) und nichtlinearer Diagnoseverfahren erlaubt. Eine Anwendung im oberen Aerodigestivtrakt oder anderen nur endoskopisch zugänglichen Bereichen ist derzeit routinemäßig noch nicht möglich; jedoch sind auch derartige Anwendungen zeitlich absehbar und mit Spannung zu erwarten.

Abb. 3
figure 3

Parallele Betrachtung von Normalgewebe (T) und Plattenepithelkarzinom (N) aus dem oberen Luft-Speise-Weg mittels endoskopischem Ex-vivo-Aufbau a im Autofluoreszenz- und b im FLI-Modus („fluorescence lifetime imaging“) bei 405 nm Anregung. Erläuterung s. Text

Abb. 4
figure 4

Darstellung zweier histologischer Schnitte aus Gewebe des oberen Luft-Speise-Wegs (obere Reihe: normale Schleimhaut; untere Reihe: Plattenepithelkarzinom) mittels monochromatischer Lichtmikroskopie nach HE(Hämatoxilin-Eosin)-Färbung (links) sowie mittels SHG- und THG-Imaging (rechts; „second“ und „third harmonic generation“, SHG-Signal: rot, THG-Signal: grün). Qualitativ hochwertige, differenzierte Darstellung der Extrazellularmatrix im Rahmen des SHG-Imagings

Optische Diagnoseverfahren werden also bereits heute an spezialisierten Zentren im Rahmen der Frühdiagnostik von Malignomen des oberen Luft-Speise-Wegs eingesetzt. Einer weiteren Verbreitung der Methoden stehen Probleme konzeptioneller und methodischer Art entgegen. Die gegenwärtige Arbeit gibt hierbei Anregungen und Impulse, wie die angesprochenen Probleme überwunden, und welche zukunftsträchtigen Neu- und Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet zu erwarten sind. Im besten Fall erscheint es möglich, dass derartige Verfahren Einzug in die klinische Routinediagnostik – als Screeningmethode bei Hochrisikopatienten sowie zur nicht invasiven Ad-hoc-Beurteilung von bereits detektierten Läsionen – halten werden, wodurch eine Verbesserung der Patientenversorgung zu erreichen wäre.

Fazit für die Praxis

  • Man unterscheidet bei den Verfahren zur optischen Tumorfrühdiagnostik sog. horizontale und vertikale Verfahren.

  • Horizontale Verfahren (wie die Fluoreszenzendoskopie oder das „narrow band imaging“) eignen sich zum Screening größerer Schleimhautareale.

  • Vertikale Verfahren liefern einen hochauflösenden Blick in die obersten Zellschichten.

  • Von konzeptioneller Seite fehlt es an großen, aussagekräftigen Studien.

  • ​Eine kostendeckende Abrechnung über die Kostenträger ist derzeit daher nicht möglich.

  • Abhilfe soll hier z. B. mithilfe einer Interessengemeinschaft zur Förderung der Forschung auf diesem Gebiet, der „Head and Neck Optical Diagnostics (and Intervention) Society“ geschaffen werden.

  • Methodische Probleme sind die Fixierung auf ein horizontales oder vertikales Verfahren, die umgekehrte Korrelation von Eindringtiefe und Auflösung sowie die teilweise fehlende Durchführbarkeit am wachen Patienten.

  • Diesen Problemen kann ggf. durch Neu- und Weiterentwicklung von optischen Diagnoseverfahren sowie der Durchführung komplementärer Verfahren in Kombination begegnet werden.