Die menschliche Stimmproduktion ist ein komplexer, zentralnervös gesteuerter Prozess, der durch das funktionelle Zusammenspiel der 3 Hauptkomponenten Atmung, Phonation und Artikulation bestimmt wird [17]. Es besteht kein Zweifel, dass mittels optimierter Funktion dieser Komponenten die individuelle stimmliche Leistung verbessert werden kann. Dementsprechend ist es ein wesentliches Ziel jeder stimmlichen Ausbildung, die funktionelle Kapazität des Stimmapparats nutzbar zu machen und ggf. zu erweitern.

Im Hinblick auf eben diese funktionelle Kapazität des Stimmapparats ergeben sich 3 wesentliche Fragen:

  • Welchen Einfluss haben dabei die anatomisch-morphologischen Größenverhältnisse als gegebene Rahmenbedingungen dieser funktionellen Kapazität?

  • Inwieweit ist durch individuelle anatomisch-morphologische Strukturen das potenzielle stimmliche Schicksal vorbestimmt?

  • Lassen sich aus Kenntnis der Größenverhältnisse des Stimmapparats Rückschlüsse auf das stimmliche Leistungsprofil ziehen?

Für die professionellen Stimmen von Schauspielern und Sängern sind diese Aspekte von besonderer Bedeutung, da eine Fehlbeurteilung der eigenen stimmlichen Leistungsfähigkeit bei berufsbedingt hoher Belastung gravierende Stimmstörungen nach sich ziehen können [18]. Relevant sind solche Kenntnisse aber auch in der Ausbildung der genannten Berufsgruppen, um bei der Ausrichtung des stimmlichen Entwicklungsprofils im Unterricht die natürlichen Voraussetzungen adäquat zu berücksichtigen.

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über verschiedene Untersuchungsserien, die in den vergangenen Jahren am Studio für Stimmforschung der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden durchgeführt wurden, um Zusammenhänge zwischen anatomischen Gegebenheiten und funktionellen stimmlichen Charakteristika bei Gesangsstudenten zu analysieren. Dabei liegen die Schwerpunkte auf ausgewählten Parametern mit besonderer Relevanz für die Stimmproduktion, wie der Länge der Stimmlippen, der Morphologie des Vokaltrakts sowie allgemeinen Körpermaßen. Diese Messgrößen wurden hinsichtlich eines Zusammenhangs mit der subjektiven Einordnung der Sänger in verschiedene Stimmgattungen untersucht.

Systematische Untersuchungen von Gesangsstudenten

Den vorgestellten Untersuchungen liegt ein einzigartiger Datensatz professioneller Stimmen zugrunde, der seit 1959 an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden akquiriert worden ist. Seit dieser Zeit werden Gesangsstudenten der Hochschule zu Beginn ihres Studiums unter phoniatrischen, logopädischen und gesangspädagogischen Gesichtspunkten untersucht. Die Eingangsuntersuchung dient dazu, Studierenden und Lehrenden detaillierte morphologische und funktionelle Informationen über die individuelle Stimme zur Verfügung zu stellen und einen phoniatrischen Ausgangsbefund zu erheben. Das Spektrum funktioneller Parameter umfasst Merkmale wie Stimmumfang, Stimmdynamik, Sprechtonhöhe usw. Allgemeine morphologische Maße schließen u. a. Körperlänge, Körpergewicht und Halsumfang ein.

Bis 1991 gehörte zur Eingangsuntersuchung eine Röntgenaufnahme der oberen Luftwege

In den Jahren 1959–1991 beinhaltete das Spektrum dieser Untersuchungen auch eine seitliche Röntgenaufnahme der oberen Luftwege („Röntgen Hals seitlich“). Obwohl das Untersuchungsprotokoll seit 1959 mehrfach modifiziert wurde, lagen für die vorliegenden Untersuchungen die Datensätze von 340 Gesangsstudenten vor (Tab. 1). Für 132 Gesangsstudenten war die genannte, in Ruheatmung aufgenommene Röntgenaufnahme verfügbar, auf welcher Kehlkopf, Rachen, Teile der Luftröhre, Halswirbelsäule, Schädelbasis und anteilig Strukturen des Gesichtsschädels abgebildet sind. Um die bei der konventionellen Röntgentechnik zu beachtende Vergrößerung des abgebildeten Objekts zu erfassen und zu korrigieren, wurde auf jeder Aufnahme ein Kalibriermaßstab (1×1 cm) mitgeführt (Abb. 1). Eine Vielzahl von Parametern mit potenzieller stimmlicher Relevanz wurden auf den Aufnahmen vermessen [11, 12], wobei die entsprechenden Strukturen nicht auf allen Aufnahmen vollständig abgebildet waren. Die hier vorgestellten Ergebnisse beschränken sich auf eine Auswahl dieser Parameter, welche die Länge der Stimmlippen und des Vokaltrakts sowie die Gaumenhöhe umfasst und durch die allgemeinen Körpermerkmale Körpergröße und Körpergewicht ergänzt wird.

Tab. 1 In die Untersuchungen einbezogene Gesangsstudenten
Abb. 1
figure 1

Sagittale konventionelle Röntgenaufnahme der oberen Atemwege. Darstellung von Teilen des Gesichtsschädels, der Halswirbelkörper, des Pharynx, Larynx und der proximalen Trachea sowie eines Kalibrationsinstruments

Neben diesen Messwerten wurde dem Datensatz die subjektive Einschätzung der Stimmgattung entnommen, welche für beide Geschlechter typischerweise hohe, mittlere und tiefe Stimmgattungen unterscheidet. Gesangsstudentinnen wurden dementsprechend den Stimmgattungen Sopran, Mezzosopran und Alt zugeordnet, Gesangsstudenten als Tenor, Bariton oder Bass eingestuft. Diese subjektive Evaluation erfolgte durch ein Gremium erfahrener Gesangspädagogen, wobei nur solche Studenten in die Untersuchung eingeschlossen wurden, bei denen eine eindeutige Zuordnung zur Stimmgattung gelang.

Die gewonnenen Daten wurden durch Mittelwertvergleiche mittels ANOVA der Statistik-Software SPSS 11.5 für Windows® (Fa. SPSS, Chicago(IL, USA) analysiert. Mittels Student-Newman-Keuls-Procedure (A-posteriori-Test für multiple Mittelwertvergleiche) wurde untersucht, welche Stimmgattungen sich für die verschiedenen Parameter auf einem Signifikanzniveau von 0,05 voneinander unterschieden. Mit der gleichen Software wurden Korrelationsanalysen durchgeführt.

Stimmlippenlänge

Bei Phonation bestimmen Länge und Spannung der Stimmlippen maßgeblich die Tonhöhe des gebildeten Stimmklangs. Die funktionelle Variabilität der Tonhöhe gelingt durch Feineinstellung der Kehlkopfmuskulatur und ermöglicht i. d. R. einen Stimmumfang von über 2 Oktaven. Es liegt nahe, dass die prinzipiellen Größenmaße der Stimmlippen die Rahmenbedingungen dieser funktionellen Variabilität beeinflussen und mit der Zuordnung von hoher, mittlerer oder tiefer Stimmgattung in Zusammenhang stehen.

Die Variabilität der Tonhöhe gelingt durch Feineinstellung der Kehlkopfmuskulatur

In der Literatur finden sich zahlreiche methodische Ansätze für die Bestimmung der Stimmlippenlänge, wobei moderne lasergestützte Verfahren eine präzise intraphonatorische Evaluation erlauben [13]. Eine vergleichende Beurteilung vieler Arbeiten ist aber aufgrund der differierenden Rahmenbedingungen eingeschränkt. Beispielsweise ergeben sich methodische Unterschiede hinsichtlich der Phonations- und Respirationsstellung der Stimmlippen, der Differenzierung von membranösem und kartilaginärem Stimmlippenanteil und der Untersuchungsansätze in vivo vs. post mortem. Während umfangreiche Daten zu geschlechtsspezifischen und wachstumsabhängigen Unterschieden der Stimmlippenlänge vorliegen [5, 14], sollte das eigene Datenmaterial genutzt werden, um Unterschiede der Stimmlippenlänge bei professionellen Sängern verschiedener Stimmgattungen zu untersuchen.

Anhand der in Ruheatmung erstellten Röntgenaufnahmen der oberen Atemwege war dabei die Bestimmung der Stimmlippenlänge als Distanz vom Ansatzpunkt der Stimmlippen am Schildknorpel zu den Stellknorpeln nur bei 29 von 132 Röntgenbildern möglich, da sich auf diesen Aufnahmen die kaum röntgendichten Stellknorpel mit ausreichender Kontrastierung darstellten. Mit dem a.-p.-Durchmesser von Subglottis und Trachea wurde ein zuverlässig messbarer Alternativparameter gefunden, der sich als Prädiktor der Stimmlippenlänge eignet. Dieser Parameter wurde, 1 cm unterhalb der Glottis beginnend, entlang der trachealen Längsachse im Zentimeterabstand bis 6 cm unterhalb der Glottis bestimmt (Abb. 2 a). Aus diesen Messwerten wurde der maximale subglottisch-tracheale Durchmesser bestimmt, welcher mit den Messwerten der direkt bestimmten Stimmlippenlänge signifikant korrelierte (Korrelationskoeffizient r=0,848). In Abb. 2 b ist die Zunahme des maximalen subglottisch-trachealen Durchmessers als Prädiktor der Stimmlippenlänge von den Sopranen bis zu den Bässen in Boxplots dargestellt. Mit Ausnahme von Mezzosopranen und Altistinnen unterschieden sich alle Stimmgattungen signifikant voneinander [11].

Abb. 2
figure 2

a Subglottisch-trachealer Durchmesser als Prädiktor der Stimmlippenlänge. Schema dieses Durchmessers mit 6 jeweils 1 cm voneinander entfernten Vermessungslinien unterhalb der Glottis. b Maximale subglottisch-tracheale Durchmesser für die verschiedenen Stimmgattungen, dargestellt mittels Boxplots. Der Kasten wird vom 1. und 3.Quartil begrenzt, die horizontale Linie im Kasten repräsentiert den Median

Länge des Vokaltrakts

Unter Artikulation versteht man die in den lufthaltigen Räumen oberhalb der Glottis ablaufenden Bewegungsvorgänge, welche der Klang- und Lautbildung dienen. Diese Einstellung der als Vokaltrakt oder Ansatzräume bezeichneten lufthaltigen Räume erfolgt hauptsächlich durch Kieferöffnung, Lippenstellung, Zungenformung, Gaumensegelposition und Höheneinstellung des Kehlkopfes. Die jeweilige Ausformung des Vokaltrakts bestimmt die Resonanzfrequenzen dieses Systems, welche sich im Spektrum als Formanten abbilden. Neben dem Einfluss des laryngealen Primärschalls sind es maßgeblich die Formanten, welche die Klangeigenschaften der Stimme, das Stimmtimbre, bestimmen [15].

Die räumlichen Dimensionen des Vokaltrakts werden dabei sowohl durch einen funktionellen als auch durch einen anatomisch-morphologischen Faktor beeinflusst. Der funktionelle Faktor wird durch die artikulatorischen Einstellungen bestimmt und führt beispielsweise zur Ausbildung der Vokale [6]. Im Bereich professioneller Stimmen ermöglichen artikulatorische Einstellungen die Ausbildung eines typischen Formantclusters bei 3000 Hz, der als Sängerformant bezeichnet wird und bei männlichen und tiefen weiblichen Stimmen die Tragfähigkeit der Stimme maßgeblich beeinflusst [10, 15]. In jüngster Zeit konnten mittels dynamischer Real-Time-Magnetresonanztomographie (RT-MRT) diese funktionellen artikulatorischen Veränderungen eindrücklich visualisiert werden [3, 4].

Der anatomisch-morphologische Faktor gibt hingegen durch die individuellen Größenmaße des Vokaltrakts die Rahmenbedingungen dieser funktionellen Veränderungen vor und begrenzt die durch die Artikulation gewährleistete Variabilität. Einige bisherige Arbeiten zum Einfluss anatomisch-morphologischer Parameter auf die Charakteristik der Singstimme beschreiben spektrale Veränderungen des Stimmschalls. So berichtet Cleveland [2] über Unterschiede der Formantfrequenzen bei Sängern verschiedener Stimmgattungen. Sundberg [16] beschreibt eine Abhängigkeit des Frequenzbereiches des Sängerformantclusters mit der Stimmgattung männlicher Sänger.

Soprane verfügten über die kürzesten und Bässe über die längsten Vokaltrakte

In eigenen Untersuchungen wurde der Zusammenhang zahlreicher anatomisch-morphologischer Parameter des Vokaltrakts mit der Stimmgattung untersucht [12], wobei hier auf die Gesamtlänge des Vokaltrakts und die Gaumenhöhe eingegangen werden soll. Die Gesamtlänge des Vokaltrakts wurde aus der Summation eines pharyngealen, velaren und oralen Abschnitts ermittelt. Dabei verbindet der pharyngeale Abschnitt den Ansatz der Stimmlippen am Schildknorpel mit der vorderen unteren Kontur des 2. Halswirbelkörpers und der velare Abschnitt die weitere Verbindung zum harten Gaumen im Bereich des 2. Molaren. Der orale Abschnitt verläuft vom letztgenannten Punkt zu den oberen Frontzähnen (Abb. 3 a).

Abb. 3
figure 3

a Schema der oralen, velaren und pharyngealen Abschnitte als Segmente des gesamten Vokaltrakts. b Länge des gesamten Vokaltrakts für die verschiedenen Stimmgattungen, dargestellt mittels Boxplots

Den Zusammenhang von Stimmgattung und Gesamtlänge des Vokaltrakts zeigt Abb. 3 b mittels Boxplots, wobei Soprane über die kürzesten und Bässe über die längsten Vokaltrakte verfügten. Anhand der statistischen Analyse unterschieden sich die meisten Stimmgattungen signifikant voneinander, mit Ausnahme der Mezzosoprane, die sich nicht von den anderen Frauenstimmen unterschieden und der Altistinnen, die sich statistisch nicht von den Tenören abgrenzen ließen. Des Weiteren unterschieden sich die Tenöre nicht signifikant von den Baritonen. Eine weiterführende Analyse zeigte, dass diese Unterschiede der Gesamtlänge des Vokaltrakts mehr von der Länge des Pharynx als von der Länge der Mundhöhle bestimmt wurden.

Gaumenhöhe

In der Höhe des knöchernen Gaumenbogens wird insbesondere im gesangspädagogischen Umfeld immer wieder ein für die Stimmgattung relevanter Faktor vermutet. Auch der Phoniater Gutzmann [8] propagierte die Idee einer systematischen Abhängigkeit der Gaumenhöhe von der Stimmgattung mit hohen Gaumen bei Sopranen und flachen Gaumen bei Bässen. Er beschrieb weiter, dass für hohe Gaumen ein „leichtes“ Timbre und für flache Gaumen ein „dunkles“ Timbre charakteristisch seien. Spätere Untersuchungen von Ackermann [1] sowie Marunick u. Menaldi [9] bestätigten den vermuteten Zusammenhang nicht.

Auch die eigenen Untersuchungen der Gaumenhöhe, die als maximale Distanz zwischen Gaumenkontur und einer tangential zu den oberen Molaren verlaufenden Referenzlinie bestimmt wurde (Abb. 4 a), ergaben keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Stimmgattungen. Es fand sich lediglich eine Geschlechtsdifferenz mit geringeren Gaumenhöhen weiblicher Sänger im Vergleich zu männlichen Sängern (Abb. 4 b). Eine signifikante Korrelation stellte sich zwischen der Höhe des Gaumens und der Länge der Mundhöhle dar.

Abb. 4
figure 4

a Schema zur Höhe des harten Gaumens. b Gaumenhöhe für die verschiedenen Stimmgattungen, dargestellt mittels Boxplots

Körperlänge und Körpergewicht

Mögliche Zusammenhänge von stimmlichem Erfolg und allgemeinen Körpermaßen werden häufig diskutiert. Oft wird dabei eine Abhängigkeit der „Größe der Stimme“ von Körperlänge und -gewicht postuliert, obwohl seit Langem bekannt ist, dass die Tragfähigkeit professioneller männlicher und tiefer weiblicher Stimmen aus dem bereits beschriebenen Sängerformantcluster resultiert und die Stimmstärke maßgeblich durch den subglottischen Druck bestimmt wird.

Die Tragfähigkeit tiefer Stimmen resultiert aus dem Sängerformantcluster

Prinzipielle Zusammenhänge zwischen Vokaltraktlänge sowie Körpergröße und -gewicht wurden von Fitch u. Giedd [7] beschrieben, die 129 Probanden im Alter zwischen 2 und 25 Jahren mittels MRT untersuchten. Eigene Untersuchungen thematisierten mögliche Unterschiede zwischen professionellen Sängern verschiedener Stimmgattungen. Dabei zeigten sich für die Körperlänge signifikante Unterschiede zwischen allen Stimmgattungen außer Sopran und Mezzosopran sowie Bariton und Bass (Abb. 5). Zudem korrelierten Gesamtlänge des Vokaltrakts und Körperlänge signifikant. Hinsichtlich des Körpergewichts zeigten sich signifikante Unterschiede nur zwischen weiblichen und männlichen Sängern, nicht jedoch zwischen den geschlechtsspezifischen Stimmgattungen (Abb. 6).

Abb. 5
figure 5

Körperlänge für die verschiedenen Stimmgattungen. Dargestellt mittels Boxplots

Abb. 6
figure 6

Körpergewicht für die verschiedenen Stimmgattungen. Dargestellt mittels Boxplots

Ausblick

Stimmphysiologische und gesangspädagogische Beurteilungen bewerten i. d. R. funktionelle Teilaspekte der Stimmproduktion. Dies liegt darin begründet, dass professionelle Stimmen lernen, durch Ausschöpfung der individuellen funktionellen Kapazität stimmliche Höchstleistungen zu erzielen. Diese funktionellen Möglichkeiten werden durch die anatomisch-morphologischen Rahmenbedingungen begrenzt.

Die in der vorliegenden Arbeit vorgestellten eigenen Ergebnisse beruhen auf Daten der Eingangsuntersuchungen an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden zugelassener Gesangsstudenten. Diese Gesangsstudenten als professionelle Sänger zu bezeichnen, erscheint gerechtfertigt, da eine erfolgreiche Zulassung zum Hochschulstudium i. d. R. einer vorangegangenen intensiven stimmlichen Ausbildung bedarf.

Zusammenhänge zwischen morphologischen Maßen und der Stimmgattung ergaben sich für die Länge der Stimmlippen und des Vokaltrakts sowie die Körpergröße. Neben geschlechtsspezifischen Unterschieden zeigte sich, dass kleinere Messwerte der genannten Parameter mit der Zuordnung zu einer höheren Stimmgattung einhergingen, während größere morphologische Verhältnisse für tiefere Stimmgattungen charakteristisch waren. Die Darstellung der Messwerte in Boxplots verdeutlicht aber auch Überschneidungen der nach Stimmgattungen gruppierten Sänger. Dementsprechend muss hervorgehoben werden, dass aus Kenntnis eines einzelnen morphologischen Maßes nicht eindeutig auf die Stimmgattung rückgeschlossen bzw. eine eindeutige Vorhersage der Stimmgattung getroffen werden kann.

Gleichwohl ermöglicht die Kenntnis morphologischer Aspekte eine sinnvolle Ergänzung der primären Bewertung funktioneller Stimmparameter und trägt somit zur verbesserten Gesamtbeurteilung bei. Aus gesangspädagogischer Sicht ist dies u. U. bei unklarer Entwicklungsrichtung der Stimme hilfreich, wenn beispielsweise keine eindeutige subjektive Zuordnung zur Stimmgattung gelingt. Zudem wird eine differenziertere auditive Bewertung professioneller Stimmen erleichtert. Beispielsweise kann ein dunkles Timbre einer vom Stimmumfang hoch liegenden Stimme in der individuellen Ausprägung eines verhältnismäßig langen Vokaltrakts mitbegründet liegen. Aus phoniatrischer Sicht ist die Kenntnis von Zusammenhängen zwischen gegebenen Größenverhältnissen und dem stimmlichen Leistungsprofil von besonderer Relevanz, um bei berufsbedingt hoher stimmlicher Beanspruchung präventive Aspekte vermitteln zu können und einer möglichen Überforderung der individuellen stimmlichen Möglichkeiten aus Unkenntnis der genannten Zusammenhänge vorzubeugen.

Fazit für die Praxis

  • Das Verständnis der Zusammenhänge zwischen anatomisch-morphologischen und funktionellen Parametern der Stimme ist für die phoniatrische, gesangspädagogische und stimmtherapeutische Betreuung professioneller Stimmen relevant.

  • Mit dem Wissen kann sowohl zur weiteren Professionalisierung stimmbildender Maßnahmen als auch zur Prävention von Fehlbelastungen sich entwickelnder Stimmen beigetragen werden.