Steine sind in etwa 60–70% der Fälle die Hauptursache der obstruktiven Sialadenitis, die Prävalenz in der Bevölkerung beträgt etwa 1% [8, 31, 32]. Die Entwicklung verschiedener minimal-invasiver Methoden führte während der letzten 15–20 Jahre zu einer grundlegenden Veränderung der Therapieperspektiven [11, 13, 23, 26]. Unterschiedliche minimal-invasive Techniken wurden entwickelt. Hierzu gehören neben der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL; [11, 13]) die radiologisch kontrollierte interventionelle Sialographie [5, 23], ultraschallgesteuerte Techniken [9] und insbesondere die Sialendoskopie [18, 26].

Die Sialendoskopie hat breite Akzeptanz in der Diagnostik und Therapie von obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen, insbesondere auch der Sialolithiasis, erhalten. Das ist auf die direkte Visualisierung von Befunden ohne Kontrastmittelgabe und Strahlenbelastung verbunden mit einer hohen Erfolgsrate zurückzuführen [17, 18, 20, 24, 29]. Weitere bedeutende drüsenerhaltende Techniken sind die transorale Gangschlitzung oder Modifikationen dieses Verfahrens [3, 13, 19, 21, 22, 28, 34, 36] oder auch die transkutane bzw. die kombinierte endoskopisch-transkutane Steinentfernung [2, 16, 19, 25].

Ziel dieses Artikels ist die Darstellung der aktuellen Therapiestrategien für die Behandlung der Sialolithiasis. Den Algorithmen liegen zum einen die Erfahrungen unserer Arbeitsgruppe, zum anderen die Ergebnisse einer gründlichen Recherche und Analyse der Literatur zugrunde.

Prätherapeutische Diagostik

Die bimanuelle Palpation stellt eine erste wichtige Maßnahme dar. Steine des Wharton-Gangs bzw. der Gl. submandibularis sind in den meisten Fällen ab einer Größe von 3–4 mm zu tasten, Steine im Stenon-Gang bzw. in der Parotisdrüse können aufgrund der anatomischen Lage des Gangsystems allerdings seltener so präzise palpiert werden. Daher sind zur genauen Lokalisationsdiagnostik bildgebende Verfahren notwendig.

Die früher standardmäßig verwendete Röntgennativaufnahme zeigt Steine der Gl. submandibularis in 80–95% der Fälle, problematisch sind Steine im kranialen Drüsenanteil und hilusnahe Konkremente, die häufig durch Zahnstrukturen und die Mandibula überlagert werden. Parotissteine sind in nur 60–70% der Fälle bei Verwendung hochauflösender Röntgenfilme darstellbar. Ultraschall und Sialendoskopie sind die bildgebenden Methoden der Wahl zur Diagnostik von Steinen.

Die Ultraschalluntersuchung im B-Bild ist als nichtinvasives, kostengünstiges und weit verbreitetes Verfahren ohne Strahlen- und Kontrastmittelbelastung das Untersuchungsverfahren der ersten Wahl. Mit der hochauflösenden Sonographie sind Steine ab einer Größe von 1–2 mm in mindestens 90% der Fälle erkennbar, zusätzlich können Informationen über die exakte Lokalisation und die Steinanzahl gewonnen werden. Unter Einbeziehung der Größe und Echogenität der betroffenen Drüse sind auch Aussagen über deren Funktion möglich (Übersichten [35] und [17]). Durch die Gabe von Vitamin C kann die Aussagekraft noch weiter erhöht werden [4]. In Zentren, in welchen der Ultraschall keine hervorragende Bedeutung hat, gilt die Sialographie noch als wichtiges Verfahren.

Mit der hochauflösenden Sonographie sind Steine ab einer Größe von 1–2 mm in mindestens 90% der Fälle erkennbar

Die Sialographie und die digitale Substraktionssialographie können in nahezu allen Fällen Sialolithen sichtbar machen [5]. Durch Lufteinschlüsse innerhalb des Gangsystems kann jedoch es zu falsch-positiven Diagnosen kommen. Diese Technik ist mit einer Strahlenbelastung verbunden und zudem im Falle einer Kontrastmittelunverträglichkeit kontraindiziert. Die Szintigraphie, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) gehören nicht zur Routinediagnostik und sind Einzelfällen vorbehalten (Übersichten [35] und [17]). Aus der Anwendung der MR-Sialographie und der funktionsgewichteten MRT ergeben sich möglicherweise zusätzliche Alternativen bei der Untersuchung des peripheren Gangsystems und der Drüsenfunktion [7, 33]. Die Sialendoskopie erlaubt durch die Visualisierung eine exaktere Diagnose. Die Sialendoskopie kann intraduktale Steine jeder Größe und Konsistenz direkt darstellen und sichert damit zum einen die Diagnose, zum anderen kann in gleicher Sitzung eine endoskopisch kontrollierte Therapie erfolgen [17, 18, 24].

Aktuelle Therapiekonzepte bei Sialolithiasis

Konservative Therapiemaßnahmen gehen invasiveren Maßnahmen voraus und bestehen in der Anleitung zur Drüsenmassage sowie in der Verordnung von Sialogoga, Antiphlogistika und ggf. Antibiotika. Entscheidende Parameter für die weitere Therapie sind Größe, Lokalisation (distaler Gang, Hilusbereich, intraparenchymatöses Gangsystem), Anzahl und Beziehung der Steine zum umgebenden Gewebe (adhäsiv, impaktiert, mobil). Eine Steinimpaktierung kann z. B. sonographisch vermutet werden, ist jedoch nur mit der Sialendoskopie sicher darstellbar (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Sialendoskopisches Bild eines großen, impaktierten Steins im Hilus der Gl. submandibularis. Hier besteht die Indikation zur transoralen Gangschlitzung

Kleine (≤5 mm) und mobile Steine im Hauptausführungsgang bis zur Hilusregion und ggf. noch bis in die Gänge 1. und 2. Ordnung können sowohl in der Gl. submandibularis als auch in der Gl. parotis mit einer Erfolgsrate von 70–90% der Fälle primär endoskopisch kontrolliert extrahiert werden (Abb. 2, [13, 15, 18, 20, 27]).

Abb. 2
figure 2

Lokalisation und Häufigkeit von Steinen in der Gl. submandibularis

Steine bis zu einer Größe von 5–7 mm und weicher Konsistenz können im Rahmen einer interventionellen Sialendoskopie zunächst intraduktal fragmentiert und die Fragmente danach endoskopisch kontrolliert entfernt werden. Die Fragmentierung kann alternativ mittels Mikroinstrumenten (Abb. 3, Abb. 4; [15, 18, 27]) oder Lasertechnik erfolgen. Die Erfolgsraten betragen, wenn die Kombination mit anderen Therapiemethoden erfolgt, bis zu 80% [1, 12, 14, 20, 30]. Die radiologisch kontrollierten bzw. fluoroskopischen Methoden werden ebenfalls mit einer Erfolgsrate von bis zu 80% durchgeführt [5, 22].

Steine, die sialendoskopisch nicht erreichbar oder impaktiert sind, werden ebenso wie intraparenchymale primär mittels der ESWL aus der Gangwand desintegriert und fragmentiert. Die ESWL stellt bei Steinen der Gl. parotis vielfach die Therapie der ersten Wahl dar. Die Erfolgsraten betragen 50 (steinfrei und beschwerdefrei) bis 80% (steinfrei oder beschwerdefrei). Die mobilen Fragmente können dann erneut endoskopisch kontrolliert extrahiert werden [13, 15, 18, 20, 24, 27, 29].

Die ESWL stellt bei Steinen der Gl. parotis vielfach die Therapie der ersten Wahl dar

Bei größeren bzw. impaktierten Steinen des Ausführungsgangs der Gl. submandibularis sind die verschiedenen Modifikationen der transoralen Gangschlitzung die Methode der Wahl, die Erfolgsrate beträgt über 90%. Die Schlitzung kann bis über den Hilusbereich hinaus nach intraparenchymal erfolgen [10, 13, 18, 19, 21, 22, 23, 28, 34, 36]. Transorale Gangschlitzungen durch die Papille und den Ausführungsgang sind bei der Gl. parotis als primäre Therapiemaßnahme obsolet. Therapieresistente Steinen der Papille und des distalen Gangsystems der Gl. parotis können durch eine erweiterte Papillotomie oder distale Gangschlitzung entfernt werden. In den meisten dieser Fälle ist eine Stentimplantation zur Prävention einer Stenose notwendig [6, 18].

Abb. 3
figure 3

Sialendoskopisches Bild eines kleineren, mobilen Steins. Hier besteht die Indikation zur primären sialendoskopischen Extraktion

Die kombinierte endoskopisch-transkutane Steinentfernung wurde für therapieresistente Steine der Gl. parotis entwickelt und hat eine Erfolgsrate von bis zu 90% [16, 19, 25]. Letztendlich kann in über 95% aller Fälle die Drüsenfunktion erhalten werden.

Gl. submandibularis

Nur etwa 10% aller Steine sind intraparenchymal lokalisiert (Abb. 2). Prinzipiell sind bei symptomlosen Steinen konservative Maßnahmen ausreichend.

Abb. 4
figure 4

Sialendoskopisches Bild eines grenzwertig großen, mobilen Steins der Gl. parotis. Dieser ist zu groß für die primäre sialendoskopische Extraktion. Daher erfolgt die intraduktale endoskopisch kontrollierte instrumentelle Fragmentierung (Mikrobohrer). Die Fragmente können dann mit dem Körbchen endoskopisch extrahiert werden

Distal bzw. im Hauptausführungsgang gelegene Steine

Mobile, kleine Steine (≤5 mm) werden primär mittels der interventionellen Sialendoskopie oder anderer interventioneller Methoden (Sialographie, ultraschallgesteuert) entfernt. Eine Papillotomie kann begleitend notwendig werden.

Bei impaktierten Steinen bzw. Steinen mit einer Größe von mehr als 5 mm ist die transorale Gangschlitzung die Therapie der ersten Wahl. Die endoskopische Mobilisation oder Fragmentierung kann bei einer Steingröße von 5–7 mm erwogen werden, ist jedoch die Therapie der zweiten Wahl (Abb. 4).

Sind mehrere Steine vorhanden, werden diese in Abhängigkeit von der Größe in gleicher Weise und ggf. kombiniert therapiert.

Steine im Hilusbereich

Mobile, kleine Steine (≤5 mm) können mittels interventioneller Methoden entfernt werden. Bei grenzwertig großen Steinen (5–7 mm) ist der Versuch einer endoskopischen Mobilisierung und Fragmentierung mit anschließender Fragmentextraktion indiziert. Bei größeren Steinen ab 8 mm (Abb. 1) ist primär die transorale Gangschlitzung indiziert.

Bei kleineren impaktierten Steinen tief im Hilusbereich (sialendoskopisch: Gang 1. Ordnung) ist der sonographische Befund sehr hilfreich bei der Therapieplanung. Ist der Stein sialendoskopisch darstellbar und palpabel, erfolgt die transorale Gangschlitzung.

Die Indikation zur ESWL besteht bei impaktierten, nichtpalpablen Steinen im Gang ab 1. Ordnung (meist kleinere, bis 5 mm große Konkremente) oder bei sialendoskopisch nicht darstellbaren Steinen. Sind mehrere Steine vorhanden, werden diese in gleicher Weise und ggf. kombiniert therapiert. Restfragmente können wiederum mittels interventioneller Maßnahmen extrahiert werden.

Intraparenchymale Steine

Sind die Konkremente endoskopisch darstellbar, erfolgt bei kleinen mobilen Steinen auch hier der Versuch der endoskopischen Extraktion, Mobilisation oder Fragmentierung. Bei großen enoral gut palpablen Steinen ist die transorale Gangschlitzung mit Eröffnung der Drüse indiziert.

Ist ein kleiner Stein endoskopisch nicht darstellbar oder kann er endoskopisch nicht entfernt werden, ist eine ESWL indiziert. Bei einer Steingröße von über 10 mm ist die Erfolgsrate deutlich reduziert.

Die Drüsenentfernung als Therapieoption sollte dann durchgeführt werden, wenn eine mindestens 3-malige ESWL nicht erfolgreich war oder bei Steinen >10 mm, die nicht transoral zu entfernen sind, und/oder bei mehreren intraparenchymalen Steinen. Den Algorithmus zur Therapie von Submandibularissteinen zeigt Abb. 5.

Abb. 5
figure 5

Behandlungsstrategie bei Steinen der Gl. submandibularis

Gl. parotis

Von allen Steinen sind 20–25% intraparenchymal lokalisiert (Abb. 6). Diese Steine sind häufiger impaktiert. Prinzipiell sind bei symptomlosen Steinen konservative Maßnahmen wie oben beschrieben ausreichend.

Abb. 6
figure 6

Lokalisation und Häufigkeit von Steinen in der Gl. parotis

Steine in der Papille und im distalen Ausführungsgang

Bei sichtbarem kleinem Stein in der Papille kann mittels einer Bougierung ein Spontanabgang provoziert werden. Mobile, kleine Steine (≤5 mm) werden primär mittels der interventionellen Sialendoskopie oder anderer interventioneller Methoden (Sialographie, ultraschallgesteuert) entfernt. Die endoskopische Mobilisation oder Fragmentierung kann bei einer Steingröße von 5–7 mm erwogen werden (Abb. 4). Größere operative Manipulationen an der Papille sind als primäre Therapiemaßnahme obsolet, da sie häufig zu Stenosen führen. Eine Minipapillotomie kann bei Steinen/Fragmenten, welche bei der interventionellen Sialendoskopie mittels verschiedener Instrumente gefasst wurden und zu groß für eine Passage durch die Papille sind, ohne Risiko für eine Stenosierung durchgeführt werden. Sie besteht in einer superfiziellen Schlitzung der Papille über maximal 3–4 mm [18].

Die endoskopische Mobilisation oder Fragmentierung kann bei einer Steingröße von 5–7 mm erwogen werden

Bei impaktierten Steinen bzw. Steinen mit einer Größe von mehr als 5 mm, die auch durch interventionelle sialendoskopische Maßnahmen nicht zu entfernen sind, ist die ESWL unabhängig von der Steinlokalisation die Therapie der ersten Wahl. Steht die ESWL nicht zur Verfügung, kann auch die transkutane endoskopisch kontrollierte Steinentfernung im distalen Ausführungsgang durchgeführt werden. Bei persistierenden Fragmenten im Gangsystem ist die Extraktion mittels interventioneller Verfahren indiziert. Sind mehrere Steine vorhanden, werden diese in Abhängigkeit von der Größe in gleicher Weise und ggf. kombiniert therapiert.

Steine im Hilusbereich

Mobile, kleine Steine (≤5 mm) werden primär interventionell mit den zur Verfügung stehenden Methoden (sialendoskopisch, sialographisch oder ultraschallgesteuert) drüsenerhaltend therapiert. Bei sialendoskopisch nicht erreichbaren kleinen Steinen oder bei impaktierten Steinen ist primär die ESWL indiziert. Restfragmente können wiederum mittels interventionellen Maßnahmen extrahiert werden.

Patienten mit therapieresistenten Konkrementen oder einer Kontraindikation für die ESWL (z. B. Herzschrittmacher) werden mit dem kombinierten endoskopisch-transkutanen Verfahren behandelt. Voraussetzung hierfür ist die endoskopische Erreichbarkeit. Sind mehrere Steine vorhanden, werden diese in gleicher Weise und ggf. kombiniert therapiert.

Intraparenchymale Steine

Sind diese endoskopisch darstellbar, erfolgt bei kleinen mobilen Steinen auch hier der Versuch der endoskopischen Extraktion, Mobilisation oder Fragmentierung. Alternativ und in allen anderen Fällen, in welchen ein kleiner Stein endoskopisch nicht darstellbar ist, erfolgt die ESWL. Restfragmente können wiederum durch eine kombinierte Anwendung von interventionellen Maßnahmen extrahiert werden. Therapieresistente Steine oder Steine, bei welchen eine Kontraindikation für eine ESWL besteht, sind eine Indikation für die kombinierte endoskopisch-transkutane Operation. Voraussetzung ist die endoskopische Erreichbarkeit des Steins.

Die Parotidektomie ist indiziert, wenn minimal-invasive Maßnahmen einschließlich der ESWL nach mindestens 3 Sitzungen nicht erfolgreich waren oder bei mehreren intraparenchymalen Steinen (n>3). Die aktuelle Therapiestrategie zeigt Abb. 7.

Abb. 7
figure 7

Behandlungsstrategie bei Steinen der Gl. parotis

Fazit für die Praxis

Die Therapie der Sialolithiasis der großen Kopfspeicheldrüsen hat in den letzten 10–15 Jahren einen grundlegenden Wandel erfahren. Die Rate der Drüsenentfernungen wurde auf deutlich unter 5% reduziert. Nachteil der neueren Therapieverfahren ist, dass ihre Anwendung im klinischen Alltag an die Verfügbarkeit der Instrumente und apparativen Ausstattung gekoppelt ist. Der zeitliche, personelle und organisatorische Aufwand für die Klinik ist teils erhöht. Die Therapie ist aufgrund der möglichen mehrmaligen Sitzungen z. T. mit finanziellen und zeitlichen Belastungen für die Patienten verbunden. Die Akzeptanz ist jedoch aufgrund der erhaltenen Drüsenfunktion ohne invasive operative Maßnahmen hoch. In dem dargestellten minimal-invasiven Therapiekonzept spielen v. a. sialendoskopiebasierte Verfahren eine zentrale Rolle. Allerdings zeigte die Analyse großer Patientenkollektive, dass keine einzelne Therapiemodalität allein, sondern die Kombination der verschiedenen Methoden zum maximalen Therapieerfolg führt [13, 15, 18, 23]. Dies spiegelt sich in den dargestellten Therapiealgorithmen wider (Abb. 5 bzw. Abb. 7).