Die Navigation wird seit langem in der Schifffahrt, im Flugwesen und in der Autoindustrie zur Bestimmung der aktuellen Position gebraucht. Seit den Pionierarbeiten vor 20 Jahren durch Prof. Schlöndorff in Aachen ist das Interesse in der HNO an der Navigation oder der computerassistierten Chirurgie stetig gewachsen. Die Entwicklung der bildgebenden Verfahren wie CT und MRT, aber auch der Endoskopie haben dazu beigetragen. Die endoskopisch oder mikroskopisch durchgeführten Eingriffe der Nasennebenhöhlen und der vorderen Schädelbasis sind delikat bei lebenswichtigen Nachbarstrukturen wie Auge, Hauptschlagader, Hirn und Hirnnerven.

Die computerassistierte Navigation findet zunehmend Verbreitung in der Chirurgie der Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis [11, 12, 20]. Das Ziel ist eine verbesserte intraoperative Lokalisierung schwieriger anatomischer Strukturen [4, 17]. Dies ist insbesondere der Fall, wenn anatomische Strukturen verändert sind oder fehlen. „Gute“ evidenzbasierte Studien zur Überprüfung des Nutzens von „computer aided surgery“ (CAS) in den Nasennebenhöhlen und an der Schädelbasis sind kaum möglich. Deshalb bleibt z. T. zu unrecht wie so oft bei chirurgischen Studien die Aussagekraft, Empfehlung oder sogar Richtlinien eher moderat, obwohl der subjektive Nutzen als sehr positiv für den Chirurgen empfunden wird [10, 15].

Historische Entwicklung der Navigation

Die Gründungsväter waren die Stereotaxiepioniere Horsley und Clarke 1908 sowie 1947 und 1949 Spiegel und Leksell mit dem Bau eines Stereotaxieapparats [25]. Über die Neurochirurgie mit Prof. E. Watanabe in Japan, Prof. DW Roberts in den USA sowie über Prof. Schlöndorff et al. von der HNO-Klinik in Aachen wurde der Grundstein für die Navigation 1987 gelegt [26]. Grundprinzip der intraoperativen Navigation ist die Verknüpfung von intraoperativen Informationen über die Patientenposition im Raum sowie die Position von chirurgischen Instrumenten mit dem unter definierten Bedingungen präoperativ angefertigen Datensatz aus CT- oder MRT-Diagnostik [23]. Dadurch kann sich der Operateur, je nach Navigationssystem, ständig oder nur bei Bedarf, über die aktuelle Position seines Instrumentariums informieren.

In den 1990er-Jahren waren v. a. die Neurochirurgen wie auch die Orthopäden führend an der Entwicklung von Navigationssystemen beteiligt. Die minimal-invasive Chirurgie der Nasennebenhöhlen und später der Schädelbasis wurde durch das Aufkommen der Endoskopie durch Hopkins gefördert. Die endonasale Chirurgie bleibt aber bis anhin eine delikate Chirurgie in den Nebenhöhlen, welche von lebenswichtigen Strukturen umgeben sind [16]. Deshalb ist die genaue Ortung im Raum für den Chirurgen oft wünschenswert, um auch schwerwiegende Komplikationen zu verhindern. Die bildliche Unterstützung während der Operation spielt auch eine wichtige Rolle im Rahmen der „fast track surgery“ d. h. schnelle und effiziente Chirurgie und Rehabilitation [29].

Grundkenntnisse der Navigation

Die zahlreichen, heute auf dem Markt befindlichen Navigationssysteme lassen sich vom Aufbau her in verschiedene Gruppen einteilen (Tab. 1).

Tab. 1 Die häufigsten auf dem Markt befindlichen Navigationssysteme

Die elektromechanischen Systeme, welche in den 1990er-Jahren als Erste auf dem Markt waren, besitzen einen 3D-Messarm mit mehreren Gelenken (z. B. ISG Viewing Wand) [26]. Das Funktionsprinzip dieser Geräte beruht darauf, dass die Winkelstellung jedes einzelnen Gelenks über Drehwinkelgeber an die Work Station weitergegeben wird. Es sind robuste Systeme, aber nachteilig wirken sich die Größe und damit die Unhandlichkeit aus. Sie werden kaum mehr produziert.

Bei den elektromagnetischen Systemen erfolgt das Anzeigen der aktuellen Position durch eine Verknüpfung der Informationen des elektromagnetischen Positionssensors mit einer Computeranzeige der CT-Scan-Daten des Patienten [17]. Der Vorteil elektromagnetischer Systeme liegt in der Gebraucherfreundlichkeit, d. h. in der relativ kurzen Vorbereitungszeit bis zum Einsatz [11]. Ein Nachteil ist, dass konventionelle Operationsinstrumente nicht gebraucht werden können, sondern sich nur magnetfreie navigieren lassen. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass magnetfeldbeeinflussende Faktoren die Systeme stören können.

Die optoelektronischen Systeme haben die größte Verbreitung unter den Navigationsgeräten [13, 14, 21]. Sie sind mit einer Präzisionsinfrarotkamera zur exakten Verfolgung des chirurgischen Instrumentariums ausgestattet; die Genauigkeit der Kameras liegt zwischen 0,1 und 0,4 mm. Es werden aktive Systeme, die spezielle Instrumente mit lichtemittierenden Dioden beinhalten, von passiven Systemen mit lichtreflektierenden Folien unterschieden. Der Vorteil der optoelektronischen Geräte liegt in ihrer Verwendbarkeit im Bereich der vorderen und lateralen Schädelbasis: außerdem lassen sich intraoperativ mehrere „aktive“ Instrumente einsetzen. Der Nachteil besteht v. a. in der längeren Vorbereitungszeit.

Hybridlösungen mit Umschaltung von aktiver auf passive Detektion sind mit gewissen Navigationssystemen ebenfalls möglich.

Um die intraoperative Situation mit dem Datensatz der jeweiligen bildgebenden Untersuchung zu korrelieren, braucht es eine Referenzierung („matching“, „registration“). Dies geschieht entweder über Referenzierungsmarker, die am Patienten angebracht werden. Es gibt entweder Schrauben oder Klebemarker einzeln oder als Maske [13, 14]. Auch definierte anatomische Landmarken (z. B. Spina nasalis anterior, Nasion, Sutura frontozygomatica) können als Referenzierungsmarker Verwendung finden [4]. Ein weiterer Referenzierungsmarker ist das sog. „Headset“, eine Kopfhalterung, die an bestimmten anatomischen Punkten (z. B. Nasenwurzel, Gehörgänge) beim elektromagnetischen System befestigt wird [17, 25]. Obwohl sich diese Halterung relativ stabil fixieren lässt und für den Patienten keine Belastung darstellt, besteht natürlich auch hier die Gefahr der versehentlichen Positionsverschiebung mit den entsprechenden Folgen. Ein weiterer Nachteil liegt darin, dass für verschiedene Operationssituationen (z. B. Sinus frontalis) eine Einschränkung des Operationsfelds vorliegt.

Heute werden in den meisten Fällen Algorithmen über Oberflächenreferenzierung mittels Berührungsstift oder Laser (optoelektronische Systeme) durchgeführt. Die Operation sollte nicht begonnen werden, falls die visuelle Ungenauigkeitskontrolle des Navigationssystems mehr als 2 mm beträgt.

Für die Bilderzeugung an sich werden digitale tomographische Systeme (CT, MR) sowie die Fusion dieser beiden Schnittbildtechniken verwendet [23]. Der Bilddatensatz muss besonders verantwortungsvoll erstellt werden, da mit ihm direkt die Genauigkeit der intraoperativen Navigation korreliert. Da hochauflösende Spiral-CT-Geräte immer mehr in Gebrauch sind, stellt die Genauigkeit heute weniger ein Problem dar. Beim MRT sollten hochauflösende, T1-gewichtete Sequenzen nach Kontrastmittelgabe durchgeführt werden. Der Aufbau dreidimensionaler Modelle, koronare, sagittale und axiale Rekonstruktion erfolgt mittels Work-station-Rechner von den einzelnen Betriebssystemen. Die „image fusion“, d. h. die Verknüpfung von CT- und MRT-Bildern ermöglicht es, die Vorteile beider bildgebender Verfahren, d. h. optimale Knochendarstellung (CT) bzw. Weichteildifferenzierung (MR) zu verbinden [23]. Dies ist jedoch bei weitem nicht für alle klinischen Fragestellungen notwendig. Es ist auch möglich, über Fluoroskopie-CT Daten zu erhalten und sie intraoperativ für die Navigation zu nutzen [2].

Durch die Erstellung eines dreidimensionalen bzw. rekonstruierten Datensatzes erhält der Chirurg bereits präoperativ eine anschauliche Darstellung der anatomischen oder pathologischen Situation. Bei einigen Systemen ist zusätzlich auch eine farbliche Kennzeichnung von Gefahrenzonen möglich, die intraoperativ eingeblendet werden können.

Zusätzlich bestehen Möglichkeiten, dass elektromechanische Instrumente z. B. Microdebrider oder Bohrer, welche außerhalb einer definierten Zone liegen, aufhören zu arbeiten [27]. Normalerweise finden die Nasennebenhöhlenoperationen in Intubationsnarkose statt. Es ist aber auch möglich, Patienten mit einer Prämedikation in Lokalanästhesie und Navigation zu operieren [19]. Mit kleinen technischen Änderungen lässt sich das CAS auch bei kleinen Kindern verwenden.

Neuartige Methoden zielen daraufhin, dass bestimmte relevante anatomische Landmarken als „augmented reality“ ins navigierte Endoskop eingespielt werden können (Abb. 1; [8]). Dies bringt den Vorteil, bei Vernarbungen, wie sie bei Revisionsoperationen sichtbar sind, vorauszusehen, wo die Gefahrenpunkte sind. Eine andere Methode unterstützt den Chirurgen durch eine automatische Endoskopführung [9]. Wenn mikroskopisch operiert wird, besteht aktuell die Möglichkeit bei optoelektronischen Systemen die Informationen (Weg zum Ziel, Ziel) direkt ins Mikroskop einzuspielen und aus ergonomischen Gründen eine Minikamera direkt an das Mikroskop zu befestigen [7, 31].

Abb. 1
figure 1

Einspielung von am CT definierten Informationen wie dem Eingang zum Sinus sphenoidalis oder der Eustachio-Röhre mit Distanzmessung („augmented reality“)

Das CAS stellt eine zusätzliche visuelle Hilfe bei der Ausbildung von Assistenzärzten/innen und Pflegepersonal dar [3]. In gewissen Situationen kann das CAS auch dem erfahrenen Chirurgen eine zusätzliche Hilfe sein. Simulationsoperationen sind leider noch nicht ausgereifte Verfahren, dennoch erzielt man mit den zur Verfügung stehenden System wie dem Dextroscope™ gute Resultate für das Verständnis der anatomischen Strukturen beim Anfänger [6]. Der Einsatz des Roboters ist im Anfangsstadium und muss so weiterentwickelt werden, dass er zur klinischen Relevanz wird [30].

Das Erkennen von technischen Problemen vor oder während der Operation ist sehr wichtig, um Komplikationen mit CAS zu vermeiden. Insbesondere ist die Genauigkeit immer wieder zu überprüfen, und die Geschwindigkeit des arbeitenden Instruments darf nicht die Bildfrequenzrate übersteigen. Zusätzlich ist das CAS kein Kräftemesser für das Gewebe. Aus diesen Gründen, höchstwahrscheinlich in Kombination mit Selbstüberschätzung, kam es zu Zwischenfällen mit Karotisblutung, Orbitamuskelverletzung oder Schädelbasisverletzung (mir bekannte Daten aus der Schweiz [21]).

Chronische Rhinosinusitis und Schädelbasistumoren

Die chronische Rhinosinusitis mit oder ohne Nasenpolypen ist eine häufige Erkrankung (1–7% der Gesamtbevölkerung), wobei Kosten von 200–2000 US-Dollar/Jahr bei einem Patienten entstehen können [10]. In diese Kategorie gehören auch die Mukozelen, verursacht durch chronische Abflussbehinderung, als auch Mukoviszidose und Zilienmotilitätsstörung bei Kindern. Die Therapie beinhaltet sowohl die konservative medikamentöse als auch die chirurgische Therapie. Die Chirurgie erfolgt meistens sowohl endonasal über das Mikroskop als auch über das Endoskop (Abb. 2). Die Komplikationsrate liegt bei 0–2%.

Die Revisionsoperationen sind oft schwierig bei vernarbten Zuständen [16], mit eingeschränktem Blick auf die wichtigen Grenzstrukturen, insbesondere beim Sinus frontalis (Draf Typ III). In diesen Situationen ist das CAS subjektiv für den Chirurgen eine zusätzliche bildgebende Unterstützung [5]. Die Komplikationsrate für ein Schädelbasistrauma mit Liquorleck kann vermindert werden [28]. Die Frage, ob die Operation mit CAS radikaler durchgeführt wird, bleibt immer noch unbeantwortet. Insbesondere sind die Langzeitresultate bei chronischer Schleimhauterkrankung nicht allein abhängig von der Radikalität der Operation [28].

Abb. 2
figure 2

ab Endoskopisch navigiertes Instrument bei rezidivierender Polyposis nasi und chronischer Rhinosinusitis bei selbstentwickeltem Navigationssystem (Platform: Marvin). Beachten Sie die Möglichkeit der Größendarstellung des endoskopischen Bildes

Während mehreren Jahren war es üblich, Schädelbasistumoren mittels eines offenen Zugangs zu operieren. Da die Öffnungen einen guten Überblick die ersten 10 cm in die Tiefe ergeben, wird zum Klivus hin die Übersicht schwieriger und komplexer. In solchen Situationen kann das CAS hilfreich sein [14, 18]. Bei rein endoskopischen Zugängen ist die Navigation sehr wünschenswert, da oft fast keine anatomischen Landmarken mehr vorhanden sind. Der oft interdisziplinäre Zugang mit dem Neurochirurgen oder Kiefer- und Gesichtschirurgen bei bösartigen Schädelbasistumoren braucht neben einer bimanuellen Technik zusätzliche Kenntnisse der Lage der A. carotis, des N. trigeminus und N. opticus parasphenoidal, und dies geschieht oft über die Navigation (Abb. 3).

Eine weitere Option besteht heute darin, dass man im Konzept des „one shop stop“ zusätzlich zur navigierten Operation auch gleichzeitig endoskopisch navigiert Brachytherapiestäbe zum Afterloading setzen kann [24]. Eine alternative Möglichkeit zur Navigation stellen aktuelle Bilddaten im Operationssaal über CT oder MRT dar und können z. B. für Tumoren der Felsenbeinspitze zum Einsatz kommen [1].

Abb. 3
figure 3

Typische parasphenoidale Gefahrenzonen bei einem Schädelbasistumor (Chordom): A. carotis mit Sinus cavernosus und Hypophyse

Erste Empfehlungen für den Einsatz von CAS wurden schon 1998 von Prof. Mann postuliert [20]. Die heutigen Richtlinien der amerikanischen Akademie der HNO zum Gebrauch von intraoperativem CAS finden Sie in Tab. 2 [15].

Tab. 2 Empfehlungen und Richtlinien der amerikanischen Akademie für HNO für den Gebrauch von CAS

Ausblick

Bei dem auch heute noch erhöhten Komplikationsrisiko der minimalinvasiven Nasennebenhöhlenchirurgie wird man aus medikolegalen Gründen, aber auch im Rahmen der Qualitätssicherung, auf Dauer nicht auf diese Systeme verzichten können. Es muss jedoch immer auch bedacht werden, dass sich aus unterschiedlichen technischen, aber auch menschlichen Gründen (fehlerhafte Bilderzeugung, Referenzierung) immer wieder Fehler einschleichen können, sodass auch chirurgische Navigationssysteme nicht als Ersatz für ausreichende anatomische und chirurgische Kenntnisse missverstanden werden dürfen [11].

Die bildunterstützte Chirurgie kann momentan in der Schweiz nicht zusätzlich als technische Leistung abgerechnet werden außer bei Privatpatienten (~200–400 EUR Zusatzkosten/Operation). Eine genaue Analyse der Situation für alle Patienten ist im Moment im Schweizerischen Bundesamt für Gesundheit im Gange. In gewissen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten existiert die Möglichkeit, den Einsatz von CAS bei Nasennebenhöhlenchirurgie zu verrechnen (Kod: 61795) [15]. Obwohl evidenzbasierte Studien fehlen, werden diese neuen technologischen Entwicklungen eines Tages von den Versicherungen bezahlt werden müssen. Die Sicherheit im Operationssaal für den Patienten ist prioritär.

Fazit für die Praxis

Die bildunterstützte Chirurgie der Nasennebenhöhlen ist seit 20 Jahren eingeführt und wird immer mehr einen Stellenwert in den Kliniken für die Operation bei chronischer Rhinosinusitis +/– Polypen sowie bei benignen und malignen Tumoren der vorderen Schädelbasis einnehmen. Das Hauptinteresse besteht bei den minimal-invasiven Eingriffen mittels Endoskopie oder Mikroskopie in der Sicherheit für den Patienten und für Ausbildungszwecke. Es ist sehr wichtig, dass die Genauigkeit des Systems vor der Operation überprüft wird und dass der Chirurg auch erkennt, falls technische Probleme auftreten. Das System hat keine Sensoren, um Kräfte des Gewebes zu messen, weshalb beim Ziehen an Gewebe immer aufgepasst werden muss. Wir denken, dass die Kosten für diese Eingriffe in Zukunft übernommen werden sollten, da die Navigation schlussendlich auch eine Qualitätssicherung und Dokumentation der Operation darstellt wie in der Schifffahrt und im Flugwesen (Flugschreiber).