Defekte im Bereich der Orbita können neben einer Entstellung häufig zu schwerwiegenden Funktionsstörungen von Sehbahn und Augenbeweglichkeit führen. Ziel chirurgischer Rekonstruktionen der Orbita ist die Erhaltung der Gesichtsgeometrie und der Sehfunktion [10]. Eine besondere Herausforderung ist die Wiederherstellung der knöchernen Orbita nach radikalchirurgischer Therapie maligner Prozesse im Bereich des Mittelgesichts unter Erhalt des Orbitainhalts [2]. Die Orbita stellt wegen des komplexen Zusammenspiels von Hart- und Weichgewebe auf engstem Raum erhebliche Anforderungen an eine chirurgische Rekonstruktion. Derzeit gibt es für die Tumorchirurgie im Bereich der Orbita keine einheitlichen Kriterien bezüglich der Ausdehnung des zu wahrenden Sicherheitsabstands, unterschiedliche Ansichten bei der Wahl des operativen Zugangs sowie verschiedenste Konzepte der Rekonstruktion [2, 5, 16]. In den letzten Jahren wurden rechnergestützte Techniken etabliert, welche das Potential haben, die rekonstruktive Orbitachirurgie zu optimieren [4, 14, 15]. Durch die Integration der virtuellen Rekonstruktion und deren Umsetzung mit Hilfe der Navigation in das Therapiekonzept von Mittelgesichtstumoren können individuelle anatomische sowie pathologische Parameter besser als bisher berücksichtigt werden [19, 22]. Weiterhin bieten diese Techniken die Möglichkeit einer objektiven Bewertung des tatsächlich erreichten Ergebnisses hinsichtlich der Planung. Orbitaanalysen werden in der Regel an multiplanaren Computertomogrammen durchgeführt [6, 12, 24]. Die individuelle computerassistierte zwei- und dreidimensionale Orbitaanalyse, die u. a. eine navigierbare standardisierte virtuelle Planung auf der Basis eines CT-Datensatzes erlaubt, ist bislang nur in Einzelfällen verfügbar [4].

Die Techniken der Bildfusion ermöglichen den direkten Vergleich zweidimensionaler Analysen innerhalb zweier Datensätze. Mit dieser Arbeit soll ein Verfahren der rekonstruktiven Orbitachirurgie im Rahmen der Qualitätssicherung nach ausgedehnter Tumorresektion unter Erhaltung des Orbitainhalts vorgestellt werden. Dies beinhaltet die Umsetzung und objektive Bewertung zuvor durchgeführter rechnergestützter Planungen. Die postoperativen Veränderungen des Augenhöhleninhalts und des knöchernen Rahmens wurden mit der ursprünglichen Orbitadeformität und mit dem virtuellen Planungsmodell durch zwei- und dreidimensionale Analysen verglichen. Insbesondere ermöglicht dieses Verfahren direkte Vergleichsmessungen in mehreren Datensätzen (prä-, postoperativ) durch Anwendung der Bildfusion.

Patienten und Methoden

Im Rahmen dieser Untersuchung erfolgte die Auswertung der Datensätze von 8 Patienten im Alter von 23 bis 75 Jahren, 4 Männer und 4 Frauen (Tabelle 1). Bei allen 8 Patienten erfolgte die primäre Rekonstruktion der Orbita nach Resektion einer bösartigen Neubildung im Gesichtsbereich unter Erhalt des Orbitainhalts mit alloplastischem Material (Reintitan Orbitaboden-Maschenplatten Synthes®). Druck- bzw. lastaufnehmende Pfeiler des Mittelgesichts wurden paranasal, infraorbital und im Bereich der Crista cygomatico alveolaris mittels 2.0 Miniosteosyntheseplatten der Firma Synthes® primär rekonstruiert. Zur präoperativen Planung wurde die Software „surgical tool navigation system®“ (STP) 4.0 der Fa. Stryker-Leibinger eingesetzt und Bilddaten von einem CT (TYP SOMATON 4 PLUS, Siemens) in Spiraltechnik (Schichtdicke 1 mm, Matrix 512×512 bei einer Pixelgröße zwischen 0,41 mm2 und 0,69 mm2) gewonnen. Die Umsetzung der Planung, d. h. die Übertragung der virtuellen Rekonstruktion auf den operativen Situs, erfolgte durch die Navigation. Dabei diente bei allen Patienten der präoperative Datensatz als Konturvorgabe bei der intraoperativen Navigation (Abb. 1). Für die Referenzierung wurde die von den Autoren entwickelte nichtinvasive Schienenreferenzierung verwendet. Bei allen Patienten wurde ein postoperativer Datensatz erhoben. Die zwei- und dreidimensionalen Analysen der prä- und postoperativen Datensätze erfolgte durch die Software VoXim® (IVS-Solutions AG, Chemnitz) auf einen handelsüblichen PC (Pentium III 800 MHz, 512 MB RAM) durch das für diese Untersuchung entwickelte Messprotokoll (Abb. 2, 3). Zuvor wurden durch die Bildfusion nach dem Prinzip der „feature based fusion“ prä- und postoperative Datensätze mit unterschiedlichen Koordinatensystemen in ein einheitliches überführt. Dazu wurden im prä- und postoperativen Datensatz drei nicht kolineare Referenzpunkte aufgesucht. Als Referenzpunkte wurden eindeutig identifizierbare anatomische Landmarkern (Sellamitte, Basion des Clivus, Wurzelspitzen der Zähne 13 und 23) aufgesucht. Zur Bestimmung des Volumens der Orbitae wurde die Fläche benutzerdefiniert mit einem virtuellen Schneideinstrument in den einzelnen axialen Schichten markiert. Für jede Schicht ergibt sich so ein Subvolumen aus der Anzahl der Pixel innerhalb der begrenzten Fläche, das dann als Voxelwert ausgedrückt wird. Das Gesamtvolumen ergibt einen Wert in cm3. Die linearen Messungen wurden in Höhe des knöchernen Sehkanals in der axialen Schicht durchgeführt. Gemessen wurden die Querdurchmesser am Eingang der Augenhöhle sowie am Bulbushinterrand und der Mitte zwischen Bulbushinterrand und Sehkanal jeweils im rechten Winkel zur Strecke zwischen Sehkanaleingang und Bulbusmitte. An den Schnittpunkten der beiden letztgenannten Strecken wurden die Höhen der knöchernen Orbita in der sagittalen bzw. koronaren gemessen. Weiterhin wurde die Projektion der Kornea vor dem lateralen Augenhöhlenrand in der axialen bestimmt (Abb. 2, 3). Zur Kontrolle wurden sämtliche zwei- und dreidimensionalen Messungen an den intakten Orbitae durchgeführt.

Tabelle 1 Patientendaten
Abb. 1
figure 1

Rechnergestützte Rekonstruktion der Orbita bei einem Patienten aus der Studie. a Ausgangssituation (präoperativer Datensatz) eines Patienten mit Plattenepithelkarzinom. Die Destruktion der fazialen Kieferhöhlenwand durch invasives Tumorwachstum ist deutlich zu erkennen. Der knöcherne Orbitaboden ist noch intakt und wurde zur Orientierung segmentiert (grün). Die Rekonstruktion des Knochens durch ein Titan-Mesh orientiert sich am Orbitaboden (grünes Segment) des Ausgangsdatensatzes unter Verwendung der Navigation (c). Mit einem Lokalisationsinstrument (Pointer, c) wird die Position des Mesh überprüft und gegebenenfalls korrigiert. b Operatives Ergebnis nach vollständiger Tumorresektion und Rekonstruktion als 3D-Modell gezeigt. d Die Position des Mesh im Vergleich zum ursprünglichen Orbitaboden

Abb. 2
figure 2

Für die Durchführung der linearen Messungen müssen zuvor folgende Punkte konstruiert werden. a Bulbusmitte M1: Schnittgerade durch den Bulbus in der axialen Schicht in Höhe des Sehnervkanaleingangs ergibt die Schnittpunkte S1 und S2 mit dem Bulbusrand. Die Senkrechte durch S1 ergibt den Schnittpunkt S3 mit dem Bulbusrand. Der Schnittpunkt M1 der Senkrechten durch die Mittelpunkte von S1S2 und S1S3 ergibt den Mittelpunkt des Bulbus in der betreffenden axialen Schicht. Größte Projektion der Kornea P: Aufsuchen des vordersten Punktes der Kornea in der Sagittalen und Übertragung in die axiale Schicht auf Höhe des knöchernen Sehkanals (b, c). Sehkanaleingang E: Aufsuchen der axialen Schicht mit der größten Distanz des Foramen opticum. d Halbierung des größten Durchmessers des Canalis opticus ergibt E

Abb. 3
figure 3

Lineare Messungen in der axialen Schicht auf Höhe des Sehkanaleingangs. a (E M1): Distanz vom Sehnervkanal (E) bis zur Bulbusmitte (M1). (Rb Lb): Querdurchmesser der Orbita am Hinterrand des Bulbus (H) senkrecht zu (EM1). (E H): Distanz vom Sehnervkanal (E) zum Hinterrand des Bulbus (H). (Rc Lc): Querdurchmesser der Orbita senkrecht zu (EM1) durch den Mittelpunkt (M2) von (EH). (P La): Senkrechten zwischen lateralem Orbitarand (La) und der Tangente durch (P) (vorderste Projektion der Kornea). d Mod. Messung nach Hertel: Senkrechte Z durch Lalinks zur Tangente durch Larechts (wobei Z=-Z wenn Lalinksanterior Larechts), (GxLax)rechts–[(GxLax)links + Z)]. b, c Lineare Messungen in der sagittalen bzw coronaren Schicht. Höhen H1, H2 und H3 im Bereich der Punkte M1, H und M2

Ergebnisse

Volumina der intakten Orbitae (Kontrollgruppe)

Bei den volumetrischen Messungen wurden als Kontrollgruppe die intakten Orbitae, bei denen postoperativ keine Veränderungen der Volumina zu erwarten sind, sowohl präoperativ als auch postoperativ vermessen, um die Genauigkeit der benutzerdefinierten Segmentierung von Subvolumina zu prüfen. Dabei lag die durchschnittliche Abweichung bei 0,2 cm3 (0,1 cm3 minimal und 0,3 cm3 maximal) bei Volumenwerten zwischen 24,4 cm3 und 33,8 cm3. Dies ergibt eine mittlere Genauigkeit von >99%. Patient 7 entfällt, da hier beide Augenhöhlen rekonstruiert wurden. Der durchschnittliche Wert beträgt 26,7 cm3 bzw. 26,9 cm3 (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Volumina der intakten Orbitae (Kontrollgruppe) präoperativ und postoperativ

Volumina der rekonstruierten Orbitae

Bei noch erhaltener Konturvorgabe durch das Weichgewebe kann der Ausgangsdatensatz trotz abweichender Volumina der knöchernen Orbita als Schablone verwendet werden. Als Goldstandard für das Volumen der rekonstruierten Orbita kann bei nicht vorbestehenden Gesichtsasymmetrien das Volumen der Orbita der Gegenseite herangezogen werden. Nach Destruktion knöcherner Strukturen durch invasives Tumorwachstum ist das Volumen der Orbita in der Regel verändert. Bei allen Patienten ist eine Reduktion des Orbitavolumens nach erfolgter Rekonstruktion festgestellt worden. Durchschnittlich wurde eine Volumenreduktion von 1,8 cm3 (von 27,5 cm3 auf 25,7 cm3) bei Werten zwischen 23,5 cm3 und 34,9 cm3 (präoperativ) bzw. 22,3 cm3 und 33,5 cm3 (postoperativ) gemessen (Abb. 5). Die Volumendifferenzen der Patienten 1, 5 und 6 lagen dabei im Bereich des methodisch bedingten Meßfehlers. Die Patientin 7 nimmt eine Sonderstellung wegen der Rekonstruktion beider Orbitae ein; bei ihr wurde eine Verringerung der Volumendifferenz um 3 cm3 ermittelt.

Abb. 5
figure 5

Volumina der rekonstruierten Orbitae präoperativ und postoperativ

Genauigkeitsprüfung der Bildfusion („feature based fusion“)

Hier wurden die Abweichungen durch die Differenzen der Distanzen von Querdurchmesser und Höhen der knöchernen Orbitae (Kontrollgruppe und im intakten Bereich der betroffenen Seite) der fusionierten prä- und postoperativen Datensätze gemessen ( n =80 Messpunkte, Abweichung als Betrag; Abb. 6). Der Mittelbalken entspricht dem Durchschnittswert, der Längsbalken reicht vom kleinsten bis zum größten Wert. Ganz rechts der Durchschnittswert aller Datensätze. Die durchschnittliche Abweichung der Datensätze bei zuvor durchgeführter Bildfusion beträgt 0,38 mm, bei Werten zwischen 0 und 1,7 mm.

Abb. 6
figure 6

Abweichung von Querdurchmesser und Höhen der Orbitae mit „image fusion“

Fehlerermittlung bei Vergleichsmessungen ohne Bildfusion (Kontrollgruppe)

Um die Ungenauigkeiten unterschiedlich ausgerichteter Ebenen der einzelnen Schichten durch die verschiedenen Lage der Patienten bei der CT-Datenerhebung zu erfassen, wurden bei allen Patienten im Bereich der intakten Orbita (Kontrollgruppe) die linearen Messungen (Querdurchmesser und Höhen) im prä- und postoperativen Datensatz zusätzlich ohne Bildfusion gemessen, und die Ergebnisse mit den linearen Messungen bei zuvor durchgeführter Bildfusion verglichen. Die durchschnittliche Ungenauigkeit ergab 1,74 mm (ohne Bildfusion) gegenüber 0,38 mm (mit Bildfusion).

Der Mittelbalken entspricht dem Durchschnittswert, der Längsbalken reicht vom kleinsten bis zum größten Wert; ganz rechts der Durchschnittswert aller Datensätze. Die durchschnittliche Abweichung der Datensätze ohne „image fusion“ beträgt 1,74 mm, bei Werten zwischen 0 und 6,1 mm (Abb. 7). Genauigkeitsprüfung der erzielten Rekonstruktion: Abweichungen der Messpunkte im Bereich des 3D-Mesh.

Abweichungen der Punkte ( n =39 Messpunkte) innerhalb der rekonstruierten Augenhöhle gegenüber der virtuellen Planung. Hier wurden nur diejenigen Strecken der rekonstruierten Orbitae gemessen, die im Bereich des Mesh liegen. Patienten 4 und 7 entfallen, da die gemäß dem Messprotokoll zu messenden Strecken außerhalb des rekonstruierten Bereichs (3D-Mesh) befanden. Der Durchschnittswert beträgt 2,4 mm, bei Werten zwischen 0 und 5,8 mm (Abb. 8).

Abb. 7
figure 7

Abweichung von Querdurchmesser und Höhen der Orbitae ohne „image fusion“

Abb. 8
figure 8

Abweichung der Messpunkte im rekonstruierten Bereich

Modifizierter Hertel-Index

Der modifizierte Hertel-Index entspricht der Distanz der konstruierten vordersten Projektion der Kornea zu den knöchernen lateralen Orbitarändern nach deren Nivellierung (Angleichen der Projektion der lateralen Orbitaränder) in der axialen Schicht auf Höhe des Sehnerven (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

Modifizierter Hertel-Index präoperativ und postoperativ

Diskussion

Die kurativ intendierte radikale Tumorchirurgie im Bereich der Orbita und ihrer umgebenden Strukturen mit dem Ziel der Erhaltung des Bulbus unter Wahrung seines möglichst vollen Funktionsumfangs erfordert eine präzise Rekonstruktion nach anatomischen Gesichtspunkten. Solch umfangreiche Behandlungsmaßnahmen setzen eine adäquate Planung auf der Grundlage räumlicher Patientenmodelle voraus [19]. Dementsprechend muss eine Planung auf Basis von CAPP bestimmte Anforderungen wie z. B. die virtuelle Festlegung von Resektionsgrenzen, die Erfassung des Tumorvolumens unter Berücksichtigung der komplexen orbitalen Strukturen und die virtuelle Erstellung eines Rekonstruktionsideals als Modell einer anatomischen Rekonstruktion erfüllen.

Angesichts der Tatsache, dass CAPP und CAS derzeit eine rasante Entwicklung durchlaufen und die neuen Techniken bereits in einigen Disziplinen der Medizin etabliert sind und in weitere Einzug halten, stellt sich die Frage, ob im Bereich der Orbitachirurgie CAPP und CAS schon als Standard gefordert werden sollten.

An unserer Klinik wird das Konzept der primären Rekonstruktion mit alloplastischen Materialien durchgeführt. Die definitive Rekonstruktion durch mikrochirurgische und/oder gestielte Weich- und Hartgewebslappenplastiken erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Dieses Vorgehen erlaubt das Abwarten einer endgültigen histologischen Bewertung der Resektionsränder vor dem Zeitpunkt der knöchernen Rekonstruktion und eine Reevaluation des erzielten Ergebnisses. Für den Patienten und die Behandlung der Grunderkrankung wichtige Vorteile dieser Methode sind ihre zeitsparende Umsetzung im Rahmen einer zumeist ohnehin zeitlich ausgedehnten Tumoroperation im Bereich von Mittelgesicht und vorderer Schädelbasis mit Resektion des ipsi- und ggf. kontralateralen Lymphabstromgebiets im Gesichts-Hals-Bereich. Weiterhin zeichnet sich dieses Verfahren in einer hohen Präzision durch navigationsgestützte Kontrolle der individuell vorgegebenen Konturen gemäß dem präoperativen Datensatz aus. Darüber hinaus bietet es die bestmögliche onkologische Nachkontrolle durch direkte oder indirekte Einsicht mittels Spiegelkontrolle bzw. Endoskopie. Allerdings erfordert dieses Konzept eine entsprechende apparative und personelle Ausstattung. Nachteilig ist die Exposition des alloplastischen Materials bei Einsatz der postoperativen adjuvanten Strahlentherapie durch die operationsbedingte Reduktion des äußeren Gesichtsweichteilmantels zu werten. Hierbei kann es insbesondere bei ausgedehnten Defekten zu einer zusätzlichen Schädigung des Gewebes kommen.

In jüngster Zeit kommt für die Rekonstruktion auch ausgedehnter Orbitadefekte verstärkt Titanium-Dynamic-Mesh mit einer Dicke zwischen 0,15 und 0,3 mm zum Einsatz [17, 18]. Als Vorteile des Titanium-Dynamic-Mesh werden insbesondere Stabilität, einfache Handhabung und ein breites Indikationsspektrum genannt [7, 11, 21]. Weiterhin zeichnen sich diese Materialien durch eine geringe Verlustrate aus [3].

Die Volumenermittlung der Orbita nach der Methode der manuellen Segmentation wurde bereits von Bite [1], Manson [13], Ramieri [20], Schuhknecht [24] und Whitehouse [26] ausführlich beschrieben und deren Genauigkeit mit 98% angegeben.

Im Bereich der Medizin wird die Verknüpfung von Bilddaten zur Verbesserung der Operationsplanung, Darstellung und Diagnostik genutzt. Zur Anwendung im Bereich der medizinischen Diagnostik kommt überwiegend die Überlagerung von Bildern unterschiedlicher Bildgebungsverfahren (multimodale Bildfusion), um deren jeweilige Vorteile zu kombinieren.

Bei der monomodalen Bildfusion werden Bilder gleicher Bildgebungsverfahren überlagert. Dieses Verfahren ist in der Literatur bisher wenig beschrieben worden. Im medizinischen Bereich eignet sich diese Form der Bildfusion besonders für die rechnergestützte Planung und bei Verlaufskontrollen. Die technischen Probleme sind vergleichsweise einfach zu bewältigen, da Bilder mit praktisch identischen Informationen und Proportionen erhoben werden können. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Methode der Bildfusion entspricht den Prinzipien der „feature based fusion“. Wie bei der Registrierung müssen bei dieser Art der Fusionierung in beiden Datensätzen jeweils mindestens 3 nichtkolineare Referenzpunkte aufgesucht werden.

Das Problem objektiver linearer Vergleichsmessungen verschiedener Patienten ist durch die unterschiedliche Ausrichtung der Patienten (Lage der Patienten) bei der CT-Datenerhebung gegeben und liefert falsche Vergleichswerte für die metrische Analyse. Um dieses Problem zu lösen, bedarf es einer virtuellen Ausrichtung an einer zuvor definierten Ebene (z.B. Frankfurter Horizontale). Um die Dimension dieser Ungenauigkeiten zu erfassen, wurden bei allen Patienten im Bereich der intakten Orbita (Kontrollgruppe) die linearen Messungen im postoperativem Datensatz zusätzlich ohne Bildfusion vermessen und die Ergebnisse mit den linearen Messungen bei zuvor durchgeführter Bildfusion verglichen. Diese ergab eine durchschnittliche Ungenauigkeit von 1,74 mm (ohne Bildfusion) gegenüber 0,38 mm (mit Bildfusion). Der letzte Wert ist die durchschnittliche Genauigkeit des Feature-based-fusion-Verfahrens durch manuelle Zuordnung anatomischer Referenzpunkte und liegt damit nahe dem technischen Grenzbereich der effektive Datengenauigkeit von 0,35 mm. Dies zeigt die Notwendigkeit eines einheitlichen Koordinatensystems verschiedener Datensätze für aussagekräftige lineare Vergleichsmessungen.

Die Umsetzung der Planung, d. h. die Übertragung der virtuellen Rekonstruktion auf den operativen Situs, erfolgt durch die CAS (Navigation). Im Anwendungsbereich der Orbita wird hierbei eine Genauigkeit von mindestens 1 mm gefordert [8, 9]. Die an der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie entwickelte nichtinvasive Schienenreferenzierung erreicht eine technische Genauigkeit von 1 mm [23]. Von besonderem Interesse ist jedoch die praktische Genauigkeit der Navigation unter klinischen Bedingungen. Um die intraoperative Objektivierung durch die Navigation zu bewerten, wurde—erstmals in der rekonstruktiven Orbitachirurgie — die Abweichung des tatsächlich erreichten Ergebnisses vom virtuellen Planungsmodell an insgesamt 39 Punkten im Bereich des Titan-Meshs bei 8 Patienten anhand des prä- und postoperativen Datensatzes mit den Techniken der Bildfusion ermittelt. Die mittlere Abweichung lag dabei bei 2,4 mm. Obwohl dieser Wert unter den gegebenen Voraussetzungen als zufriedenstellend gelten kann, wird eine Schwäche der „pointerbasierten“ Navigation deutlich, nämlich der unzureichende intraoperative Oberflächenvergleich. Von besonderem Interesse ist in bestimmten Fällen eine Verbesserung der intraoperativen Validierung der Position von Implantaten bzw. Transplantaten. Neben der bisher für die Planung anhand von 3D-Modellen üblichen Minimalanforderung eines präoperativen Datensatzes wird von Simon u. Lavallee hierfür zusätzlich die Möglichkeit der intraoperativen Bildgebung beschrieben [25].

Die Erhöhung der modifizierten Hertel-Indexwerte insbesondere der Patienten 2 und 6 verdeutlicht die Notwendigkeit ausführlicher linearer Messungen auch im Langzeitverlauf, da diese Messwerte nicht nachvollziehbar mit den Volumenwerten korrelieren. In Anbetracht der Definition des Enophthalmus können die Ergebnisse der Patienten 2, 4 und 6 als nichtzufriedenstellend eingestuft werden.

Die computerassistierten Techniken bieten einen vielversprechenden Lösungsansatz der derzeit uneinheitlichen Behandlungs- und Versorgungskonzepte der knöchernen Orbita. So sind Weiterentwicklungen und Neuerungen auf dem Gebiet der CAPP und CAS sowie der Techniken der Bildfusion zu erwarten, die bei der Behandlung von Defektrekonstruktionen im Bereich der Orbita gegenwärtig bestehende Probleme minimieren werden. Nicht jede Orbitarekonstruktion erfordert den Aufwand einer computergestützen Planung und Navigation. Kleinere Eingriffe, wie die Anhebung des Orbitabodens mit Tabula externa, können üblicherweise ohne die Mittel der Navigation durchgeführt werden.

Das hier vorgestellte Verfahren erlaubt bei der Rekonstruktion eine bessere Berücksichtigung individueller anatomischer Parameter. Außerdem konnte durch dieses Verfahren das Operationsergebnis objektiv validiert werden. Die postoperative Analyse erlaubt durch die Technik der Bildfusion eine genauere Bewertung metrischer Parameter als die bisher beschriebenen Verfahren. Die Rekonstruktion des Hartgewebes konnte hinreichend genau erzielt werden. Dennoch stellt der Enophthalmus ein ungelöstes Problem dar, da er insbesondere bei Orbitarekonstruktionen nach ausgedehnter Tumorresektion als noch nicht abschließend gesichert erforscht gelten kann, und weiterhin Unklarheit über den Einfluss des Weichgewebes auf die Stellung des Bulbus herrscht. Deswegen ist auch die Frage einer Über- bzw. Unterkorrektur bezüglich des Erfolgs des operativen Ergebnisses im Langzeitverlauf nicht ausreichend geklärt. Dies rechtfertigt die Vorgehensweise einer zunächst alloplastischen Rekonstruktion und bietet gleichzeitig die Möglichkeit einer Reanalyse vor der mikrovaskulären definitiven Rekonstruktion. Aus diesem Grund ist das Verfahren insbesondere für die Langzeitkontrolle hinsichtlich der Beibehaltung der zwei- und dreidimensionalen Orbitaveränderungen sowie des Form- und Volumenerhaltes der zunächst alloplastischen und später autologen Materialien, die zur Konturwiederherstellung der Orbita verwendet werden, ausgerichtet. Das hier vorgestellte Verfahren birgt keinerlei Risiken für den Patienten—im Gegenteil stellt dieser Forschungsbereich einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung dar. Ferner bleibt im Rahmen zukünftiger Untersuchungen zu klären, ob durch den Einsatz der vorgestellten Methode bei von außen an die Orbita heranreichenden Malignomen die Anzahl der Orbitaexenterationen ohne Einschränkung im Hinblick auf die Prognose des Krankheitsgeschehens deutlich zu reduzieren ist. Denn selbstverständlich ist die Defektversorgung der Orbita nach Exenteratio wesentlich einfacher als die Bemühung um den funktionellen Erhalt des Orbitainhalts in ursprünglicher anatomischer Position durch aufwendige primäre Rekonstruktion. Im Vordergrund steht mit der rechnergestützten Modellerstellung das Einbeziehen einer virtuellen Schablone in den intraoperativen Situs unter Einbindung eines Navigationssystems. Hiermit können die Operationsergebnisse nicht nur kontrollierter erzielt, sondern Risiken (wie z. B. die Sehnervenkompression) und ebenso die Anzahl der Operationen zum Erzielen des definitiven Ergebnisses deutlich gesenkt werden.

Fazit für die Praxis

In der rekonstruktiven Orbitachirurgie kann die CAPP und CAS sowohl zur präoperativen Planung als auch zur intraoperativen Kontrolle beim individuellen Patienten zukünftig wesentliche Hilfestellung geben, um die Lage der Sehachsen und das spätere kosmetische Ergebnis intraoperativ verifizieren zu können.